Fall Mollath - die Wiederaufnahmeanträge unter der Lupe

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 26.03.2013

Nachdem in der letzten Woche auch der Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft und eine Stellungnahme zum Antrag des Verteidigers Gerhard Strate zum Fall Gustl Mollath ans Licht der Öffentlichkeit gekommen sind, möchte ich hier eine Einschätzung zu diesen Dokumenten abgeben. Natürlich kann ein Blogbeitrag nicht die Anforderungen erfüllen, die man sonst an eine wissenschaftliche Anmerkung anlegt. In diesem Fall, der seit Monaten in der Öffentlichkeit und auch im Landtag diskutiert wird, halte ich es aber für legitim, eine solche Kommentierung zu versuchen, insbesondere weil durch die vorherige Verfahrensweise von Justiz und Politik nicht immer eine offene Debatte gewährleistet war.

Es ist schwierig, sich in den beiden jeweils weit über 100 Seiten langen Schriftsätzen mit komplexen Begründungen und eingeschobenen Zitaten zu orientieren. Die jeweilige Gliederung ist unübersichtlich. Im Folgenden werde ich mich deshalb an meiner eigenen durchnummerierten Aufstellung orientieren (V1-V12=WA-Antrag RA Strate, zit. nach Seitenzahlen des Antrags, S1-S4=WA-Antrag der Staatsanwaltschaft, zit. nach Blattzählung der Akte).

Überblick Strate-Antrag
Herr Strate führt insgesamt zwölf Sachverhalte an, davon sieben (V1 – V6 und V11), die eine Rechtsbeugung des VorsRiLG Brixner begründen sollen und damit den absoluten Wiederaufnahmegrund nach § 359 Nr. 3 StPO, drei „neue Tatsachen“ i.S. d. § 359 Nr.5 StPO (V7, V8, V9), ein WA-Grund nach § 79 BVerfGG (V10), sowie eine Bemerkung zu den Gutachten im Vollstreckungsverfahren (V12).

Im Einzelnen:

V1. Die Nichteinräumung einer Erklärungsfrist nach § 225 a II 1 StPO (S. 6 ff., S. 34-36),

V2. Das Versäumnis, Herrn Mollath nach Festnahme unverzüglich einem Richter vorzuführen (S. 6 ff., 37-43)

V3. Nichtbearbeitung von Beschwerden in der Vollstreckung der vorl. Unterbringung (S. 6 ff., 44 – 48)

V4. Nichtbearbeitung der Beschwerde gegen den Unterbringungsbefehl (S. 6 ff., 49 – 51)

V5. Verweigerung des Widerrufs der Verteidigerbestellung ( S. 52 – 90)

V6. Manipulation der Gerichtsbesetzung (S. 91 – 94)

V7. Hauptverfahren ohne Eröffnungsbeschluss durchgeführt, als neue Tatsache nach § 359 Nr.5 StPO (S. 95 – 105)

V8. Der Sonderrevisionsbericht der Hypo-Vereinsbank vom 17.03.2003, als neue Tatsache nach § 359 Nr.5 StPO (S. 106 – 113)

V9. Der Sachverhalt um Dr. Wörthmüller und seinen Nachbarn, als neue Tatsache nach § 359 Nr.5 StPO (S. 114 – 128)

V10. Beweisverwertung nach verfassungswidriger Anordnung der Unterbringung zur Beobachtung im Ermittlungsverfahren vom 16.09.2004 als WA-Grund nach § 79 I BVerfGG (S. 129 – 133)

V11. Sachverhaltsverfälschungen in den Urteilsgründen als Wiederaufnahmegrund nach § 359 Nr. 3 StPO (S. 134 – 135)

V12. Mängel in den Gutachten von Prof. Kröber und Prof. Pfäfflin (S. 136 – 139).

Überblick Antrag der StA

Die StA führt vier Sachverhalte an, die aus ihrer Sicht die Wiederaufnahme begründen:

S1. Die Unechtheit des ärztlichen Attests als Grund nach § 359 Nr.1 StPO (Bl. 202 – 207).

S2. Die Tatsache des Zustandekommens des Attests als Grund nach § 359 Nr. 5 StPO (Bl. 208)

S3. Tatsachen, die die Glaubwürdigkeit der Zeugin Petra M. in Zweifel ziehen, als Grund nach § 359 Nr. 5 StPO (Bl. 209 – 243)

S4. Die unter falschen Annahmen im Urteil behauptete Wahnausweitung als Grund nach § 359 Nr. 5 StPO (Bl. 243 – 254)

Zu den von Strate angeführten Gründen nimmt die Staatsanwaltschaft in einem weiteren Schriftsatz Stellung, der dem Wiederaufnahmegesuch beigefügt ist.

Kommentar zu den Wiederaufnahmeanträgen

Nur ein Teil der Fehler in diesem Verfahren kommen als Wiederaufnahmegründe in Betracht. Deshalb finden sich auch nur wenige Ausführungen zum psychiatrischen Gutachten des Dr. Leipziger, in denen m. E. Fehler schlummern, die aber unmittelbar in der Wiederaufnahme keine Rolle spielen. Wenn also sowohl im Antrag Strates als auch in demjenigen der StA bestimmte Fehler unerwähnt bleiben, die bei Kenntnis der Akten auf der Hand liegen, dann heißt das nicht, dass sie nicht existieren – sie sind eben nur nicht rechtlich bedeutsam für die Wiederaufnahme. Das gilt auch für einen Teil der Gründe, die Herr Strate angeführt hat: Ihm ist ausdrücklich bewusst, dass etwa seine Bemerkungen zu den Gutachten Kröber und Pfäfflin (V12) zur Wiederaufnahme formal nichts beitragen, sondern eher colorandi causa Bedeutung haben (S. 134). Zudem muss ein Verteidiger auch solche Sachverhalte vortragen, die die Rechtsfolge zwar nicht mit Sicherheit begründen, aber die eine Chance haben, in der gerichtlichen Entscheidung zugunsten seines Mandanten berücksichtigt zu werden. Insofern ist auch klar, dass nicht alle von Strate vorgetragenen Sachverhalte und Würdigungen juristisch gleichermaßen überzeugen für eine Wiederaufnahme. Dies ist aber keine Kritik am Verteidigungsvorbringen, im Gegenteil.

Für den Antrag der Staatsanwaltschaft gelten etwas andere Maßstäbe. Die Regensburger Staatsanwälte hatten hier die durchaus heikle Aufgabe, Gründe für eine Wiederaufnahme zu finden und dazu auch Ermittlungen anzustellen, die zugleich möglicherweise gravierendes und rechtswidriges Fehlverhalten der Justizbehörden (Strafkammer des LG Nürnberg und verfahrensbeteiligte Staatsanwaltschaft) im Fall Mollath aufdecken. Insofern hat es die Regensburger Staatsanwälte in gewisser Weise „entlastet“, dass Herr Strate einige ganz wesentliche Verfahrensfehler bereits in seinem Antrag als Wiederaufnahmegründe nach § 359 Nr.3 StPO herausgestellt hat. Die von Strate selbst berichtete Arbeitsteilung (S. 5) hat die Staatsanwaltschaft insofern teilweise davon befreit, als „Nestbeschmutzer“ auftreten zu müssen. Denn natürlich haben die Staatsanwälte erkannt, was sie da vor sich haben: Eine geradezu skandalöse Verfahrensweise, an der nicht nur der VorsRiLG Brixner sondern auch Staatsanwälte beteiligt sind, die ihre gesetzliche Aufgabe nicht erfüllt haben, für ein ordnungsgemäßes Verfahren zu sorgen. Denn nicht nur die Strafkammer, auch die beteiligten Nürnberger Staatsanwälte waren offensichtlich der Ansicht, bei einem „Irren“ brauche man es mit den Verfahrensrechten nicht so genau zu nehmen, selbst wenn es um eine zeitlich unbefristete Einsperrung in der Psychiatrie und damit der zweitschärfsten Sanktion der Justiz geht. Dahinter steckt eine erschreckende Mentalität, deren Grundlage hoffentlich angesichts dieses Falls schon erschüttert worden ist. Vor diesem Hintergrund sind die Regensburger Staatsanwälte dafür zu loben, dass sie in ihrer Chronologie des Verfahrensablaufs bis zum Urteil (Bl. 164 – 170) und in ihrer Stellungnahme (Bl. 256 ff.) die Fehler, die Strate z.T. als Rechtsbeugung rügt, durchweg in der Sache bestätigen, wenn sie auch nicht in jedem Fall dieselbe Rechtsfolge daraus schließen. Wenn – wie Strate ausgeführt hat – und wie es jetzt auch durch die beiden Anträge bestätigt wird, die Anträge sich im wesentlichen gegenseitig ergänzen also nicht überschneiden sollten, dann kann man auch nicht kritisieren, die Staatsanwaltschaft habe sich auf die Gründe nach § 359 Nr. 5 StPO konzentriert.

Auch das, was in Kommentaren hier und im Blog von Frau Wolff zu lesen ist, dass der StA-Antrag alle Schuld auf Frau M. ablade und die Justiz bewusst verschone (als Plan B bezeichnet), ist m. E. nicht berechtigt. Im Rahmen eines staatsanwaltlichen Wiederaufnahmeantrags war eine Generalkritik der bayerischen Justiz samt Fehlereingeständnissen und eine Entschuldigung bei Herrn Mollath nicht zu erwarten – all dies ist der Zeit nach einer gerichtlichen Entscheidung vorbehalten, und auch darauf kann man derzeit nur hoffen.

Im Ergebnis stimmen die StA Regensburg und RA Strate insoweit überein: Das rechtskräftige Urteil gegen Mollath, also die Entscheidung, ihn nach § 63 StGB unterzubringen, ist aufzuheben.

Enttäuschend für viele Beobachter des Verfahrens ist, dass die Staatsanwaltschaft nicht beantragt, die Vollstreckung zu unterbrechen und Herrn Mollath sofort freizulassen (Bl. 255). Das wäre zwar insofern konsequent, wenn die Staatsanwaltschaft trotz der auch von ihr gesehenen Wiederaufnahmegründe dem Ergebnis einer neuen Hauptverhandlung nicht vorgreifen wollte. So erscheint es aber, als hielte sie es für möglich, dass eine neue Hauptverhandlung erneut eine Unterbringung des Herrn Mollath zum Ergebnis hätte. Dies ist aber nach derzeitigem Stand kaum zu erwarten. Denn die Beweismittel für zwei der Anlasstaten (Körperverletzung, Freiheitsberaubung) sind durch die Staatsanwaltschaft selbst derart in Zweifel gezogen, dass man eine erneute zweifelsfreie Feststellung derselben kaum annehmen kann, denn weitere Beweismittel sind nicht ersichtlich und ohne diese Straftaten lässt sich auch keine Unterbringung begründen. Mit der Beweiswürdigung hinsichtlich der dritten Anlasstat setzt sich keiner der beiden Anträge auseinander. Denn auch diese bietet Anlass für erhebliche Skepsis, ob die Sachbeschädigungen (Reifenstechereien) Herrn Mollath nachgewiesen werden können. Der Videofilm, der immerhin Anlass für eine Durchsuchung und zwei indizielle Feststellungen im Urteil war, wurde in der Hauptverhandlung gar nicht als Beweismittel eingeführt und wurde zudem an einem Datum aufgenommen, zu dem gar keine der angeklagten Taten begangen wurde. Diese „Sachverhaltsverfälschung“ erscheint mir sogar gravierender als diejenigen, die Strate (V11) anführt.

Zu der Stellungnahme der StA zum Strate-Antrag

Die StA nimmt hier zu jedem einzelnen Punkt Stellung, macht aber nur nähere Ausführungen, soweit sie anderer Ansicht ist als Strate.

Wer genau liest (Bl. 256 ff.), erfährt, dass die StA die Punkte V2, V3, V4 und V5 in der Sache genauso sieht wie Herr Strate. Lediglich hinsichtlich der subj. Begründetheit des Rechtsbeugungsvorwurfs äußert sich die StA nicht – hiervon ist sie ja auch quasi „entlastet“ (s.o.). Bei Punkt V1 (Verstoß gegen § 225 a StPO) wendet die StA Regensburg ein, hierin liege kein so bedeutsamer Verstoß, dass dies eine Rechtsbeugung begründe (Bl. 257). D.h. aber im Umkehrschluss: Die StA Regensburg hält die von Strate vorgetragenen Gründe V2, V3, V4 und V5 für so bedeutsam, dass der Sache nach eine vorsätzliche Rechtsbeugung Brixners auch aus ihrer Sicht naheliegt! Insbesondere dass Brixner entgegen Menschenrechten, Grundgesetz, Bay. Verfassung  und Strafprozessordnung Mollath wochenlang „schmoren“ lässt, bevor er ihn richterlich vorführen lässt bzw. einvernimmt, ist wohl auch aus Sicht der Staatsanwaltschaft Regensburg ein so klarer Verstoß gegen richterliche Pflichten, dass objektiv Rechtsbeugung vorliegt.

Hinsichtlich V6 wendet die StA ein, eine vorsätzliche Manipulation der Gerichtsbesetzung aus sachfremder Motivation und damit ein vorsätzlicher Verfassungsverstoß lasse sich nicht nachweisen (Bl. 260).  

Juristisch sicherlich am interessantesten ist die Diskussion um die Frage, ob ein Eröffnungsbeschluss und damit eine Prozessvoraussetzung fehlt (V7, S. 95 ff.). Tatsächlich belegen die Akten, dass die Strafkammer ohne entsprechenden Antrag der StA ein „Sicherungsverfahren“ durchzuführen gedachte und demzufolge ein regulärer Eröffnungsbeschluss hinsichtlich der Sachbeschädigungsvorwürfe fehlte. Strate wertet diesen Aktenfund als „neue Tatsache“, die belege, dass das Hauptverfahren insgesamt nichtig sei. Die StA bestätigt den von Strate dargestellten Sachzusammenhang (Bl. 265) ausdrücklich(!), meint aber trotzdem, die Kammer sei nicht der irrigen Ansicht gewesen, ein Sicherungsverfahren durchzuführen (Bl. 266 f.) – es soll also praktisch ein Fall der falsa demonstratio vorliegen. Die dafür angeführten Gründe überzeugen mich allerdings nicht. Das Hauptargument – nämlich dass der BGH schließlich auch nicht das Fehlen des Eröffnungsbeschlusses bemerkt habe (Bl. 267) – ist jedenfalls zurückzuweisen: Dieses Argument geht contra factum von einem „unfehlbaren“ BGH aus. Der BGH hat aber dieselben Akten vorliegen wie die StA Regensburg und hat offenbar nicht genau hingeschaut und deshalb das Verfahrenshindernis (wie alle Richter und Staatsanwälte vorher) „übersehen“. Insofern liegt die StA Regensburg falsch: Es hat keinen Eröffnungsbeschluss gegeben, ein Verfahrenshindernis lag vor! Jedoch habe auch ich Zweifel daran, ob dieses Fehlen des Eröffnungsbeschlusses bzw. der gerichtliche Irrtum als „neue Tatsache“ im Sinne des § 359 Nr.5 StPO zu werten ist. Ohnehin ist umstritten, ob Prozesstatsachen überhaupt als Tatsachen i. S. d. § 359 Nr.5 StPO anzusehen sind. Ob „neu“ etwas sein kann, was allen Verfahrensbeteiligten zum Zeitpunkt der Urteilsfindung aus den Akten erkennbar war, kann zudem durchaus bezweifelt werden –  dies ist der Stellungnahme der StA Regensburg einzuräumen (Bl. 267). 

Zu V8 (Bl. 268 ff.) führt die StA aus, der Sonderrevisionsbericht der HVB sei zwar eine neue Tatsache, aber er begründe nicht die Wiederaufnahme, da weder der Gutachter noch das Gericht den Wahn des Herrn Mollath allein auf die Schwarzgeldverschiebungen, an denen seine Frau beteiligt war, bezogen hätten (Bl. 291). Mit dieser Wertung stimme ich nicht überein: Ich bin sicher, dass die Kenntnis des Revisionsberichts sowohl dem Gutachter als auch dem Gericht (objektiv) eine andere Wertung nahegelegt hätte. Daher stimme ich in diesem Punkt Herrn Strate zu: Der Sonderrevisionsbericht ist als erhebliche neue Tatsache zu werten!

Allerdings legt die StA mit ihrer eigenen Würdigung des Komplexes „Dr. Wörthmüller“( S4, Bl. 243 ff. bei Strate V9, S. 114 ff.) dar, dass die Wahnbeurteilung an einem anderen bedeutsamen Mangel leidet. Die Darlegung in S4 (Bl. 243 ff.) erscheint mir eine mustergültige Wiederaufnahmebegründung der Staatsanwaltschaft.

Hinsichtlich V10 (Bl. 291 ff.) schließt sich die Regensburger StA zunächst der Wertung der Augsburger StA an: Eine verfassungswidrige Anordnung der Unterbringung zur Beobachtung habe nicht vorgelegen, deshalb auch kein Verwertungsverbot hinsichtlich der während der Beobachtung erzielten Erkenntnisse (Bl. 301). Ich bin hierzu anderer Auffassung: Es muss nicht erst ausdrücklich eine „Totalbeobachtung“ angeordnet werden. Eine (subjektiv empfundene, und darauf kommt es an!) Totalbeobachtung liegt dann vor, wenn ohne Einwilligung des Beobachteten und ohne dessen Wissen jegliche seiner Lebensäußerungen für das Gutachten verwertet werden können (!). Denn darüber, ob dies tatsächlich verwertet wird, hat der Untergebrachte keine Kontrolle. Ob dies allerdings als WA-Grund durchschlägt, ist eine andere umstrittene Frage, zu der ich mich ggf. später noch äußere.

Hinsichtlich V11 räumt die Staatsanwaltschaft ein, dass es die von Strate geschilderten (und mittlerweile jedem Interessierten bekannten) Sachverhaltsverfälschungen im Urteil gibt (Bl. 305). Allerdings würdigt sie dies anders als Strate nicht als Beleg für eine vorsätzliche Rechtsbeugung (Bl. 306). Der Vortrag Strates sei lediglich eine „Meinung“, eine „monströse Verfälschung“ sei in den Urteilsgründen nicht zu erkennen. Richtig ist, dass die Sachverhaltsverfälschungen für sich genommen einen Rechtsbeugungsvorwurf wohl nicht begründen könnten. Jedoch sind sie als Indizien dafür, wie der Vors. Richter in dieser Sache insgesamt verfahren ist, durchaus relevant: Der Richter war in der Sachverhaltsdarstellung nicht neutral, sondern hat sich hier offenbar von seiner schon längst vor der Hauptverhandlung bestehenden Vorfestlegung leiten lassen. Auch das wäre – wenn auch nicht allein mit diesen Gründen beweisbar – objektiv Rechtsbeugung.

UPDATE vom 27.03.2013

Nun ist schon gleich am nächsten Tag ein Update fällig. Vielen Beobachtern (zum Beispiel Oliver Garcia) war schon aufgefallen, dass der Fall Mollath Mittte des Jahres 2005 gleichsam "zum Stillstand" gekommen war - und dies, obwohl das psychiatrische Gutachten dem in Freiheit befindlichen Herrn Mollath eine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit attestierte. Aber das AG leitete die Sache monatelang nicht an das nunmehr zuständige LG weiter. Dies geschah erst zum Jahreswechsel 2006. Dann verging zwischen Ausgangsstempel AG und Eingangsstempel StA (im Nachbargebäude) wiederum einige Zeit, bevor die Sache in der 7. Strafkammer des LG auf den Tisch kam und plötzlich auch Eile geboten war. Für die erstaunliche Verzögerung hatte bisher keiner eine plausible Erklärung. Wenn sich  nun die Erklärung bestätigt, die RA Strate anführt, dann ist dies nicht nur ein weiterer "handwerklicher Fehler", sondern dann zeigt sich eine (weitere) schlimme Manipulation in der Nürnberger Justiz. Nach Herrn Strates Deutung hängt die Verzögerung der Sache Mollath im Jahr 2005 damit zusammen, dass der RiAG den  neuen Geschäftsverteilungsmodus, der ab 1. Januar 2006 gelten sollte, abwarten wollte, um dann punktgenau den Fall Mollath der 7. Strafkammer unter Vorsitz Brixner zuzuspielen. Nachzulesen hier, ab Seite 33

UPDATE vom 09.04.2013/11.04.2013

Das LG Bayreuth hat in einer Pressemitteilung angekündigt, über die (weitere) Vollstreckung der Maßregel  im Fall Mollath noch im Verlauf des April zu entscheiden.

In dieser Entscheidung geht es NICHT um die Aufhebung des früheren Urteils, sondern darum, ob die Maßregel weiter zu vollstrecken ist oder ob sie für erledigt erklärt wird. Letzteres kann deshalb geschehen, weil das Gericht Herrn Mollath nicht (mehr) als gefährlich ansieht, weil es schon die ursprüngliche Einweisung als fehlerhaft oder weil es eine weitere Vollstreckung für nicht mehr verhältnismäßig ansieht. Die zuständige Strafvollstreckungskammer des LG Bayreuth kann (theoretisch) auch zu dem Ergebnis kommen, Herr Mollath sei weiterhin unterzubringen.

In der Stellungnahme der Anstalt und in derjenigen der Staatsanwaltschaft wird eine weitere Unterbringung befürwortet, da sich seit der letzten positiven Gefährlichkeitsprognose (Gutachter Pfäfflin) nichts geändert habe. Die in den Wiederaufnahemanträgen der StA Regensburg und  von RA Strate aufgeführten Fakten (s.o.) sind in diesen Stellungnahmen allerdings nicht berücksichtigt.

(11.04.) Ich möchte noch kurz zur Gefährlichkeitsprognose Stellung nehmen, soweit sie durch das Urteil und den Inhalt weiterer Gutachten und Stellungnahmen bekannt geworden ist. Sie wird auch in der bevortsehenden Entscheidung des LG bayreuth eine wichtige Rolle spielen:

Das entscheidende erste Gutachten enthielt die Feststellung, Herr Mollath leide zum Beurteilungszeitpunkt unter einem Wahn, der sich u.a. (und ausschlaggebend) darin manifestiere, dass er "beliebige Personen"  mit den Schwarzgeldkreisen seiner Frau in Verbindung bringe und sie in sein "Wahnsystem" einbeziehe. Dieses Wahnsystem beeinträchtige ihn mit Sicherheit schon seit Jahren in zunehmender Weise. Es liege ein "schweres zwingend zu behandelndes Krankheitsbild" vor.

Ausschlaggebend sei, dass Herr Mollath "fast alle Personen, die mit ihm zu tun haben, völlig undifferenziert" mit diesem Skandal in Verbindung bringe. "Die Störungen dürften sich verschlimmern". "Eine Besserung sei nicht zu erwarten".

Alle diese Zitate stammen aus dem Urteil. Sie geben das wieder, was das Gericht dem Gutachten von Dr. Leipziger entnommen hat und dem Urteil zugrundelegte. Diese Ausführungen sind bis heute die Grundlage für die Unterbringung.

Was wissen wir heute über diese Erwägungen aus dem Gutachten, die zur Grundlage der Entscheidung gem. § 63 StGB wurden?

1. Dass er "beliebige" Personen mit dem Schwarzgeldskandal in Verbindung gebracht hätte, wird im Urteil allein mit Dr. Wörthmüller belegt. Es steht heute fest, dass die dem zugrundeliegende Tatsache schlicht nicht zutrifft - Herr Mollath hat eine "Verbindung" zwischen Dr. Wörthmüller und dessen Nachbarn zutreffend erkannt, sie war Grund für die Befangenheitserklärung Dr. Wörthmüllers, der eben nicht "beliebig" und "undifferenziert" mit den Operationen seiner Frau in Verbindung gebracht wurde. Dies ist seit der Vernehmung Dr. Wörthmüllers durch die Staatsanwaltschaft Regensburg bekannt, denn weder die Nürnberger Staatsanwaltschaft noch das LG Nürnberg, noch der Pflicht-"Verteidiger" haben es damals für nötig befunden, Dr. Wörthmüller als Zeugen zu dieser Tatsache zu vernehmen.

Ergänzung: Zu diesem Punkt siehe auch die Stellungnahme von RA Strate vom heutigen Tage (12.04.), hier.

2. Dass der Gutachter die von ihm festgestellte wahnhafte Störung auf die Ehekonflkt-Tat, die sich mehrere Jahre zuvor ereignet haben sollte, zurückdiagnostiziert, ist m. E. mit keiner medizinischen Theorie oder ärztlichen Kunst belegbar. Auf bloße Vermutungen darf aber eine Entscheidung nach § 63 StGB nicht gestützt werden.

3. Die Prognose, Herrn Mollaths Zustand werde sich ohne Behandlung nicht bessern und Herr Mollath würde "fast alle" Personen, die ihm begegnen mit dem Schwarzgeldskandal in Verbindung bringen, kann nach sieben Jahren Unterbringung in mehreren Anstalten und vielen nicht immer konfliktfreien Begegnungen mit vielen verschiedenen Menschen (Mitpatienten, Ärzten, Pflegepersonal, Anwälte, Richter als Briefadressaten)  ohne Weiteres überprüft werden. Ich bin auch sicher, dass in den Berichten, die in den sieben Jahren erstellt worden sind, solche wahnhaften Beschuldigungen des Herrn Mollath erwähnt worden wären. Offenbar hat Herr Mollath aber gerade nicht beliebige Personen beschuldigt, den Schwarzgeldkreisen seiner Frau anzugehören. Auch andere wahnhafte Beschuldigungen gegen beliebige Personen sind nicht bekannt. Diese Prognose ist also als widerlegt anzusehen. Selbst wenn zum Zeitpunkt des ersten Gutachtens also eine Wahnsymptomatik vorgelegen haben sollte, dann hat sich ganz offenbar deren diagnostizierte Schwere und prognostizierte Entwicklungstendenz nicht bestätigt. Eine Begründung der weiteren Gefährlichkeit allein damit, dass Herr Mollath sich nicht behandeln lässt, erscheint daher ausgeschlossen.

UPDATE vom 15.04.2013

Nun ist allgemein bekannt geowrden, dass am Donnerstag, 18.04. ein Anhörungstermin im Vollstreckungsverfahren in der Sache Mollath stattfindet. Da ich von Vielen gefragt wurde, was dieser Termin zu bedeuten hat und ob Herr Mollath möglicherweise an diesem Tag freikommt, möchte ich ein paar Dinge dazu klarstellen:

Es handelt sich um einen Anhörungstermin in einem ansonsten schriftlichen Verfahren. Der Termin, bei dem Herr Mollath "angehört" wird, ist keine Hauptverhandlung und ist auch nicht "so etwas ähnliches". Der Termin ist nicht öffentlich. An ihm nehmen nur Gericht (Strafvollstreckunsgkammer), Staatsanwaltschaft, Herr Mollath und seine Verteidiger teil. Das Gericht kann weitere Personen (als Vertrauenspersonen o.ä.) zulassen, muss dies aber nicht. Am Ende dieses Termins könnte das Gericht theoretisch seine Entscheidung treffen, wenn die Sache entscheidungsreif ist,  muss dies aber nicht tun. Es ist auch eher unwahrscheinlich, dass das Gericht sofort eine Entscheidung trifft, insbesondere, wenn in der Anhörung etwa noch Punkte (z.B. von Herrn Mollath oder von der Verteidigung) genannt werden sollten, die das Gericht dann noch prüfen will. Eine Entscheidung wird erst getroffen, wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält. Und sie wird dann schriftlich bekannt gemacht, nicht öffentlich verkündet.

Das Gericht wird m. E. nicht umhin kommen, auch mittlerweile bekannt gewordene Fakten aus dem WA-Verfahren bei der Entscheidung zu berücksichtigen, ob Herr Mollath gefährlich ist (siehe mein vorheriges Update oben). Dennoch wage ich keine Prognose, wie die Entscheidung ausfällt.

UPDATE vom 29.04.2013

Das Wochenblatt gibt soeben eine Mitteilung der StVK des LG Bayreuth wieder. Jetzt auch als Pressemitteilung (pdf) bei Justiz.Bayern Zitat:

Pressemitteilung Mit Beschluss vom 26. April hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth beschlossen, eine ergänzende Stellungnahme des zuletzt mit der Begutachtung des Untergebrachten befassten psychiatrischen Sachverständigen einzuholen. 

Der Sachverständige soll die Fragen beantworten, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Untergebrachte erneut Straftaten begehen wird, welcher Art diese Straftaten sein werden, welche Häufigkeit und welchen Schweregrad sie haben werden.

Die Kammer erachtet es im Interesse einer sorgfältigen Aufklärung und verantwortungsvollen Abwägung und unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten umfangreichen Anhörung vom 18. April für geboten, noch einmal einen externen Sachverständigen zu Rate zu ziehen. Da der Untergebrachte die von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth beantragte Begutachtung durch einen neuen Sachverständigen im Januar abgelehnt hatte greift die Kammer auf den psychiatrischen Sachverständigen zurück, der den Untergebrachten bereits in der Vergangenheit ausführlich exploriert hat. 

Die Strafvollstreckungskammer und der Sachverständige haben dabei weiterhin davon auszugehen, dass der Untergebrachte die Taten, wegen derer das Landgericht Nürnberg-Fürth am 08.08.2006 rechtskräftig die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat, begangen hat.

Die Strafvollstreckungskammer hat gleichzeitig von Gesetzes wegen die Beiordnung der bisherigen Pflichtverteidigerin des Untergebrachten zurückgenommen. Nachdem für diesen nunmehr ein Wahlverteidiger tätig ist, folgt diese Entscheidung unmittelbar aus § 143 StPO.

Weitergehende Auskünfte zu dem Strafvollstreckungsverfahren können wegen dessen Nichtöffentlichkeit nicht erteilt werden.

Zitat Ende.

Kommentar
Bei dem angesprochenen Sachverständigen handelt es sich um Prof. Pfäfflin, der Gustl Mollath im Jahr 2011 exploriert und begutachtet hatte. Die damalige Begutachtung kam zwar zum Ergebnis, Herr Mollath sei weiterhin gefährlich, die Gründe für diese Schlussfolgerung waren im Gutachten selbst aber wenig überzeugend dargestellt.

Wenn die StVK dem Sachverständigen nun vorschreibt, er habe die rechtskräftig festgestellten Straftaten zu unterstellen, dann verpflichtet sie ihn, Tatsachen anzunehmen, deren Wahrheitsgehalt erheblich infrage gestellt ist. Wissenschaftlich wäre das kaum zu rechtfertigen.

Allerdings erinnert man sich, dass selbst bei Unterstellung dieser Straftaten die Gefährlichkeitsprognose dieses Sachverständigen zunächst „wacklig“ schien – damals hat er sie dann mündlich "nach oben" korrigiert, nachdem er darauf hingewiesen wurde, dass eine „normale“ Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer Straftaten nicht ausreiche, um Herrn Mollath weiterhin unterzubringen.

Faktisch führt aber dieser Aufschub der Entscheidung der StVK am LG Bayreuth wohl dazu, dass das Wiederaufnahmeverfahren zeitlich wieder weiter nach vorn rückt. Denn bis Herr Pfäfflin den Gutachtenauftrag erledigt hat, wird möglicherweise das LG Regensburg schon über die Wiederaufnahme entscheiden.

Nun erreicht mich eine gemeinsame Presseerklärung der beiden Verteidiger (Frau Lorenz-Löblein und Herrn Dr. Strate) zu dieser Entscheidung des LG Bayreuth. Zitat:

Presseerklärung der Verteidigung zum Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth hat am 26.4.2013 beschlossen, eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Psychiaters Prof. Dr. Friedemann Pfäfflin einzuholen. Die Strafvollstreckungskammer sieht sich zu diesem Schritt motiviert" im Interesse einer sorgfältigen Aufklärung und verantwortungsvollen Abwägung".

Obwohl der Beschluss bereits am 26.04.2013 getroffen wurde, wurde Herr Mollath bis Montag morgen hierüber im Unklaren gelassen. Dies zeigt, dass nach wie vor kein Verständnis für die Situation von Herrn Mollath besteht.

Im Gegensatz zu dem behaupteten Interesse an einer sorgfältigen Aufklärung steht allerdings die Vorgabe an den Sachverständigen, es "möge arbeitshypothetisch nach wie vor davon ausgegangen werden. dass die Anlasstaten so, wie sie in dem Urteil des Landgerichts Nürnberg­Fürth vom 08.08.2006 beschrieben worden sind, stattgefunden haben", obwohl der Strafvollstreckungskammer aus dem ihr überlassenen Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft Regensburg bekannt ist, dass ein wesentliches Beweismittel für eine der angeblichen Anlasstaten ein gefälschtes ärztliches Zeugnis gewesen ist. Auch hätte die Strafvollstreckungskammer nicht schlicht ignorieren dürfen, dass die Staatsanwaltschaft Regensburg aufgrund neuer Tatsachen und Beweismittel die Glaubwürdigkeit der ehemaligen Ehefrau Mollaths als" tiefgreifend erschüttert" sieht.

Der Strafvollstreckungskammer ist weiterhin bekannt, dass eine wesentliche Annahme des seinerzeit angeblich festgestellten Wahnsymptoms, nämlich die angebliche Wahnausweitung auf unbeteiligte Dritte, sich als falsch herausgestellt hat. Dies hätte die Strafvollstreckungskammer ebenfalls dem ihr vorliegenden Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft Regensburg entnehmen können, dort den BI. 243 -254:

http://www.strate.net/de/ dokumentation/Mollath-Wiederaufnahmeantrag-StA-Regensburg ­2013-03-18.pdf

Diesen unzweifelhaft feststehenden Tatsachen begegnet die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth mit verschlossenen Augen. Ihr Beschluss dient nicht der sorgfältigen Aufklärung, sondern perpetuiert das Gustl Mollath zugefügte Unrecht.

Die allein auf die "Gefährlichkeit" Mollaths abstellenden Fragen der Straf vollstreckungskammer haben außerdem die Unterstellung einer psychischen Erkrankung Mollaths und deren Fortbestehen sowie eine damit (zum Urteilszeitpunkt) einhergehende Gefährlichkeit zur Voraussetzung. Wie sehr sich die Strafkammer von den im Strafvollstreckungsverfahren geltenden Maßstäben der Sachverhaltsaufklärung entfernt, kann mit dem Hinweis auf eine jüngst ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt vom 24.10.2012 (1 Ws 442/12) erläutert werden, in der es heißt:

"Bei der Beauftragung eines externen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 463 Abs. 4 StPO hat die Strafvollstreckungskammer eine ergebnisoffene Begutachtung sicherzustellen. Dem widerspricht die Bezugnahme auf eine als vorhanden vorausgesetzte psychische Erkrankung des Untergebrachten im Gutachtenauftrag. "

Zur Klarstellung sei mitgeteilt, dass Frau Rechtsanwältin Lorenz-Löblein Herrn Gustl Mollath weiterhin - ebenfalls als Wahlverteidigerin - vertritt.

Rechtsanwältin Erika Lorenz-Löblein, München

Rechtsanwalt Dr. Gerhard Strate, Hamburg

Zitat Ende.

UPDATE vom 02.05.2013

Bisher haben mich Gesprächspartner aus der Justiz immer mal wieder darauf hingewiesen, dass zwar die Urteilskritik im Hinblick auf die Aussage-gegen-Aussage-Konstellation bei den (angeblichen) Straftaten Mollaths gegen seine Ehefrau berechtigt sei, dass aber doch die auf "gefährliche Weise" durchgeführten Reifenstechereien wohl tatsächlich stattgefunden hätten und Herr Mollath dessen wohl zu Recht beschuldigt worden sei. Meine Hinweise darauf, dass auch die Feststellungen zu den Sachbeschädigungen keineswegs als "bewiesen" anzusehen seien, wenn man in die Akten schaut und diese mit den Urteilsgründen vergleicht, hat dann meist Achselzucken hervorgerufen. Leider hat das Schweigen der beiden Wiederaufnahmeanträge zu diesen Tatkomplexen nicht dazu beigetragen, den Eindruck meiner Gesprächspartner zu zerstreuen.

Nun hat RA Strate gerade in dieser Beziehung "nachgelegt": Wenn man die neue Stellungnahme Strates vom gestrigen Tage liest, wird man nicht umhin kommen, auch in Beziehung auf die Sachbeschädigungen zu der Auffassung zu gelangen: Hier wurde eine kaum mit Indizien belegte polizeiliche Hypothese ("Der Molllath könnte ein Motiv haben") vom Gericht trickreich zu einer Tatfeststellung ausgebaut, einzig und allein dazu, eine Grundlage für Herrn Mollaths "Gemeingefährlichkeit" zu schaffen.

Einige Einzelpunkte:

Tatsache ist, es gab ein Schreiben Mollaths, in dem einige der von Reifenstechereien betroffenen Personen genannt wurden. Jedoch: Weder alle in den Schreiben genannten Personen waren betroffen, noch alle in der Anklage Herrn Mollath zugerechneten Taten trafen die im Brief genannten.

Tatsache ist: Die meisten Reifenschäden wurden vor der Fahrt von den Betroffenen entdeckt. Im Urteil steht, sie seien meist erst während der Fahrt entdeckt worden.

Tatsache ist: Wie genau die Reifen beschädigt wurden, wurde gar nicht aufgeklärt; bei den Reifen, in denen es von der Polizei überhaupt Ermittlungen dazu gibt, deutet sich als "Tatwaffe" eher ein Messer an. Im Urteil heißt es, sie seien alle in derselben Art und Weise und zwar in irgendeiner "sachverständigen" Form (vom ehemaligen Reifenhändler Mollath) mit einem dünnen spitzen Gegenstand beschädigt worden. Tatsache ist: Keiner der Reifen wurde überhaupt näher inspiziert. Der dazu vernommene Polizeizeuge hat keinen der Reifen persönlich gesehen, sondern nur Ermittlungen der Kollegen zusammengetragen.

Tatsache ist: Auf einem Video, das die Polizei extra zur Ermittlung der Reifenstechereien aufgenommen haben soll, soll eine Täterperson zu sehen sein, die Mollath nach Auskunft seiner Frau zumindest ähnelt. Jedoch: weder das Video wurde gezeigt, noch wurde Frau M. dazu im Gerichtssaal vernommen (obwohl anwesend!). Die Angabe stammt wiederum von einem Polizeibeamten (als Zeuge vom "ungefähr"-Hören-Sehen-Sagen?). Und hinzu kommt: Das Video stammt von einer (angeblichen) Tat, die gar nicht angeklagt war.

Das ist noch nicht alles - bitte lesen Sie den Schriftsatz Strates, der im Übrigen noch weitere Sachverhaltsverfälschungen des Gerichts aufdeckt und damit den Vorsatz der Rechtsbeugung (als Wiederaufnahmegrund) zu untermauern sucht.

UPDATE 28.05.2013

Die Entscheidung* des LG Regensburg (Bericht der SZ), Herrn Mollath vorerst nicht nach § 360 Abs. 2 StPO aus der Unterbringung zu befreien, hat mich und alle, die den Fall näher kennen, enttäuscht. Denn einige Monate nachdem sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft je auf mehrere Gründe basierende Wiederaufnahmeanträge gestellt haben, die zum größeren Teil nach meiner Überzeugung die WA auch begründen, wäre dieser Schritt ein wichtiges Signal gewesen - ein Hoffnungsschimmer nicht nur für Herrn Mollaths(endgültige)  Freiheit, sondern auch für das Ansehen der Justiz. Nun verfestigt sich leider der Eindruck, dass die bayrische Justiz nicht in der Lage ist,  in angemessener Weise und gehöriger Schnelligkeit bei einem Fall mit (für mich) offenkundiger unrechtmäßiger Inhaftierung eines Bürgers Fehler einzugestehen und zu korrigieren. Natürlich kann man weiterhin hoffen, dass die Prüfung des komplexen Falls und der umfangreichen WA-Gründe doch am Ende zu einem für Mollath - und für das Vertrauen in die bayerische Justiz - positiven Ergebnis kommt.
*(Ergänzung 30.05.): Bei der Äußerung des LG Regensburg handelt es sich um einen Aktenvermerk, in dem begründet wird, warum eine Entscheidung gem. § 360 Abs.2 StPO derzeit (noch) nicht getroffen wird. Die Verteidigung (RA Strate) hat gegen diese (Nicht-)Entscheidung dennoch Beschwerde eingelegt, da "der Sache nach" eine Herrn Mollath belastender Beschluss, die Vollstreckung der Unterbringung nicht zu unterbrechen vorliege.

UPDATE 19.06.2013

Es findet sich jetzt ein neuer Beitrag hier.

Diskussion im Beck-Blog:

früherer Beitrag

Diskussion anderswo:

Blog von Gabriele Wolff

De Legibus-Blog (Oliver Garcia)

Internet-Law (Thomas Stadler)

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1671 Kommentare

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@ Herr Dr.phil. Sponsel #24

 

Nachdem ich im Opablog die letzten Beiträge Ihres Kollegen Dr. R. Albrecht, der auch über den tiefen, geheimen oder Arcanstaat veröffentlichte, las, kann ich Ihr Anliegen teilen und unterstützen. Und nachdem ich die letzten beiden Schriften von Dr. G. Strate, Wiederaufnahme vom 19.2.2013 und Beschwerde vom 26.3.2013, las, kann ich nur sagen: Dass Psychoforensik und Staatsanwaltschaft inzwischen in Deutschland faktisch Geheimorgane sind ist bekannt. StA´e hatten immer schon Zweit- oder Nebenakten, die intern waren und sind. In diesem von Dr. Strate dokumentierten Ausmaß neu und besonders empörend ist,  dass auch AG-Richter E. und  LG-Richter B. im Geheimen wirkten, z.B. E´s Zuspielen des Blatts dem Kripoermittler bringt Mollath ins Visier und B´s Rückruf an den Chef der Steuerbehörde verhindert Steuerfahnder-Ermittlungen gegen den als „Querulanten“ denunzierten Mollath.

 

Soweit ich das verstanden habe - läuft der Mollatfall seit 2003, seit 10 Jahren. Der o.g. Dr. Albrecht vertritt als Bürgerrechtler  und Wissenschaftler die These: der Beschuldigte Mollath hätte 2003 (AG) und 2005 (LG) niemals öffentlich angeklagt werden dürfen: die "Anklageschriften" der StA hätten von den Berufsrichtern E. (AG) und B. (LG) nicht zugelassen werden dürfen  http://opablog.net/2013/04/02/wiederaufnahmeverfahren-im-mollath-skandal-ein-kurzuberblick/ Alles weitere ist logische und empirische Folge und Fluch "der bösen Tat" (auch) dieser zwei beiden.

 

Mit freundlichem Gruß, R. Stein

P.S. Im Deutschen heisst was Sie meinen krottenschlecht, sprachlich nicht auf Grotte, sondern auf Kröte rückbezogen. RS

4

 

aus der Webseite:

2013-03-27 Die Staatsanwaltschaft Nürnberg teilt RAin Lorenz-Löblein mit, dass der von der Generalstaatsanwaltschaft München übersendete Vorgang in die Berichtshandakte aufgenommen wurde, weil er weder für das Vollstreckungs- noch das Wiederaufnahmeverfahren von Bedeutung sei. In die Berichtshandakte sei eine Einsichtnahme nicht vorgesehen. Es wird angeregt, dass sich RAin LL direkt mit dem Hinweisgeber in Verbindung setze.

 

Dieser Eintrag zeigt doch, dass vermutlich nur bei einzelnen Personen Aufklärungswille besteht. Aufgrund von welcher Anweisung wurde der Vorgang in die Berichtshandakte geheftet? Berichtsakten sind nur für innerbehördlichen Schriftverkehr, wer hat die Entscheidung getroffen, dass der Vorgang für das Landgericht in Regensburg uninteressant ist? Warum wird die Entscheidung der Strafkammer in Regensburg abgenommen, ob sie etwas aus dem Vorgang verwerten möchte? Hat die Strafvollstreckungskammer Information über den Vorgang? Warum soll die Verteidigung dafür Sorge tragen, dass Vorgänge an die Sachbearbeiter gelangen?

 

nochmal aus der Webseite:

2013-03-19 Gustl Mollath schließt sich der Strafanzeige von RA Schmid gegen alle am Verfahren Beteiligten an und stellt Strafantrag. Das LG Bayreuth hat im ablehnenden Beschluss über den Befangenheitsantrag darauf hingewiesen, dass der Anzeigeerstatter in keiner Verbindung zu Herrn Mollath stehe und keine Äußerung von Herrn Mollath zu der Strafanzeige erfolgt sei. Die Richter könnten deshalb weiterhin unbefangen Entscheidungen im Fall treffen. Der Staatsanwaltschaft in Augsburg solle es überlassen bleiben, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werde (derzeit wird das Verfahren unter einem Js-Aktenzeichen bei der StA Augsburg geführt). RAin Lorenz-Löblein hatte bis dato wegen des Legalitätsprinzips von der Stellung eines Strafantrags abgesehen. Wenn es der Wahrheitsfindung diene, sei sie aber in Absprache mit Herrn Mollath dazu bereit. Sie bittet um Erläuterung warum der Revisionsbericht der HypoVereinsbank dem für die Vollstreckung zuständigen Staatsanwalt erst im November 2012 zugeleitet wurde (Anmerkung: Aus Äußerungen von Ministerin Merk geht hervor, dass der Revisionsbericht bereits 2011-12-29 der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vorlag).

 

 

Dieser letzte Satz zeigt doch, dass in der Staatsanwaltschaft Nürnberg dem für die Vollstreckung zuständigen Staatsanwaltschaft wichtige Unterlagen vorenthalten wurden. Warum wurde der Revisionsbericht dem Sachbearbeiter erst im November 2012 - nach elf Monaten in der Behörde - zugeleitet?

 

Wir werden hoffentlich alle erfahren, wie die Staatsanwaltschaft Augsburg dies "erläutert", wie RAin Lorenz-Löblein gebeten hat.

Ich kann nur hoffen, dass nach einer - dringend notwendigen Erledigterklärung der Unterbringung - das Medieninteresse nach wie vor gross ist, so dass weiterhin die Öffentlichkeit informiert bleibt.

Der Fall Mollath zeigt die Notwendigkeit der vierten Gewalt im Staate.

Ein Super-Beispiel war die geplante Verlegung, die Ministerin hat getwittert, keine Verlegung gegen den Willen von Herrn Mollath und damit war alles klar.

5

@Gastmann, @Skeptikerin:

Ich würde gerne die Diskussion wiederaufnehmen über die Tatsachen, die bei umstrittenen Sachverhalt dem Gutachten zugrunde zu legen sind. Das oben (http://blog.beck.de/2013/03/26/fall-mollath-die-wiederaufnahmeantr-ge-un... ) von mir erwähnte Interview habe ich gefunden. Es handelt sich um ein Gespräch mit Norbert Nedopil in den Nürnberger Nachrichten vom 2.1.2013 (Seite 18). Ich zitiere:

Frage: Existiert so etwas wie ein allgemeinverbindlicher Kodex für Gutachter wie Sie einer sind? An Ihrem Institut sind zum Beispiel immer zwei Personen mit einem Fall beschäftigt. Ist das Standard?

Nedopil: Das nicht, aber es gibt seit 2006 Mindestanforderungen für Schuldfähigkeits- und Prognosebegutachtungen. Ein wichtiger Punkt ist dabei, dass man zwischen den Aufgaben des Gerichts und denen des Sachverständigen scharf trennen muss. Wenn vor Gericht die Tatsachen nicht klar sind, muss man als Gutachter sagen: Gehe ich von der Schilderung eines möglichen Opfers aus, komme ich zu der einen Schlussfolgerung, gehe ich davon aus, dass der Untersuchte die Wahrheit sagt, komme ich zu der anderen. Das Gericht hat dann zu entscheiden, von welchen Tatsachen es bei seinem Urteil ausgeht.

Das entspricht dem, was ich oben sagte. Die Mindestanforderungen, die er anspricht, dürften die Empfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe aus BGH-Richtern, Psychiatern und anderen sein, die in NStZ 2005, 57 (Schuldfähigkeitsgutachten, http://bios-bw.de/images/stories/pdfs/boetticher-mindestanforderungen-ns...) und NStZ 2006, 537 (Prognosegutachten, http://bios-bw.de/images/stories/pdfs/mindestanforderungen-feur-prognose...) veröffentlicht wurden (Mitarbeiter u.a. Nedopil und Kröber).

Beide Empfehlungen haben große Überschneidungen, inhaltlich und in den Formulierungen. Das nächstgelegene, was man in ihnen zu dem findet, was Nedopil im Interview klar sagt, sind B. I. 4. und 5 in NStZ 2005, 57, 58 und B. II. 3. und 4 in NStZ 2006, 537, 539. Dort ist es aber weit weniger klar ausgedrückt. Wenn Nedopil diese "Trennungstheorie" gleichwohl so hervorhebt, dann deute ich mir das so, daß es sich um eine ganz selbstverständliche Vorgehensweise handelt und daß sie auch schon Fachstandard war, bevor sie in den Empfehlungen niedergelegt wurde.

Nun ist Ihre These, Gastmann (und Skeptikerin sieht es ähnlich), daß die Exploration unter der Prämisse stattfinden müsse, der Proband habe die Anlaßtat tatsächlich begangen. Wieso halten Sie diese exklusive Prämisse für geboten? Ist sie nicht vielmehr gefährlich (Stichwort: Perseveranz- und Inertia-Effekt)? Außerdem: Die von Nedopil vertretene Herangehensweise ersetzt ja nicht das, was Sie für richtig halten, sondern ergänzt es. Es geht also keine Erkenntnismöglichkeit verloren.

Skeptikerin sagte: "Ein Gerichtsgutachter hat sich an die Anknüpfungstatsachen zu halten, die ihm vom Gericht (oder der StA) vorgelegt werden. Dies erfolgt in der Regel durch Aktenübersendung." Wer würde dem widersprechen? Aber ist es nicht so, daß ein Gericht (oder die StA), das den Gutachter auf eine von mehreren Varianten festlegt, hinsichtlich seiner Aufklärungspflicht pflichtwidrig handelt?

Abgesehen davon: Im konkreten Fall Mollath enthält der Beweisbeschluß auch keine solche Verengung: http://www.gustl-for-help.de/download/2004-05-05-Mollath-Amtsgericht-Ein...
Warum sollte der Sachverständige dann berechtigt (geschweige denn verpflichtet) sein, eine von mehreren im Raum stehenden Sachverhaltsalternativen zugrunde zu legen - und dann auch noch die vorverurteilende?

5

 

Ich zitiere aus Nedopils "Mindestanforderungen für Prognosegutachten":

 

Besonderheiten im Vollstreckungsverfahren

7 Hier besteht grundsätzlich eine Bindung des Sachverständigen an die Feststellungen des im Erkenntnisverfahren ergangenen Urteils. Dies gilt auch, wenn der Sachverständige andere Feststellungen zum Sachverhalt oder zu den Motiven der Tatbegehung treffen will. Deshalb darf der Sachverständige keine widersprüchlichen, sondern nur ergänzende Feststellungen seiner Beurteilung zu Grunde legen. Andererseits dürfen aus psychiatrischer oder psychologischer Sicht oder neu aufgetretene Aspekte, wie etwa eine vom Urteil abweichende Motivationslage bei der Tatbegehung, bei der Kriminalprognose nicht unberücksichtigt bleiben und können das Ergebnis der Begutachtung entscheidend beeinflussen. In diesem Fall hat der Gutachter den von ihm festgestellten Sachverhalt seiner Expertise zu Grunde zu legen, muss aber den Auftraggeber ausdrücklich auf die festgestellten Widersprüche hinweisen. Der Richter hat sodann die rechtliche Erheblichkeit der Sachverhaltsänderungen und die Frage der Reichweite der materiellen

Rechtskraft zu beurteilen.

 

Was die Frage des Gutachtens im Erkenntnisverfahren betrifft, so hat Gastmann ja schon argumentiert: Nur wenn eine Täterschaft - jedenfalls dem Grunde nach - feststeht, besteht für ein Schuldfähigkeitsgutachten überhaupt ein Anlass. Eine "Nicht-Täterschaft" muss der Gutachter daher als Alternative nicht mit einbeziehen. (verschiedene mögliche Tatvarianten wohl).

Er wird in seiner Gutachtenserstattung, die ja in der HV am Ende der Beweisaufnahme stattfindet, darauf hinweisen, dass er von einer Prämisse ausgeht.

Das hier Gefahren der Wechselwirkung bestehen, bestreite ich nicht.

 

Um auf Mollath zurückzukommen:

 

Wir habe hier - was ja nicht selten ist - den Fall eines leugnenden, aber rechtskräftig verurteilten  Maßregelvollzugspatienten, bei dem eine gewissen Wahrscheinlichkeit besteht, dass es zu einer Wiederaufnahme kommt. Wie die ausgeht, weiß niemand!

 

Ich meine daher, dass die Wiederaufnahme abgewartet werden muss. Theoretisch könnte die StA wohl die Vollstreckung aussetzen. Das hat sie ja abgelehnt.

 

Auch eine Erledigterklärung der Unterbringung ist m.E nicht zu entscheiden, da ansonsten die Hürden der Wiederaufnahme umgangen würden.

 

 

 

3

Skeptikerin schrieb:

 

Ich zitiere aus Nedopils "Mindestanforderungen für Prognosegutachten":

 

Besonderheiten im Vollstreckungsverfahren

7 Hier besteht grundsätzlich eine Bindung des Sachverständigen an die Feststellungen des im Erkenntnisverfahren ergangenen Urteils. Dies gilt auch, wenn der Sachverständige andere Feststellungen zum Sachverhalt oder zu den Motiven der Tatbegehung treffen will. Deshalb darf der Sachverständige keine widersprüchlichen, sondern nur ergänzende Feststellungen seiner Beurteilung zu Grunde legen. Andererseits dürfen aus psychiatrischer oder psychologischer Sicht oder neu aufgetretene Aspekte, wie etwa eine vom Urteil abweichende Motivationslage bei der Tatbegehung, bei der Kriminalprognose nicht unberücksichtigt bleiben und können das Ergebnis der Begutachtung entscheidend beeinflussen. In diesem Fall hat der Gutachter den von ihm festgestellten Sachverhalt seiner Expertise zu Grunde zu legen, muss aber den Auftraggeber ausdrücklich auf die festgestellten Widersprüche hinweisen. Der Richter hat sodann die rechtliche Erheblichkeit der Sachverhaltsänderungen und die Frage der Reichweite der materiellen

Rechtskraft zu beurteilen.

 

 

 

 

 

Also, wenn Nedopil schreibt, es bestehe eine Bindung des Sachverständigen an die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil, so erhebt sich die Frage, wie das mit der ärztlichen Berufsordnung vereinbar ist. Ein Gutachten soll nach bestem Wissen und Gewissen erstellt werden.

Es ist doch Unsinn, wenn von zu Unrecht vorgeworfenen Taten ausgegangen wird, und daraufhin eine unrichtige Prognose erstellt wird.

5

Holger schrieb:

Also, wenn Nedopil schreibt, es bestehe eine Bindung des Sachverständigen an die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil, so erhebt sich die Frage, wie das mit der ärztlichen Berufsordnung vereinbar ist. Ein Gutachten soll nach bestem Wissen und Gewissen erstellt werden.

Es ist doch Unsinn, wenn von zu Unrecht vorgeworfenen Taten ausgegangen wird, und daraufhin eine unrichtige Prognose erstellt wird.

 

Nedopil sagt ausdrücklich:

"...Andererseits dürfen aus psychiatrischer oder psychologischer Sicht oder neu aufgetretene Aspekte, wie etwa eine vom Urteil abweichende Motivationslage bei der Tatbegehung, bei der Kriminalprognose nicht unberücksichtigt bleiben und können das Ergebnis der Begutachtung entscheidend beeinflussen. In diesem Fall hat der Gutachter den von ihm festgestellten Sachverhalt seiner Expertise zu Grunde zu legen, muss aber den Auftraggeber ausdrücklich auf die festgestellten Widersprüche hinweisen..."

 

Heißt nix anderes, als daß ein Gutachter eben nicht das Motiv "Geisteskrankheit" als vom Gericht vorgegeben hinnehmen darf.

Ob die Tat grundsätzlich als bewiesen betrachtet wird ist für ihn unerheblich, für diese Beweiswürdigung ist das Gericht zuständig.

In Mollaths Fall wäre das eben Geldstrafe, Bewährungsstrafe statt Forensik gewesen.

 

 

5

Skeptikerin schrieb:
Was die Frage des Gutachtens im Erkenntnisverfahren betrifft, so hat Gastmann ja schon argumentiert: Nur wenn eine Täterschaft - jedenfalls dem Grunde nach - feststeht, besteht für ein Schuldfähigkeitsgutachten überhaupt ein Anlass. Eine "Nicht-Täterschaft" muss der Gutachter daher als Alternative nicht mit einbeziehen. (verschiedene mögliche Tatvarianten wohl).

Er wird in seiner Gutachtenserstattung, die ja in der HV am Ende der Beweisaufnahme stattfindet, darauf hinweisen, dass er von einer Prämisse ausgeht.

Das hier Gefahren der Wechselwirkung bestehen, bestreite ich nicht.

Ich verstehe Sie so (bitte korrigieren Sie mich gegebenenfalls - ich will Sie verstehen, nicht Ihnen Aussagen unterschieben):

  1. Nedopils Meinung (Interviewzitat) halten Sie für falsch. Die Empfehlungen 2005 seien nicht so zu verstehen, wie Nedopil sie versteht.
  2. Es bleibe dabei: Der psychiatrische Gutachter habe bei (aus den Akten erkennbar) streitigem Sachverhalt nicht von Hypothese A und Hypothese B getrennt auszugehen, sondern nur von Hypothese A. Unter dem Gesichtspunkt der Wahrheitsfindung sei dies ausreichend und befriedigend.
  3. Ein Schuldfähigkeitsgutachten werde nur erstellt, wenn die Täterschaft schon feststeht.

 

Auf Punkt 3 möchte ich näher eingehen:

Diese Prämisse entspricht nicht dem Gesetz und nicht der Praxis. Selbst bei der äußersten Form einer Gutachtenbeauftragung, nämlich bei gleichzeitiger zwangsweiser Unterbringung, setzt das Gesetz nur dringenden Tatverdacht voraus (§ 81 Abs. 2 Satz 1 StPO - http://dejure.org/gesetze/StPO/81.html), nicht die für eine Verurteilung erforderliche Überzeugung von der Täterschaft. Im Einzelfall kann letztere zwar schon vorliegen (siehe meine obige Einschätzung zum Ablauf im Fall Mollath), muß es aber nicht.

Aber Ihre Prämisse ist auch deshalb kurios, weil es in dieser Diskussion plötzlich einen Rollentausch zu geben scheint. Diskussionsteilnehmer "Menschenrechtler" hat oben vehement gefordert, eine psychiatrische Begutachtung dürfe nur angeordnet werden, wenn die Täterschaft festgestellt sei. Sonst gebe es ein  jurististisch-psychiatrisches "Kuddel Muddel". Prof. Müller hat dem zu Recht entgegengehalten (http://blog.beck.de/2013/03/26/fall-mollath-die-wiederaufnahmeantr-ge-un... ), daß ein solches zweistufiges Verfahren weder im Gesetz vorgesehen ist noch daß eine solche Regelung sinnvoll wäre. Auch ich bin der Meinung, daß bei der Aufklärung beider Tatsachen (ob die Tat begangen wurde und ob eine psychische Krankheit vorliegt) Wechselwirkungen bestehen und daß deshalb die Einführung einer Bindung kontraproduktiv wäre. Sie würde die Wahrheitsfindung geradezu verhindern statt sie zu fördern.

Wenn Sie - wie Sie sagen - die Gefahren der Wechselwirkung nicht bestreiten und gleichwohl eine Lösung befürworten, die m.E. aus dem Gesetz gerade nicht hervorgeht und außerdem nach Nedopils Interpretation den Empfehlungen des Arbeitskreises widerspricht, frage ich mich: Worauf beruht Ihre Lösung?

5

Sehr geehrte Kommentatoren,

schon mehrfach habe ich auf einige - hier im Beck-Blog strengere - Diskussionsregeln hingewiesen. Da die Moderation keine Beiträge kürzt, sondern insgesamt "unpublished" stellt, trifft es gelegentlich Beiträge, die die Diskussion durchaus bereichern, aber z.B. mit pauschalen Abwertungen (wie z.B. Nazi-Justiz, "Viertes Reich", schlimmer als "Pinochet") verbunden sind. Dies ist heir ein juristischer Fachblog, der Verlag ist daran interessiert, eine sachliche Diskussion aufrechtzuerhalten. Jeder hat da andere Grenzen, hier gelten die des Gastgebers, des Beck-Verlags. Durchgehend sachlcihe Beiträge, die "on-topic" waren, sind bislang nicht moderiert worden.

Ich bitte um Ihr Verständnis.

Henning Ernst Müller

"In einer Analyse von Wiederaufnahmeverfahren in Deutschland aus den 50er und 60er Jahren betrug der Anteil von Falschgeständnissen bei den mehr als 1000 Wiederaufnahmeverfahren knapp 7 Prozent."

 

Ich möchte einmal die Frage stellen, wie hoch der Anteil derer ist, die Opfer von Verbrechen geworden sind , aber mangels Beweise alles eingestellt wurde oder mutmaßliche Täter freigesprochen werden mußten mangels Beweisen oder aufgrund von schlechten Ermittlungen bzw. Pannen bei den Ermittlungen. Für die lebenslangen Folgen von Verbrechen interessiert sich die Justiz nie.

 

Was würde passieren, wenn Herr Mollath entlassen wird und eine schlimme Straftat begeht, vor der andere gewarnt hatten ? Müßten dann nicht Richter, Gutachter, Verteidiger belangt werden, da sie "fahrlässig" gehandelt haben ?

Meine Meinung ist, dass unsere Justiz auch dafür da ist, Straftaten zu verhindern. 

 

 

 

 

2

Gast schrieb:
Ich möchte einmal die Frage stellen, wie hoch der Anteil derer ist, die Opfer von Verbrechen geworden sind , aber mangels Beweise alles eingestellt wurde oder mutmaßliche Täter freigesprochen werden mußten mangels Beweisen oder aufgrund von schlechten Ermittlungen bzw. Pannen bei den Ermittlungen.
Der ist sicher - und auch hoffentlich - höher als der Anteil derer, die aufgrund von schlechten Ermittlungen und Gerichtsverhandlungen bzw. Verteidigern verurteilt wurden, obwohl sie die Tat, derer sie angeklagt waren, nicht begangen haben.

Hier kann man aber ein moralisches Unrecht gegen ein anderes nicht aufrechnen oder aufwiegen. Wozu soll diese Argumentation gut sein?

Gast schrieb:
Für die lebenslangen Folgen von Verbrechen interessiert sich die Justiz nie.
Ist das ihr Auftrag? Verbrechen sind nicht nur ein juristisches, sondern vor allem ein gesellschaftliches Problem. Daher ist die Position
Gast schrieb:
Meine Meinung ist, dass unsere Justiz auch dafür da ist, Straftaten zu verhindern. 
zumindest diskussionswürdig. Das, was die Justiz in ihrem Rahmen kann (z.B. abschreckende Strafen zu verhängen) tut sie bereits, aber die Lebenswirklichkeit zeigt, dass die Einbindung ins bzw. die (Nicht-)Kontrolle durch das soziale Umfeld viel größeren Einfluss hat. "Minority Report" muss jedenfalls Fiktion bleiben und Grundrechtsverletzungen wie Freiheitsentziehung oder massenhafte DNA-Erfassung auf Generalverdacht hin unzulässig sein.

Gast schrieb:
Was würde passieren, wenn Herr Mollath entlassen wird und eine schlimme Straftat begeht, vor der andere gewarnt hatten? Müßten dann nicht Richter, Gutachter, Verteidiger belangt werden, da sie "fahrlässig" gehandelt haben?
a) welche Straftat sollte das sein? Nicht einmal die Taten, deren er bisher beschuldigt (und keineswegs überführt) wurde, rechtfertigen eine Freiheitsentziehung.

b) wenn überhaupt, dann liegt die Verantwortung beim Richter, denn er entscheidet. Er muss auch das Gutachten dahingehend kontrollieren, ob es den (vom BVerfG und dem Berufsstand) geforderten Qualitätskriterien entspricht. Ob bisher überhaupt eines der Gutachten über Mollath außer dem, das auf persönlichen Gesprächen mit ihm beruht, solchen Mindestanforderungen gerecht wird, ist nach allem, was bekannt ist, extrem zweifelhaft.

Abgesehen davon müssen sich Gerichte und Strafvollstreckungskammern an Gesetze halten und wenn eine weitere Unterbringung - selbst wenn sie anfangs gerechtfertigt war, wovon bei Mollath aber vermutlich nicht auzugehen ist - gemäß StGB bzw. StPO nicht mehr verhältnismäßig ist, dann muss auch jemand, der ein gewisses "Risiko" darstellt, entlassen werden (oft unter Auflagen wie Führungsaufsicht und/oder Therapie) und die Gesellschaft hat dieses Risiko zu tragen genauso wie sie das Risiko zu tragen hat, dass Tausende bisher unbescholtene Bürger "plötzlich" straffällig werden.

 

 

 

 

 

[/quote]

Es ist die Regel bei Schuldfähigkeitsgutachten, dass der Gutachter sich auf "Taten" stützt, die nicht erwiesen sind und immer auf Taten, die (noch) nicht gerichtlich nachgewiesen wurden. 

 

Auf die Gefahr der Löschung hin, zeige ich nochmal - gerafft - auf, wie das in der Praxis aussieht, auch weil hier immer wieder "Nedopil" kritisiert wird, der tatsächlich einer der wenigen durch und durch integren und unbeeinflussbaren Sachverständigen sein dürfte! 

 

Ein regionaler Hausgutachter der Staatsanwaltschaft Würzburg erstellte in der Untersuchungshaft mittels zweier einstündiger Gespräche ein Gutachten gegen mich mit folgender Diagnose: 'paranoid-querulatorische Persönlichkeitsstörung', ' narzisstische Persönlichkeitsstörung' und "paranoider Wahn", auf jeden Fall Par. 63 StGB wegen Schuldunfähigkeit.

 

(Anlass für Gutachten und sog. "Untersuchungshaft" war eine Dinestaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwaltschaft, aus der die Staatsanwaltschaft eine "Störung des öffentlichen Friedens" konstruierte. Freispruch liegt vor, LG Würzburg, Az. 814 Js 10465/09. Der Sachverhalt ist als vorsätzliche Freiheitsberaubung im Amt angezeigt.)

 

Aufgrund des Fehlgutachtens wurde ich in die Forensik überstellt - 126a StPO mit Ziel 63 StGB - wie genannt wegen einer Dienstaufsichtsbeschwerde! 

 

Nach fünf Monaten wurde - Anwalt und Klinik (!) empfahlen Verweigerung jeden weiteren Kontaktes mit Gutachter! - in München in fünftägiger Exploration durch Obergutachter Nedopil festgestellt, dass keine Persönlichkeitsstörung, keine Voraussetzungen Par. 20/21 StGB und selbstverständlich hieraus keine Voraussetzung für Par. 63 StGB bei mir vorliegen. Es dauerte nochmals frei Monate bis zur Fertigstellung dieses Gutachtens für das Gericht! 

 

Wo beginnt nun der "Fehler"? Bei der Art und Weise, wie Straftaten gewichtet und - in meinem Fall - konstruiert werden, und zwar von Juristen und Strafverfolgern! Und bei der Nähe der Gutachter zum Auftraggeber! 

 

Herr Mollath hatte leider nicht den Rückhalt den ich hatte - durch Klinik, Pflichtverteidiger und neutralen Gutachter! 

 

Das alles ist keine Rechtfertigung für derarte "Fälle". 

 

Die Kompetenz von Sachverständigen und der Mangel an tatsächlich fähigen und neutralen Sachverständigen ist m.E. ein großes Problem, deshalb sind sehr wohl einmal die o.g. "Mindeststandards" näher zu betrachten! 

5

@ Deeg

Es ist die Regel bei Schuldfähigkeitsgutachten, dass der Gutachter sich auf "Taten" stützt, die nicht erwiesen sind und immer auf Taten, die (noch) nicht gerichtlich nachgewiesen wurden.

 

Wenn dem so ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß , dass unterschiedliche Gutachter auch zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen wie bei Mollath.

 

Ich kenne auch einen Fall wo ein Fachmann die Diagnose

F 20.0 gab und ein anderer F 43.9 gab.

Für mich unbegreiflich.

 

F 20.0 ist eine Katastrophe für das ganze weitere Leben, denn da gibt es keine Glaubhaftigkeit mehr, besonders wenn andere unter Eid dann noch Lügen !

 

 

 

 

5

 

 

@O. Garcia und andere:

Die Frage, ob die Tat begangen wurde, ist doch eine Frage, die durch Juristen zu klären ist.

Die Frage, ob eine Krankheit vorliegt, klärt ein Mediziner.

 

Wenn jetzt der Jurist wissen will, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Krankheit vorgelegen hat, dann muss der Mediziner sich mit diesem Zeitpunkt erst mal befassen, da kann er seine Hypothesen aufstellen etc.

Der Arzt hat niemals die Feststellung zu treffen, ob eine Tat begangen wurde, sondern höchstens ob die Person dazu fähig wäre.

Oder?

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Grübler schrieb:

@O. Garcia und andere:

Die Frage, ob die Tat begangen wurde, ist doch eine Frage, die durch Juristen zu klären ist.

Die Frage, ob eine Krankheit vorliegt, klärt ein Mediziner.

 

Wenn jetzt der Jurist wissen will, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Krankheit vorgelegen hat, dann muss der Mediziner sich mit diesem Zeitpunkt erst mal befassen, da kann er seine Hypothesen aufstellen etc.

Der Arzt hat niemals die Feststellung zu treffen, ob eine Tat begangen wurde, sondern höchstens ob die Person dazu fähig wäre.

Oder?

Ich denke , wenn Justizjuristen unsicher sind oder Beweise fehlen, schalten sie Gutachter ein.

 

Wenn die Justizjuristen den Gutachtern glauben, treffen sie eben eine Entscheidung, die aber verheerend sein kann.

Insofern haben Gutachten ein großes Gewicht.

 

 

  

5

Grübler schrieb:
@O. Garcia und andere:

Die Frage, ob die Tat begangen wurde, ist doch eine Frage, die durch Juristen zu klären ist.

Die Frage, ob eine Krankheit vorliegt, klärt ein Mediziner.

Wenn jetzt der Jurist wissen will, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Krankheit vorgelegen hat, dann muss der Mediziner sich mit diesem Zeitpunkt erst mal befassen, da kann er seine Hypothesen aufstellen etc.

Der Arzt hat niemals die Feststellung zu treffen, ob eine Tat begangen wurde, sondern höchstens ob die Person dazu fähig wäre.

Oder?

Es geht nicht darum, daß der Psychiater Tatsachen über den Tathergang feststellt. Das muß das Gericht. Es geht darum, welche geschichtlichen Ereignisse er seinem medizinischer Beurteilung zugrundelegt. Ich zitiere der Einfachheit halber das, wa ich oben schrieb (http://blog.beck.de/2013/03/26/fall-mollath-die-wiederaufnahmeantr-ge-un...):

Es sollte doch wohl selbstverständlich sein, daß ein psychiatrischer Gutachter immer dann, wenn die Täterschaft umstritten ist, die Frage der geistigen Gesundheit unter zwei verschiedenen, sauber getrennten Hypothesen beurteilt: a) der Proband hat die Tat(en) begangen; b) der Proband hat sie nicht begangen.

4

O. García schrieb:

Grübler schrieb:
@O. Garcia und andere:

Die Frage, ob die Tat begangen wurde, ist doch eine Frage, die durch Juristen zu klären ist.

Die Frage, ob eine Krankheit vorliegt, klärt ein Mediziner.

Wenn jetzt der Jurist wissen will, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Krankheit vorgelegen hat, dann muss der Mediziner sich mit diesem Zeitpunkt erst mal befassen, da kann er seine Hypothesen aufstellen etc.

Der Arzt hat niemals die Feststellung zu treffen, ob eine Tat begangen wurde, sondern höchstens ob die Person dazu fähig wäre.

Oder?

Es geht nicht darum, daß der Psychiater Tatsachen über den Tathergang feststellt. Das muß das Gericht. Es geht darum, welche geschichtlichen Ereignisse er seinem medizinischer Beurteilung zugrundelegt. Ich zitiere der Einfachheit halber das, wa ich oben schrieb (http://blog.beck.de/2013/03/26/fall-mollath-die-wiederaufnahmeantr-ge-un...):

Es sollte doch wohl selbstverständlich sein, daß ein psychiatrischer Gutachter immer dann, wenn die Täterschaft umstritten ist, die Frage der geistigen Gesundheit unter zwei verschiedenen, sauber getrennten Hypothesen beurteilt: a) der Proband hat die Tat(en) begangen; b) der Proband hat sie nicht begangen.

Fehlt da nicht noch ein Fall c.

Der Proband war unzurechnungsfähig. Das ja bei Mollath angedeutet wurde, da er möglicherweise paranoid war .

 

1

Sehr geehrter Herr Garcia,

Sie haben mich missverstanden.

1 und 2:

Ich stimme Nedopil (oben hatte ich ja das Fettgedruckte zitiert) zu, dass  der Sachverständige an die rechtskräftigen Feststellungen des erkennenden Urteils  grundsätzlich  gebunden ist.  Gut, das betrifft notwendigerweise das Stadium, in welchem schon ein rechtskräftiges Urteil besteht, also wie hier im Fall Mollath. (Im Aufsatz steht der von mir oben zitierte Text auch  unter der Überschrift : Besonderheiten im Vollstreckungsverfahren!)

Etwas anderes wäre es, wenn das Gericht jetzt ein erneutes Gutachten in Auftrag geben würde mit der Maßgabe, die neuen Erkenntnisse zu berücksichtigen. Dann wäre der Gutachtensauftrag (der konkret beinhalten müsste, von welchen Tatsachen der Gutachter nunmehr ausgehen soll) bindend. Diese Option fällt aber hier weg, da Mollath sich nicht mehr begutachten lassen will, von niemandem.

 

zu 3: Betrifft Schuldfäghigkeitsgutachten:

Selbstverständlich müssen diese Gutachten schon frühzeitig in Auftrag gegeben werden, schon - bei Haftsachen - um des Beschleunigungsgebots willen. Wann hierfür der richtige Zeitpunkt ist, entscheidet wohl der Einzelfall.

Aber angenommen, ein Psychiater hat einen langjährigen schwer drogenabhängigen Mann zu begutachten, der unter Verdacht steht, seine Lebensgefährtin vergewaltigt zu haben - und diese behauptet einvernehmlichen Geschlechtsverkehr - so wird der Gutachter sein Gutachten nicht unter 2 Prämissen erstellen (erzwungender oder freiwilliger GV), sondern nur unter der Prämisse des erzwungenen GV.

Oder wie wäre Ihre Lösung?

 

 

 

 

3

Skeptikerin schrieb:

Sehr geehrter Herr Garcia,

Sie haben mich missverstanden.

1 und 2:

Ich stimme Nedopil (oben hatte ich ja das Fettgedruckte zitiert) zu, dass  der Sachverständige an die rechtskräftigen Feststellungen des erkennenden Urteils  grundsätzlich  gebunden ist.  Gut, das betrifft notwendigerweise das Stadium, in welchem schon ein rechtskräftiges Urteil besteht, also wie hier im Fall Mollath. (Im Aufsatz steht der von mir oben zitierte Text auch  unter der Überschrift : Besonderheiten im Vollstreckungsverfahren!)

Etwas anderes wäre es, wenn das Gericht jetzt ein erneutes Gutachten in Auftrag geben würde mit der Maßgabe, die neuen Erkenntnisse zu berücksichtigen. Dann wäre der Gutachtensauftrag (der konkret beinhalten müsste, von welchen Tatsachen der Gutachter nunmehr ausgehen soll) bindend. Diese Option fällt aber hier weg, da Mollath sich nicht mehr begutachten lassen will, von niemandem.


Sie beziehen sich auf Ihr Zitat, während ich das Zitat aus dem Interview meinte. Dem, was Sie hier sagen, will ich nicht widersprechen, aber die Frage war, ob Sie Nedopils Interpretation der Empfehlungen für falsch halten. Das erscheint mir weiterhin der Fall.

Wichtig: Die Empfehlungen, aus denen Sie zitierten, sind kein Aufsatz von Nedopil, sondern das Ergebnis einer Arbeitsgruppe, zusammengesetzt u.a. aus Richtern (Boetticher, Rissing-van Saan, Nack u.a.) und Psychiatern (Nedopil, Kröber u.a.).

Skeptikerin schrieb:

zu 3: Betrifft Schuldfäghigkeitsgutachten:

Selbstverständlich müssen diese Gutachten schon frühzeitig in Auftrag gegeben werden, schon - bei Haftsachen - um des Beschleunigungsgebots willen. Wann hierfür der richtige Zeitpunkt ist, entscheidet wohl der Einzelfall.

Aber angenommen, ein Psychiater hat einen langjährigen schwer drogenabhängigen Mann zu begutachten, der unter Verdacht steht, seine Lebensgefährtin vergewaltigt zu haben - und diese behauptet einvernehmlichen Geschlechtsverkehr - so wird der Gutachter sein Gutachten nicht unter 2 Prämissen erstellen (erzwungender oder freiwilliger GV), sondern nur unter der Prämisse des erzwungenen GV.

Oder wie wäre Ihre Lösung?

Ich nehme an, Sie meinen, der Angeklagte und nicht die Zeugin behauptet die Einvernehmlichkeit. In diesem Beispielsfall sehe ich keinen Grund, von dem abzuweichen, was Nedopil für geboten hält. Ich zitiere ihn noch einmal:

Ein wichtiger Punkt ist dabei, dass man zwischen den Aufgaben des Gerichts und denen des Sachverständigen scharf trennen muss. Wenn vor Gericht die Tatsachen nicht klar sind, muss man als Gutachter sagen: Gehe ich von der Schilderung eines möglichen Opfers aus, komme ich zu der einen Schlussfolgerung, gehe ich davon aus, dass der Untersuchte die Wahrheit sagt, komme ich zu der anderen. Das Gericht hat dann zu entscheiden, von welchen Tatsachen es bei seinem Urteil ausgeht.

Ich verstehe Sie so, daß Sie ein solches Gutachten Nedopils im Beispielsfall als fehlerhaft beurteilen würden. Warum Sie die ausschließliche "Prämisse des erzwungenen GV" für ein Gutachten über den geistigen Gesundheitszustand des Angeklagten im Zeitpunkt der Tat für geboten halten, ist mir immer noch nicht klar.

Mir erscheint es nur umgekehrt richtig: Das Gericht muß genau wissen, von welchen Annahmen der Gutachter bei jedem Schritt seiner Argumentation ausgegangen ist. Die Aufgabe des Gerichts ist es doch gerade, das Gutachten nachzuvollziehen und es für überzeugend oder nicht für überzeugend zu halten. Es geht ja nicht darum, ein Gutachtenergebnis blind zu übernehmen (vielleicht mit der Leerformel "nach eigener kritischen Prüfung"), sondern tatsächlich mit seiner Hilfe die Wahrheit aufzuklären (hier: die Wahrheit über den Gesundheitszustand). 

Genau deshalb muß der Gutachter klar und nachvollziehbar abschichten, ob die Annahme, die Tat wurde begangen, die Aussage über den Gesundheitszustand begründet oder auch nur verstärkt hat. Das geht nur durch eine Trennung.

 

Ich vermisse übrigens die Stimmen von Gastmann und klabauter in diesem wichtigen Punkt.

5

O. García schrieb:

 Genau deshalb muß der Gutachter klar und nachvollziehbar abschichten, ob die Annahme, die Tat wurde begangen, die Aussage über den Gesundheitszustand begründet oder auch nur verstärkt hat. Das geht nur durch eine Trennung.

So allmählich wird mir klar, worauf sie hinauswollen.

 

4

Skeptikerin schrieb:

O. García schrieb:

 Genau deshalb muß der Gutachter klar und nachvollziehbar abschichten, ob die Annahme, die Tat wurde begangen, die Aussage über den Gesundheitszustand begründet oder auch nur verstärkt hat. Das geht nur durch eine Trennung.

So allmählich wird mir klar, worauf sie hinauswollen.

 

 

Alles andere wäre ein klassischer Zirkelschluss. "Wer eine solche Tat begeht, der muss krank sein"

5

Es gibt doch 4 Möglichkeiten

a.) Der Proband hat die Tat(en) begangen und ist gesund

b.) Der Proband hat die Ta(en)begangen und ist unzurechnungsfähig weil er paranoid oder gar gemeingefährlich ist.

c.) Der Proband hat sie nicht begangen und ist gesund.

d.) Der Proband ist zwar unzurrechungsfähig und hat  keine Taten begangen.

 

4

Nur ganz kurz zu den sogenannten Mindestanforderungen für die Schuldfähigkeitsbegutachtung.

 

Die Arbeitsgruppe aus Sachverständigen und Richtern (am BGH) trat informell zusammen. Sie hatte keine gesetzliche Legitimation.

 

U. a. Eisenberg hat sich kritisch zur Wertigkeit dieser Empfehlungen geäußert.

 

Meiner Meinung nach, sind die Ausführungen in den Mindestanforderungen in vielen Bereichen nachvollziehbar und entsprechen guter forensisch-psychiatrischer Praxis.

 

Nur schwer nachvollziehbar sind die Ausführungen zur Frage der eingeschränkten Steuerungsfähigkeit und zum Vorliegen einer SASA bei Sexualstraftätern (Paraphilien). Hier wurde unkritisch eine psychoanalytische Herangehensweise übernommen, die schwer verständlich und nicht praxistauglich ist.

 

Wenn in den Mindestanforderungen eine Exploration (oder besser mehrere Explorationen) als Grundlage des Gutachtens gefordert wird, handelt es sich um eine Selbstverständlichkeit.

 

Andererseits ist unter mit der Materie Vertrauten auch Konsens, dass eine durch Anknüpfungstatsachen ausreichend begründbare Unterbringung nach § 63 StGB (aber auch § 66 StGB) nicht daran Scheitern darf, dass ein Proband sich einer Begutachtung verweigert, was sein gutes Recht ist. Für diesen Fall müssen die erforderlichen Erkenntnisse dann eben in aufwendiger Hauptverhandlung erhoben werden.

 

Wäre dies anders, könnten die Vorschriften §§ 63, 66 StGB gleich ersatzlos abgeschafft werden.

 

4

Um aus dem Streit der letzten Seiten um die Gutachten vielleicht eine wichtige Schlußfolgerung mitzunehmen, darf man davon ausgehen, dass es durchaus nicht wenige Richter wie in diesem Fall Brixner gibt, die iergessen, dass in den Gutachten  Hypothesen als Tatsachen vorausgesetzt wurden und deshalb die Gutachten selbst als Zirkelschluß-Beweis missbrauchen, etwa wie folgt:

 

Gutachter bescheinigt Mollath Wahn (weil dieser ja Reifenstechereien begangen hat laut angenommener Tatsachen).

Richter urteilt, dass Mollath Reifen zerstochen hat (weil er ja wahnhaft ist).

 

Ich bezweifle, dass wirklich alle Richter über die intellektuelle Fähigkeit verfügen, diesen Logikfehler selbst zu erkennen.

 

5

Beweisfragen Prognose“gut“achten Prof. Kröber

Im beck-blog hat eine interessante Thematisierung der Mindestanforderungen für Prognosegutachten begonnen. Hierzu erscheint es mir hilfreich, die Beweisfragen der jeweiligen Prognose“gut“achten  zu kennen. Hier zunächst die Beweisfragen an Prof. Dr. Kröber, wie er sie in seinem „Gut“achten vom 27.06.2008 zitiert: „über den Untergebrachten GUSTL MOLLATH gemäß § 454 Abs. 2 StPO insbesondere zu den Fragen,

  1. 1) ob die Voraussetzungen der Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB zum jetzigen Zeitpunkt aus ärztlicher Sicht noch vorliegen;
  2. 2) ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, dass dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht, d. h., ob zu erwarten ist, dass der Verurteilte außerhalb des Maßregelvollzuges keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird.

Weiter zu beantworten seien die Fragen,

  1. 3) ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen zur Ermöglichung oder Vorbereitung einer bedingten Entlassung notwendig erscheinen, und
  2. 4) ob und gegebenenfalls welche Weisungen dem Verurteilten im Fall der bedingten Entlassung zu erteilen sind,
  3. 5) und welcher Zeitraum für die noch erforderlichen Entlassungsvorbereitungen bei komplikationslosem Verlauf voraussichtlich erforderlich sein wird. Es wird auch gebeten, sich diesbezüglich mit dem Gutachten des Sachverständigen DR. SlM­MERL vom 26.09.2007 auseinanderzusetzen.

Das Gutachten stützt sich auf die Kenntnis des übersandten Sonderbandes und des Sammelbandes in dieser Sache sowie auf den vergeblichen Versuch psychiatrischer Untersuchung des Probanden am 04.06.2008 im Bezirkskrankenhaus Straubing; Herr Mollath lehnte bei dieser Gelegenheit wie auch am Folgetag ein Gespräch mit dem Sachverständigen ab. Das Gutachten wird daher notgedrungen anhand der Aktenlage erstattet.“

 

Man beachte die merkwürdige Zusatzfrage (Sprung zum Zivilrecht) in Punkt 5, die allerdings erklären könnte, warum man die „Koryphäe“ aus Berlin überhaupt brauchte. Nicht nur die Mollath“gut“achter scheinen alle möglich Sprünge zu beherrschen, auch der Richter beherrscht den Sprung, quasi echte Springerstaffel

P.S. Für meine „verschwundenen“ Beiträge habe ich eine eigene Seite eingerichtet.

War einige Tage offline.

Menschenrechtler ich lese deine Beiträge sehr gern. Was die Täterschaft betrifft, sehe ich einiges anders. Diese Täterschaft ist für das Urteil bei Weitem nicht alles entscheidend.

Objektiv gesehen haben wir einen Ehestreit. (ist für die Allgemeinheit nicht gefährlich)

Objektiv gesehen haben wir eine Sachbeschädigung. (ist für die Allgemeinheit nicht gefährlich)

 

Wie konnte es zu diesem katastrophalen Urteil kommen? Ich würde es Gedankenpolizei nennen:

 

X (Richter) und/oder Y (Psychiater) glauben, dass das was Z (der Angeklagte) glaubt, gefährlich sein könnte.

Z glaubt, dass er seinen Glauben bez. Nicht-Glauben für sich behalten darf. Er spürt kein Bedürfnis danach, seinen Glauben oder Nicht-Glauben zu verkünden.

X und Y finden es verdächtig und frustrierend, dass Z seinen Glauben nicht mitteilen will, also entscheiden sie, woran Z wahrscheinlich glaubt – wissen tun sie es nicht.

Ergebnis: Wahn und Forensik auf unbestimmte Zeit. Dies unabhängig davon, wie schwerwiegend die Taten waren.

 

Was die Exploration betrifft, hat man das Recht zu schweigen.

Egal ob man nun Leipziger, Kröber oder Nedopil heißt, dann glauben sie offensichtlich, dass der Angeklagte immer ein großes Bedürfnis hat, mit Ihnen zu reden. Einige würden dies als Wahn einstufen.

Manche haben kein Bedürfnis mit einem Psychiater zu reden. Wenn ein sogenannter Wahn vorliegt, leben sie vielleicht glücklich damit. Immerhin ist es in vielerlei Hinsichten eine verrückte Welt – und wenn sie nichts gefährliches getan haben oder vielleicht überhaupt nichts verbrochen haben, dann dürfen sie.

Kann auch sein, dass der Angeklagte seinen Nichtglauben/Glauben nicht verkünden will, weil er oder sie nicht das Risiko eingehen möchte, missverstanden zu werden.

Aus welchen Gründen auch immer wollte Herr Mollath nicht reden. Das sollte das Recht eines Angeklagten sein.

Wenn man das Urteil überhaupt Glauben schenken kann, stellt man fest:

Vater früh verstorben, eigenwilliger Einzelgänger, erstattet Anzeigen wegen Schwarzgeld

Keine kriminelle Vorgeschichte mit schwerwiegende Taten.

 

Wenn man zu dem Ergebnis kommt: Für die Allgemeinheit gefährlich/Wahn, dann ist es reine Phantasterei.

RA Strate versucht an die Wurzeln zu gelangen, hoffentlich hat er Glück. Die Staatsanwalt ist auf Frau Mollath fixiert.

 

Nehmen wir an, die Staatsanwaltschaft hat mit ihrem Antrag Glück.

In dem Fall haben wir einfach die Täterschaft ausgetauscht. Frau M. ist dann Täter.

Sollen wir wünschen, dass Schuldunfähigkeit vermutet wird? Dass sie sich zu keinem Gespräch bereitstellt? Dass Richter und Psychiater die Phantasie freien Lauf lassen? Ergebnis 7 Jahre oder länger Forensik. Ungeachtet ob die Frau vorbestraft war oder nicht.

Oberflächlich gesehen haben wir eine Täterin, die für die Freiheitsberaubung ihres Ex-Mannes verantwortlich ist.

Sicherlich hatten oder haben die beiden einen Krieg. Die Waffen und das Schlachtfeld waren aber die JUSTIZ. Immer noch.

Die Justiz trägt die Verantwortung dafür, wie solche „Kriege“ geführt werden soll. Und wenn die Phantasie entscheidend ist, welches Urteil gefällt wird, dann ist mehr als besorgniserregend.

Gruss

Tine Peuler

5

Ich bin grundsätzlich sehr skeptisch, ob die "Seelen-Wissenschaft" überhaupt in der Lage ist, über die seelische Befindlichkeit eines Menschen verlässliche Aussagen zu treffen, die dem wissenschaftlichen Anspruch genügen können. Wie etwa beim Wetter handelt es sich dabei um ein sogenanntes komplexes System, dessen Erforschung noch in den Kinderschuhen steckt. Es ist schon schwer genug, die komplexen Systeme zu beschreiben, weil ihnen die uns so vertraute Linearität fehlt. An eine Qualifizierung ist da noch überhaupt nicht zu denken.

Ich möchte aber nicht ausschließen, dass es gewisse Bereiche geben kann, über die, unter besonderen Umständen mehr oder weniger wahrscheinliche Aussagen gemacht werden können. So können wir uns beispielsweise auf die Wettervorhersage inzwischen häufig verlassen, vor allem dann, wenn die Prognose zeitnah erstellt wird.

Es gehört für mich in den Bereich der Zauberei, wenn ein Psychiater behauptet, er könnte in 2005 verlässliche Aussagen über den seelischen Zustand eines Angeklagten zum Tatzeitpunkt in 2001 treffen, und das ohne seiner Mitwirkung, nur aufgrund seiner Totalbeobachtung und aufgrund der Strafakte. Wobei aber die Strafakte nichts anderes hergibt als den Tatvorwurf aufgrund der Tatbeschreibung der Opfer-Zeugin, ansonsten keine Vortaten und keine Anhaltspunkte über eine Vorerkrankung.

Vergleichsweise stelle ich mir vor, Jörg Kachelmann sollte aus meteorologischen Daten aus 2005, die er über sechs Wochen gesammelt hat, auf das Wetter an einem bestimmten Tag in 2001 schließen. Als Anknüpfungspunkt von 2001 stünde ihm beispielsweise nur der Pegelstand der Donau zur Verfügung.

Ich denke, solche Gutachten gehören allenfalls in den Zirkus oder in eine entsprechende Unterhaltungssendung. Sie haben aber in einem Gerichtsverfahren nichts zu suchen. Wird von ihnen gleichwohl Gebrauch gemacht, dann halte ich das für einen Akt der richterlichen Willkür, weil ihre Beweistauglichkeit schlicht nicht denkbar ist. Daran ändert auch ein renommierter Name eines Psychiaters nichts.

Ärzte schreiben in Krankenhäuser bekanntlich Berichte über ihre Patienten / Probanden.

Liegen eigentlich in den Strafakten solche über die ganzen Jahre vor ? Oder dürfen die aufgrund der Schweigepficht der Ärzte solche nicht in den Strafakten vorliegen ?

Im Mollath blog steht:

"Mollath habe, so die bestellten Gutachter, ein paranoides Gedankensystem sowie den allgemeingefährlichen Wahn entwickelt, Opfer des Bankensystems zu sein."

 

Ich denke, es ist nicht unwichtig, alle vermerkten Verhaltensweisen in Arztberichten von Herrn Mollath über die fast 7 Jahre zu betrachten und nicht nur pauchal zu behaupten, dass ein paranoides Gedankensystem sowie allgemeingefährliches Wahn sein soll.

 

 

5

Sehr geehrter herr Klabauter,

damit die vielen Mitlesenden noch wissen, worum es geht,

hier noch einmal mein Posting vom 28.03.:

Sie schreiben:

Wie kann Eberl sich denn Ihrer Meinung nach  sicher sein, dass seine Akte genau im 4er-Turnus bei der Kammer Brixners landet, wenn er sich nicht nur beim Landgericht, sondern auch bei der StA vorher erkundigte, was von dort aus  gerade auf dem Weg zum Landgericht ist?Genau: gar nicht.

Und wenn er nicht weiß, dass der Dezernent bei der StA  seine Akte auch zügig weiterleitet? Genau: gar nicht.

Ehrlich gesagt würde ich mir wünschen, dass Sie Recht haben. Leider ist es mir im Verlauf der Beobachtung dieses Verfahrens schon öfter passiert, dass mein Wunsch, es handele sich um Alltagsversagen, bloße "handwerklliche Fehler" oder schlicht "Pech" Herrn Mollaths, enttäuscht wurde. Anfangs habe ich nur die offenkundigen Schwächen der Urteilsbegründung gesehen, dann, als ich mehr und mehr Einzelheiten kennenlernte, habe ich mich schlicht erschrocken über die zutage tretenden Ungereimtheiten, Verfahrensfehler, Rechtsgehörverweigerungen und sonstige massiv auftretende Mängel in diesem Verfahren, nicht zu vergessen die auch von der Staatsanwaltschaft als objektive Rechtsbeugungsakte erkannten schweren Versäumnisse des Vors. Richters.

Natürlich sind es trotzdem nur Indizien, die die Interpretation Herrn Strates plausibel machen. Niemand notiert in der Akte, mit welcher innerer Motivation er die Weiterleitung derselben verzögert oder anschiebt. Sie haben für Ihre Ablehnung der Strate-Deutung folgende Argumente (eine ganze Reihe von den zuerst genannten Argumenten haben Sie ja bereits zurückgezogen), die mich allerdings wenig überzeugen.

a) Es sei wenig plausibel, dass er die Akte monatelang "anhalte" nur mit der unsicheren Aussicht, sie dann gezielt zur 7. Strafkammer lenken zu können. Denn wenn ihm dies am Ende doch misslinge, sei ja "alles für die Katz".

Aber zunächst ging es möglicherweise nur darum, den Fall Mollath nicht zu der Strafkammer gelangen zu lassen, die den Buchstaben "M" bearbeitet - vielleicht weil diese Strafkammer dafür bekannt ist, dass sie Akten kritisch beäugt bzw. pflichtgemäß genau hinschaut, wenn es um einen Fall des § 63 StGB geht. Dafür "lohnt" es sich womöglich die schon absehbare Umstellung der Geschäftsverteilung abzuwarten, selbst wenn man nicht sicher sein kann, ob es später gelingt, den Fall zur "Wunschkammer" zu lenken.

b) Es sei viel zu kompliziert und man könne schlicht nicht vorhersehen, dass man genau an Platz vier der Eingänge beim LG gelangt. Dazu bestünden zu viele Unsicherheiten und es müssten zu viele Staatsanwälte/Geschäftsstellenmitarbeiter  "mitmachen".

Nun, nach der von Strate mitgeteillten Turnusliste sind im ganzen Januar 2006 nur fünf Erstinstanz-Sachen beim LG eingegangen, die auf vier Strafkammern verteilt wurden, die Chance ist also schon einmal selbst bei reinem Zufall gar nicht so gering. Man braucht nur genau einen Informanten, der einem den dritten Eingang (20.01.) meldet, um die Chance, auf den vierten Platz zu gelangen, ganz erheblich zu erhöhen - wenn dies auch nicht 100%ig gesichert war (wie sich an den nächsten Einträgen in der Turnusliste zeigt).

Man nehme aber die Erläuterung von Herrn Kolos hinzu:

Eine andere ist, die Geschäftsstelle anzuweisen, die Sache von Hand zu Hand zu erledigen. In so einem Fall bringt sie die Verfahrensakte selbst dem zuständigen Dezernat bei der StA vorbei, wenn die StA im Nachbargebäude ist. Dort wird die Anweisung "von Hand zu Hand" übermittelt und die Akte bekommt einen gelben Aktenumschlag (wie bei Haftsachen), der die Hand-Zu-Hand-Bearbeitung sichert.

Es wäre auch keineswegs auffällig, wenn der AG Richter die Sache selbst in die Hand genommen hätte, auf seiner Geschäftsstelle die Akte austragen ließ und sie der StA vorbei brachte. Niemand in der Justiz denkt sich dabei etwas Verdächtiges. Es heißt für alle nur, dass besondere Dringlichkeit geboten ist. Das Warum interessiert nicht. Außerdem hätte er das locker erklären können.

Bei dieser Möglichkeit, die Sie offenbar nicht beachtet haben ("Genau: gar nicht") ist überhaupt kein "Mitwisser" erforderlich.

Herr Klabauter, bitte erfüllen Sie meinen Wunsch, und erklären Sie mir plausibel, mit welcher Motivation oder mit welchem zufälligen Versehen die Akte Mollath erst fünf Monate und dann noch einmal gut zwei Wochen verzögert wurde.

Soweit mein Posting vom 28.03.

 

Nun schreiben Sie zur Antwort so:

Wenn Sie unter a) schreiben, es sei vielleicht zunächst nur darum gegangen, die eigentlich zuständige möglicherweise "kritische" Kammer zu vermeiden:  Das klingt  wie ein plausibles Motiv. Strate stellt aber  auf S. 33 unten die These auf, dass es darum gegangen sei, der 7. Kammer die Zuständigkeit zuzuschanzen. D.h. Ihr Einwand ist zwar tragfähig, hat aber mit meiner Kritik an Strate nichts zu tun, der meint, man habe ganz gezielt auf eine Zuständigkeit des schon mit der Beschwerdeentscheidung vorbefassten Brixner hingearbeitet.  Wie stehen Sie denn zu diesem  konkret von Strate erhobenen Vorwurf?

und später:

Sie hätten Recht, wenn man ein allgemeines Dahinwursteln und Pfuscherei wie auch an anderer Stelle unterstellen würde. Strate tut das aber nicht, sondern behauptet in der Beschwerde explizit ein gezieltes Zuschanzen nur an Brixner. Und das ist mit dem von ihm geschilderten Vorgehen kein gezieltes Zuschanzen, sondern spätestens im Januar 2006 ein reines Glücksspiel, weil der Amtsrichter 1. den Turnus kennen muss 2. wissen oder beeinflussen muss, welche Kammeranklagen von der Staatsanwaltschaft in den nächsten Tagen erhoben werden und  von welchen Amtsgerichten weitere Vorlagen an eine Strafkammer anstehen 3. wissen oder beeinflussen muss, wie schnell der Staatsanwalt die Akte an das LG weiterleitet.

Vielleicht erläutern Sie, weshalb Sie die These von der gezielten Manipulation für begründet halten oder welche Schwachstellen Sie bei Strate sehen, nachdem Sie sich mit meiner Kritik so ausführlich auseinander gesetzt haben?

Miene Antwort: Herr Strate hat plausible Indizien für eine Manipulation vorgelegt, die m. E. einen rechtsbeugenden Charakter hätte. Nur weil diese Manipulation auf nicht ganz dieselbe Weise  erfolgt ist, wie Herr Strate nahelegt, ändert das nichts daran, dass es eine Manipulation wäre. Es geht doch nicht darum, ob Herr Klabauter oder Herr Strate Recht hat, sondern darum, ob es eine Manipulation gegeben hat und ob die von Herrn Strate angegebenen Indizien dies belegen können. Meine - laut Ihnen "tragfähige" - Interpretation wäre doch ebenfalls eine nicht zu rechtfertigende Manipulation des gesetzlichen Richters.

zu b): Es mag sein, dass in den ersten Wochen nur 5 Kammeranklagen (bzw. Kammersachen, einschließlich der vom Amtsgericht abgegebenen) , die in den Turnus fallen erhoben wurden.Bei einer Staatsanwaltschaft der Größe von Nürnberg -Fürth (72 Staatsanwälte laut aktueller Homepage) halte ich es für wenig wahrscheinlich, dass lediglich 4 Kammeranklagen pro knappem Monat die Regel sind, sondern für einen Ausreißer nach unten.  Auf der Homepage des LG Nürnberg-Fürth sind für 2011 300 erstinstanzliche Kammersachen genannt. Selbst wenn die Hälfte davon bei Schwurgericht, Wirtschaftsstrafkammer und Jugendkammer landet also nicht in den Turnus der allgemeinen Strafkammern fällt,, sind das noch 150 allgemeine Strafsachen, also 12,5 pro Monat umgelegt auf die auf 4 allgemeinen Strafkammern. Überträgt man diese Zahlen auf die Lage 2006 (ich weiß, das ist etwas grob, aber Strate hat auch einen etwas groben Klotz mit seiner Behauptung geliefert), hätte Eberl pures Glück gehabt, da er mit weiteren 7 Anklagen im Januar 2006 hätte rechnen müssen, die ihm bei seinem angeblich gezielten Zuschanzen an Brixner in die Quere kommen konnten.

 

Meine Antwort: Es ging eben nicht um einen Durchschnittsmonat, sondern um den ersten im Jahr 2006, nach der Ferienzeit. Außerdem: Schon Zufall hätte bei vier möglichen Kammern bei 1/4 gelegen, bei Beobachtung des dritten Eingangs wäre die Chance auf mind. 1/2 geklettert, dass man genau die gewünschte Kammer trifft. Wenn man die Akte selbst hinträgt, ist die Chance noch höher.

Die Auskunft nur eines Informanten reicht da allenfalls dann, wenn man sofort die Akte per Boten an die Staatsanwaltschaft schickt und die vorwarnt, dass sie sofort die Akte beim LG vorbeibringen möge. Ansonsten kann jeder Staatsanwalt, der eine BtM- Anklage, eine Anklage wegen Vergewaltigung, Raub, Brandstiftung u.a. zum Landgericht. erhebt, diesen laut Strate ja Mitte 2005 gefassten Plan, Brixner zuständig werden zu lassen, komplett durchkreuzen. Die zitierte Erklärung "von Hand zu Hand" an die Geschäftsstelle anzuweisen, gibt es im Justizalltag so leider nicht. Es sei denn, man steht mit seiner Geschäftsstelle auf sehr, sehr, sehr gutem Fuß, so dass sie bereit ist, mal in der Mittagspause zur Staatsanwaltschaft zu laufen.  Sondern der Amtsrichter muss (zumindest im Nordwesten Deutschlands) ein Formular "Botengang" ausfüllen, was die Justizwachtmeister sehr freut, wenn sie eine einzige Akte wegen angeblicher Eilbedürftigkeit durch die Gegend tragen dürfen.  Selbst dann bleibt die Frage: wie geht es denn weiter, wenn die Akte bei der Staatsanwaltschaft liegt? Reagiert die dann auch so schnell, wie erwünscht?

Meine Antwort: Ich weiß nicht, ob Sie richtig liegen, wenn Sie die Verhältnisse in nordwestdeutschen Gerichten mit denen in Nürnberg gleichsetzen. Ich tendiere aufgrund der Unterschiede im Geschäftsablauf und Gebaren zwischen den beiden Gerichten, in die ich Einblick bekommen habe und die sich in zwei verschiedenen Bundesländern befinden, dazu, dass eine solche Gleichsetzung kaum berechtigt ist.

Zu Ihrem letzten Satz: Eine Teilerklärung für einen Teil der  5 Monate findet sich z.B. in der von Strate in eine Fußnote weggequetschten weiteren Anklage, leider schreibt er zum zeitlichen Ablauf (bewusst?) nichts Genaues.

Meine Antwort: Auch Ihre "Teilerklärung" für einen "Teil" der 5 Monate überzeugt mich nicht bei einem für gefährlich gehaltenen Straftäter. Musste nicht der Amtsrichter damit rechnen, dass Herr Mollath in diesen Monaten noch einige hundert Reifen zersticht? Oder gar Schlimmeres anrichtet? Schließlich gilt bis heute (Freitag, der 5. April 2013) Herr Mollath nach wie vor als so gefährlich für die Allgemeinheit, dass man ihn unterbringen muss, obwohl er seit den ihm vorgeworfenen Reifenstechereien keine Akte mehr begangen hat, die diese Gefährlichkeitsprognose stützen oder bestätigen. Allein die Tatsache, dass er sich nicht therapieren lässt, genügt den bisher damit befassten Gutachtern und Gerichten für die Einschätzung, nicht einmal eine Bewährungsaussetzung sei zu verantworten.

Zurück zu meiner Frage an Sie, Herr Klabauter: Wie erklären Sie denn nun, dass der RiAG E. fünf Monate wartet, obwohl die (angeblichen) Straftaten im Jahr 2005 ja viel frischer, die anzunehmende "Gefährlichkeit" also akuter war?

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

 

 

Mir wäre es wesentlich lieber, dass Herr Mollath frei auf der Straße rumläuft, also so mancher Politiker oder Steuerhinterzieher ....

 

Wann entscheidet die Strafvollstreckungskammer?

 

Der Antrag wurde im November 2012 gestellt????

 

Es geht um die Rechtfertigung der Unterbringung ...

aber ist vielleicht eh egal, weil die Richter von der Anzeige gegen alle am Verfahren Beteiligten umfasst sein müssen, wenn die Staatsanwaltschaft in Augsburg halbwegs offen und ehrlich ermitteln will. Und dann ist noch ein bißchen mehr auch schon egal ...

 

5

@Mein Name:

Zu Ihrem 1. Absatz: Ich habe Prof. Müller geantwortet, der in seinem vorangegangenen Beitrag von 5 Eingängen im Januar schrieb. Vielleicht lesen Sie Beiträge einfach mal in dem Kontext, in dem sie erstellt wurden.

 

Ihr Hinweis auf Ockham geht nach hinten los. Ockhams Razor zeigt hier, dass Strates These zu kompliziert und daher zu verwerfen wäre, weil  dieses angebliche Motiv bzw. der Erfolg dieses Plans  von zu vielen Unwägbarkeiten abhängt, auf die weder Eberl noch Brixner hinreichenden Einfluss haben. Sie müssten es an Ihren Formulierungen eigentlich selbst merken  (Absprache zwischen Eberl und StA "kann", "genau so könnte es abgelaufen sein" etc.)

Die These ist teilweise auch nicht plausibel:

- das Motiv: Eberl will einen harten Hund, der Mollath "verräumt", wobei Brixner bislang seine Härte gegenüber Mollath nur im banalen Verwerfen einer Beschwerde als unzulässig gezeigt hat und in einem Rückruf bei der Steuerfahndung.

Was für "harte Hunde" die anderen drei Kammervorsitzenden waren, weiß ohnehin keiner, Professor Müller vermutet nur, dass wenigstens einer der übrigen 3 "kritischer" geweswen sein könnte  wie "hart" die Beisitzer waren und dass bei einer Verhandlung in 2 Berufsrichter - 2 Schöffen-Besetzung noch das Restrisko eines Patts bei renitenten Schöffen besteht, mal ganz außen vor gelassen....

- knapp 5 Monate lang muss Eberl auf einen Präsidiumsbeschluss hoffen, der seinen Plan überhaupt realisierbar erscheinen lässt und der auch nicht bis Jahresende nochmals geändert wird.

- und dann muss nach entsprechender Beschlussfassung ab 1.1.2006 auch noch das Abwarten des 4. Schlages im Turnus der allgemeinen Strafkammern klappen ,mit den von mir genannten 3 Faktoren, die man in 6 zerlegen bzw. ergänzen  kann

1. Kenntnis, wer gerade dran ist,ok: ist leicht  durch einen Anruf zu erfragen

2. Kenntnis etwaiger potentiell  "störender" Anklagen aus nahezu sämtlichen Abteilungen einer 72köpfigen Staatsanwaltschaft - und nein: selbst der Behördenleiter müsste erst einmal eine Umfrage in sämtlichen Abteilungen abhalten, aus welcher denn in den nächsten Tagen eine allgemeine Kammeranklage kommt-

(dass selbst innerhalb von Staatsanwaltschaften die Koordination leidet, zeigt z.B. BGH 3 StR 109/12, da hat ein Staatsanwalt aus der Verkehrsabteilung mit einem Strafbefehlsantrag eine Verurteilung zu 2 1/2 Jahren platzen lassen...)

3. Sofortiges Reagieren Eberls beim Losschicken der Akte an die StA

4. Mitwirkung der Geschäftsstelle bei der Eilversendung

5. Mitwirkung des Staatsanwalts, der die eingehende Akte sofort weiterleitet

6. Keine Störung durch das  Transportpersonal (Liegenlassen durch Wachtmeister)

Eberl konnte die Risiken Nr. 4-6 nur dann ausschalten, wenn er nach seinem Anruf bei der Geschäftsstelle des Landgerichts sofort persönllich zum Staatsanwalt marschierte, sich dort die Weiterleitungsverfügung abholte und sich anbot, die Akte persönlich beim LG vorbeizubringen. Und sich dabei sämtliche Eingangsstempel abholte.

Wie wollen  Sie  Strates These der gezielten Manipulation hin zu Brixner den Rasiermessertest bestehen lassen? Bzw. wieviele Kanns und Müsstes sind für Sie akzeptabel?

2

klabauter schrieb:
Ihr Hinweis auf Ockham geht nach hinten los. Ockhams Razor zeigt hier, dass Strates These zu kompliziert und daher zu verwerfen wäre, weil  dieses angebliche Motiv bzw. der Erfolg dieses Plans von zu vielen Unwägbarkeiten abhängt, auf die weder Eberl noch Brixner hinreichenden Einfluss haben.
Falsche Argumentation: es geht darum, die Verzögerungen in der Aktenweitergabe zu erklären: einmal August bis Oktober 2005, dann insbesondere die von Mitte Oktober bis Ende Dezember 2005, so dass die Akte keinesfalls noch nach dem alten Geschäftsverteilungsplan an die 1. Strafkammer kommt und schließlich die von 3. bis 20. Januar 2006, so dass die Akte an die 7. Kammer unter Brixner kommt.

Es steht also Hanlon's Razor gegen Ockham's Razor bzw. die Frage: sind die Verzögerungen mit größerer Wahrscheinlichkeit durch schiere Schlamperei zu erklären oder mit absichtsvollem Handeln? Was ist angesichts der Eile, die Eberl noch in Juli 2005 an den Tag gelegt hat, die plausiblere Ursache für das Frei-Herumlaufen-Lassen eines angeblich gemeingefährlichen Wahnhaften, dem dazu im Oktober noch weitere Straftaten vorgeworfen wurden?

Dass ein absichtsvolles Handeln mit gewissen Risiken bezüglich seiner Realisierung behaftet ist, macht es per se nicht weniger wahrscheinlich - diesen logischen Fehler wollen Sie als Indiz gegen die Aktensteuerung anführen. Klappt aber nicht.

klabauter schrieb:
Die These ist teilweise auch nicht plausibel:

- das Motiv: Eberl will einen harten Hund, der Mollath "verräumt", wobei Brixner bislang seine Härte gegenüber Mollath nur im banalen Verwerfen einer Beschwerde als unzulässig gezeigt hat und in einem Rückruf bei der Steuerfahndung.

Das ist nicht meine These und auch nicht die vollständige von Strate - es viel plausibler, dass Brixner, der sich ja schon 2004 für das Unterdrücken von Mollaths Hinweisen zur Steuerhinterziehung bei der Steuerfahndung eingesetzt hat und ihn durch das Abweisen einer Beschwerde im selben Jahr schon kannte, ab Mitte 2005 dafür sorgte, dass er Mollath Anfang 2006 "vor die Flinte" bekommt und Eberl entsprechend instruierte.

Denn Brixner wusste, dass der neue Turnus sicher kommt - laut Strate wurde die Einführung per 2006 Ende 2004 beschlossen, Ende 2005 ging es nur noch um die Ausgestaltung des Turnus selbst. Dass eine Geschäftsverteilungspraxis am zweitgrößten Landgericht eines Bundeslandes mit der von Ihnen oben so gewichtig aufgezählten Anzahl an Staatsanwälten und Richtern innerhalb von weniger als drei Wochen aus dem Nichts beschlossen, geplant und durchgezogen wird, das glauben Sie doch selbst nicht.

Dann geht alles viel leichter:

klabauter schrieb:
dass bei einer Verhandlung in 2 Berufsrichter - 2 Schöffen-Besetzung noch das Restrisko eines Patts bei renitenten Schöffen besteht, mal ganz außen vor gelassen
Das Risiko bestand ja nicht, s.o. Punkt V6.
klabauter schrieb:
- knapp 5 Monate lang muss Eberl auf einen Präsidiumsbeschluss hoffen, der seinen Plan überhaupt realisierbar erscheinen lässt und der auch nicht bis Jahresende nochmals geändert wird.
Er muss nicht hoffen, nur warten - die Umstellung war ja bereits beschlossen, es ging nur noch um die Details.
klabauter schrieb:
- und dann muss nach entsprechender Beschlussfassung ab 1.1.2006 auch noch das Abwarten des 4. Schlages im Turnus der allgemeinen Strafkammern klappen ,mit den von mir genannten 3 Faktoren, die man in 6 zerlegen bzw. ergänzen  kann

1. Kenntnis, wer gerade dran ist,ok: ist leicht durch einen Anruf zu erfragen

2. Kenntnis etwaiger potentiell  "störender" Anklagen aus nahezu sämtlichen Abteilungen einer 72köpfigen Staatsanwaltschaft - und nein: selbst der Behördenleiter müsste erst einmal eine Umfrage in sämtlichen Abteilungen abhalten, aus welcher denn in den nächsten Tagen eine allgemeine Kammeranklage kommt-

(dass selbst innerhalb von Staatsanwaltschaften die Koordination leidet, zeigt z.B. BGH 3 StR 109/12, da hat ein Staatsanwalt aus der Verkehrsabteilung mit einem Strafbefehlsantrag eine Verurteilung zu 2 1/2 Jahren platzen lassen...)

3. Sofortiges Reagieren Eberls beim Losschicken der Akte an die StA

4. Mitwirkung der Geschäftsstelle bei der Eilversendung

5. Mitwirkung des Staatsanwalts, der die eingehende Akte sofort weiterleitet

6. Keine Störung durch das  Transportpersonal (Liegenlassen durch Wachtmeister)

Eberl konnte die Risiken Nr. 4-6 nur dann ausschalten, wenn er nach seinem Anruf bei der Geschäftsstelle des Landgerichts sofort persönllich zum Staatsanwalt marschierte, sich dort die Weiterleitungsverfügung abholte und sich anbot, die Akte persönlich beim LG vorbeizubringen. Und sich dabei sämtliche Eingangsstempel abholte.

Wie wollen  Sie  Strates These der gezielten Manipulation hin zu Brixner den Rasiermessertest bestehen lassen? Bzw. wieviele Kanns und Müsstes sind für Sie akzeptabel?

Wie oben bereits ausgeführt: ein Risiko in der Verwirklichung spricht nicht gegen die Wahrscheinlichkeit eines absichtsvollen Handelns, wenn die alternative Erklärung "Schlamperei" für das Zustandekommen des Ergebnisses noch weniger wahrscheinlich ist.

