Dient der Besuch des Religionsunterrichts dem Kindeswohl?

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 14.05.2013
Rechtsgebiete: Familienrecht2|2866 Aufrufe

Die getrenntlebenden Eltern sind beide konfessionslos. Anlässlich der Einschulung stritten sie sich (neben vielen anderen Dingen) auch um die Frage, ob die Kinder den katholischen Religionsunterricht besuchen sollen oder nicht.

Der Vater befürwortet eine solche Teilnahme mit der Begründung, sie diene dem Kindeswohl durch eine bessere Eingliederung in die Klassengemeinschaft und der mit dem Religionsunterricht verbundenen Erlernung der Kulturgeschichte. 

Die Mutter lehnt eine Teilnahme ihrer Kinder dagegen strikt ab. Sie hält die Nichtteilnahme für die konsequente Fortsetzung der bisher gelebten religionslosen Erziehung. 

Das AG Monschau hatte dem Vater die Entscheidung über eine Teilnahme am Religionsunterricht und den Schulgottesdiensten übertragen. Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Kindesmutter.

Das OLG Köln hat die Beschwerde zurückgewiesen.

Das Oberlandesgericht teilt die Auffassung des Vaters, dass die Teilnahme der Kinder an Schulgottesdiensten und Religionsunterricht dem Kindeswohl entspreche. Das Gericht habe keine Entscheidung darüber zu treffen, ob ein Kind überhaupt religiös erzogen werden soll oder nicht oder in welcher Religion eine Unterrichtung stattfinden soll. Eine Gefährdung der Kinder sei weder bei einer Teilnahme am Unterricht noch bei einer Nichtteilnahme zu befürchten.

In der Abwägung zwischen den von der Kindesmutter und dem Kindesvater vorgebrachten Argumenten spreche aber mehr dafür, dass eine Teilnahme am Religionsunterricht für die Bildung der Kinder förderlich sei, ihnen später eine bessere Grundlage für eine eigene Entscheidung für oder gegen die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft ermögliche und ihnen eine fundierte Kenntnis über die Grundlagen der hier gelebten Kultur vermitteln könne. Die Wissensvermittlung über Herkunft und Bedeutung religiöser Feste oder z.B. des Gottesbezugs in der nordrhein-westfälischen Landesverfassung diene der Allgemeinbildung der Kinder, ohne dass damit ein Zwang verbunden sei, selbst an Gott zu glauben oder überhaupt einer Religionsgemeinschaft anzugehören. Auch nach dem Inhalt des in der Grundschule angebotenen Religionsunterrichts, wie er von der Religionslehrerin in der mündlichen Anhörung erläutert worden sei, bestehe nicht die Gefahr, dass den Kindern damit zugleich gegen ihren oder den Willen der Eltern der christliche Glaube aufgezwungen werde. Soweit die Kinder selbst einer Teilnahme am Religionsunterricht ablehnend gegenüber stünden, sei ihnen die Tragweite ihrer Willensbekundung aufgrund ihres Alters noch nicht bewusst; zudem sei die ablehnende Haltung offensichtlich auf die Beeinflussung der Kindesmutter zurückzuführen.

Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen, da die Klärung der Rechtsfrage, inwieweit die Teilnahme am Religionsunterricht auch bei konfessionslosen Kindern dem Kindeswohl dient, über den Einzelfall hinaus Bedeutung habe.


OLG Köln v. 18.04.13 -12 UF 108/12

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2 Kommentare

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[...]Auch nach dem Inhalt des in der Grundschule angebotenen Religionsunterrichts, wie er von der Religionslehrerin in der mündlichen Anhörung erläutert worden sei, bestehe nicht die Gefahr, dass den Kindern damit zugleich gegen ihren oder den Willen der Eltern der christliche Glaube aufgezwungen werde.[...]

 

 

Ähm....interessant, nur komisch dass nach meiner Erfahrung Kinder in dem Alter (Grundschule) dazu neigen, z.B. "das Beten" nachzuspielen (selbst mehrmals bei verschiedenen Kindern erlebt), ferner gerade dieser anfängliche Religionsunterricht sich rein auf die religöse Geschichte (Jesus uns seine 12 Jünger usw.) beschränkt und diese Geschichten oder gar Märchen dann auch noch recht nett ausgeschmückt und plastisch erzählt werden.

 

Noch gravierender in meinen Augen ist dann die Frage wie es denn sein kann, dass beim Kinder- und Jugendschutz wie er von der BPjM durch Indizierungen betrieben wird eine sog. Wirkvermutung für empfindliche Eingriffe bei Erwachsenen ausreichen soll (Versandverbot usw.) aber die direkte Beinflussung eines Kindes durch den Religionsunterricht nicht statt finden soll....da könnte und sollte auch eine Wirkvermutung angeführt werden....

 

 

bombjack

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Diese Etnscheidung zeigt wiedermal deutlich das Religion nicht in den öffentlichen Raum wie Schule usw. gehört. Sollen die Eltern im Ramen ihrer betreuung dem Kind jeweils ihre Religion oder ihre nicht Religion näher bringen aber es darf nicht durch den Staat die Religion mehr gefördert werden als die nicht religion.

 

Mit dieser Entscheidung würde jeder Elternteil verlieren der sein Kind aus Überzeugung von der Religion fernhalten will, hier würde praktisch indireckt argumentiert das Religion besser ist als nicht Religion und das darf in einem aufgeklärten Staat nicht sein.

 

 

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