Wetten, dass dieser Fall bei den Prüfungsämtern auftaucht?

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 31.07.2013
Rechtsgebiete: Familienrecht7|11096 Aufrufe

Die Parteien lebten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft und haben drei gemeinsame Kinder.

Der Beklagte war Eigentümer eines Daimler Benz 280 SE Coupé. Am Geburtstag der Klägerin, am 14.07.2007, überreichte der Beklagte der Klägerin einen Schlüssel für den PKW und erklärte - so die Behauptung der Klägerin - ihr das Fahrzeug zu schenken.

Die restlichen Schlüssel behielt der Beklagte. Er benutzte das Fahrzeug auch in der Folgezeit.

Bei Auszug der Klägerin blieb das Fahrzeug, das in den Wintermonaten nicht benutzt wurde, in einer vom Beklagten angemieteten Garage.

Die Klägerin verlangt Herausgabe.

Klage in 2. Instanz vom OLG München abgewiesen.

Eine Übereignung nach § 929 BGB setzte voraus, dass der Veräußerer jeglichen Besitz aufgibt Daran fehle es vorliegend: Der Beklagte hat der Klägerin nicht alle, sondern nur einen Fahrzeugschlüssel übergeben, und das Fahrzeug unstreitig nach der Feier am 14.07.2007 auch noch selbst benutzt. Zudem befand sich der Pkw weiterhin in einer vom Beklagten angemieteten Garage, zu der außer der Klägerin auch der Beklagte jederzeit Zugang hatte. Somit habe der Beklagte auch nach Übergabe des Schlüssels noch Mitbesitz an dem Fahrzeug.


Das Fahrzeug wurde der Klägerin auch nicht nach §§ 929, 930 BGB wirksam übereignet. Eine solche Übereignung setzte voraus, dass zwischen den Parteien ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis i. S. des § 868 BGB bestand oder begründet wurde, kraft dessen der Veräußerer seinen Mitbesitz künftig für den Erwerber ausübt. Ein derartiges Besitzmittlungsverhältnis kann auch durch schlüssiges Verhalten oder etwa durch eine Sicherungsabrede begründet werden. Besteht bereits ein gesetzliches Besitzmittlungsverhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber und entspricht es dem Willen der Beteiligten, dieses Verhältnis auf die übereignete Sache zu erstrecken, so bedarf es nicht der Vereinbarung eines besonderen Besitzmittlungsverhältnisses (BGH NJW 1989, 2542). Dies gilt im Hinblick auf § 1353 BGB für die eheliche Lebensgemeinschaft und im Hinblick auf § 1626  BGB auch für die sorgeberechtigten Eltern im Verhältnis zu ihrem Kind).

Ein gesetzliches Besitzmittlungsverhältnis lag hier nicht vor. Die Parteien waren nicht verheiratet. Sie lebten mit den drei gemeinsamen Kindern in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft begründet indessen kein gesetzliches Besitzmittlungsverhältnis i. S. des § 930 BGB. Zwar können sich nach Auflösung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen ein Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung geschaffen wurde, unter Umständen Ausgleichsansprüche nach Gesellschaftsrecht, nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage oder aus Bereicherungsrecht wegen Zweckverfehlung ergeben. Dies kommt allerdings nur in Betracht, soweit es sich nicht um Leistungen handelte, die der Ermöglichung des täglichen Zusammenlebens dienten. Eine der Ehe vergleichbare, umfassende Rechtsgemeinschaft mit detailliert geregelten wechselseitigen Rechten und Pflichten auch bezüglich des Vermögens des anderen ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft aber gerade nicht (Brudermüller in: Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, Einf. v. § 1297 Rz. 32). Insbesondere findet § 1353 Abs. BGB auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft keine Anwendung. Aus dem Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft in § 1353 Abs.1 BGB ergibt sich die Pflicht der Ehegatten, sich gegenseitig die Benutzung der ehelichen Wohnung und des Hausrats zu gestatten, auch wenn ein Ehegatte Alleineigentümer dieser Sachen ist. Aus der Besitzberechtigung folgt, dass der mitbesitzende Nichteigentümer dem Eigentümer den Besitz mittelt. Eine vergleichbare Regelung findet sich für die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht. Auch aus etwaigen Ausgleichsansprüchen, die sich bei Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ergeben können, lässt sich nicht der Schluss ziehen, die nichtehelichen Lebensgefährten seien einander zur Gewährung von Mitbesitz an einer Wohnung oder an Hausratsgegenständen kraft Gesetzes verpflichtet. Mithin genügt eine nichteheliche Lebensgemeinschaft anders als die Ehe nicht als gesetzliches Besitzmittlungsverhältnis

OLG München, Schlussurteil vom 04.07.2013 - 23 U 3950/12

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7 Kommentare

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Einen fast identischen Fall (Urt.v. 22.05.2012, Az. 3 U 69/11) hat letztes Jahr auch das Schleswig-Holsteinische OLG so entschieden, nur mit umgekehrten Geschlechtern. ;)

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Das Wertung mag korrekt sein, aber überzeugend ist das Ergebnis m. E. nicht. Wäre der Fall anders zu bewerten, wenn dem Partner vorübergehend alle Schlüssel gegeben worden wären? Und sollte es davon abhängen?

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Zusatzfrage für die "Anwaltsklausur":

 

"Wie bringen Sie Ihre Mandantin dazu,  eine aussichtslose Klage durch zwei Instanzen zu treiben?"

 

Lösungsvorschläge:

 

a) Ihre Mandantin ist stinkreich und blöd, bei dem Mercedes ging es nur ums Prinzip.

b) Der Sachbearbeiter der Rechtsschutzversicherung Ihrer Mandantin ist blöd.

c) Sie als Anwalt sind blöd und sollten schon einmal Ihre Vermögensschadenhaftpflichtversicherung verständigen.

d) Ihre Mandatin hat erstinstanzlich PKH erhalten (Richter blöd).

e) Mit dieser lebensfremden Entscheidung des OLG konnte niemand rechnen.

 

 

 

 

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Wo ist die Pointe fürs Prüfungsamt? Auch die Annahme eines gesetzlichen BMV in den neLG macht aus der Übergabe eines Schlüssels noch keine Übereignung, und umgekehrt eine Übereignung nach dem Vortrag der Klägerin wäre als begleitet von einem vertraglichen BMV auszulegen. Reines Beweisproblem.

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Sollte die Überlassung eines Schlüssels als Beleg für eine Übereignung ausreichend sein, müsste jeder sich gedanken machen, ob er seinem Lebenspartner sein Fahrzeug fahren lässt. Noch weiter, was wenn die Behautung der unrechtmäßigen Entwendung angeführt wird?

 

Für mich eine logische Entscheidung.

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Der Beklagte war wohl ein Nichtheirats-Schwindler. Die arme Frau ist auf die vorgetäuschte Versorgerqualität reingefallen. Vielleicht könnte die Dame Schmerzensgeld in Höhe des Kaufwerts des Autos geltend machen.

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