Der Tag meiner Drogenfahrt war ein Glücksfall!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 20.10.2013
Rechtsgebiete: DrogenfahrtStrafrechtVerkehrsrecht5|3659 Aufrufe

Na, das war vielleicht doch ein wenig dick aufgetragen. Trotzdem hat das AG vom Fahrverbot abgesehen bei einem Täter, der glaubhaft seine Drogenabstinenz etwa 1/2 Jahr nach der Tat behauptet hat:

Der Betroffene ist gemäß dem Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Technischen Polizeiamt vom 15.04.2013 -...- des Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung des berauschenden Mittels Amfetamin 37,7 ng/ml, Metamfetamin 525,1 ng/ml schuldig.

Der Betroffene wird zu einer Geldbuße von € 800,- verurteilt.

Dem Betroffenen wird gestattet, die Geldbuße in 8 monatlichen Raten á € 100,- zu zahlen, zahlbar jeweils bis zum 10. eines jeden Monats, beginnend mit dem 10.09.2013.

Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:

Ausweislich der Auskunft aus dem Verkehrszentralregister ist gegen den Betroffenen wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit am 28.10.2011 um 21 km/h innerorts ein Bußgeld von 80 € verhängt worden.

Der Betroffene verfügt seit dem 16.07.2013 wieder über Arbeit bei der Firma L mit einem monatlichen Nettoeinkommen von € 1270,-. Bei dieser Tätigkeit hat er Multicar, Radlader und Bagger zu fahren.

Am 17.11.2012 führte der Betroffene fahrlässig ein Kraftfahrzeug unter Wirkung des berauschenden Mittels Amfetamin 37,7 ng/ml, Metamfetamin 525,1 ng/ml. Im Bußgeldbescheid waren der Regelsatz von € 500,- und das Regelfahrverbot von einem Monat ausgeworfen.

Mit dem in der Hauptverhandlung auf die Rechtsfolgen beschränkten Einspruch strebt der Betroffene eine Vermeidung des Regelfahrverbots an.

Der Betroffene hat sich dahingehend eingelassen, er habe an dem Tag selbst keine Drogen genommen, aber am Tag zuvor. Er habe bis dahin regelmäßig Drogen konsumiert. Der Tag, an dem er erwischt worden sei, sei für ihn ein Glücksfall gewesen. Er habe diesen Tritt in den Hintern gebraucht. Er lebe nun drogenfrei und fühle sich viel besser.

Der Betroffene hat zudem einen Vertrag über den freiwilligen Nachweis einer Drogenabstinenz vorgelegt und durch Vorlage von Rechnungen den praktischen Vollzug nachgewiesen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die genannten Unterlagen verwiesen. Der Betroffene wirkt zudem auch augenscheinlich nicht wie jemand, der Drogen einnähme.

Soweit der Tatrichter ein Absehen vom Regelfahrverbot aus beruflichen oder wirtschaftlichen Gründen des Betroffenen für angemessen erachtet, rechtfertigt nur eine Härte ganz außergewöhnlicher Art, die ggf. im Verlust der wirtschaftlichen Existenz zu sehen ist, den Verzicht auf ein Fahrverbot. Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

Gleichwohl ginge von einem Fahrverbot eine
unverhältnismäßige Härte für den Betroffenen aus, die dem mit Verfassungsrang ausgestatteten rechtsstaatlichen Übermaßverbot widerspräche.

Der Betroffene hat nämlich einen Bruch in seinem Leben vollzogen, den er konsequent umsetzt. Hat er vorher dem regelmäßigen Drogenkonsum gefrönt, lehnt er dies nun ab und lässt seine Drogenabstinenz auch unabhängig überprüfen, was er bezahlen muss. An einer Erforderlichkeit des Fahrverbots zur erzieherischen Einwirkung auf den Betroffenen fehlt es im vorliegenden Ausnahmefall. Es ist anerkannt, dass ein Fahrverbot seine Warnungs- und Besinnungsfunktion nur erfüllen kann, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt, d. h. nach großem zeitlichen Abstand nicht mehr. Ein solcher Bruch im Leben, wie ihn der Betroffene bewusst vollzogen hat, stellt indes noch eine größere Differenz zwischen Tatzeitzustand und Istzustand dar, als ein bloßer Zeitablauf bewirken kann. Das Fahrverbot wäre daher
sinn- und zweckfrei.

Gemäß  § 4 Abs.4 BKatV war jedoch das Regelbußgeld
angemessen zu erhöhen, wobei unter Berücksichtigung des Einkommens des Betroffenen ein Gesamtbetrag von 800 € angemessen ist.

AG Zeitz, Urteil vom 31.07.2013 - 13 OWi 721 Js 204479/13    BeckRS 2013, 16854

Sicher kümmert sich jetzt die Verwaltungsbehörde um die Entziehung der Fahrerlaubnis....richtigerweise, meine ich.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

5 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

"Sicher kümmert sich jetzt die Verwaltungsbehörde um die Entziehung der Fahrerlaubnis..."

Damit der Betroffene dann seine Arbeitsstelle verliert und wieder rückfällig wird...

0

Wieso sind Sie für einen Entzug der Fahrerlaubnis? Die Feststellungen des Amtsgerichts deuten doch stark in die Richtung, dass eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben ist.

0

na, ich denke, dass bei regelmäßigem Drogenkonsum, der eingeräumt wird (und einer tatsächlich feststellbaren Drogenfahrt) sofort vollziehbar die Fahrerlaubnis entzogen werden wird....

Carsten.Krumm schrieb:

na, ich denke, dass bei regelmäßigem Drogenkonsum, der eingeräumt wird (und einer tatsächlich feststellbaren Drogenfahrt) sofort vollziehbar die Fahrerlaubnis entzogen werden wird....

 

 

Das war aber nicht die Frage, Herr Krumm.

 

Sondern warum da der Verwaltungsakt sinnvoll ist bzw. was es bringt einer Person die nachweislich keine Drogen mehr nimmt, dann noch mal eine zu verpassen, mit der vermutlichen Folge, dass sie ihren Arbeitplatz verlieren wird. Zudem der Konsum von Drogen auch in keinem Zusammenhang mit dem Führen eines Kfz. stand.

 

bombjack

0

... was dann Ihrem Beitrag nach auch "richtigerweise" passiert.

Dass das aber richtig sein soll, erscheint zweifelhaft, wenn nachgewiesen ist, dass der Betroffene seit einem längeren Zeitraum keine Drogen mehr genommen hat. Woraus soll sich eine mangelnde Eignung zur Führung von Kraftfahrzeugen noch ergeben?

Ihrem Beitrag ist zu entnehmen, dass Sie dem Betroffenen nicht glauben ("dick aufgetragen", "trotzdem geglaubt"). Wenn Sie die Sache zu entscheiden gehabt hätten, hätten Sie vielleicht anders geurteilt. Aber dass ein Kollege da ein anderes Urteil gefällt hat, als Sie dem geschriebenen Sachverhalt nach für richtig erachten, sollte nicht zur verwaltungsgerechtlichen Bewertung überschwappen.

Vielleicht hat der Betroffene ja die Wahrheit gesagt. Vielleicht hat das ganze Brimborium, das betrieben wird, um Drogen aus dem Straßenverkehr zu halten, hier tatsächlich einmal etwas bewirkt. Gebe man ihm doch die Chance.

0

Kommentar hinzufügen