EuGH: Mitgliedstaaten dürfen die exklusive Übertragung von Spielen der Fußball-WM und -EM im Pay-TV beschränken

von Fabian Reinholz, veröffentlicht am 18.07.2013

Der EuGH hat heute entschieden: Zur Sicherstellung des Rechts auf Information und auf einen breiten Zugang der Öffentlichkeit zur Fernsehberichterstattung von Fußballwelt- und Europameisterschaften, darf ein EU-Mitgliedsstaat Maßnahmen ergreifen, um die exklusive Übertragung von Spielen dieser Turniere im Bezahlfernsehen zu verhindern. Dabei können die Mitgliedstaaten sogar soweit gehen, anzuordnen, dass alle Spiele der WM und EM im Free-TV übertragen werden müssen.

Was war geschehen?

Die FIFA und die UEFA veranstalten die Fußball-WM bzw. die Fußball-EM. Die Finanzierung dieser Mega-Sportevents erfolgt hauptsächlich über die Vermarktung der Fernsehrechte. Ein maßgeblicher Teil der Einnahmen erfolgt dabei mittels exklusiver Vergabe von Übertragungsrechten an Pay-TV-Sender. Die EU-Richtlinie (89/552/EWG) über die Fernsehtätigkeit gestattet den Mitgliedstaaten, die Exklusivübertragung von Ereignissen erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung zu verbieten, wenn dadurch einem Großteil der Öffentlichkeit die Möglichkeit vorenthalten wird, das Ereignis im Free-TV zu verfolgen. Die Mitgliedstatten erstellen hierzu Listen, in denen sie die bedeutenden Ereignisse benennen. Vor Umsetzung der Maßnahmen prüft die Kommission die Liste auf Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht.

Belgien und Großbritannien haben eine solche Liste aufgestellt, die u. a. alle Endrundenspiele der Fußballwelt- und Europameisterschaften enthält. Die Europäische Kommission segnete die Listen ab. FIFA und UEFA klagten gegen die Entscheidung der Kommission mit der Begründung, erhebliche gesellschaftliche Bedeutung komme allenfalls einem Teil (z. B. Finale, Halbfinale), nicht jedoch allen Spielen der WM- und EM-Endrunde zu. Das Recht auf freien Dienstleistungsverkehr und freien Wettbewerb sei dadurch unzulässig beschränkt. Die Klage scheiterte in erster Instanz vor dem Gericht der Europäischen Union (EUG) und nun auch vor dem EuGH

Der EuGH sagt zwar: Nicht alle Endrundenspiele der WM und EM sind geichermaßen bedeutsam für die Öffentlichkeit. Spiele wie das Halbfinale, das Finale und Spiele der eigenen Nationalmannschaft stoßen in einem Mitgliedstaat auf besonders Interesse. Die Mitgliedstaaten müssten daher bei Eineichung ihrer Listen gegenüber der Kommission begründen, warum sie die Gesamtheit der Spiele als bedeutendes Ereignis einstufen. Im vorliegenden Fall liegen diese Gründe – so der EuGH - ausreichend vor. Es sei zum einen ausreichend belegt, dass die Turniere in ihrer Gesamtheit für ein breites Publikum und nicht nur für die fußballbegeisterten Teile der Bevölkerung populär waren. Zum anderen waren sie in den betreffenden Mitgliedstaaten bis dahin stets im Free-TV übertragen worden. 

Die Begründung des EuGH zur Einordnung der Spiele als „bedeutendes Ereignis“, insbesondere das Argument "es wurden ja schon immer alle Spiele im Free-TV gezeigt" klingt etwas dünn. Allerdings liegt noch kein vollständig begründetes Urteil vor, die wesentlichen Inhalte der Entscheidung sind nur in einer Pressemitteilung des EuGH zusammengefasst.

Wie sich das Urteil für deutsche Fußballfans auswirkt, hängt davon ab, wie die zuständigen deutschen Behörden die Spiele der Welt- und Europameisterschaften qualifizieren. In den vergangenen Jahren sind nicht alle Spiele der Weltmeisterschaft im frei empfangbaren Fernsehen übertragen worden. Nach dem Urteil bestünde nun aber die Möglichkeit, dies künftig so festzulegen. In jedem Fall ist nicht zu befürchten, dass künftig Spiele mit deutscher Beteiligung nur noch auf Pay-TV-Sendern laufen.

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