Der Richtlinienentwurf auf dem Weg durch das Parlament

von Dr. Rolf Hempel, veröffentlicht am 14.10.2013

Am 11.06.2013 hatte die Kommission ihren Entwurf für eine Richtlinie zu privaten Schadensersatzklagen bei Kartellrechtsverstößen vorgelegt (vgl. hier). Inhaltlich geht es – wie an anderer Stelle schon einmal erwähnt  – mehr um den Schutz der behördlichen Durchsetzung vor den (vermeintlichen oder realen) Gefahren des sog. private enforcement als um eine Förderung des privaten Rechtsschutzes. Ich erinnere in diesem Zusammenhang immer gern an Mario Monti. O-Ton Super-Mario vor 13 Jahren:

The present system is essentially based on public enforcement by the Commission. However, in a mature competition law system such as ours, private enforcement should play an important role […]. The US experience demonstrates, however, that private action before the courts can play a significant role in the field of competition law enforcement. […] From an enforcement point of view the power to grant damages is particularly important because it raises the stakes for companies violating the competition rules”.

Und schließlich aus einer anderen Rede:

One important objective of the reform is to pave the way for more effective private enforcement of the EC competition rules".

Das waren damals also noch ganz andere Töne aus Brüssel als heute.

Diskutiert wurde schon viel über den aktuellen Entwurf (zuletzt hier).

Am 03.10.2013 endete nur der erste Aufzug des zweiten Akts des am 11.06.2013 begonnenen Stücks "Rules governing actions for damages under national law for infringements of the competition law provisions of the Member States and of the EU". Der Berichterstatter im EP legte dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des Europäischen Parlamnts seinen Berichtsentwurf vor. Worum geht es ihm?

Der Schutz der Kronzeugenprogramme insbesondere vor Akteneinsichtnahme durch Geschädigte soll gegenüber dem Entwurf verstärkt werden. Allerdings sieht der Berichterstatter Kommission und Parlament in dieser Frage an das Primärrecht in der Auslegung durch den EuGH (Donau Chemie) gebunden. Dem hat der Richtlinienentwurf Rechnung zu tragen.

Die Bindung von Zivilgerichten an behördliche Entscheidungen soll etwas abgeschwächt werden, um den Verfahrensgrundrechten besser Rechnung zu tragen.

Die vorgeschlagenen Verjährungsfristen sollen kürzer sein als vorgeschlagen.

Eine weitere Privilegierung des Kronzeugen bei der gesamtschuldnerischen Haftung sei nicht notwendig.

Der pass-on-Einwand soll nicht bei „rechtlicher Unmöglichkeit“ der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs durch einen indirekt Geschädigten ausgeschlossen sein. Die Illinois Brick-Begründung, der direkt Geschädigte sei der am besten positionierte Kläger, wird damit verworfen.

Es soll keine widerlegliche Vermutung für die Verursachung (irgendeines) Schadens durch den Kartellrechtsverstoß geben, da eine solche nicht der Wirklichkeit entspreche.

Die Anreize für Vergleiche sollen weiter erhöht werden, ggf. auch zulasten der Geschädigten.

Im behördlichen Verfahren sollen Anreize für eine freiwillige Schadensregulierung geschaffen werden.

Und wie soll es weitergehen?

Am 05.12.2013 soll im Ausschuss abgestimmt werden. Für den 11.03.2014 ist eine erste Lesung im Plenum des Parlaments „angedacht“ (vgl. zum Zeitplan hier).

Wer noch mehr dazu lesen möchte: Auf der Seite des Parlaments finden sich Verknüpfungen zu Kommissionsdokumenten und den Parlamenten der Mitgliedstaaten. Wer möchte, findet Lektüre für mehrere Wochen und kann durch Ausdrucken den Wald ruinieren.

 

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen