Deputate im Versorgungsausgleich?

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 09.10.2013
Rechtsgebiete: Familienrecht|4044 Aufrufe

Der Ehemann ist bei einer Brauerei beschäftigt. Sein Arbeitgeber hat ihm zugesagt, dass er auch nach seiner Pensionierung ein monatliches Bierdeputat von 5 Kästen Pils (20 Fl. a 0,5 Liter) im Monat erhält.

Die Ehefrau fragt nach, ob dieses Deputatsanrecht im Versorgungsaugleich (durch interne Teilung?) auszugleichen ist.

Nicht um Bier, sondern um Strom ging es in der Entscheidung des BGH vom 04.09.2013 - XII ZB 296/13:

Unterfallen Sachleistungen der betrieblichen Altersversorgung dem Versorgungsausgleich?

Der Wortlaut des § 2 (2) VersAusglG scheint dafür zu sprechen (so auch Palandt/Brudermüller § 2 VersAusgl RN 11, Hausbrand):

Ein Anrecht ist auszugleichen, sofern es

1. durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist

2.  Absicherung im Alter oder bei Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit, dient und

3. eine Rente gerichtet ist; ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz ist unabhängig von der Leistungsform auszugleichen.

Der BGH folgt dem nicht:

Die Bestimmung des § 2 Nr. 3 2. HS habe der Gesetzgeber allerdings gezielt eingeführt, um einen Versorgungsausgleich auch dann zu ermöglichen, wenn das betriebliche Anrecht auf eine Kapitalleistung gerichtet ist.

Damit sollten einerseits Liquiditätsprobleme aufgefangen werden, die entstehen könnten, wenn das weder fällige noch anderweitig verwertbare Anrecht anstelle im Versorgungsausgleich güterrechtlich ausgeglichen würde; andererseits sollten Umgehungsmöglichkeiten durch Ausübung eines Kapitalwahlrechts nach Rechtshängigkeit der Scheidung verhindert werden (BT-Drucks. 16/10144 S. 46). Eine Öffnung des Versorgungsausgleichs für betrieblich zugesagte Sachleistungen war mit der erweiterten Gesetzesfassung nicht beabsichtigt.

dd) Die Einbeziehung betrieblich zugesagter Sachleistungen würde sich zudem nicht in das System des Versorgungsausgleichs einfügen. Denn die gesetzlichen Ausgleichsmechanismen setzen Anrechte voraus, die auf eine Geldleistung entweder in Form einer Rente oder als Kapitalbetrag zielen.

Würde eine Sachleistung in den Versorgungsausgleich einbezogen, wäre sie bei der Scheidung regelmäßig noch nicht ausgleichsreif im Sinne des § 19 Abs. 2 VersAusglG. Denn die Gewährung der zugesagten Sachleistung steht nach Eintritt des Versorgungsfalls regelmäßig unter besonderen Bedingungen, deren Vorliegen im Zeitpunkt der Scheidung noch nicht feststehen. Insbesondere hängt der Bezug der Sachleistung von der Möglichkeit des Berechtigten ab, diese tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Hinsichtlich des hier zugesagten Stromdeputats entfällt die Möglichkeit der Inanspruchnahme nach der vom Versorgungsträger erteilten Auskunft, wenn der Berechtigte im Inland keinen eigenen Haushalt führt, etwa weil er in einer Wohngemeinschaft, in einem Heim oder im Ausland lebt. Wegen dieser weiteren Anspruchsvoraussetzungen ist das Versorgungsanrecht noch nicht hinreichend verfestigt (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG). Es könnte daher allenfalls nach der Scheidung ausgeglichen werden (§§ 20 ff. VersAusglG). Die Mechanismen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach der Scheidung setzen jedoch auszugleichende Geldleistungen voraus.

Für den Fall des laufenden Bezugs einer Versorgung ist durch § 20 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG bestimmt, dass die ausgleichsberechtigte von der ausgleichspflichtigen Person den Ausgleichswert als Rente (schuldrechtliche Ausgleichsrente) verlangen kann. Das zielt nicht auf Naturalleistung, sondern auf eine Geldrente, zumal der ausgleichspflichtige Ehegatte im vorliegenden Fall auch nicht imstande wäre, Stromlieferungen an den Ausgleichsberechtigten zu erbringen. Im Hinblick auf die geschuldete Geldrente müsste die ausgleichsberechtigte Person von der ausgleichspflichtigen Person auch verlangen können, ihr den Anspruch gegen den Versorgungsträger in Höhe der Ausgleichsrente abzutreten (§ 21 Abs. 1 VersAusglG). Dies wäre jedoch von vornherein nicht möglich, da der Versorgungsträger keine Geldrente schuldet, sondern insoweit (nur) eine Sachleistung.

Auch eine Geldabfindung der noch zu erwartenden Sachleistungen (§ 23 VersAusglG) kommt nicht in Betracht. Denn der Abfindungsanspruch nach § 23 VersAusglG hat ebenfalls zur Voraussetzung, dass es sich bei dem noch nicht ausgeglichenen Anrecht um ein dem Grund und der Höhe nach gesichertes Anrecht handelt (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2013 - XII ZB 371/12 -FamRZ 2013, 1021 Rn. 13 ff.). Dies ist wegen des möglichen Wegfalls der weiteren Anspruchsvoraussetzungen - etwa durch Aufgabe eines eigenen Haushalts im Inland - nicht gegeben.

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