Zur Erinnerung: bei Ockham geht es nicht wie von Ihnen angenommen um die vollständige Prüfung auf die einfach Verwirklichung einer einzelnen Erklärung, sondern um die Frage, welche der möglichen Erklärungen mit weniger und weniger unwahrscheinlichen Hypothesen auskommt. Schauen wir uns doch einmal die Alternative zum absichtsvollen Handeln an:

Eberl bedrängt Anfang Juli Leipziger, um das Gutachten in weniger als zwei Wochen zu bekommen, Ende Juli ist es da, Ende August ist der Antrag der Staatsanwaltschaft zur Abgabe ans LG bei Eberl und dann passiert erst einmal nichts? Im Oktober kommen weitere Anzeigen, wie für eine Gefährlichkeit sprechen und es passiert - rein aus Schlamperei - nichts? Ganz zufällig geht die Akte erst dann (am 29.12.) ans LG, wenn die Übernahme durch die bisher zuständige 1. Strafkammer ausgeschlossen ist? Der Eingang bei der Staatsanwaltschaft verzögert sich aus heiterem Himmel um über zwei Wochen ohne jeden nachvollziehbaren Grund zufällig auf genau den Tag, an dem das 3. Verfahren des Jahres in die Turnusliste eingetragen wird?

Und Sie wollen diese Version mit Ockhams Messer begründen? Dann können Sie auch behaupten es sei reines Glück dass Millionen von Autofahrern täglich an ihr gewünschtes Ziel kommen - die sind dann alle nur zufällig und ohne Absicht an den richtigen Stellen abgebogen ...

Oder haben Sie - zum gefühlt 23. Mal gefragt - eine plausiblere Erklärung als diesen Sechser im Aktenlaufslotto? Nur zu, wir warten gespannt ...

Die Macht der richtigen Information!

Die Spekulationen, ob und wie Richter Eberl denn Fall Richter Brixner "zugeschustert" hat bzw. die Mutmaßungen darüber, daß dies doch höchst riskant und deshalb äußerst unwahrscheilich sei amüsieren. Nicht nur mich, sondern sicherlich auch die vermutlich mitlesenden Protagonisten.

Für die "richtige" Zuweisung bedurfte es nämlich lediglich der 5-monatigen Wartefrist (wegen des GVP) und eines gut funktionierenden Informationsnetzwerks. Daß dieses Informationsnetzwerk, damals wie heute, gut funktioniert, kann man sehr anschaulich aus dem jeweilgen Verhalten der Beteiligten ersehen:

Obwohl Gustl Mollath damit drohte (und dies letztlich auch wahr machte) die Steuerhinterziehung anzuzeigen, fühlte sich das lt. Herrn R. "verunsicherte Geschäftsumfeld"  offenbar immer noch sicher genug, um keine Selbstanzeigen bei den Finanzbehörden vorzunehmen.  Ganz im Gegenteil, die Geschäfte wurden offensichtlich sogar noch munter weiterbetrieben. (Diese Erkenntnis ergibt sich schlicht daraus, daß nun, 2013, Selbstanzeigen vorgenommen wurden. Da die von Mollath angezeigten Fälle jedoch bereits verjährt wären, kann es sich nur um spätere Fälle handeln!)

Selbst als im Herbst 2011 die Nürnberger Nachrichten und Report Mainz den Fall aufgreifen und der Revisionsbericht der HVB an die Öffentlichkeit gelangt, sieht man beim "verunsicherten Geschäftsumfeld" weiterhin keine Notwendigkeit für Selbstanzeigen.

Erst als Ende 2012 die SZ das Thema erneut aufgreift und die Justizministerin aufgrund ständiger Berichterstattung in verschiedenen Medien allmählich unter Druck gerät, steigt auch die Nervosität bei den Beteiligten.

Obwohl die Öffentlichkeit erst im März 2013 davon erfuhr, daß die Steuerfahndung sich bereits Anfang 2013 nun doch die "alten" Unterlagen (Unterlagen, die lt. Brixner u.a. nicht zu gebrauchen waren) von Mollath angefordert hatte und dem entsprechende Ermittlungen einleiten werde, war das "verunsicherte Geschäftsumfeld" schneller und hat mit Selbstanzeigen den zu erwartenden Strafverfahren vorgebeugt.

Ganz offensichtlich war man, wie all die Jahre, als nichts passierte, entsprechend gut informiert. Und zwar darüber, daß nuntatsächlich Ermittlungen aufgenommen würden und andererseits, daß die Unterlagen von Gustl Mollath doch nicht so wertlos waren.

Tja, wir leben nun mal im Informationszeitalter!

Oder waren dies auch nur, in diesem Fall "glückselige Zufälle" (mit mind. 19 Personen in 10 Jahren), so wie mancher Skeptiker die Fehler im Fall Mollath als "unglückselige Zufälle" abtut ?

 

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Liegt ein Deal vor? Ein großer Deal vor?

 @Alle

Die Frage, ob a u c h  ein versuchter oder tatsächlicher Deal in der Ebene des Amts- und Landgerichts vorliegt, wurde m.E. noch nicht in Erwägung gezogen und nicht diskutiert.

Nachdem Herr Mollath die 1.000 Euro Geldstrafe nicht bezahlen wollte, er konsequent seine Unschuld beteuerte und weiterhin auf das Schwarzgeldsystem verwies, war für „Mächtige“ überdeutlich zu erkennen, dass Herr Mollath nicht bereit war, sich auf faule Kompromisse einzulassen und Gefahr drohte, dass Herr Mollath die „gesellschaftszerstörende Geldgier“ und die Steuerhinterziehung öffentlich bekannt macht.

In dieser Phase entstand die politische Brisanz der Causa Mollath. In diesem Zusammenhang wird erinnert, dass Herr Mollath mit engagierten Bürger jeden Montag vor der Lorenzkirche gegen den Irakkrieg demonstrierte und er sicherlich in Nürnberg entsprechenden Stellen der „öffentlichen Sicherheit“ bekannt war. Herr Beckstein war zu dieser Zeit innenminister von Bayern.

Um „Öffentlichkeit“ zu verhindern, wurde wie bekannt, von Richter Eberl nicht die Schuldfrage der Körperverletzung sondern p a r a d o x e r w e i s e die Psychiatrisierung von Herrn Mollath systematisch vorangetrieben und durch Manipulationen die Zuständigkeit des Hardliners, Richter Brixner erreicht.

Jetzt stellt sich die Frage, ob nicht Richter Brixner versucht hat mit dem Pflichtverteidiger, Herrn Dolmany zu einem und zu welchem „Deal“ zu kommen.

Gehörte zum Deal, dass der Pflichtverteidiger nichts Wesentliches zur Verteidigung beitrug? War dies auch ein Grund für die wiederholten Anträge  des RA das Mandat niederlegen zu dürfen? Verdächtig, dass der vorübergehende Berufsbetreuer, RA Gebessler

kurz vor dem vereinbarten Verlesen der Verteidigungsschrift von Herrn Mollath die Hauptverhandlung verließ! Für einen Deal spricht auch, dass der Verteidiger sich auf der Seite der Staatsanwaltschaft während der Hauptverhandlung positionierte.

Um den nicht bekannten „Deal“ auch gegenüber den Schöffen durchsetzen zu können, intervenierte bekanntlich wie auf Bestellung während der Pause der „befangene“ Forensik-Psychiater Dr. Worthmüller.

M.E. wurde das weitere Vorgehen bis zum heutigen Tage ebenfalls zielgerichtet ausgehandelt, gehändelt, also gedealt, wie die Verlegung in die Hochsicherheitsforensik nach Straubing, die Verlegung in das BKH Bayreuth in den M a c h t b e reich des Dr. Leipziger mit der fatalen, verantwortungslosen, nicht neutralen, befangenen Doppelfunktion Gutachter und gleichzeitig Chefarzt beweist. Dadurch war -systemimmanent- gewährleistet, dass der Chefarzt bei den jährlichen Überprüfungen nicht sein Falschgutachten aufhebt und es zu der verfassungswidrigen, völlig unverhältnismäßigen, langen Unterbringung gekommen ist.

Aus einem Gerichtsdeal wurde ein großer D e a l !

Das Wort „D e a l“ für alle, die das archaische Tabuwort Verschwörung  so stark provoziert  weitere Zusammenhänge, Hintergründe nicht reflektieren zu wollen!

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Ich gestehe, dass ich die Beiträge des ,klabauter`hier mittlerweile so lese, wie vermutlich die Gerichte die Schreiben von Herrn Mollath.

 

So schnell gehtś und man wird als "wirr" abgestempelt - in dem Fall hier allerdings folgenlos!

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Mein Name schrieb:

BR, "kontrovers" - Nachgehakt über die Wiederaufnahmeanträge - vom 5.4.13

Deutschlandradio Kultur: Ein bayrischer Krimi (Flash) Der Fall Gustl Mollath - von Michael Watzke (Text) - 5.4.13

Der Beitrag des Deutschlandradio hat mir gefallen, da er (gemessen an den üblichen Funk- und Fernsehbeiträgen) relativ in die Tiefe geht.

 

Nachfolgende altbekannte Aussage der JM Frau Merk sei in Erinnerung gerufen:

"Die Vorwürfe im Fall Mollath sind absurd. Fakt ist: Die höchstrichterlich bestätigte Unterbringung des Herrn Mollath erfolgte nicht, weil Herr Mollath eine Strafanzeige erstattet hat. Sie erfolgte, weil er schwere Straftaten begangen hat. Weil er krank und für die Allgemeinheit gefährlich war."

 

In recht bösartiger Weise suggeriert hier die Ministerin, dass mehrere, voneinander unabhängige Institutionen (verschiedene Gerichte, Psychiater) die Unterbringung des Herrn Mollath für notwendig erachteten.

Das Gegenteil ist jedoch der Fall, wie wir heute wissen. Hier befruchteten sich Justiz und Psychiatrie in unseliger Weise, einem Zirkelschluss durchaus nahekommend.

 

Richtig (aus damaliger Sicht der Justiz, nicht im Sinne objektiver Wahrheit) wäre gewesen:

Die Unterbringung des Herrn Mollath erfolgte, weil das Gericht Straftaten als erwiesen ansah. Er sei unzurechnungsfähig, weil er Strafanzeigen gegen eine angebliche Steuerhinterzieherbande stellte und einen Psychiater in Verbindung mit diesen Steuerhinterziehern brachte. Strafanzeigen und Ausweitung der Vorwürfe gegen beteiligte Pychiater führten dazu, dass Psychiater den Herrn Mollath als psychisch krank ansahen und aufgrund der festgestellten Straftaten auch als gemeingefährlich. Die Gemeingefährlichkeit ergibt sich aus der Wiederholungsgefahr, diese wiederum ergibt sich aus der gänzlich fehlenden Krankheitseinsicht und der fehlenden Bereitschaft, an der angebotenen Therapie mitzuwirken.

Weitere Auffälligkeiten des Herrn Mollath - im Sinne von Symptomen einer Krankheit - sind nicht bekannt.

 

"Weil er krank und für die Allgemeinheit gefährlich war" - diese Feststellung (von Diagnose möchte ich hier nicht sprechen) wurde von der Psychiatrie nicht etwa unabhängig getroffen, sondern basiert ausschließlich auf der Annahme der begangenen Straftaten und der Ausweitung des "Wahnsystems" auf beteiligte Psychiater. Ob die Straftaten tatsächlich begangen wurden, interessierten weder die Psychiater noch Richter Brixner. Eine eigenständige Diagnose einer Krankheit erfolgte nicht, konnte natürlich auch nicht erfolgen (da objektiv keine Krankheit erkennbar ist).

Der Bevölkerung wird aber suggeriert, dass hier eine Vielzahl von unabhängigen Experten zu diesem Vernichtungsurteil (quasi lebenslängliche Unterbringung in der Psychiatrie) kamen.

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Zur Verdeutlichung:

 

Legen Sie mal dieses Statement - aus dem Zusammenhang gerissen und mit übler Absicht - jemandem vor, der nicht weiß, worum es geht.

 

"Ihr Hinweis auf Ockham geht nach hinten los. Ockhams Razor zeigt hier, dass Strates These zu kompliziert und daher zu verwerfen wäre, weil  dieses angebliche Motiv bzw. der Erfolg dieses Plans  von zu vielen Unwägbarkeiten abhängt, auf die weder Eberl noch Brixner hinreichenden Einfluss haben. Sie müssten es an Ihren Formulierungen eigentlich selbst merken  (Absprache zwischen Eberl und StA "kann", "genau so könnte es abgelaufen sein" etc.)."

 

Wo man da wohl auf einer "Querulantenskala" von 1 - 10?

 

Von da ist es dann nur noch ein kleiner Schritt zur "Gefahr für die Allgemeinheit", wie die "Akte Mollath" zeigt.

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@klabauer

Eigentlich mache ich mich lächerlich, daß ich mich noch einmal an Sie wende, obwohl klar ist, daß Sie an einer offenen Diskussion nicht interessiert sind und bei allem schweigen, was außerhalb Ihrer Kernkompetenz, Kontra zu geben, liegt.

Sie haben ein mitreißendes Plädoyer für Eberl und Brixner gehalten. Man kann den beiden nur wünschen, daß Sie dereinst in dem Fall als Verteidiger auftreten. Doch vergessen Sie nicht, der Fall spielt in Bayern und dort halten engagierte Anwälte noch weit überzeugendere Plädoyers und die Angeklagten werden gleichwohl aufgrund von Indizien verurteilt. Das ist oft sehr kritikwürdig, aber wäre es nicht ungerecht, wenn just bei diesen beiden Angeklagten plötzlich neue Maßstäbe herrschten?

Bei genauerer Betrachtung gehen Ihre Argumente aber doch etwas an der Sache vorbei. Sie vernebeln den Sachverhalt mehr als sie ihn erhellen. In der Hypothese, die wir hier besprechen, hatte doch der Tatplan von Eberl und Brixner zwei Akte: Zunächst das Verfahren Mollath über Monate zurückhalten, damit es in den Geschäftsverteilungsplan von 2006 hineinfällt (hier verschleiern Sie übrigens bewußt, wenn Sie von "Hoffen" sprechen, obwohl Strate doch ausdrücklich schrieb, daß die prinzipielle Umstellung des Geschäftsverteilungsplan bereits am 9.12.2004 [!] vom Präsidium beschlossen worden war). Hier muß man nichts weiter hineingeheimnissen. Der Teil war von vornherein nicht schwierig und ist auch aufgegangen, ohne auf Komplikationen zu stoßen.

Der zweite Akt war die Feinsteuerung Anfang 2006, die Beobachtung und Ausnutzung des Zeitfensters. Mein Gott, klabauter, die beiden haben doch nicht das "perfekte Verbrechen" geplant. Der Plan (in der Hypothese, von der wir hier sprechen) ging doch nur dahin, die Wahrscheinlichkeit, daß Brixner den Fall bekam, deutlich zu erhöhen. Nämlich von 0% (unter der Geltung des Geschäftsverteilungsplans 2005) auf zumindest 25%. Und diese bereits brauchbare Wahrscheinlichkeit (die im ersten Akt schon erreicht war) ließ sich mit etwas Geschicklichkeit noch deutlich weiter steigern.

Ihre Einwände gehen alle dahin, daß der Plan nur sinnvoll gewesen wäre, wenn er von Anfang an 100% sicher war. Dafür, eine solche Denkweise Eberls und Brixners zu unterstellen, gibt es überhaupt keinen Grund. Nur daß der Tatplan tatsächlich aufgegangen ist, indiziert doch nicht, daß er - zurückbezogen auf Mitte 2005 - nur dann sinnvoll war. Die Gegenprobe zeigt vielmehr: Wenn Anfang 2006 entgegen dem eigentlichen Ziel doch eine andere Kammer zuständig geworden wäre, hätte sich für Eberl und Brixner kein Nachteil ergeben. Es wäre nichts aufgeflogen, es hätte sich keine unangenehme Situation eingestellt. Sie hatten also nichts zu verlieren. Dann mußten sie aber auch nicht alles auf einen 100% funktionierenden Plan setzen.

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@O. García

Ist es eigentlich sehr abwegig zu vermuten, daß der "harte Hund" Brixner den Fall für sich "reserviert" haben könntet: "Das ist ein Querulant, den Fall übernehm ich, laßt die Akte mal so lange liegen"?

Seine beisitzende Richterin war doch auch nicht zugeteilt, da war man doch auch kreativ. Und Rechtsbeugung ist für ihn doch auch nichts Fremdes.

 

 

 

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Bille schrieb:

@O. García

Ist es eigentlich sehr abwegig zu vermuten, daß der "harte Hund" Brixner den Fall für sich "reserviert" haben könntet: "Das ist ein Querulant, den Fall übernehm ich, laßt die Akte mal so lange liegen"?

Seine beisitzende Richterin war doch auch nicht zugeteilt, da war man doch auch kreativ. Und Rechtsbeugung ist für ihn doch auch nichts Fremdes.

Die Vorstellung, daß die angemessene juristische Lösung des "Falles Mollath" bei ihm in besten Hände wäre, kann durchaus das Motiv Brixners gewesen sein, wenn er tatsächlich absichtlich manipuliert haben sollte (http://blog.beck.de/2013/03/26/fall-mollath-die-wiederaufnahmeantr-ge-un... ). Seine Selbstherrlichkeit ist ja in vielen anderen Punkten in den Akten ausreichend dokumentiert. Insofern ist der Bereich der Spekulation längst verlassen.

Wenn er die Vorstellung hatte, dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen, indem er sich selbst zum Richter einsetzte, entlastet ihn das nicht im Rahmen des Rechtsbeugungstatbestands. Das kann man m.E. bereits der kürzlichen BGH-Entscheidung http://dejure.org/2012,11818 (Eschweger Proberichter) entnehmen.

Was Strate genau damit meint, daß Brixner sich selbst seine beisitzende Richterin ausgesucht habe, verstehe ich nicht.

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Sehr geehrter Herr Professor Müller!

@Prof. Müller@Oliver Garcia@Deeg@Alle

Meine Beiträge blog Nr. 6 #25,33,36,44

Zum Thema PSYCHIATRISIERUNG V O R  Feststellung der TÄTERSCHAFT  stellt mich Ihre Antwort (7#4 vom 2.4.2013), nicht zufrieden:

Am 23.9.2003 wurde die Anklage gegen Herrn Mollath erhoben und am 25.9.2003 fand bereits die e r s t e  Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht statt.

S o f o r t wurde  die Psychiatrisierung von Herrn Mollath in Gang gesetzt: Aufgrund des am gleichen Tage eingegangen Attestes vom BKH Erlangen wurde das normale Verfahren ausgesetzt und ein Gutachterauftrag an den  Gerichtspsychiater, Herrn Dr. Lippert erteilt. Und dies z w e i  Jahre  n a c h  der Körperverletzung und w e i t  v o r  der Reifenzer-stecherei (Dez.2004-1.2.2005).

Es lag eindeutig ein Ehekonflikt vor mit einer einseitig von der Ehefrau behaupteten Körperverletzung.

Und dann soll gerechtfertigt und rechtsstaatlich, adäquat sein umgehend die Psychiatrisierung einzuleiten und anschließend in dem z w e i e i n h a l b

Jahre andauernden Amtsgerichts-Verfahren die Schuldfrage nicht rechtsstaatlich  zu klären? Dann könnten, müßten an sich alle schlagenden Ehemänner und –frauen sofort psychiatrisch untersucht werden!

Herr Prof. Müller Sie führen aus: „ Um das Verfahren zu beschleunigen, will man die Zeit vor einer Hauptverhandlung d o p p e l t  zur Klärung der Tatfrage und zur Klärung der Schuldfrage n u t z e n"  Und das zu Lasten eines bislang unbescholtenen Bürgers?

