Schlumpf nötigt auf Schalke nach Spiel Schalke gegen Wolfsburg - oder eben doch nicht!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 30.10.2013
Rechtsgebiete: SchalkeStrafrechtVerkehrsrecht|3867 Aufrufe

Schon komisch, was so alles im Verkehrsstrafrecht an Sachverhalten veröffentlicht wird. Hier etwa eine Entscheidung des LG Essen nach erstinstanzlichem Urteil des AG Gelsenkirchen-Buer. Alles spielt nach einem Bundesligaspiel Schalke gegen Wolfsburg. Ach so: Juristisch geht es um die Nötigung insbesondere die dabei vorausgesetzte Gewalt:

1. Am 19. 2. 2012 fand das Fußballbundesligaspiel zwischen dem FC Schalke 04 und dem VfL Wolfsburg statt. Der Angekl. und der Zeuge B besuchten das Spiel und wollten im Anschluss mit ihrem Fahrzeug den Parkplatz D 1 verlassen, um nach Hause zu fahren. Auf Grund des erheblichen Fahrzeugverkehrs gelang es dem Angekl. und dem Zeugen nicht, das Parkplatzgelände zügig zu verlassen. Es entstand bereits auf dem Parkplatzgelände in Richtung Ausfahrt auf die W-B-Allee ein Stau. Das Fahrzeug des Angekl. führte an diesem Tag der Zeuge B, da der Angekl. auf Grund einer vorher erfolgten Knieoperation nicht fahren konnte. Der Angekl. benutzte an diesem Tag zum Gehen Gehhilfen, die im Auto lagen.

Der Zeuge B versuchte, über einen Nebenweg auf dem Parkplatzgelände auf den Hauptweg des Parkplatzgeländes zu gelangen bzw. einzufahren. Auf diesem Hauptweg, der zur öffentlichen Straße führt, war ebenfalls ein Rückstau. Dieser Stau war so stark, dass sich über mehrere Minuten lang überhaupt nichts bewegte. Als der Zeuge B mit dem Fahrzeug des Angekl. unmittelbar vor dem Hauptweg stand, lag wiederum eine Situation vor, in der sich der Verkehr minutenlang nicht bewegte. Da es in diesem Zeitabschnitt länger als üblich dauerte, dass sich der Verkehr in Bewegung setzte, stieg der Angekl. aus dem Auto aus, um eine Zigarette zu rauchen und um zu beobachten, warum der Verkehr sich so lange staute. Der Angekl. ging, allerdings ohne seine Gehhilfen, auf den Hauptfahrweg und stellte sich in einem Abstand von etwa 30–50 cm vor das Auto des Zeugen K. Auch zu diesem Zeitpunkt konnte der Zeuge K nicht weiter fahren, da sich der Stau weiterhin nicht auflöste. Offenbar provoziert durch das Verhalten des Angekl. ließ der Zeuge K sein Auto, ohne einen Gang einzulegen, nach vorne rollen und berührte den Angekl. am Bein etwa in Höhe seines Kniegelenks. Daraufhin drehte sich der Angekl. zum Zeugen K als Fahrer um und sagte sinngemäß, dass dieser aufpassen sollte, da er dort stehe. Gleichzeitig machte er einen Schritt nach vorn, so dass wieder ein Abstand von etwa 30 bis 50 Zentimetern zwischen ihm und dem Fahrzeug des Zeugen K bestand. Zwischen dem Zeugen K und dem Zeugen B entspann sich dann noch ein kurzer Dialog. Zumindest äußerte der Zeuge K sich dahingehend, dass der Angekl. ein „Schlumpf” sein, der da verschwinden sollte, dann würde er, der Zeuge K, ihn, den Zeugen B, einlassen. Der Angekl. bewegte sich allerdings von seinem Platz nicht weg. Der Angekl. beschwerte sich beim Zeugen K darüber, dass dieser ihn einen „Schlumpf” genannt habe. Der Zeuge K fuhr daraufhin erneut gegen die Beine des Angekl. Ob er das Fahrzeug nur rollen ließ oder ob er bereits einen Gang eingelegt hatte und in Richtung des Angekl. fuhr, ließ sich nicht sicher feststellen. Auch zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Fahrzeugverkehr auf dem Hauptweg noch nicht in Bewegung gesetzt. Jedenfalls war dieser zweite Anstoß heftiger als der erste. Infolge des Anstoßes fiel der Angekl. auf die Motorhaube des Fahrzeugs des Zeugen K. Bei dem Fahrzeug handelte es sich um einen Opel Meriva der Baureihe A. Nicht ausschließbar durch den Fall auf die Motorhaube entstand im oberen rechten Bereich der Motorhaube eine kleine Delle. Im Anschluss daran verließ der Zeuge K sein Fahrzeug und ergriff den Angekl. und warf ihn auf die Motorhaube seines eigenen Fahrzeugs. Danach trennten sich beide wieder. Der Angekl. suchte daraufhin die Polizei auf, um den Vorfall zur Anzeige zu bringen. Als die Polizei nach etwa 10–15 Min eintraf, hatte sich die Fahrzeugschlange immer noch nicht in Bewegung gesetzt.

2. Das AG hat den Angekl. auf Anklage der StA wegen Nötigung verurteilt. Es hat dazu festgestellt, der Angekl. habe durch den Schlag auf die Motorhaube des Fahrzeugs des Zeugen K diesen an der Weiterfahrt gehindert.

In Bezug auf den Vorwurf der Nötigung gem. § 240 Absatz I StGBwar der Angekl. sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen freizusprechen. Die Kammer konnte nicht feststellen, dass der Angekl. gezielt einen Schlag auf die Motorhaube des Fahrzeugs des Zeugen K ausgeführt hatte. Allein die Tatsache, dass der Angekl. sich vor das Fahrzeug des Zeugen gestellt hatte, begründet aus Rechtsgründen nicht den Tatbestand der Nötigung, da der Angekl. insoweit nur psychisch wirkenden Zwang ausgeübt hat. Dieser reicht zur Erfüllung des Tatbestandes nicht aus (vgl. BGH, NStZ-RR 2002, 236). Zudem ist zu sehen, dass sich der Verkehr
auf dem Hauptweg des Parkplatzes noch nicht in Bewegung gesetzt hatte und der Angekl. somit ohnehin keinen Nötigungserfolg erreichen konnte und wollte. Aus tatsächlichen Gründen schied auch eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung gemäß § 303 Absatz I StGB aus.

LG Essen NZV 2013, 456

Ach so: 4:0 für Schalke!

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen