Fall Mollath - die Wiederaufnahmeanträge unter der Lupe

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 26.03.2013

Nachdem in der letzten Woche auch der Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft und eine Stellungnahme zum Antrag des Verteidigers Gerhard Strate zum Fall Gustl Mollath ans Licht der Öffentlichkeit gekommen sind, möchte ich hier eine Einschätzung zu diesen Dokumenten abgeben. Natürlich kann ein Blogbeitrag nicht die Anforderungen erfüllen, die man sonst an eine wissenschaftliche Anmerkung anlegt. In diesem Fall, der seit Monaten in der Öffentlichkeit und auch im Landtag diskutiert wird, halte ich es aber für legitim, eine solche Kommentierung zu versuchen, insbesondere weil durch die vorherige Verfahrensweise von Justiz und Politik nicht immer eine offene Debatte gewährleistet war.

Es ist schwierig, sich in den beiden jeweils weit über 100 Seiten langen Schriftsätzen mit komplexen Begründungen und eingeschobenen Zitaten zu orientieren. Die jeweilige Gliederung ist unübersichtlich. Im Folgenden werde ich mich deshalb an meiner eigenen durchnummerierten Aufstellung orientieren (V1-V12=WA-Antrag RA Strate, zit. nach Seitenzahlen des Antrags, S1-S4=WA-Antrag der Staatsanwaltschaft, zit. nach Blattzählung der Akte).

Überblick Strate-Antrag
Herr Strate führt insgesamt zwölf Sachverhalte an, davon sieben (V1 – V6 und V11), die eine Rechtsbeugung des VorsRiLG Brixner begründen sollen und damit den absoluten Wiederaufnahmegrund nach § 359 Nr. 3 StPO, drei „neue Tatsachen“ i.S. d. § 359 Nr.5 StPO (V7, V8, V9), ein WA-Grund nach § 79 BVerfGG (V10), sowie eine Bemerkung zu den Gutachten im Vollstreckungsverfahren (V12).

Im Einzelnen:

V1. Die Nichteinräumung einer Erklärungsfrist nach § 225 a II 1 StPO (S. 6 ff., S. 34-36),

V2. Das Versäumnis, Herrn Mollath nach Festnahme unverzüglich einem Richter vorzuführen (S. 6 ff., 37-43)

V3. Nichtbearbeitung von Beschwerden in der Vollstreckung der vorl. Unterbringung (S. 6 ff., 44 – 48)

V4. Nichtbearbeitung der Beschwerde gegen den Unterbringungsbefehl (S. 6 ff., 49 – 51)

V5. Verweigerung des Widerrufs der Verteidigerbestellung ( S. 52 – 90)

V6. Manipulation der Gerichtsbesetzung (S. 91 – 94)

V7. Hauptverfahren ohne Eröffnungsbeschluss durchgeführt, als neue Tatsache nach § 359 Nr.5 StPO (S. 95 – 105)

V8. Der Sonderrevisionsbericht der Hypo-Vereinsbank vom 17.03.2003, als neue Tatsache nach § 359 Nr.5 StPO (S. 106 – 113)

V9. Der Sachverhalt um Dr. Wörthmüller und seinen Nachbarn, als neue Tatsache nach § 359 Nr.5 StPO (S. 114 – 128)

V10. Beweisverwertung nach verfassungswidriger Anordnung der Unterbringung zur Beobachtung im Ermittlungsverfahren vom 16.09.2004 als WA-Grund nach § 79 I BVerfGG (S. 129 – 133)

V11. Sachverhaltsverfälschungen in den Urteilsgründen als Wiederaufnahmegrund nach § 359 Nr. 3 StPO (S. 134 – 135)

V12. Mängel in den Gutachten von Prof. Kröber und Prof. Pfäfflin (S. 136 – 139).

Überblick Antrag der StA

Die StA führt vier Sachverhalte an, die aus ihrer Sicht die Wiederaufnahme begründen:

S1. Die Unechtheit des ärztlichen Attests als Grund nach § 359 Nr.1 StPO (Bl. 202 – 207).

S2. Die Tatsache des Zustandekommens des Attests als Grund nach § 359 Nr. 5 StPO (Bl. 208)

S3. Tatsachen, die die Glaubwürdigkeit der Zeugin Petra M. in Zweifel ziehen, als Grund nach § 359 Nr. 5 StPO (Bl. 209 – 243)

S4. Die unter falschen Annahmen im Urteil behauptete Wahnausweitung als Grund nach § 359 Nr. 5 StPO (Bl. 243 – 254)

Zu den von Strate angeführten Gründen nimmt die Staatsanwaltschaft in einem weiteren Schriftsatz Stellung, der dem Wiederaufnahmegesuch beigefügt ist.

Kommentar zu den Wiederaufnahmeanträgen

Nur ein Teil der Fehler in diesem Verfahren kommen als Wiederaufnahmegründe in Betracht. Deshalb finden sich auch nur wenige Ausführungen zum psychiatrischen Gutachten des Dr. Leipziger, in denen m. E. Fehler schlummern, die aber unmittelbar in der Wiederaufnahme keine Rolle spielen. Wenn also sowohl im Antrag Strates als auch in demjenigen der StA bestimmte Fehler unerwähnt bleiben, die bei Kenntnis der Akten auf der Hand liegen, dann heißt das nicht, dass sie nicht existieren – sie sind eben nur nicht rechtlich bedeutsam für die Wiederaufnahme. Das gilt auch für einen Teil der Gründe, die Herr Strate angeführt hat: Ihm ist ausdrücklich bewusst, dass etwa seine Bemerkungen zu den Gutachten Kröber und Pfäfflin (V12) zur Wiederaufnahme formal nichts beitragen, sondern eher colorandi causa Bedeutung haben (S. 134). Zudem muss ein Verteidiger auch solche Sachverhalte vortragen, die die Rechtsfolge zwar nicht mit Sicherheit begründen, aber die eine Chance haben, in der gerichtlichen Entscheidung zugunsten seines Mandanten berücksichtigt zu werden. Insofern ist auch klar, dass nicht alle von Strate vorgetragenen Sachverhalte und Würdigungen juristisch gleichermaßen überzeugen für eine Wiederaufnahme. Dies ist aber keine Kritik am Verteidigungsvorbringen, im Gegenteil.

Für den Antrag der Staatsanwaltschaft gelten etwas andere Maßstäbe. Die Regensburger Staatsanwälte hatten hier die durchaus heikle Aufgabe, Gründe für eine Wiederaufnahme zu finden und dazu auch Ermittlungen anzustellen, die zugleich möglicherweise gravierendes und rechtswidriges Fehlverhalten der Justizbehörden (Strafkammer des LG Nürnberg und verfahrensbeteiligte Staatsanwaltschaft) im Fall Mollath aufdecken. Insofern hat es die Regensburger Staatsanwälte in gewisser Weise „entlastet“, dass Herr Strate einige ganz wesentliche Verfahrensfehler bereits in seinem Antrag als Wiederaufnahmegründe nach § 359 Nr.3 StPO herausgestellt hat. Die von Strate selbst berichtete Arbeitsteilung (S. 5) hat die Staatsanwaltschaft insofern teilweise davon befreit, als „Nestbeschmutzer“ auftreten zu müssen. Denn natürlich haben die Staatsanwälte erkannt, was sie da vor sich haben: Eine geradezu skandalöse Verfahrensweise, an der nicht nur der VorsRiLG Brixner sondern auch Staatsanwälte beteiligt sind, die ihre gesetzliche Aufgabe nicht erfüllt haben, für ein ordnungsgemäßes Verfahren zu sorgen. Denn nicht nur die Strafkammer, auch die beteiligten Nürnberger Staatsanwälte waren offensichtlich der Ansicht, bei einem „Irren“ brauche man es mit den Verfahrensrechten nicht so genau zu nehmen, selbst wenn es um eine zeitlich unbefristete Einsperrung in der Psychiatrie und damit der zweitschärfsten Sanktion der Justiz geht. Dahinter steckt eine erschreckende Mentalität, deren Grundlage hoffentlich angesichts dieses Falls schon erschüttert worden ist. Vor diesem Hintergrund sind die Regensburger Staatsanwälte dafür zu loben, dass sie in ihrer Chronologie des Verfahrensablaufs bis zum Urteil (Bl. 164 – 170) und in ihrer Stellungnahme (Bl. 256 ff.) die Fehler, die Strate z.T. als Rechtsbeugung rügt, durchweg in der Sache bestätigen, wenn sie auch nicht in jedem Fall dieselbe Rechtsfolge daraus schließen. Wenn – wie Strate ausgeführt hat – und wie es jetzt auch durch die beiden Anträge bestätigt wird, die Anträge sich im wesentlichen gegenseitig ergänzen also nicht überschneiden sollten, dann kann man auch nicht kritisieren, die Staatsanwaltschaft habe sich auf die Gründe nach § 359 Nr. 5 StPO konzentriert.

Auch das, was in Kommentaren hier und im Blog von Frau Wolff zu lesen ist, dass der StA-Antrag alle Schuld auf Frau M. ablade und die Justiz bewusst verschone (als Plan B bezeichnet), ist m. E. nicht berechtigt. Im Rahmen eines staatsanwaltlichen Wiederaufnahmeantrags war eine Generalkritik der bayerischen Justiz samt Fehlereingeständnissen und eine Entschuldigung bei Herrn Mollath nicht zu erwarten – all dies ist der Zeit nach einer gerichtlichen Entscheidung vorbehalten, und auch darauf kann man derzeit nur hoffen.

Im Ergebnis stimmen die StA Regensburg und RA Strate insoweit überein: Das rechtskräftige Urteil gegen Mollath, also die Entscheidung, ihn nach § 63 StGB unterzubringen, ist aufzuheben.

Enttäuschend für viele Beobachter des Verfahrens ist, dass die Staatsanwaltschaft nicht beantragt, die Vollstreckung zu unterbrechen und Herrn Mollath sofort freizulassen (Bl. 255). Das wäre zwar insofern konsequent, wenn die Staatsanwaltschaft trotz der auch von ihr gesehenen Wiederaufnahmegründe dem Ergebnis einer neuen Hauptverhandlung nicht vorgreifen wollte. So erscheint es aber, als hielte sie es für möglich, dass eine neue Hauptverhandlung erneut eine Unterbringung des Herrn Mollath zum Ergebnis hätte. Dies ist aber nach derzeitigem Stand kaum zu erwarten. Denn die Beweismittel für zwei der Anlasstaten (Körperverletzung, Freiheitsberaubung) sind durch die Staatsanwaltschaft selbst derart in Zweifel gezogen, dass man eine erneute zweifelsfreie Feststellung derselben kaum annehmen kann, denn weitere Beweismittel sind nicht ersichtlich und ohne diese Straftaten lässt sich auch keine Unterbringung begründen. Mit der Beweiswürdigung hinsichtlich der dritten Anlasstat setzt sich keiner der beiden Anträge auseinander. Denn auch diese bietet Anlass für erhebliche Skepsis, ob die Sachbeschädigungen (Reifenstechereien) Herrn Mollath nachgewiesen werden können. Der Videofilm, der immerhin Anlass für eine Durchsuchung und zwei indizielle Feststellungen im Urteil war, wurde in der Hauptverhandlung gar nicht als Beweismittel eingeführt und wurde zudem an einem Datum aufgenommen, zu dem gar keine der angeklagten Taten begangen wurde. Diese „Sachverhaltsverfälschung“ erscheint mir sogar gravierender als diejenigen, die Strate (V11) anführt.

Zu der Stellungnahme der StA zum Strate-Antrag

Die StA nimmt hier zu jedem einzelnen Punkt Stellung, macht aber nur nähere Ausführungen, soweit sie anderer Ansicht ist als Strate.

Wer genau liest (Bl. 256 ff.), erfährt, dass die StA die Punkte V2, V3, V4 und V5 in der Sache genauso sieht wie Herr Strate. Lediglich hinsichtlich der subj. Begründetheit des Rechtsbeugungsvorwurfs äußert sich die StA nicht – hiervon ist sie ja auch quasi „entlastet“ (s.o.). Bei Punkt V1 (Verstoß gegen § 225 a StPO) wendet die StA Regensburg ein, hierin liege kein so bedeutsamer Verstoß, dass dies eine Rechtsbeugung begründe (Bl. 257). D.h. aber im Umkehrschluss: Die StA Regensburg hält die von Strate vorgetragenen Gründe V2, V3, V4 und V5 für so bedeutsam, dass der Sache nach eine vorsätzliche Rechtsbeugung Brixners auch aus ihrer Sicht naheliegt! Insbesondere dass Brixner entgegen Menschenrechten, Grundgesetz, Bay. Verfassung  und Strafprozessordnung Mollath wochenlang „schmoren“ lässt, bevor er ihn richterlich vorführen lässt bzw. einvernimmt, ist wohl auch aus Sicht der Staatsanwaltschaft Regensburg ein so klarer Verstoß gegen richterliche Pflichten, dass objektiv Rechtsbeugung vorliegt.

Hinsichtlich V6 wendet die StA ein, eine vorsätzliche Manipulation der Gerichtsbesetzung aus sachfremder Motivation und damit ein vorsätzlicher Verfassungsverstoß lasse sich nicht nachweisen (Bl. 260).  

Juristisch sicherlich am interessantesten ist die Diskussion um die Frage, ob ein Eröffnungsbeschluss und damit eine Prozessvoraussetzung fehlt (V7, S. 95 ff.). Tatsächlich belegen die Akten, dass die Strafkammer ohne entsprechenden Antrag der StA ein „Sicherungsverfahren“ durchzuführen gedachte und demzufolge ein regulärer Eröffnungsbeschluss hinsichtlich der Sachbeschädigungsvorwürfe fehlte. Strate wertet diesen Aktenfund als „neue Tatsache“, die belege, dass das Hauptverfahren insgesamt nichtig sei. Die StA bestätigt den von Strate dargestellten Sachzusammenhang (Bl. 265) ausdrücklich(!), meint aber trotzdem, die Kammer sei nicht der irrigen Ansicht gewesen, ein Sicherungsverfahren durchzuführen (Bl. 266 f.) – es soll also praktisch ein Fall der falsa demonstratio vorliegen. Die dafür angeführten Gründe überzeugen mich allerdings nicht. Das Hauptargument – nämlich dass der BGH schließlich auch nicht das Fehlen des Eröffnungsbeschlusses bemerkt habe (Bl. 267) – ist jedenfalls zurückzuweisen: Dieses Argument geht contra factum von einem „unfehlbaren“ BGH aus. Der BGH hat aber dieselben Akten vorliegen wie die StA Regensburg und hat offenbar nicht genau hingeschaut und deshalb das Verfahrenshindernis (wie alle Richter und Staatsanwälte vorher) „übersehen“. Insofern liegt die StA Regensburg falsch: Es hat keinen Eröffnungsbeschluss gegeben, ein Verfahrenshindernis lag vor! Jedoch habe auch ich Zweifel daran, ob dieses Fehlen des Eröffnungsbeschlusses bzw. der gerichtliche Irrtum als „neue Tatsache“ im Sinne des § 359 Nr.5 StPO zu werten ist. Ohnehin ist umstritten, ob Prozesstatsachen überhaupt als Tatsachen i. S. d. § 359 Nr.5 StPO anzusehen sind. Ob „neu“ etwas sein kann, was allen Verfahrensbeteiligten zum Zeitpunkt der Urteilsfindung aus den Akten erkennbar war, kann zudem durchaus bezweifelt werden –  dies ist der Stellungnahme der StA Regensburg einzuräumen (Bl. 267). 

Zu V8 (Bl. 268 ff.) führt die StA aus, der Sonderrevisionsbericht der HVB sei zwar eine neue Tatsache, aber er begründe nicht die Wiederaufnahme, da weder der Gutachter noch das Gericht den Wahn des Herrn Mollath allein auf die Schwarzgeldverschiebungen, an denen seine Frau beteiligt war, bezogen hätten (Bl. 291). Mit dieser Wertung stimme ich nicht überein: Ich bin sicher, dass die Kenntnis des Revisionsberichts sowohl dem Gutachter als auch dem Gericht (objektiv) eine andere Wertung nahegelegt hätte. Daher stimme ich in diesem Punkt Herrn Strate zu: Der Sonderrevisionsbericht ist als erhebliche neue Tatsache zu werten!

Allerdings legt die StA mit ihrer eigenen Würdigung des Komplexes „Dr. Wörthmüller“( S4, Bl. 243 ff. bei Strate V9, S. 114 ff.) dar, dass die Wahnbeurteilung an einem anderen bedeutsamen Mangel leidet. Die Darlegung in S4 (Bl. 243 ff.) erscheint mir eine mustergültige Wiederaufnahmebegründung der Staatsanwaltschaft.

Hinsichtlich V10 (Bl. 291 ff.) schließt sich die Regensburger StA zunächst der Wertung der Augsburger StA an: Eine verfassungswidrige Anordnung der Unterbringung zur Beobachtung habe nicht vorgelegen, deshalb auch kein Verwertungsverbot hinsichtlich der während der Beobachtung erzielten Erkenntnisse (Bl. 301). Ich bin hierzu anderer Auffassung: Es muss nicht erst ausdrücklich eine „Totalbeobachtung“ angeordnet werden. Eine (subjektiv empfundene, und darauf kommt es an!) Totalbeobachtung liegt dann vor, wenn ohne Einwilligung des Beobachteten und ohne dessen Wissen jegliche seiner Lebensäußerungen für das Gutachten verwertet werden können (!). Denn darüber, ob dies tatsächlich verwertet wird, hat der Untergebrachte keine Kontrolle. Ob dies allerdings als WA-Grund durchschlägt, ist eine andere umstrittene Frage, zu der ich mich ggf. später noch äußere.

Hinsichtlich V11 räumt die Staatsanwaltschaft ein, dass es die von Strate geschilderten (und mittlerweile jedem Interessierten bekannten) Sachverhaltsverfälschungen im Urteil gibt (Bl. 305). Allerdings würdigt sie dies anders als Strate nicht als Beleg für eine vorsätzliche Rechtsbeugung (Bl. 306). Der Vortrag Strates sei lediglich eine „Meinung“, eine „monströse Verfälschung“ sei in den Urteilsgründen nicht zu erkennen. Richtig ist, dass die Sachverhaltsverfälschungen für sich genommen einen Rechtsbeugungsvorwurf wohl nicht begründen könnten. Jedoch sind sie als Indizien dafür, wie der Vors. Richter in dieser Sache insgesamt verfahren ist, durchaus relevant: Der Richter war in der Sachverhaltsdarstellung nicht neutral, sondern hat sich hier offenbar von seiner schon längst vor der Hauptverhandlung bestehenden Vorfestlegung leiten lassen. Auch das wäre – wenn auch nicht allein mit diesen Gründen beweisbar – objektiv Rechtsbeugung.

UPDATE vom 27.03.2013

Nun ist schon gleich am nächsten Tag ein Update fällig. Vielen Beobachtern (zum Beispiel Oliver Garcia) war schon aufgefallen, dass der Fall Mollath Mittte des Jahres 2005 gleichsam "zum Stillstand" gekommen war - und dies, obwohl das psychiatrische Gutachten dem in Freiheit befindlichen Herrn Mollath eine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit attestierte. Aber das AG leitete die Sache monatelang nicht an das nunmehr zuständige LG weiter. Dies geschah erst zum Jahreswechsel 2006. Dann verging zwischen Ausgangsstempel AG und Eingangsstempel StA (im Nachbargebäude) wiederum einige Zeit, bevor die Sache in der 7. Strafkammer des LG auf den Tisch kam und plötzlich auch Eile geboten war. Für die erstaunliche Verzögerung hatte bisher keiner eine plausible Erklärung. Wenn sich  nun die Erklärung bestätigt, die RA Strate anführt, dann ist dies nicht nur ein weiterer "handwerklicher Fehler", sondern dann zeigt sich eine (weitere) schlimme Manipulation in der Nürnberger Justiz. Nach Herrn Strates Deutung hängt die Verzögerung der Sache Mollath im Jahr 2005 damit zusammen, dass der RiAG den  neuen Geschäftsverteilungsmodus, der ab 1. Januar 2006 gelten sollte, abwarten wollte, um dann punktgenau den Fall Mollath der 7. Strafkammer unter Vorsitz Brixner zuzuspielen. Nachzulesen hier, ab Seite 33

UPDATE vom 09.04.2013/11.04.2013

Das LG Bayreuth hat in einer Pressemitteilung angekündigt, über die (weitere) Vollstreckung der Maßregel  im Fall Mollath noch im Verlauf des April zu entscheiden.

In dieser Entscheidung geht es NICHT um die Aufhebung des früheren Urteils, sondern darum, ob die Maßregel weiter zu vollstrecken ist oder ob sie für erledigt erklärt wird. Letzteres kann deshalb geschehen, weil das Gericht Herrn Mollath nicht (mehr) als gefährlich ansieht, weil es schon die ursprüngliche Einweisung als fehlerhaft oder weil es eine weitere Vollstreckung für nicht mehr verhältnismäßig ansieht. Die zuständige Strafvollstreckungskammer des LG Bayreuth kann (theoretisch) auch zu dem Ergebnis kommen, Herr Mollath sei weiterhin unterzubringen.

In der Stellungnahme der Anstalt und in derjenigen der Staatsanwaltschaft wird eine weitere Unterbringung befürwortet, da sich seit der letzten positiven Gefährlichkeitsprognose (Gutachter Pfäfflin) nichts geändert habe. Die in den Wiederaufnahemanträgen der StA Regensburg und  von RA Strate aufgeführten Fakten (s.o.) sind in diesen Stellungnahmen allerdings nicht berücksichtigt.

(11.04.) Ich möchte noch kurz zur Gefährlichkeitsprognose Stellung nehmen, soweit sie durch das Urteil und den Inhalt weiterer Gutachten und Stellungnahmen bekannt geworden ist. Sie wird auch in der bevortsehenden Entscheidung des LG bayreuth eine wichtige Rolle spielen:

Das entscheidende erste Gutachten enthielt die Feststellung, Herr Mollath leide zum Beurteilungszeitpunkt unter einem Wahn, der sich u.a. (und ausschlaggebend) darin manifestiere, dass er "beliebige Personen"  mit den Schwarzgeldkreisen seiner Frau in Verbindung bringe und sie in sein "Wahnsystem" einbeziehe. Dieses Wahnsystem beeinträchtige ihn mit Sicherheit schon seit Jahren in zunehmender Weise. Es liege ein "schweres zwingend zu behandelndes Krankheitsbild" vor.

Ausschlaggebend sei, dass Herr Mollath "fast alle Personen, die mit ihm zu tun haben, völlig undifferenziert" mit diesem Skandal in Verbindung bringe. "Die Störungen dürften sich verschlimmern". "Eine Besserung sei nicht zu erwarten".

Alle diese Zitate stammen aus dem Urteil. Sie geben das wieder, was das Gericht dem Gutachten von Dr. Leipziger entnommen hat und dem Urteil zugrundelegte. Diese Ausführungen sind bis heute die Grundlage für die Unterbringung.

Was wissen wir heute über diese Erwägungen aus dem Gutachten, die zur Grundlage der Entscheidung gem. § 63 StGB wurden?

1. Dass er "beliebige" Personen mit dem Schwarzgeldskandal in Verbindung gebracht hätte, wird im Urteil allein mit Dr. Wörthmüller belegt. Es steht heute fest, dass die dem zugrundeliegende Tatsache schlicht nicht zutrifft - Herr Mollath hat eine "Verbindung" zwischen Dr. Wörthmüller und dessen Nachbarn zutreffend erkannt, sie war Grund für die Befangenheitserklärung Dr. Wörthmüllers, der eben nicht "beliebig" und "undifferenziert" mit den Operationen seiner Frau in Verbindung gebracht wurde. Dies ist seit der Vernehmung Dr. Wörthmüllers durch die Staatsanwaltschaft Regensburg bekannt, denn weder die Nürnberger Staatsanwaltschaft noch das LG Nürnberg, noch der Pflicht-"Verteidiger" haben es damals für nötig befunden, Dr. Wörthmüller als Zeugen zu dieser Tatsache zu vernehmen.

Ergänzung: Zu diesem Punkt siehe auch die Stellungnahme von RA Strate vom heutigen Tage (12.04.), hier.

2. Dass der Gutachter die von ihm festgestellte wahnhafte Störung auf die Ehekonflkt-Tat, die sich mehrere Jahre zuvor ereignet haben sollte, zurückdiagnostiziert, ist m. E. mit keiner medizinischen Theorie oder ärztlichen Kunst belegbar. Auf bloße Vermutungen darf aber eine Entscheidung nach § 63 StGB nicht gestützt werden.

3. Die Prognose, Herrn Mollaths Zustand werde sich ohne Behandlung nicht bessern und Herr Mollath würde "fast alle" Personen, die ihm begegnen mit dem Schwarzgeldskandal in Verbindung bringen, kann nach sieben Jahren Unterbringung in mehreren Anstalten und vielen nicht immer konfliktfreien Begegnungen mit vielen verschiedenen Menschen (Mitpatienten, Ärzten, Pflegepersonal, Anwälte, Richter als Briefadressaten)  ohne Weiteres überprüft werden. Ich bin auch sicher, dass in den Berichten, die in den sieben Jahren erstellt worden sind, solche wahnhaften Beschuldigungen des Herrn Mollath erwähnt worden wären. Offenbar hat Herr Mollath aber gerade nicht beliebige Personen beschuldigt, den Schwarzgeldkreisen seiner Frau anzugehören. Auch andere wahnhafte Beschuldigungen gegen beliebige Personen sind nicht bekannt. Diese Prognose ist also als widerlegt anzusehen. Selbst wenn zum Zeitpunkt des ersten Gutachtens also eine Wahnsymptomatik vorgelegen haben sollte, dann hat sich ganz offenbar deren diagnostizierte Schwere und prognostizierte Entwicklungstendenz nicht bestätigt. Eine Begründung der weiteren Gefährlichkeit allein damit, dass Herr Mollath sich nicht behandeln lässt, erscheint daher ausgeschlossen.

UPDATE vom 15.04.2013

Nun ist allgemein bekannt geowrden, dass am Donnerstag, 18.04. ein Anhörungstermin im Vollstreckungsverfahren in der Sache Mollath stattfindet. Da ich von Vielen gefragt wurde, was dieser Termin zu bedeuten hat und ob Herr Mollath möglicherweise an diesem Tag freikommt, möchte ich ein paar Dinge dazu klarstellen:

Es handelt sich um einen Anhörungstermin in einem ansonsten schriftlichen Verfahren. Der Termin, bei dem Herr Mollath "angehört" wird, ist keine Hauptverhandlung und ist auch nicht "so etwas ähnliches". Der Termin ist nicht öffentlich. An ihm nehmen nur Gericht (Strafvollstreckunsgkammer), Staatsanwaltschaft, Herr Mollath und seine Verteidiger teil. Das Gericht kann weitere Personen (als Vertrauenspersonen o.ä.) zulassen, muss dies aber nicht. Am Ende dieses Termins könnte das Gericht theoretisch seine Entscheidung treffen, wenn die Sache entscheidungsreif ist,  muss dies aber nicht tun. Es ist auch eher unwahrscheinlich, dass das Gericht sofort eine Entscheidung trifft, insbesondere, wenn in der Anhörung etwa noch Punkte (z.B. von Herrn Mollath oder von der Verteidigung) genannt werden sollten, die das Gericht dann noch prüfen will. Eine Entscheidung wird erst getroffen, wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält. Und sie wird dann schriftlich bekannt gemacht, nicht öffentlich verkündet.

Das Gericht wird m. E. nicht umhin kommen, auch mittlerweile bekannt gewordene Fakten aus dem WA-Verfahren bei der Entscheidung zu berücksichtigen, ob Herr Mollath gefährlich ist (siehe mein vorheriges Update oben). Dennoch wage ich keine Prognose, wie die Entscheidung ausfällt.

UPDATE vom 29.04.2013

Das Wochenblatt gibt soeben eine Mitteilung der StVK des LG Bayreuth wieder. Jetzt auch als Pressemitteilung (pdf) bei Justiz.Bayern Zitat:

Pressemitteilung Mit Beschluss vom 26. April hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth beschlossen, eine ergänzende Stellungnahme des zuletzt mit der Begutachtung des Untergebrachten befassten psychiatrischen Sachverständigen einzuholen. 

Der Sachverständige soll die Fragen beantworten, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Untergebrachte erneut Straftaten begehen wird, welcher Art diese Straftaten sein werden, welche Häufigkeit und welchen Schweregrad sie haben werden.

Die Kammer erachtet es im Interesse einer sorgfältigen Aufklärung und verantwortungsvollen Abwägung und unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten umfangreichen Anhörung vom 18. April für geboten, noch einmal einen externen Sachverständigen zu Rate zu ziehen. Da der Untergebrachte die von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth beantragte Begutachtung durch einen neuen Sachverständigen im Januar abgelehnt hatte greift die Kammer auf den psychiatrischen Sachverständigen zurück, der den Untergebrachten bereits in der Vergangenheit ausführlich exploriert hat. 

Die Strafvollstreckungskammer und der Sachverständige haben dabei weiterhin davon auszugehen, dass der Untergebrachte die Taten, wegen derer das Landgericht Nürnberg-Fürth am 08.08.2006 rechtskräftig die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat, begangen hat.

Die Strafvollstreckungskammer hat gleichzeitig von Gesetzes wegen die Beiordnung der bisherigen Pflichtverteidigerin des Untergebrachten zurückgenommen. Nachdem für diesen nunmehr ein Wahlverteidiger tätig ist, folgt diese Entscheidung unmittelbar aus § 143 StPO.

Weitergehende Auskünfte zu dem Strafvollstreckungsverfahren können wegen dessen Nichtöffentlichkeit nicht erteilt werden.

Zitat Ende.

Kommentar
Bei dem angesprochenen Sachverständigen handelt es sich um Prof. Pfäfflin, der Gustl Mollath im Jahr 2011 exploriert und begutachtet hatte. Die damalige Begutachtung kam zwar zum Ergebnis, Herr Mollath sei weiterhin gefährlich, die Gründe für diese Schlussfolgerung waren im Gutachten selbst aber wenig überzeugend dargestellt.

Wenn die StVK dem Sachverständigen nun vorschreibt, er habe die rechtskräftig festgestellten Straftaten zu unterstellen, dann verpflichtet sie ihn, Tatsachen anzunehmen, deren Wahrheitsgehalt erheblich infrage gestellt ist. Wissenschaftlich wäre das kaum zu rechtfertigen.

Allerdings erinnert man sich, dass selbst bei Unterstellung dieser Straftaten die Gefährlichkeitsprognose dieses Sachverständigen zunächst „wacklig“ schien – damals hat er sie dann mündlich "nach oben" korrigiert, nachdem er darauf hingewiesen wurde, dass eine „normale“ Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer Straftaten nicht ausreiche, um Herrn Mollath weiterhin unterzubringen.

Faktisch führt aber dieser Aufschub der Entscheidung der StVK am LG Bayreuth wohl dazu, dass das Wiederaufnahmeverfahren zeitlich wieder weiter nach vorn rückt. Denn bis Herr Pfäfflin den Gutachtenauftrag erledigt hat, wird möglicherweise das LG Regensburg schon über die Wiederaufnahme entscheiden.

Nun erreicht mich eine gemeinsame Presseerklärung der beiden Verteidiger (Frau Lorenz-Löblein und Herrn Dr. Strate) zu dieser Entscheidung des LG Bayreuth. Zitat:

Presseerklärung der Verteidigung zum Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth hat am 26.4.2013 beschlossen, eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Psychiaters Prof. Dr. Friedemann Pfäfflin einzuholen. Die Strafvollstreckungskammer sieht sich zu diesem Schritt motiviert" im Interesse einer sorgfältigen Aufklärung und verantwortungsvollen Abwägung".

Obwohl der Beschluss bereits am 26.04.2013 getroffen wurde, wurde Herr Mollath bis Montag morgen hierüber im Unklaren gelassen. Dies zeigt, dass nach wie vor kein Verständnis für die Situation von Herrn Mollath besteht.

Im Gegensatz zu dem behaupteten Interesse an einer sorgfältigen Aufklärung steht allerdings die Vorgabe an den Sachverständigen, es "möge arbeitshypothetisch nach wie vor davon ausgegangen werden. dass die Anlasstaten so, wie sie in dem Urteil des Landgerichts Nürnberg­Fürth vom 08.08.2006 beschrieben worden sind, stattgefunden haben", obwohl der Strafvollstreckungskammer aus dem ihr überlassenen Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft Regensburg bekannt ist, dass ein wesentliches Beweismittel für eine der angeblichen Anlasstaten ein gefälschtes ärztliches Zeugnis gewesen ist. Auch hätte die Strafvollstreckungskammer nicht schlicht ignorieren dürfen, dass die Staatsanwaltschaft Regensburg aufgrund neuer Tatsachen und Beweismittel die Glaubwürdigkeit der ehemaligen Ehefrau Mollaths als" tiefgreifend erschüttert" sieht.

Der Strafvollstreckungskammer ist weiterhin bekannt, dass eine wesentliche Annahme des seinerzeit angeblich festgestellten Wahnsymptoms, nämlich die angebliche Wahnausweitung auf unbeteiligte Dritte, sich als falsch herausgestellt hat. Dies hätte die Strafvollstreckungskammer ebenfalls dem ihr vorliegenden Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft Regensburg entnehmen können, dort den BI. 243 -254:

http://www.strate.net/de/ dokumentation/Mollath-Wiederaufnahmeantrag-StA-Regensburg ­2013-03-18.pdf

Diesen unzweifelhaft feststehenden Tatsachen begegnet die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth mit verschlossenen Augen. Ihr Beschluss dient nicht der sorgfältigen Aufklärung, sondern perpetuiert das Gustl Mollath zugefügte Unrecht.

Die allein auf die "Gefährlichkeit" Mollaths abstellenden Fragen der Straf vollstreckungskammer haben außerdem die Unterstellung einer psychischen Erkrankung Mollaths und deren Fortbestehen sowie eine damit (zum Urteilszeitpunkt) einhergehende Gefährlichkeit zur Voraussetzung. Wie sehr sich die Strafkammer von den im Strafvollstreckungsverfahren geltenden Maßstäben der Sachverhaltsaufklärung entfernt, kann mit dem Hinweis auf eine jüngst ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt vom 24.10.2012 (1 Ws 442/12) erläutert werden, in der es heißt:

"Bei der Beauftragung eines externen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 463 Abs. 4 StPO hat die Strafvollstreckungskammer eine ergebnisoffene Begutachtung sicherzustellen. Dem widerspricht die Bezugnahme auf eine als vorhanden vorausgesetzte psychische Erkrankung des Untergebrachten im Gutachtenauftrag. "

Zur Klarstellung sei mitgeteilt, dass Frau Rechtsanwältin Lorenz-Löblein Herrn Gustl Mollath weiterhin - ebenfalls als Wahlverteidigerin - vertritt.

Rechtsanwältin Erika Lorenz-Löblein, München

Rechtsanwalt Dr. Gerhard Strate, Hamburg

Zitat Ende.

UPDATE vom 02.05.2013

Bisher haben mich Gesprächspartner aus der Justiz immer mal wieder darauf hingewiesen, dass zwar die Urteilskritik im Hinblick auf die Aussage-gegen-Aussage-Konstellation bei den (angeblichen) Straftaten Mollaths gegen seine Ehefrau berechtigt sei, dass aber doch die auf "gefährliche Weise" durchgeführten Reifenstechereien wohl tatsächlich stattgefunden hätten und Herr Mollath dessen wohl zu Recht beschuldigt worden sei. Meine Hinweise darauf, dass auch die Feststellungen zu den Sachbeschädigungen keineswegs als "bewiesen" anzusehen seien, wenn man in die Akten schaut und diese mit den Urteilsgründen vergleicht, hat dann meist Achselzucken hervorgerufen. Leider hat das Schweigen der beiden Wiederaufnahmeanträge zu diesen Tatkomplexen nicht dazu beigetragen, den Eindruck meiner Gesprächspartner zu zerstreuen.

Nun hat RA Strate gerade in dieser Beziehung "nachgelegt": Wenn man die neue Stellungnahme Strates vom gestrigen Tage liest, wird man nicht umhin kommen, auch in Beziehung auf die Sachbeschädigungen zu der Auffassung zu gelangen: Hier wurde eine kaum mit Indizien belegte polizeiliche Hypothese ("Der Molllath könnte ein Motiv haben") vom Gericht trickreich zu einer Tatfeststellung ausgebaut, einzig und allein dazu, eine Grundlage für Herrn Mollaths "Gemeingefährlichkeit" zu schaffen.

Einige Einzelpunkte:

Tatsache ist, es gab ein Schreiben Mollaths, in dem einige der von Reifenstechereien betroffenen Personen genannt wurden. Jedoch: Weder alle in den Schreiben genannten Personen waren betroffen, noch alle in der Anklage Herrn Mollath zugerechneten Taten trafen die im Brief genannten.

Tatsache ist: Die meisten Reifenschäden wurden vor der Fahrt von den Betroffenen entdeckt. Im Urteil steht, sie seien meist erst während der Fahrt entdeckt worden.

Tatsache ist: Wie genau die Reifen beschädigt wurden, wurde gar nicht aufgeklärt; bei den Reifen, in denen es von der Polizei überhaupt Ermittlungen dazu gibt, deutet sich als "Tatwaffe" eher ein Messer an. Im Urteil heißt es, sie seien alle in derselben Art und Weise und zwar in irgendeiner "sachverständigen" Form (vom ehemaligen Reifenhändler Mollath) mit einem dünnen spitzen Gegenstand beschädigt worden. Tatsache ist: Keiner der Reifen wurde überhaupt näher inspiziert. Der dazu vernommene Polizeizeuge hat keinen der Reifen persönlich gesehen, sondern nur Ermittlungen der Kollegen zusammengetragen.

Tatsache ist: Auf einem Video, das die Polizei extra zur Ermittlung der Reifenstechereien aufgenommen haben soll, soll eine Täterperson zu sehen sein, die Mollath nach Auskunft seiner Frau zumindest ähnelt. Jedoch: weder das Video wurde gezeigt, noch wurde Frau M. dazu im Gerichtssaal vernommen (obwohl anwesend!). Die Angabe stammt wiederum von einem Polizeibeamten (als Zeuge vom "ungefähr"-Hören-Sehen-Sagen?). Und hinzu kommt: Das Video stammt von einer (angeblichen) Tat, die gar nicht angeklagt war.