Sie stimmen zu, dass es der Logik entsprechen würde, z u e r s t  die tatsächliche Täterschaft zu klären und danach, wenn notwendig die Schuldfähigkeit  durch ein Gutachten zu beurteilen. Dies jedoch das „Gesetz“ nicht vorsieht. Und führen aus, dass die Gerichtsentscheidung anders ausgefallen wäre, wenn der Staatsanwalt, Richter und der Verteidiger qualifizierter gearbeitet hätte. Wenn gleichzeitig zwei voneinander abhängige

Tatbestände   g l e i c h z e i t i g  und nicht lebensnah, hintereinander vor Gericht angegangen werden, ist dies erstens absurd, unvernünftig, ungerecht, gegenüber den zunächst Unschuldigen ein anmaßender schwerwiegender Persönlichkeits- Eingriff und auch nicht für die Justiz ökonomisch, wie die Prozeßflut im Fall Mollath beweist.

Fragen:

1. Auf welchem Gesetz beruht die Verfahrensweise nicht die Täterschaft vor Einleitung eines Gutachtens zu klären?

2. Liegt diese Verfahrensweise im Ermessen des Richters? Hätte Richter Huber auch pflichtgemäß gehandelt, zuerst fallgerecht die Täterschaft verbindlich festzustellen und einen Gerichtsbeschluss über dieses Ergebnis erlassen können?

3. Lag es in seinem Ermessen, kein Gutachten einzuleiten? Er hätte sich sicherheitshalber z.B. die Glaubwürdigkeit der Ehefrau, des Attestes Reichel prüfen und das unzulässige Attest des öffentl.rechtlichen BKH hinterfragen können.

4. Widerspricht die Praxis Gutachten einzuleiten v o r dem Beweis der Täterschaft nicht dem Rechtsgrundsatz der Unschuldvermutung bzw. dem Artikel 1 „Würde des Menschen“ (auch im Hinblick darauf, was sich durch den Gutachtenauftrag Herabwürdigendes danach ergeben hat: zwei Zwangsbeobachtungen, Hochsicherheitsforensik v o r  der Hauptverhandlung beim LG)

5. Ist diese Praxis in diesen „harmlosen“ Fällen, wie Körperverletzung im Gegensatz zu Fällen wie Breivik überhaupt  verhältnismäßig und verfassungsgemäß?

6. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen dieser mehr als fragwürdigen  Praxis und dem Anstieg von Unterbringungen in der Forensik?

Die fragwürdigen Umstände der sofort eingeleiteten Psychiatrisierung bereits bei der ersten Hauptverhandlung Sept. 2003 und die Tatsache das in dem 2  ½ jährigen Amtsgerichtsverfahren n i c h t  die Täterschaft ermittelt,bewiesen und verhandelt wurde, wie auch in der Hauptverhandlung  d r e i  Jahre später vor dem LG beweist nach meinem Dafürhalten, dass  von Anfang an das Ziel  darin bestand ,Herrn Mollath in die Forensik wegzuräumen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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@O. Garcia.

Ich verteidige hier nichts und niemanden.  Man wird ja sehen, ob Strate mit seiner Beschwerde und einem etwaigen Klageerzwingungsantrag durchkommt. 

Andererseits ist  recht auffällig, dass sich hier im blog offenbar  immer nur diejenigen rechtfertigen müssen, die nicht permanent mit Schlagworten wie  Schlechtachten, Rechtsbeugung und ähnlichem aufwarten und auf 200%iger Strate-Linie liegen, jedenfalls nicht in den Punkten, in denen Strate seine Schriftsätze mit bloßen Spekulationen anfüllt. Dass er mit seinen vehement vorgetragenen Thesen gelegentlich auf die Nase fällt und seinen Mandanten vielleicht weniger nützt, als es der Leserschaft seiner Schriftsätze erscheinen mag,zeigt sein auf der Homepage dokumentierter Schriftsatz aus dem Falk-Prozess. Aber sein Scheitern  lag sicher wieder nur am 1. Strafsenat, irgendeinen Schuldigen findet man schließlich immer.

Ich dachte eigentlich, dass der  beck-blog erklärtermaßen der eher am Rechtlichen orientierten Auseinandersetzung frönt, anders als z.B. der blog einer nach der Wende auf einen  R2-Posten in den neuen Ländern hochbeförderten West-Beamtin und man sich hier nicht in die Untiefen der persönlichen Angriffe begibt, aber offenbar geht es nicht ohne. Das wundert mich umso mehr, als Sie selbst schon für ihre Teilkritikrücknahme gegenüber Lakotta und Ihre etwas abschätzige Bemerkung über einen der Unterstützer Mollaths vehemente Kritik erfahren haben.

Zurück zum Thema:

Strate formuliert ausdrücklich die These, dass Eberl den Fall nur und ausschließlich Brixner zuschanzen wollte. Und dafür genügen Ihre 25 % Anfangswahrscheinlichkeit aufgrund eines Präsidiumsbeschlusses aus 2004 (jede Geschäftsverteilung jedes Gerichts wird in jedem Jahr für das Folgejahr neu entschieden, von daher ist der Ausgangsbeschluss aus 2004 nur eine dünne Basis und jederzeit in 2005 änderbar!) eben hinten und vorne nicht.

Dass Sie und Prof. Müller es etwas anders als Strate sehen (?),  bzw. seine These abschwächen, nämlich dass Eberl möglicherweise nur den Fall von der in 2005 zuständigen Kammer weg bekommen wollte, mag sein. Ich wende mich ALLEINE gegen die absolut formulierte  These Strates, die da lautet: Die 7. Kammer sollte und musste es aus Sicht Eberls unbedingt werden und er habe alles dafür getan, dass es sich so ergibt.

 

 

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klabauter schrieb:

Ich wende mich ALLEINE gegen die absolut formulierte  These Strates, die da lautet: Die 7. Kammer sollte und musste es aus Sicht Eberls unbedingt werden und er habe alles dafür getan, dass es sich so ergibt.

 

 

 

Ich finde Ihre Beiträger schon richtig und wichtig, damit ich mich nicht zu sehr auf dem Holzweg meiner Spekulationen verirre. Ich kann auch der These Strates nicht folgen, Eber wollte unbedingt die Zuständigkeit der 7. Kammer herbeiführen. Meiner Meinung nach wollte die 7. Kammer unter Brixners Vorsitz unbedingt den Fall Mollath haben. So wird für mich ein Schuh draus. Eberl fügte sich der Anleitung des erfahrenen "alten Hasens"mit damals noch guten Ruf in der Nürnberger Justiz. Vielleicht versprach er sich Karrierförderndes. Ob der Ruf Brixners in der Nürnberger Justiz immer noch ein guter ist,oder ob dort bei der Erwähnung des Altrichters die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen werden, entzieht sich meiner Kenntnis. 

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klabauter schrieb:

@O. Garcia.

Ich verteidige hier nichts und niemanden.  Man wird ja sehen, ob Strate mit seiner Beschwerde und einem etwaigen Klageerzwingungsantrag durchkommt. 

Andererseits ist  recht auffällig, dass sich hier im blog offenbar  immer nur diejenigen rechtfertigen müssen, die nicht permanent mit Schlagworten wie  Schlechtachten, Rechtsbeugung und ähnlichem aufwarten und auf 200%iger Strate-Linie liegen, jedenfalls nicht in den Punkten, in denen Strate seine Schriftsätze mit bloßen Spekulationen anfüllt. Dass er mit seinen vehement vorgetragenen Thesen gelegentlich auf die Nase fällt und seinen Mandanten vielleicht weniger nützt, als es der Leserschaft seiner Schriftsätze erscheinen mag,zeigt sein auf der Homepage dokumentierter Schriftsatz aus dem Falk-Prozess. Aber sein Scheitern  lag sicher wieder nur am 1. Strafsenat, irgendeinen Schuldigen findet man schließlich immer.

Ich dachte eigentlich, dass der  beck-blog erklärtermaßen der eher am Rechtlichen orientierten Auseinandersetzung frönt, anders als z.B. der blog einer nach der Wende auf einen  R2-Posten in den neuen Ländern hochbeförderten West-Beamtin und man sich hier nicht in die Untiefen der persönlichen Angriffe begibt, aber offenbar geht es nicht ohne. Das wundert mich umso mehr, als Sie selbst schon für ihre Teilkritikrücknahme gegenüber Lakotta und Ihre etwas abschätzige Bemerkung über einen der Unterstützer Mollaths vehemente Kritik erfahren haben.

Zunächst: Ich freue mich, daß Sie so ausführlich Stellung nehmen, obwohl Sie mir, wie ich merke, meine einleitende Kritik übelnehmen. Ich möchte die Kritik deshalb erläutern und damit versachlichen: Ich schätze Ihre Beiträge (und dies ist keine rhetorische Floskel). Ihre Spezialität ist es, die "Wohlfühlstimmung" der herrschenden Diskussionsmeinung kaputtzumachen, indem Sie die Schwachpunkte in ihr aufdecken. Das ist gut, denn es zwingt dazu, diese Meinung zu hinterfragen und nicht wegen ihrer Mehrheitsfähigkeit gelten zu lassen. Und die Schwachpunkte können ausgetauscht werden durch starke Punkte, wenn es sie gibt. Deshalb ist es positiv gemeint, wenn ich sage, Sie geben Kontra. Bedauerlich finde ich aber, daß sie daran, die Diskussion tatsächlich voranzubringen, offenbar nicht interessiert sind. Daß Sie neben dem notwendigen Finger-in-die-Wunde-Legen irgendwelchen Punkten zustimmen würden, kommt nicht vor - weder im Fall Mollath noch irgendwo sonst. Deshalb ist es frustrierend, mit Ihnen zu diskutieren. Wie ein Schiffskobold (oh!) tauchen Sie auf, freuen sich an der gestifteten Ungemütlichkeit und schon sind Sie wieder weg.

Was "Schlagworte wie Schlechtachten, Rechtsbeugung und ähnlichem" betrifft: Ich gebe zu, daß diese in jeder anderen Diskussion wie unqualifizierte Erregungsvokabeln klingen würden. Aber im Fall Mollath geht es doch (unter anderem) genau darum. Natürlich steht Rechtsbeugung - so selten sie sonst vorkommt - im Raum, gleich mehrfach. Das sieht auch die Staatsanwaltschaft so. Wie soll man über eine Strafanzeige wegen Rechtsbeugung und den Wiederaufnahmegrund der Rechtsbeugung ohne das "Schlagworte Rechtsbeugung" diskutieren?

Was Sie gegen Frau Wolff haben, verstehe ich nicht. Auch in ihrem Blog wird außerdem zivilisiert diskutiert.

Daß ich von denen, mit denen ich im Ergebnis einer Meinung bin, kritisiert werde, wenn ich nicht die "reine Lehre" vertrete, macht mir nichts aus. Ich habe es ja auch selbst angekündigt, daß ich mich "unbeliebt" mache. Versuchen Sie es auch mal damit, den "Pfad des Vorhersehbaren" zu verlassen, indem Sie sich differenzierter äußern als nur am Ergebnis orientiert.

klabauter schrieb:

Zurück zum Thema:

Strate formuliert ausdrücklich die These, dass Eberl den Fall nur und ausschließlich Brixner zuschanzen wollte. Und dafür genügen Ihre 25 % Anfangswahrscheinlichkeit aufgrund eines Präsidiumsbeschlusses aus 2004 (jede Geschäftsverteilung jedes Gerichts wird in jedem Jahr für das Folgejahr neu entschieden, von daher ist der Ausgangsbeschluss aus 2004 nur eine dünne Basis und jederzeit in 2005 änderbar!) eben hinten und vorne nicht.

Dass Sie und Prof. Müller es etwas anders als Strate sehen (?),  bzw. seine These abschwächen, nämlich dass Eberl möglicherweise nur den Fall von der in 2005 zuständigen Kammer weg bekommen wollte, mag sein. Ich wende mich ALLEINE gegen die absolut formulierte  These Strates, die da lautet: Die 7. Kammer sollte und musste es aus Sicht Eberls unbedingt werden und er habe alles dafür getan, dass es sich so ergibt.

Daß zwischen meiner "Version" und der von Strate der Unterschied wirklich so groß ist, glaube ich nicht. RA Gerold hat eigentlich schon das wesentliche gesagt: Ein Anwalt tut meistens gut daran, eine Maximalposition zu vertreten (sei es in einem WA-Verfahren, bei einer Strafanzeige oder auch nur in einem Zivilverfahren). Die "kleinere Variante" steckt ja in der Maximalposition mit drin.

Eines kommt noch hinzu: Die Vorgänge, von denen wir hier reden (Zuständigkeitsmanipulation), sind für sich gesehen strafrechtlich verjährt. Strate führt sie an als Indizien für eine sachwidrige Motivation (vgl. das abschließende BGH-Zitat in http://blog.delegibus.com/3216) Eberls, die entscheidende Bedeutung hat für die noch verfolgbare qualifizierte Freiheitsberaubung im Jahr 2005. Hierfür ist es wichtig, daß Strate die Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen veranlaßt, die er als Anwalt nicht vornehmen kann. Deshalb bleibt ihm nichts anderes übrig, als Hypothesen aufzustellen, Ermittlungsansätze zu nennen (Seiten 42-43) und den Rest der Staatsanwaltschaft überlassen.

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Wundere mich, dass Herr Mollath nicht freigelassen wird, bez. dass man die Haftbedingungen nicht aufgelockert.

Welche Erklärungen kann es für dieses Verhalten geben?

1. Herr Mollath wird als eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit angesehen?

Ungeachtet ob er die Taten begangen hat oder nicht, Ehestreit/platte Reifen, bereitet es mir Schwierigkeiten an die Gefährlichkeit zu glauben. Frau Merk hat diese Behauptungen in neuerer Zeit auch nicht wiederholt.

2. Die Schwarzgeldgeschichte könnte für manche Leute immer noch unangenehm werden?

Vielleicht, vielleicht auch nicht. Denke, dass zu viele Jahre vergangen sind. Dass zwischenzeitlich größere Geschichten public sind - Steuerhinterziehung ist quasi ein Alltagsproblem geworden.

3. Eine unbekannte Anzahl von fragwürdigen Psychiatrisierungen sind vorhanden. Mit der Freilasung von Herrn Mollath droht ein Zusammenbruch des Systems?

Für diese These spricht einiges. Die übermäßig große Anzahl von Zwangseinweisungen in Bayern. Ausbau von Psychiatrischen Krankenhäusern.

Es wäre nicht nur ein Skandal für die Justiz, wenn z.B. die Hälfte der Einweisungen rechtlich gesehen fragwürdig wären, man muss sich auch die Unsummen bezügl. Geld vorstellen, das hier auf dem Spiel steht.

Und dann gibt es noch Leute wie M.Deeg und ich, die zwar keinen Platz in Anspruch nehmen, für das Leben aber geschädigt sind.

Der Brief, den M.Deeg vom Richter erhalten hat, zeigt, mit wie vielen Vorurteilen solche Diagnosen behaftet sind. Egal mit welchen Mitteln, sie Zustande gekommen sind.

In meinem Fall:

Wunsch nach Scheidung

Betreuungsantrag 

Beschluss vom AG (ohne vorherige Anhörung)

Ferndiagnose

Beleg für Selbstgefährdung: Es gab schon Selbstmord in der Familie.

Frage mich, ob alle Verwandten von Sachs auch diagnostiziert worden sind.

Alles, was die Anwälte danach zu sagen hatten, war: Gegengutachten

Dass diese "Hausdurchsuchung des Kopfes", wie Max Mustermann das so schön ausdrückte, einen Übergriff auf meine Grundrechte darstellt, schien nicht präsent zu sein.

Das Wort "unabhängige Justiz" klingt zwar schön, aber die Unabhängigkeit und Freiheit hört bei den Gesetzen auf. Das gilt für die Bürger, aber auch für die Justiz.

Obwohl die Meisten es besser wissen, möchte man im Falle Mollath an einen Einzelfall festhalten. Das Ganze soll als einen privaten Streit unter Eheleute dargestellt werden. In Englisch: B.S.

Denke, dass die Freilassung von Herrn Mollath mit einem Untersuchungsausschuss verbunden werden muss. Das ein für alle mal aufgeräumt wird. Zukünftig mehr Transparenz. Nur auf diese Weise kann das Vertrauen an die Justiz wiederhergestellt werden. Und wer weiß, vielleicht hat man eine größere Katastrophe dadurch verhindert.

Dr. Sponsel schreibt, der Rechtsstaat brennt lichterloh. Stimme zu, aber noch ist er nicht abgebrannt. Hoffe ich.

Gruss

Tine Peuler

 

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@ Klabauter

 

In einem Wiederaufnahmeantrag (wie auch in Beweisanträgen, Revisionen, etc.) MUSS eine Tatsache unbedingt behauptet werden als sei sie wahr, auch wenn es sich nur um eine von mehreren Deutungen oder Vermutungen handelt. Mit Formulierungen wie "anscheinend", "offenbar", "hat den Eindruck", "möglicherweise" riskieren Sie, daß Ihr Antrag gleich als unzulässig zurückgewiesen wird.

 

Es ist daher keine unverschämte Unterstellung, wenn in bestimmten Verteidigeranträgen so formuliert wird, sondern Zulässigkeitsvoraussetzungn für den Erfolg des Antrags.

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@ klabauter

 

Sie schreiben:

Ich dachte eigentlich, dass der  beck-blog erklärtermaßen der eher am Rechtlichen orientierten Auseinandersetzung frönt, anders als z.B. der blog einer nach der Wende auf einen  R2-Posten in den neuen Ländern hochbeförderten West-Beamtin

 

und widersprechen sich damit sofort selbst

 

und man sich hier nicht in die Untiefen der persönlichen Angriffe begibt, aber offenbar geht es nicht ohne.

 

Frau Wolff schreibt unter ihrem Namen und alle wissen, mit wem wir es zu tun haben. Von Ihnen wissen wir das leider nicht. Vielleicht wollen Sie das einmal mitteilen, damit wir Ihre Argumentation besser nachvollziehen können?

 

 

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Danke für die nochmalige Benennung der Aussage Merk:

Die Unterbringung des Herrn Mollath "....erfolgte, weil er schwere Straftaten begangen hat. Weil er krank und für die Allgemeinheit gefährlich war." 

 

Wenn Frau Merk dem Rechtsstaat und der Jusitz einen wirklichen Dienst erweisen will, sollte Sie am Sonntag im BR am Stammtisch die Gelegenheit nutzen und endlich öffentlich das einräumen, was ohnehin offensichtlich ist und detailliert geklärt wird: dass hier unhaltbare und strukturelle Mängel vorliegen, sowohl was die Gutachtenqualität als auch was das Selbstverständnis zahlreicher Richter und Staatsanwälte in Bayern angeht. 

All das ist längst objektiv belegt! 

 

Stattdessen befürchte ich jedoch, Frau Merk ist vor allem mit der Rage beschäftigt ob sie ein "Dirndl" anzieht, um volkstümlich-bürgernah rüberzukommen oder doch dieses "schicke" sandfarbene Kostüm, um auch beim rustikalen Stammtisch "staatstragende Seriosität" zu vermitteln, die diesen "haltlosen" Generalverdacht gegen die unabhängige Justiz mal wieder kritisiert, während die Opfer weiter der Grund- und Freiheitsrechte beraubt werden. 

 

"...und nun zur Frage, was hat Sie besonders 'geärgert' vergangen Woche, Frau Ministerin?" 

 

Mich "ärgert" weiter, dass Täter in der bayerischen Jusitz gedeckt werden, die existentielle Schädigungen verschuldet haben und weiter verschulden, aber ich bin ja leider nicht eingeladen.....

 

(Der Link zur Sendung befindet sich auf Seite 7 des Blogs hier) 

 

 

 

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