LAG Köln zum Anspruch auf Arbeitszeitverringerung im Schichtbetrieb

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 06.08.2013

Arbeitnehmer haben unter den Voraussetzungen des § 8 TzBfG die Möglichkeit, ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit zu reduzieren. Der Arbeitgeber kann dem Verringerungsverlangen widersprechen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Solche liegen insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht (§ 8 Abs. 4 TzBfG).

Das LAG Köln hatte jetzt über die Frage zu entscheiden, welcher Organisationsaufwand dem Arbeitgeber zugemutet werden kann. Ursprünglich war der als Maschinenführer beschäftigte Arbeitnehmer im Drei-Schicht-Betrieb in Vollzeit tätig. Er hat zwei Kinder, seine Ehefrau ist berufstätig. Nach einer knapp zweijährigen Elternzeit will er nur noch in Teilzeit arbeiten (30 Stunden), und zwar montags bis freitags zwischen 9.00 Uhr und 14.00 Uhr. Die beklagte Arbeitgeberin hatte den Teilzeitwunsch abgelehnt: Das gesamte Konzept der Schichtplanung müsste wegen des Wunsches eines einzelnen Mitarbeiters aufgehoben werden. Andere Mitarbeiter müssten häufiger die Schichten wechseln, was bei diesen zu Unmut führe. Auch die Regelung einer Urlaubsvertretung wäre unzumutbar erschwert. Hinzu komme, dass das Begehren des Klägers Auswirkungen auf Organisation und Arbeitsablauf haben könne, da die von ihm gewünschte Gestaltung seiner Arbeitszeit als Vorbild für andere Mitarbeiter dienen könnte.

In erster Instanz hatte das ArbG Bonn dem Verringerungswunsch des Klägers entsprochen (Urt. vom 18.07.2012 - 2 Ca 645/12 EU, BeckRS 2013, 70723). Im Verlaufe des Berufungsverfahrens hatten die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen, der den Wünschen des Klägers dauerhaft Rechnung trägt. Dadurch erledigte sich der Rechtsstreit in der Hauptsache. Das LAG Köln hatte nur noch über die Kosten zu entscheiden. Es hat diese der Beklagten auferlegt. Die Klage hätte - wäre nicht Erledigung eingetreten - zur Überzeugung des Berufungsgerichts Erfolg gehabt. Es entspreche einer dringenden gesamtgesellschaftlichen Zielsetzung, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern. Dem wolle § 8 TzBfG Rechnung tragen. Diese Problematik zu bewältigen liege nicht nur in einem subjektiv-individuellen Interesse eines Einzelnen, sondern auch im Interesse der Allgemeinheit. Vor diesem Hintergrund vorgebrachte Wünsche nach Anpassung der Arbeitszeit rechtfertigten deshalb erhöhte Anforderungen an den Maßstab der Unzumutbarkeit. Gewisse organisatorische Anstrengungen seien bei jeder Einrichtung von Teilzeitarbeit erforderlich und dem Gesetz immanent.

LAG Köln, Urt. vom 10.01.2013 - 7 Sa 766/12, BeckRS 2013, 70661

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