Strom nach Trennung

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 05.08.2013
Rechtsgebiete: Familienrecht2|12900 Aufrufe

Ein Ehepaar. Am 08.10.08 schloss der Ehemann allein mit einem Energieversorger einen Vertrag über die Lieferung von Strom für die Ehewohnung.

Im Mai 2010 kam es zur Trennung der Eheleute und die Ehefrau zog aus der Ehewohnung aus.

Der Stromlieferungsvertrag wurde notleidend. Der Versorger verklagte (auch) die Ehefrau auf Zahlung und zwar auch für die Zeit nach ihrem Auszug aus der Ehewohnung.

Das Amtsgericht wies die Klage hinsichtlich dieses Zeitraums ab, das Landgereicht gab ihr statt.

PKH für die zugelassene Revision  bewilligte der BGH nicht.

Der Abschluss eines Stromlieferungsvertrages ist ein Bedarfsdeckungsgeschäft im Sinne des § 1357 I BGB, so dass die Ehefrau grundsätzlich mitverpflichtet worden ist. Fraglich kann im Hinblick auf § 1357 III BGB („Absatz 1 gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben.”) nur sein, ob die Ehefrau durch ihren Auszug aus der Ehewohnung entpflichtet worden ist.

Unmittelbar - so der BGH - sei  § 1357 III BGB  nicht anwendbar, weil er für den Fall des Getrenntlebens nur die Wirkungen des § 1357 I BGB und damit die Mithaftung des nicht vertragschließenden Ehegatten bei Abschluss eines neuen Bedarfsdeckungsgeschäftes in der Trennungszeit ausschließe.

So liegt der Fall hier nicht, weil es sich bei einem Versorgungsvertrag über die Lieferung von Strom um einen Bezugsvertrag (Dauerlieferungsvertrag) und damit um ein echtes Dauerschuldverhältnis handelt  und es für die Begründung der hieraus resultierenden Forderungen auf den Abschluss des Dauerschuldvertrags und nicht auf die daraus hervorgehenden Einzelverbindlichkeiten ankommt. Eine Regelung zur Enthaftung eines Ehegatten von einer während bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft wirksam begründeten Mitverpflichtung lässt sich § 1357 III  BGB dagegen nicht entnehmen.

Auch eine entsprechende Anwendung von § 1357 III BGB auf die Enthaftung des getrennt lebenden Ehegatten in den Fällen eines Dauerschuldverhältnisses kommt nicht in Betracht. Es fehlt bereits an einer Regelungslücke in Bezug auf den Fortbestand der Mithaftung des zwischenzeitlich getrennt lebenden Ehegatten für die nach der Trennung aus einem Dauerschuldverhältnis hervorgehenden Einzelverbindlichkeiten. Mit Recht weist die Revisionserwiderung darauf hin, dass sich ein gleichgelagertes Problem bei allen Bedarfsdeckungsgeschäften stellt, bei denen zwischen Vertragsschluss und Leistungserbringung der Fall des Getrenntlebens eintritt. Wenn es insoweit an einer speziellen gesetzlichen Regelung fehlt, lässt dies darauf schließen, dass der Gesetzgeber eine automatische, nur an den Tatbestand des Getrenntlebens anknüpfende Enthaftung des zuvor wirksam mitverpflichteten Ehegatten nicht gewollt hat.

BGH v. 24.4. 2013 – XII ZR 159/12

Ausziehenden Ehegatten ist daher dringend zu raten, den Umstand ihres Auszuges sofort dem Energieversorger mitzuteilen und den Vertrag zu kündigen.

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Jedenfalls besteht - für die Wohnung - bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein Anspruch gegenüber dem Partner, den Vertrag zu kündigen. An der Kündigung muss der verbleibende Partner dann mitwirken. Danach kann er einen eigenen Vertrag abschließen. Der Grundsatz dürfte für Eheleute ebenso gelten.

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