Fahrverbotsfeindliche Verfahrensdauer bei § 44 StGB: Bei gut 2 Jahren auf jeden Fall

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.10.2013
Rechtsgebiete: FahrverbotStrafrechtVerkehrsrecht|4355 Aufrufe

Ein Fahrverbot soll ein Denkzettel sein - lange Zeit nach der Tat kann dieser aber seine Wirkung idR nicht mehr entfalten ("fahrverbotsfeindliche Verfahrendsauer"). Das ist bei "gut 2 Jahren" der Fall:

 I.

Das Amtsgericht Meschede verurteilte den Angeklagten am 3. Juli 2012 wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30,- €. Zugleich ordnete es als Nebenstrafe nach § 44 StGB ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat an.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung des Angeklagten verwarf das Landgericht Arnsberg mit Urteil vom 21. Februar 2013 als unbegründet.

Gegen dieses Berufungsurteil des Landgerichts wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die er mit der allgemeinen Sachrüge begründet hat.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet mit der Maßgabe zu verwerfen, dass das angeordnete Fahrverbot entfällt.
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II.

Die Revision ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch nur den aus dem Tenor ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg hinsichtlich des angeordneten Fahrverbots.

Bezüglich des Schuldspruchs war die Revision entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen. Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Nötigung. Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten liegen nicht vor.

Gleiches gilt hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs für die von der Strafkammer verhängte sehr milde Geldstrafe. Die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer sind insoweit nicht zu beanstanden.

Das Urteil ist indes im Rechtsfolgenausspruch auf die allgemein erhobene Sachrüge hin aufzuheben, soweit als Nebenfolge nach § 44 StGB ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat angeordnet worden ist. Die Anordnung eines Fahrverbots begegnet – wie von der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift zutreffend ausgeführt – durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil sie als Warnungs- und Besinnungsstrafe für den Angeklagten nicht mehr geeignet ist.

Ein Fahrverbot kann seine Funktion als sogenannter Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer nur dann erfüllen, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt (vgl. insoweit OLG Hamm, Beschluss vom 3. Juni 2004 in 2 Ss 112/04, NZV 2004, 598; BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2001 in 5 StR 439/01; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 44 Rdnr. 2, 17).

Hier sind seit der vom Angeklagten begangenen Tat nunmehr bereits gut zwei Jahre vergangen, so dass diese Denkzettelwirkung des Fahrverbots vorliegend nicht mehr erreicht werden kann.

 

Der Senat hat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst entschieden und das angefochtene Urteil dahingehend abgeändert, dass die Anordnung des Fahrverbots entfällt. Es ist auszuschließen, dass in einer erneuten Verhandlung weitere Feststellungen zu den Voraussetzungen für die Verhängung eines Fahrverbots getroffen werden könnten. Einer Zurückverweisung der Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung bedarf es daher nicht.

OLG Hamm, Beschl. v. 23.7.2013 5 RVs 52/13 

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