Was bedeutet das eigentlich: "Das Urteil wird im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen"?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.04.2013
Rechtsgebiete: BGHStrafrechtVerkehrsrecht1|9362 Aufrufe

Für den Richter, der eine Sache zurückverwiesen bekommt ist es manchmal gar nicht so einfach zu wissen, was er denn jetzt noch tun muss. So war es auch hier:

 

Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 28. Juli 2011 wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Dezember 2011 dieses Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die neu entscheidende Strafkammer hat den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen hat der Angeklagte wiederum Revision eingelegt, die Erfolg hat.

1. Die Strafkammer hat zum Werdegang und zur Person des Angeklagten auf das aufgehobene Urteil Bezug genommen und dessen Feststellungen wörtlich übernommen sowie optisch eingerückt. Diese Vorgehensweise lässt besorgen, dass das Landgericht vom Revisionsgericht nach § 353 StPO aufgehobene Feststellungen unzulässiger Weise dem neuen Urteil zugrunde gelegt hat. Die Feststellungen zur Person des Angeklagten, namentlich zu seinem Lebenslauf, gehören nicht zur Schuld-, sondern zur Straffrage, über die nach der Aufhebung des Urteils durch den Senat im Strafausspruch mit den Feststellungen umfassend neu zu befinden war (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - 5 StR 540/10; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, § 353 Rn. 20 mwN). Die Strafkammer hat zwar zum Lebenslauf des Angeklagten hinsichtlich einer Mar-ginalie eine abweichende Feststellung getroffen; daraus kann hier jedoch nicht geschlossen werden, dass sie insoweit im Übrigen eigenständig zu inhaltsgleichen Feststellungen gelangt ist wie das Ersturteil.

 

2. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass es an die Feststellun-gen des aufgehobenen Urteils zu den Voraussetzungen des § 21 StGB gebunden ist (UA 16). Dies ist rechtsfehlerhaft. Die Frage einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit gehört nicht zum Schuldspruch, sondern allein zum Strafausspruch (BGH, Beschluss vom 15. April 1997 - 5 StR 24/97, NStZ-RR 1997, 237; Meyer-Goßner aaO). Die Feststellungen hierzu waren durch die Entscheidung des Senats vom 14. Dezember 2011 aufgehoben, so dass die Strafkammer auch insoweit eigene neue Feststellungen hätte treffen müssen.

3. Der Senat kann trotz der an sich moderaten Strafe nicht ausschließen, dass das Landgericht zu einer noch niedrigeren Freiheitsstrafe gelangt wäre, wenn es zur Person des Angeklagten und zu § 21 StGB eigene Feststellungen getroffen hätte.

 

BGH, Beschluss vom 12.12.2012 - 2 StR 481/12

 

 

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