Neues zu Ketamin

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 28.09.2013

Mein Blog-Beitrag vom 6.4.2012 veranlasst mich, der Frage nachzugehen, wie es mit der Ausbreitung des Konsums von Ketamin in Deutschland aussieht.

Bei Ketamin handelt es sich um ein in der Human- und Tiermedizin verwendetes Narkose- und Schmerzmittel, das in der Drogenszene wegen seiner bewusstseinsverändernden Wirkung den Ruf eines Turbo-Glücksbringers hat. Der Konsum von Ketamin birgt jedoch erhebliche Gesundheitsgefahren: Es können Übelkeit, Erbrechen, Horrortrips und Blackouts sowie lebensbedrohliche Atemlähmungen auftreten. In der Drogenszene wird der sedierenden Wirkung von Ketamin, das dort unter den Namen K, Mighty K, Special K oder Kitkat vertrieben wird, teilweise durch zusätzliche Einnahme von Stimulantien wie Kokain oder Amphetamin entgegen gewirkt. Dabei handelt es sich nicht um ein neues Phänomen, denn Berichte über den Ketaminmissbrauch gibt es schon seit Mitte der 1990er Jahre.

Wie sieht es aber aktuell aus?

Es gibt einige Zeitungsbeiträge, die sich mit dem Konsum von Ketamin in der Drogenszene beschäftigen. So berichtete die Hamburger Morgenpost am 13.3.2013 in einem Artikel mit dem Titel „Ketamin: Die neue Mode-Droge der Luxus-Kids“, dass in Hamburg besonders Jugendliche aus gehobenen sozialen Schichten Ketamin konsumierten. Am 23.7.2013 berichtete die Rhein-Zeitung unter der Überschrift „Drogenszene entdeckt Narkosemittel Ketamin“, dass Ketamin inzwischen auch in der rheinland-pfälzischen Drogen- und Partyszene auftauche.

Solche Medienberichte sind aber hinsichtlich der tatsächlichen Ausbreitung einer Droge grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen. Ein genauerer Blick auf den Beitrag in der Rhein-Zeitung offenbart zum Beispiel, dass es in Rheinland-Pfalz in den Jahren 2010 bis 2013 nur 8 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem Umgang mit Ketamin gegeben hat, wie sich aus der rheinland-pfälzischen LT-Drucksache 16/2452, auf die sich der Beitrag bezieht, ergibt. Die Aussage, die Drogenszene entdecke Ketamin, erscheint mir angesichts dieser Zahlen doch eher gewagt.

Verlässlicher als Zeitungsartikel sind die Berichte der Deutschen Beobachtungstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD). Im Jahresbericht (sog. Reitox-Bericht) für das Jahr 2011 heißt es, Ketamin finde in fast allen Segmenten des Techno-Party-Umfeldes, insbesondere beim „Chill-out“ bzw. bei „After-Hour-Veranstaltungen“ eine gewisse Verbreitung, nachdem es in den Vorjahren nur punktuell in Erscheinung getreten wäre (Bericht 2011 des nationalen REITOX-Knotenpunkts an die EBDD, S. 56). Im Jahresbericht 2012 der DBDD heißt es, die Verbreitung von Ketamin sei nicht weiter angewachsen, nachdem es in einigen Umfeldern Probleme im Zusammenhang mit der narkotisierenden und dissoziativen Wirkung unmittelbar auf Veranstaltungen gekommen sei (Bericht 2012 des nationalen REITOX-Knotenpunkts an die EBDD, S. 50).

Mein Fazit: Ausgehend von den Berichten der DBDD ist davon auszugehen, dass der Ketaminmissbrauch auch in der Partyszene in Deutschland in den letzten Jahren substantiell zugekommen hat.

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