LAG Baden-Württemberg: Bezugnahme auf Zeitarbeitstarifverträge der DGB Tarifgemeinschaft Zeitarbeit ist wirksam

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 28.07.2013

Ein bislang weitgehend unbeachtetes Urteil des LAG Baden-Württemberg (vom 4.6.2013 – BeckRS 2013, 70574) nimmt zu einer überaus brisanten Frage Stellung, die durch die neuere Rechtsprechung des BAG aufgeworfen ist und die gesamte Zeitarbeitsbranche nachhaltig betrifft. Das BAG (Urteil vom 13.3.2013, BeckRS 2013, 69475) hat bekanntlich vor kurzem entschieden, dass die Bezugnahme auf das mehrgliedrige Tarifwerk der christlichen Gewerkschaften in den Arbeitsverträgen der AGB-Kontrolle nicht Stand zu halten vermag. Sie sei intransparent, das der Leiharbeitnehmer nicht ersehen könne, welches der mehreren in Bezug genommen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben solle. Die Folge ist, dass der equal-pay-Grundsatz gilt. Die Zusammenarbeit der Verleiherverbände mit den christlichen Gewerkschaften ist zwar zwischenzeitlich beendet worden. Die spannende Frage ist nun, ob das Verdikt des BAG auch die arbeitsvertraglichen Verweisungen auf das Tarifwerk der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit trifft. Dies wird von vielen so gesehen bzw. befürchtet. Das LAG Baden-Württemberg entscheidet hingegen anders: Nach seiner Ansicht bilden die Tarifverträge der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit eine eigene Kategorie, die mit der Bezeichnung „mehrgliedrig-einheitlich“ charakterisiert werden könne. Sodann heißt es: „Soweit Bezugnahmeklauseln in der Rechtsprechung als intransparent angesehen wurden (siehe etwa LAG Rheinland-Pfalz 01.06.2012 - 9 Sa 24/12 einerseits und LAG Niedersachsen 19.04.2012 - 5 Sa 1607/11), hat dies CGZP-Verweisung betroffen und dürfte den konkreten Formulierungen geschuldet gewesen sein. Die von der Klägerin ins Feld geführten hypothetisch möglichen Schwierigkeiten bei der Bestimmung der tarifrechtlichen Lage (durch künftiges Auseinanderentwickeln des Tarifwerks etwa infolge der Kündigung eines Tarifvertrages oder dem Hinzutreten bzw. Wegfall einer Tarifvertragspartei) werden bei einheitlich - mehrgliedrigen Tarifverträgen in aller Regel wegen der schuldrechtlichen Bindungen der BGB-Gesellschaft nicht eintreten. Sollte sich der Fall gleichwohl ergeben, bleiben die anwendbaren Tarifverträge bestimmbar….“ Ob hier tatsächlich signifikante Unterschiede zwischen den Tarifwerken der christlichen Gewerkschaften und der DGB Tarifgemeinschaft Zeitarbeit ausgemacht werden können, wird sicherlich noch kontrovers diskutiert werden. Eine neuere Veröffentlichung folgt im Ergebnis des LAG Baden-Württemberg und qualifiziert die DGB-Zeitarbeitstarifwerke sogar als Einheitstarifverträge (Herrmann/Molle, BB 2013, 1781). Das LAG hat jedenfalls die Revision zum BAG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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