Beharrlichkeit: Voreintragungen auf Richtigkeit prüfen oder nicht?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.08.2013

M.E. nicht, da die Voreintragungen ja nunmal rechtskräftig sind. Das entspricht  auch der h.M, so es eine solche überhaupt gibt. Das OLG Bamberg sieht das wohl anders:

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerde hat im Ergebnis keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. erkennen lassen.

1. Ob die mit der Rechtsbeschwerde erhobenen Verfahrensrügen den formellen Anforderungen des §  344 Absatz II 2 StPO i.V.m.  § 79 Absatz III 1 OWiG genügen, kann dahinstehen; sie erweisen sich schon deshalb jedenfalls als unbegründet, weil das Gericht nicht gehalten war, die Einlassung des Betr., er sei entgegen den Feststellungen im VZR nicht Täter der am 13.03.2011 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung [...] gewesen, zu überprüfen.

2. In Rspr. und Schrifttum wird unterschiedlich beurteilt, ob der Betr. zur Annahme einer beharrlichen Tat iSv. § 25 I 1 2. Alt. StVG rechtskräftige Ahndungen vorausgegangener Verstöße ausnahmslos gegen sich gelten lassen muss und ihm damit insbesondere die Einlassung abgeschnitten ist, er sei nicht Täter der damaligen Tat gewesen (Burhoff/Deutscher, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Aufl., Rn. 1022 unter Hinweis auf OLG Celle NZV 1997,  488; vgl. auch König in Hentschel/König/Dauer Straßenverkehrsrecht 41. Aufl. § 25 StVG Rn. 15).

a) Nach Auffassung des OLG Celle (aaO.) würde anderenfalls die materielle Rechtskraft des früheren Bußgeldbescheides unterlaufen, die im Interesse der Rechtssicherheit nur unter engen Voraussetzungen im Wege der Wiederaufnahme beseitigt werden könne. Insbesondere in Fällen, in denen – wie vorliegend – eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig wäre (§  § 85 Absatz II Nr. 1 OWiG), sei es systemwidrig, wenn in einem gerichtlichen Bußgeldverfahren ein Gericht die Behauptung des Betr., er sei in einem früheren Verfahren zu Unrecht geahndet worden, überprüfen müsste.

b) Demgegenüber hat es das BayObLG ausnahmsweise dann nicht genügen lassen, die Beharrlichkeit auf Feststellungen zu stützen, welche den Eintragungen im VZR zu entnehmen sind, wenn der Betr. mit näherer Begründung in Abrede stellt, die Tat begangen zu haben, insoweit also in substantiierter Weise konkrete Einwendungen gegen seine damalige Täterschaft vorbringt. Die bloße Behauptung des Betr., nicht der Täter gewesen zu sein, hat es dabei aber nicht als ausreichend angesehen (BayObLGSt 2003, 119 ff. = NZV 2004,48 f. =DAR 2004, 36 f. = zfs 2004, 138 f. = VRS 106 [2004],  123 ff.und BayObLGSt 2003, 132 ff. = NZV 2004,
NZV 102 f. = DAR 2004, 163 f. = VM 2004, Nr. 18 = VRS 106, VRS Band 106,  216 ff.).

c) Ob dieser einschränkenden Auffassung zu folgen ist, muss hier nicht abschließend entschieden werden. Der Betr. hat sich nämlich ausweislich der Urteilsfeststellungen auf die Behauptung beschränkt, er sei nicht Fahrer gewesen, da er zum Tatzeitpunkt einen Lkw seines Arbeitgebers gefahren habe. Diesem, seine frühere Täterschaft lediglich pauschal bestreitenden Vorbringen des Betr. sind keine ausreichend dargelegten gewichtigen Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der im VZR enthaltenen Bußgeldentscheidung zu entnehmen, aufgrund derer sich das AG gedrängt sehen musste, dem Unterbrechungsantrag der Verteidigung stattzugeben bzw. den Behauptungen des Betr. nachzugehen. Daraus folgt zugleich, dass das AG bei der Prüfung der Beharrlichkeit des Pflichtenverstoßes im Sinne von § 25 I 1 2. Alt. StVG alle festgestellten Voreintragungen des Betr. im VZR hätte heranziehen müssen.

OLG Bamberg, Beschl. v. 22.04.2013 - 2 Ss OWi 339/13 = BeckRS 2013, 10517

Zur Beharrlichkeit: Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsahcen, § 5

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