Strenge VKH-Sitten in Koblenz

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 01.10.2013
Rechtsgebiete: Familienrecht2|4068 Aufrufe

Die Eheleute waren Miteigentümer einer Eigentumswohnung (128 qm Wohnfläche, Wert 94.000 €). Im Zuge der Trennung übernahm sie die Wohnung zu Alleineigentum und blieb mit den beiden Kindern dort wohnen, der Mann zog aus.

Die für das Scheidungsverfahren beantragte VKH wurde ihr vom OLG Koblenz letztinstanzlich verweigert.

Für eine Familienwohnung (Mann, Frau + 2 Kinder) seien 130 qm Wohnfläche angemessen. Bei einer geringeren Personenzahl sei eine Reduzierung um jeweils 20 qm pro Person vorzunehmen. Hiernach sei für die Antragstellerin und ihre beiden Söhne allenfalls eine Objektgröße von 110 qm angemessen, nicht aber die EtW mit ihren 128 qm.

Im Übrigen lasteten auf der Antragstellerin insgesamt Darlehen von „nur“ rund 63.000 €. Gegenüber dem Wert der EtW im Wert von 94.000 € ergebe sich eine „freie Spitze“ von rund 31.000 €.

Hätte die Antragstellerin die Eigentumswohnung damit nicht zu Alleineigentum übernommen, sondern verwertet, hätte sie mit dem verbleibenden Erlös die Kosten der Prozessführung begleichen können. Nach Ablauf des Trennungsjahres und nach beurkundeter Scheidungsfolgenvereinbarung war das bevorstehende Scheidungsverfahren auch erkennbar. Alternativ hätte sie die zu erwartenden Prozesskosten kreditfinanzieren können.

Die Verpflichtung zur Kreditfinanzierung der Prozesskosten gilt dabei auch unabhängig von den vorgenannten Ausführungen, also selbst dann, falls die vorstehend ermittelte Differenz zum Verkehrswert nicht zutreffend sein sollte. Denn die Antragstellerin hat ohnehin am 16.11.2012 einen neuen Kredit auf die Eigentumswohnung aufgenommen. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser insbesondere angesichts des guten Einkommens der Antragstellerin nicht noch um den hier für die Verfahrensfinanzierung benötigten geringfügigen Betrag hätte erhöht werden können

OLG Koblenz v. 06.09.13 - 13 WF 745/13

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2 Kommentare

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Konsequente Entscheidung, die ich nur begrüßen kann.

Wieso soll bei Vermögen und Einkommen noch ein Prozeß auf VHK geführt werden? Dieses Mittel wird meines erachtens zuviel genutzt, ohne das sich die beteiligten der Kosten bewusst sind ... diese müssen ja nicht zahlen. Mehr Verantwortung würde so manches Verfahren garnicht erst starten lassen.

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Schade, dass die im Ergebnis absolut zutreffende Entscheidung hier durch die - überflüssigen - Ausführungen zur angemessenen Wohnungsgröße angreifbar gemacht wird. Absolutes KO-Kriterium für den VKH-Antrag der Antragstellerin war, dass sie während des sich abzeichnenden Verfahrens in der Lage war, einen größeren Kredit aufzunehmen. Die Prozessfinanzierung genießt Vorrang vor sonstigen Anschaffungen.

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