Erörterung der Sach- und Rechtslage ist noch keine Vorbereitung einer Verständigung

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.11.2013
Rechtsgebiete: BGHVerständigungStrafrechtVerkehrsrecht|4839 Aufrufe

Das Thema Verständigung ("Deal") lief schon mehrfach hier. Der BGH hatte jetzt eine Sache, in der wohl eine erörterung der Sach- und Rechtslage stattgefunden hatte. Frage: Muss das Gericht hierauf die Regeln zur Verständigung anwenden? Nee, so der BGH mit der auch sonst h.M:

b) Ein zur Aufhebung des Urteils nötigender Verfahrensfehler konnte deshalb nur dann vorliegen, wenn das Urteil auf der Nichtmitteilung, ob Erörte-rungen im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO stattgefunden haben, beruhte. Der Senat hat deshalb im Freibeweisverfahren nicht nur von den beteiligten Richtern und Staatsanwälten dienstliche Erklärungen, sondern auch von den Verteidigern und vom Angeklagten Erklärungen dazu eingeholt, ob ihnen solche Erörterungen bekannt geworden sind. Dies wurde ausnahmslos - nicht nur von den Richtern und Staatsanwälten, sondern auch vom Instanzverteidiger und vom Angeklagten - verneint. Derartige Erörterungen liegen auch nicht darin, dass der Kammervorsitzende, wie er in seiner dienstlichen Erklärung mitgeteilt hat, bei der Absprache der Hauptverhandlungstermine möglicherweise gegenüber der Verteidigung eine Einschätzung der Sach- und Rechtslage vorgenommen hat, denn dies kann nicht als Vorbereitung einer Verständigung gewertet werden (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a., Rn. 85, NStZ 2013, 295, 297). Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit der von den Verfahrensbeteiligten hierzu abgegebenen Erklärungen.

c) Da somit zweifelsfrei feststeht, dass es keinerlei Gespräche gegeben hat, in denen die Möglichkeit einer Verständigung im Raum stand, schließt der Senat ein Beruhen des Urteils auf dem Umstand aus, dass der Kammervorsitzende in der Hauptverhandlung nicht öffentlich mitgeteilt hat, ob Erörterungen im Sinne des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO stattgefunden haben (zum Ausschluss des Beruhens in solchen Fällen vgl. BVerfG, aaO, Rn. 98 und OLG Celle, Beschluss vom 30. August 2011 - 32 Ss 87/11, Rn. 11, 13, StV 2012, 394, 395 f.; in den Fällen eines fehlenden Negativattests gemäß § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2013 - 4 StR 121/13).

BGH, Beschluss vom 3.9.2013 - 1 StR 237/13 

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