Das Schweigen: Bestandsdatenauskunft und TKG

von Prof. Dr. Thomas Hoeren, veröffentlicht am 12.05.2013

Ich bin perplex und weiß nicht, was ich sagen soll. Da verabschieden Bundesrat und Bundestag ein Gesetz, wonach Anbieter zur Herausgabe von Zugangsdaten zu E-Mail-Konten und IP-Adressen an Polizei, Zoll und Geheimdienste verpflichtet sind. Dabei sollen uU schon Ordnungswidrigkeiten ausreichen, um den Zugriff auf die Telekommunikationsdaten zu ermöglichen. Und das weitgehend ohne Richtervorbehalt.

Zum Bundestag: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/120/1712034.pdf

Dazu der Bundesrat http://www.bundesrat.de/cln_330/SharedDocs/Drucksachen/2013/0201-300/251...

Und die Datenschutzaufsichtsbehörden, die ansonsten im privatwirtschaftlichen Sektor massiv Stellung bezieht? Man schweigt.

Allein der Berliner Datenschutzbeauftragte veröffentlicht sein fünfseitiges Papier aus einer BUndestagsanhörung:

http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a04/Anhoerungen/Anhoerun...

Aus Kiel und vom BfD liest man kurze Statements dazu, daß das mit dem fehlenden Richtervorbehalt nicht so glücklich sei. Das war´s.

Ich verstehe das nicht.

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8 Kommentare

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Die Änderung war nach dem Beschluss des BVerfG vom 24.01.2012 erforderlich und gibt den Behörden nun endlich die erforderlichen Befugnisse, um Straftaten und Ordnungswidrigkeiten effektiv verfolgen zu können.

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Das stimmt nicht, lieber Gast#1. Zwar mußte nach dem Beschluss des BVerfG eine Änderung erfolgen - aber wie diese aussieht, gab es viel Spielraum. Und diesen Spielraum haben CDU/CSU/FDP dazu genutzt, um ausschließlich die "effiziente" Strafverfolgung zu ermöglichen - und ohne Blick auf Datenschutz. Und die Datenschützer schweigen - feige Bande!

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Naja. Unter z.B. bei http://www.datenschutzbeauftragter-info.de/neuregelung-zur-bestandsdaten... steht doch schon:

Der nächste Schritt wird wohl wieder eine Verfassungsbeschwerde sein.

Bei http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/nrw-beschwor-horrorszenarien-... kann man zum Beispiel nachlesen, wie unglaublich seriös und mit jeder Faser dem Rechtsstaat und der Wahrhaftigkeit verpflichtet die Protagonisten dieser gesetzgeberischen Meisterleistung vorgegangen und dass sie damit durchaus aufgefallen sind.

Es besteht also kein Grund, die Datenschützer (gleich siebenfach) mit pauschaler Schmähkritik zu überziehen.

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Ich finde solche Schmähkritik à la Susse auch nicht ok. aber #3: Die Verfassungsbeschwerde ist von den Piraten angekündigt wordebn, nicht von der Datenschutzaufsicht. Die Behörden machen wirklich zu wenig und haben sich vornehm zurückgehalten. Ich kann da die Verwunderung von Professor Hoeren verstehen.

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ThomasHoeren schrieb:

 

 

Und die Datenschutzaufsichtsbehörden, die ansonsten im privatwirtschaftlichen Sektor massiv Stellung bezieht? Man schweigt.

...

Ich verstehe das nicht.

 

 

 

 

Das mag an Art. 20 Abs. 3 GG liegen. Von den Behörden sind nennenswerte Rechtsverletzungen eben nicht zu erwarten.

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Gast schrieb:

Das mag an Art. 20 Abs. 3 GG liegen. Von den Behörden sind nennenswerte Rechtsverletzungen eben nicht zu erwarten.

 

Du meinst, dass Strafverfolgungsbehörden, die sich nicht an das Gesetz und auch an richterliche Beschlüsse halten (und im Gegenteil, genau dem zuwider handeln, was in gerichtlichen Beschlüssen ausdrücklich drin steht), kein größeres Problem sind? Oder Strafeverfolgungsbehörden, die tausende von Euro für eine Software ausgeben, die sie nach geltendem Recht nicht rechmäßig einsetzen können? Oder Strafverfolgungsbehörden, die - um einzelne mutmaßliche Täter zu finden - die Kommunikationsdaten von tausenden von Bürgern abfragen? Oder Gerichte, die auf biegen und brechen die Formelle Rechtskraft über neue Erkenntnisse stellen?

 

Oder - um es auf eine andere Schiene zu heben - Innenminister, die in Vermerken das Blaue vom Himmel herunterlügen, damit ein von ihnen gewünschtes Gesetz durch den Bundesrat gelangt? Oder der wiederholte Versuch von Politikern, das gewünschte über di Schiene Europa zu erreichen, nachdem sie in Deutschlang keine Mehrheit gefunden haben?

 

Und es ist völlig egal, ob eine Rechtsverletzung "nennenswert" ist. Eine Rechtsverletzung ist eine Rechtsverletzung und wenn das auch noch durch den Staat passiert, dann läuft etwas grundfalsch.

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Mir fehlt jegliches Verständnis dafür, dass dieses Gesetz ohne weiteres Aufsehen sowohl den Bundestag als auch den Bundesrat passiert hat.

 

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Ist schon verrückt, wenn man das aus der heutigen "Post-Snowden" und "E-Mail Made in Deutschland" Perspektive aus sieht. Das macht die Situation in "Neuland" noch mal schlimmer. 

 

Jetzt wird dann (mit "E-Mail Made..." so was wie Sicherheit suggeriert, dabei hat man direkten Zugriff auf Passworte und Server. Geht's eigentlich noch?

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