Noch einmal: Mindestlohn für Toilettenreinigung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 09.04.2013

Vor zwei Monaten hatte ich an dieser Stelle über die Strafbarkeit des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt und Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB) mit Blick auf das Toilettenreinigungsgewerbe berichtet. Der Fünfte Strafsenat des BGH war zu der Überzeugung gekommen, dass auf die Arbeitsverhältnisse der allgemein verbindliche und seit 2008 bindende Lohntarifvertrag für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung Anwendung findet.

Zu einem anderen Ergebnis ist jetzt in einem ganz ähnlichen Fall das Arbeitsgericht Hamburg gelangt. Es hat die auf eine höhere Vergütung gerichtete Klage einer Arbeitnehmerin, die für ein Dienstleistungsunternehmen in den Räumen eines großen Hamburger Warenhauses eingesetzt war, abgewiesen (Urteil vom 28.03.2013 - 7 Ca 541/12):

Die Klägerin war für die Beklagte von April bis September 2012 als "Sanitärbetreuerin" tätig. Für ihre Vollzeittätigkeit erhielt sie einen Monatslohn von 600 Euro brutto, zusätzlich - jedenfalls in den letzten Monaten - "freiwillige Prämien" der Arbeitgeberin. Die Klägerin verlangt, nach dem "Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer in der Gebäudereinigung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland" vom 23.08.2011 mit einem Stundenlohn von 8,82 Euro vergütet zu werden. Zudem stützt sie ihre Ansprüche auf § 612 Abs. 2 BGB, weil die vereinbarte Lohnhöhe sittenwidrig niedrig gewesen sei (§ 138 BGB).

Das Arbeitsgericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass der genannte Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist. Die Klägerin, die hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt, habe nicht konkret schildern und unter Beweis stellen können, dass ihre Betriebsabteilung überwiegend mit Reinigungsarbeiten beschäftigt worden ist.

Auch einen "Lohnwucher" vermochte das Arbeitsgericht nicht zu erkennen. Er liegt nach der Rechtsprechung des BAG (Urt. vom 18.04.2012 - 5 AZR 630/10, NZA 2012, 978) erst dann vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel des in dem betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Entgelts erreicht. Jedenfalls in den letzten drei Monaten des Arbeitsverhältnisses, die wegen einer wirksam vereinbarten Ausschlussfrist allein der gerichtlichen Überprüfung unterlagen, hat die Klägerin unter Einschluss der "freiwilligen Prämien" einen Stundenlohn von rund 6,00 Euro erzielt. Dieses Gehalt liegt nicht unterhalb der Zwei-Drittel-Grenze.

(mit Material der Pressemitteilung des ArbG Hamburg)

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