Das ist noch nicht alles - bitte lesen Sie den Schriftsatz Strates, der im Übrigen noch weitere Sachverhaltsverfälschungen des Gerichts aufdeckt und damit den Vorsatz der Rechtsbeugung (als Wiederaufnahmegrund) zu untermauern sucht.

UPDATE 28.05.2013

Die Entscheidung* des LG Regensburg (Bericht der SZ), Herrn Mollath vorerst nicht nach § 360 Abs. 2 StPO aus der Unterbringung zu befreien, hat mich und alle, die den Fall näher kennen, enttäuscht. Denn einige Monate nachdem sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft je auf mehrere Gründe basierende Wiederaufnahmeanträge gestellt haben, die zum größeren Teil nach meiner Überzeugung die WA auch begründen, wäre dieser Schritt ein wichtiges Signal gewesen - ein Hoffnungsschimmer nicht nur für Herrn Mollaths(endgültige)  Freiheit, sondern auch für das Ansehen der Justiz. Nun verfestigt sich leider der Eindruck, dass die bayrische Justiz nicht in der Lage ist,  in angemessener Weise und gehöriger Schnelligkeit bei einem Fall mit (für mich) offenkundiger unrechtmäßiger Inhaftierung eines Bürgers Fehler einzugestehen und zu korrigieren. Natürlich kann man weiterhin hoffen, dass die Prüfung des komplexen Falls und der umfangreichen WA-Gründe doch am Ende zu einem für Mollath - und für das Vertrauen in die bayerische Justiz - positiven Ergebnis kommt.
*(Ergänzung 30.05.): Bei der Äußerung des LG Regensburg handelt es sich um einen Aktenvermerk, in dem begründet wird, warum eine Entscheidung gem. § 360 Abs.2 StPO derzeit (noch) nicht getroffen wird. Die Verteidigung (RA Strate) hat gegen diese (Nicht-)Entscheidung dennoch Beschwerde eingelegt, da "der Sache nach" eine Herrn Mollath belastender Beschluss, die Vollstreckung der Unterbringung nicht zu unterbrechen vorliege.

UPDATE 19.06.2013

Es findet sich jetzt ein neuer Beitrag hier.

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Diskussion anderswo:

Blog von Gabriele Wolff

De Legibus-Blog (Oliver Garcia)

Internet-Law (Thomas Stadler)

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1671 Kommentare

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Henning Ernst Müller schrieb:

Wenn er meinte, er "dürfe" nicht von der rechtskräftigen Feststellung abweichen, dann wäre es dennoch jedenfalls möglich gewesen, die mittlerweile aufgekommenen Zweifel alternativgutachtlich zu verwerten, also in dem Sinne, dass er auch für den Fall, dass die Anlasstat(en) nicht mehr gegeben sind, eine Alternativ-Prognose abgibt. Zumindest wäre zu erwarten, dass er deutlich darauf hinweist, was der Wegfall der Anlasstaten für seine – nach wie vor nicht auf einer Exploration beruhenden - medizinischen Schlussfolgerungen für eine Bedeutung hätte.

Vielen Dank für Ihre auch einem juristischen Laien verständliche Ausführungen. Zum Punkt 3) eine kleine Ergänzung:

Im Grunde genommen hat Leipziger schon darauf hingewiesen (wenn auch nicht deutlich, so doch zumindest erkennbar), wie die Gefährlichkeitsprognose aussehen wird, wenn die abgeurteilten Straftaten so nicht stattgefunden haben:

Die Anwältin sagte, Leipziger habe ihr gegenüber geäußert, er könne seine Stellungnahme nur ändern, wenn es neue "juristische Feststellungen" gäbe, die zum Beispiel darlegten, dass Mollath die ihm zur Last gelegten Taten nicht begangen habe.

Das heißt übersetzt: er wird seine Stellungnahme ändern, wenn es neue Feststellungen gibt.

Dazu braucht es allerdings keinen Psychiater mehr. Wenn ein Mensch niemals seine Ehefrau verprügelt hat und niemals Reifen zerstochen hat (wie gefährlich aber auch, man zweifelt ja schon am Verstand dieses Gutachters!), so ist weder für Vergangenheit noch für die Zukunft von einer Gefährlichkeit dieses Menschen auszugehen, selbst wenn dieser Mensch komische Briefe schreibt.

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@ Psychofan

Was nützt ein Gutachten, wenn es von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht?

Es ist ein Märchen, im Gegensatz zur Fabel, bei der Tiere die Hauptpersonen sind, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.

Ein Gutachten über eine Person, welches von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht, soll dazu dienen eine realistische Prognoseentscheidung über das weitere Verhalten der Person zu treffen?

Solchen Schwachsinn habe ich noch selten gehört oder gelesen.

Welcher Trottel wird den solch ein Gutachten ernsthaft bei einer Entscheidung berücksichtigen?

Da wird doch hoffentlich das Gericht drüber stehen.

Es genügt doch bei der Freiheitsberaubung bedingter Vorsatz. Kein Richter der Strafvollstreckungskammer hat da noch eine Ausrede. Die Strafvollstreckungskammer ist in der Pflicht.

In Regensburg ist es nur ein Strafverfahren, komischerweise hat ja die StA - und auch Strate - von einem Antrag auf Entlassung abgesehen. Da kann zwar eine Entscheidung getroffen werden, aber keinesfalls zwingend.

 

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Grübler schrieb:

@ Psychofan

Was nützt ein Gutachten, wenn es von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht?

Es ist ein Märchen, im Gegensatz zur Fabel, bei der Tiere die Hauptpersonen sind, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.

Ein Gutachten über eine Person, welches von einem unrichtigen Sachverhalt ausgeht, soll dazu dienen eine realistische Prognoseentscheidung über das weitere Verhalten der Person zu treffen?

Solchen Schwachsinn habe ich noch selten gehört oder gelesen.

Welcher Trottel wird den solch ein Gutachten ernsthaft bei einer Entscheidung berücksichtigen?

Das haben Sie sehr schön drastisch und plastisch formuliert.

Ich darf dazu nur sagen: Genau das, was Sie oben beschreiben, ist juristischer Alltag.

Glücklicherweise wird den Gutachtern und Sachverständigen in (mal grob geschätzt) 50-80 Prozent der Fälle ein einigermaßen richtiger Sachverhalt als Anknüpfungstatsache vorgegeben. Bleiben somit "nur" 20-50 Prozent Gutachten, die in die Rubrik "Märchen" fallen.

Ich freue mich, wenn ich Ihnen die Augen über den Zustand unserer Justiz und inbesondere des Gutachter-Unwesens öffnen durfte.

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Wenn Leipzigers These stimmen würde, dass Gutachter immer rechtskräftige Feststellungen zugrunde zu legen haben, könne niemals eine Fehleinweisung festgestellt werden.

Oder?

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Grübler schrieb:

Wenn Leipzigers These stimmen würde, dass Gutachter immer rechtskräftige Feststellungen zugrunde zu legen haben, könne niemals eine Fehleinweisung festgestellt werden.

Oder?

 

???

1) Nicht alle rechtskräftigen Feststellungen sind richtig, wie der Fall Mollath eindrücklich zeigt.

2) Nicht jede rechtskräftige Feststellung einer Straftat besagt, dass § 20 zutrifft. Nicht jede Schuldunfähigkeit wiederum rechtfertigt § 63.

3) Für Fehleinweisungen durch Falschgutachten bleibt also genügend Raum, selbst wenn Gutachter sich streng an Vorgaben und Fragestellung des Gerichts halten.

4) Interessant ist die Frage, ob ein Richter in einem laufenden Verfahren Befangenheit zeigt, wenn er - ohne dass rechtskräftige Feststellungen vorliegen - einem Gutachter vorgibt, er solle von bestimmten Straftaten ausgehen. Wie wird das in der Praxis normalerweise gelöst?

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@O.Garcia u.a,

Frau Lorenz-Löblein hätte sich vielleicht auch die Mühe machen sollen, sich einmal mit der Rechtsprechung zur Frage der "Fehleinweisung" und deren Auswirkungen auf die Frage der Fortdauer der Unterbringung zu befassen. Sie haben es ja schon erwähnt.

 

Dann hätte sie vielleicht einmal einen vernünftigen Antrag bei Gericht gestellt, anstatt mehrfach Fristverlängerungen zu beantragen, merkwürdige Befangenheitsanträge zu stellen und im allgemeinen auf die im Netz verbreiteten mutmaßlichen Tatsachen zu verweisen.

 

 

 

 

 

 

3

Skeptikerin schrieb:

@O.Garcia u.a,

Frau Lorenz-Löblein hätte sich vielleicht auch die Mühe machen sollen, sich einmal mit der Rechtsprechung zur Frage der "Fehleinweisung" und deren Auswirkungen auf die Frage der Fortdauer der Unterbringung zu befassen. Sie haben es ja schon erwähnt.

 

Dann hätte sie vielleicht einmal einen vernünftigen Antrag bei Gericht gestellt, anstatt mehrfach Fristverlängerungen zu beantragen, merkwürdige Befangenheitsanträge zu stellen und im allgemeinen auf die im Netz verbreiteten mutmaßlichen Tatsachen zu verweisen.

Wenn Sie, Frau Skeptikerin, nicht zufällig der Strafvollstreckungskammer des LG Bayreuth oder der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth angehören, frage ich mich, woher Sie den genauen Inhalt der Schriftsätze von Frau Lorenz-Löblein kennen.

Aber gesetzt den Fall, diese Schriftsätze sind so unzulänglich, wie Sie sagen - halten Sie die bayerische Richterschaft für so schlecht qualifiziert, auch ohne Anleitung durch Frau Lorenz-Löblein das Recht richtig anzuwenden? Die Aufgaben nach §§ 67d, 67e StGB, § 463 StPO obliegen der Strafvollstreckungskammer von Amts wegen.

5

Skeptikerin schrieb:

@O.Garcia u.a,

Frau Lorenz-Löblein hätte sich vielleicht auch die Mühe machen sollen, sich einmal mit der Rechtsprechung zur Frage der "Fehleinweisung" und deren Auswirkungen auf die Frage der Fortdauer der Unterbringung zu befassen. Sie haben es ja schon erwähnt.

 

Dann hätte sie vielleicht einmal einen vernünftigen Antrag bei Gericht gestellt, anstatt mehrfach Fristverlängerungen zu beantragen, merkwürdige Befangenheitsanträge zu stellen und im allgemeinen auf die im Netz verbreiteten mutmaßlichen Tatsachen zu verweisen.

 

 

Nun ja, Leiziger hätte vielleicht auch mal die Akten lesen sollen, dann hätte er erkannt, daß Mollaths Ex eine unglaubwürdige, von Rachsucht getriebene Zeugin ist, dann hätte er gesehen, daß die Bank Mollath für glaubwürdig hält, es tatsächlich Geldschiebereien gegeben hat....dann hätte es keinen "Wahn" gegeben und keine darausresultierende Gefahr für die Allgemeinheit.

 

 

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Skeptikerin schrieb:

@O.Garcia u.a,

Frau Lorenz-Löblein hätte sich vielleicht auch die Mühe machen sollen, sich einmal mit der Rechtsprechung zur Frage der "Fehleinweisung" und deren Auswirkungen auf die Frage der Fortdauer der Unterbringung zu befassen. Sie haben es ja schon erwähnt.

 

Dann hätte sie vielleicht einmal einen vernünftigen Antrag bei Gericht gestellt, anstatt mehrfach Fristverlängerungen zu beantragen, merkwürdige Befangenheitsanträge zu stellen und im allgemeinen auf die im Netz verbreiteten mutmaßlichen Tatsachen zu verweisen.

Das mag so sein, oder auch nicht, vielleicht sind Sie ja Insiderin, Frau Lorenz-Löblein ist eben auch nur Juristin  ;-) , das sollte aber ein Gericht nicht davon abhalten, das Recht in der Causa Mollath korrekt anzuwenden, für diese Dienstleistung werden die Herrschaften von unseren Steuern bezahlt, im Gegensatz zu Frau Lorenz-Löblein ...., darauf haben wir als Steuerzahler Anspruch. 

http://www.heise.de/tp/blogs/foren/S-Psychiatrische-Gutachten-sind-immer...

 

30. März 2013 11:49

Psychiatrische Gutachten sind immer dubios!

Des_Schweinle (120 Beiträge seit 05.05.04)

Dieser Dr. Leipziger enttarnt seine eigenen Gutachten als nicht fachgemäß, wenn ich folgenden Textabschnitt mal genau lese:

„Die Anwältin sagte, Leipziger habe ihr gegenüber geäußert, er könne seine Stellungnahme nur ändern, wenn es neue "juristische
Feststellungen" gäbe, die zum Beispiel darlegten, dass Mollath die ihm zur Last gelegten Taten nicht begangen habe.”

Das bedeutet doch letztlich nichts anderes, als dass Leipziger sein Gutachten nicht auf seine psychiatrischen Erkenntnisse stützt, die er
aus dem Klinik-Zwangsaufenthalt von Gustel Mollath gezogen hat, sondern ausschließlich auf die „zur Last gelegten Taten”.
Damit bewertet Leipziger nur die Taten aus psychiatrischer Sicht, nicht aber den Menschen Gustel Mollath. Letzteres wäre aber seine
fachliche Aufgabe und nicht Ersteres!

Ich erinnere mich immer wieder an Gert Postel:
http://www.youtube.com/watch?v=D1l2RUXpUM4
http://www.youtube.com/watch?v=NlZdvdmntlc

Dies alles in Verbindung mit dem neu erlassene Zwangsbehandlungsgesetz, das das Betreuungsgesetz ergänzt, lässt es
mir kalt den Rücken runter laufen! Was Gustel Mollat angetan wird, kann jeden treffen!!!

Ich habe gerade meine Ausbildung zum Heilpraktiker der Psychotherapie abgeschlossen und musste mich natürlich auch mit Rechtskunde befassen wie dem Unterbringungsrecht und Betreuungsrecht. In beiden Gesetzen wird Bezug genommen auf das begriffliche Konstrukt: „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung”. Als ich nachfragte, wo dieser Begriff definiert sei, stellte ich entsetzt fest, dass es keine einzige Stelle in allen vorhandenen Gesetzbüchern gibt, in denen
dieser Terminus mit der nötigen Trennschärfe definiert ist!

Das bedeutet, dass alle Gesetze, die sich auf diesen Terminus beziehen, unwirksam sind, denn es ist oberster Grundsatz jeder
Gesetzgebung, dass alle Gesetze hinreichend bestimmt formuliert sein müssen. Und somit kann es auch nicht „von Fall zu Fall”
Auslegungssache von Gerichten sein (Stichwort „laufende Rechtssprechung”) die fehlende rechtliche Bestimmtheit nachträglich
zu definieren. Wohin das führt, haben wir in Brauner Vergangenheit erlebt.

Alle Polizeigesetze der Länder und die gesamten Regelungen im OWiG (Ordnungswidrigkeiten-Gesetz) stützen sich auf diesen unbestimmten
Terminus!!!

Als ich dies erkannte, habe ich eine befreundete Kriminalpolizisten dazu befragt. Die meinte, dass ein Polizist vor Ort des Geschehens
immer „in pflichtgemäßem Ermessen” beurteile, ob eine „Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung” vorliege und dies würde er gemäß seiner Sorgfaltspflicht natürlich immer tun!

Ich war entsetzt, denn damit werden alle Fragen, ob eine freiheits-einschränkende oder gar freiheitsentziehende Maßnahme
rechtens ist, in das völlig freie Ermessen von Polizeibeamten oder hier eben auch in die von Psychiatern gelegt!
Und das heißt für mich: Wir leben nicht nur in einer Bananenrepublik, sondern in einem Polizeistaat!

Trotzdem wünsche ich erholsame, angenehme Osterfeiertage!
Clemens

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M. Deeg schrieb:

Wenn die Wiederaufnahme zugelassen wird, ist Herr Mollath sofort zu entlassen, weil dann die Rechtskraft des Urteils von 2006 erlischt, wie die SZ soeben als wahrscheinliches Szenario berichtet! 

 

http://www.sueddeutsche.de/bayern/moegliche-freilassung-und-neuer-prozes...

Ja. Darauf, daß hier ein Denkfehler auf der letzten Seite des Wiederaufnahmeantrags der Staatsanwaltschaft vorlag, habe ich unter 

http://gabrielewolff.wordpress.com/2013/03/26/der-fall-gustl-mollath-der...

(Punkt 3) hingewiesen.

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Was ist denn mit dem ärztlichen Standesrecht?

Es ist doch die Aufgabe eines Arztes anhand von erhobenen Befunden eine Diagnose zu stellen und dann eine Prgonose abzugeben.

Wenn der Arzt nun von den Feststellungen der Juristen ausgeht, die fernab der tatsächlichen Situation sind, so ist das ein theoretisches Gefasel, welches dann auf den konkreten Menschen Auswirkungen haben soll und über dessen Zukunft entscheidet.

 

Statt eines Mediziners könnte dann ein Statistiker auch eine Prognose abgeben oder ein Mathematiker aufgrund von Wahrscheinlichkeitsrechnung oder sonst wer. Ein Mediziner, der mit dem Patienten selbst Kontakt hat und Befunde erhoben hat, ist dann überflüssig.

 

Mal eine rein theoretische Frage zur Diskussion: Wenn also von einem Sachverhalt ausgegangen wird, den Juristen festgestellt haben, daraufhin wird das Verhalten eines Menschen prognostiziert und das ganze dann als ärztliche Stellungnahme zur Vorlage bei Gericht eingereicht.

Kann da der Tatbestand (nur mal der objektive) von § 278 StGB erfüllt sein?

 

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Grübler schrieb:

Was ist denn mit dem ärztlichen Standesrecht?

Es ist doch die Aufgabe eines Arztes anhand von erhobenen Befunden eine Diagnose zu stellen und dann eine Prgonose abzugeben.

Wenn der Arzt nun von den Feststellungen der Juristen ausgeht, die fernab der tatsächlichen Situation sind, so ist das ein theoretisches Gefasel, welches dann auf den konkreten Menschen Auswirkungen haben soll und über dessen Zukunft entscheidet.

Statt eines Mediziners könnte dann ein Statistiker auch eine Prognose abgeben oder ein Mathematiker aufgrund von Wahrscheinlichkeitsrechnung oder sonst wer. Ein Mediziner, der mit dem Patienten selbst Kontakt hat und Befunde erhoben hat, ist dann überflüssig.

Die Begutachtung im Kontext des Maßregelvollzuges ist im Grunde genommen ganz schlicht gestrickt.

1) Zunächst bedarf es einer Anlasstat, damit überhaupt eine Begutachtung mit der Frage der Einweisung in die forensische Psychiatrie erfolgen kann. Ohne Anlasstat kommt eine Einweisung jedenfalls in die forensische Psychiatrie nicht in Frage (bei sonstigen Kranken mit Wahnvorstellungen in schweren Fällen allenfalls die normale geschlossene Psychiatrie). Mit Wegfall der Anlasstat (z.B. als Ergebnis der Wiederaufnahme) erübrigt sich jedes weitere forensische Gutachten, Mollath ist frei.

2) Der Gutachter erhält neben der Mitteilung der Anlasstat (von der er auszugehen hat) im Normalfall weitere Anknüpfungstatsachen. Da Leipziger sich wohl bewusst war, dass die ihm mitgeteilte Anlasstat sehr sehr dünn für die vom Gericht gewünschte Diagnose war, so bat er selbst um weitere Anknüpfungstatsachen (und erhielt diese wohl auch von der Staatsanwaltschaft per Aktenübersendung).

3) Es steht ihm frei, als Mensch mit gesundem Menschenverstand auch weitere Erkenntnisse ohne Einsatz seines Fachwissens zu gewinnen (= Zusatztatsachen). Diese werden dem Gericht ggf. im Rahmen der zeugenschaftlichen Vernehmung (nicht: gutachterlichen Stellungnnahme, s.u. Punkt 4) mitgeteilt. Hier hätte Leipziger schon Spielraum gehabt, einige Auffälligkeiten des Falles dem Gericht als einfacher Zeuge mitzuteilen. Dafür muss man ja nicht Psychiater sein, um den Bockmist zu erkennen.

4) Aus der Anlasstat, den weiteren Anknüpfungstatsachen, der Beobachtung und Exploration des Probanden ergeben sich dann die Befundtatsachen. Für eine psychiatrische Exploration bedarf es natürlich schon einiges Fachwissen. Da aber eine Exploration im eigentlichen Sinne nicht zustand kam, so beschränkte sich die Tätigkeit Leipzigers auf die Feststellung eines Wahns (der wiederum de facto vom Gericht vorgegeben wurde und den er selbst mit der Realität nicht abgleichen konnte oder wollte), der darin bestehen sollte, dass Mollath eine große Schwarzgeldverschieber-Verschwörer-Bande sieht und auch gänzlich Unbeteiligte einbeziehe. Die Diagnose des Wahns steht und fällt natürlich mit der Bereitschaft oder Nichtbereitschaft des Gerichtes und der zuständigen Organe wie Steuerfahndung, den möglichen Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Hier hätte Leipziger in seinen Gutachten natürlich zumindest mahnend darauf hinweisen müssen, dass er selbst keine Erkenntnisse darüber hat, ob die Behauptungen Mollaths nicht doch im Kern zutreffend sind. Es erscheint mir sehr unprofessionell, die in diesen Jahren hinlänglich bekannte Scharzgeldproblematik bei Gericht nicht näher zu hinterfragen, zumal ein "Schwarzgeldwahn" im Gegensatz zu vielen anderen Wahnvorstellungen eine absolute Rarität sein dürfte.

5) Später war es für ihn noch einfacher: aus der gänzlich fehlenden Krankheitseinsicht, der fehlenden Therapiebereitschaft und fehlenden Mitarbeit Mollaths schloss er regelmäßig auf ein bisher nicht nennenswert gebessertes Krankheitsbild. Dieser Schluss ist leider absoluter Standart in der Forensik. Leipziger hat diesbezüglich genau das gemacht, was fast alle forensischen Psychiater in Deutschland machen würden. Ein absoluter Schwachpunkt der ganzen Gutachterei in der Medizin. Denn Unschuldige, die von ihren Unschuldsbehauptungen nicht abweichen wollen, haben somit kaum eine Chance auf die Feststellung einer Heilung und würden ewig in der Forensik schmoren, wenn nicht irgendwann die Vollstreckungskammer die Unverhältnismäßigkeit feststellt.

6) Leipziger hat allerdings einen ganz groben medizinischen Schnitzer begangen, der möglicherweise auch für Haftungsfragen und im Extremfall die Approbation relevant sein könnte: er hat aus dem Zustand von 2006 auf den Zustand vier Jahre zuvor geschlossen. Das ist natürlich Kaffeesatzleserei und macht sein Gutachten völlig wertlos.

 

Aber ansonsten kann es leider systembedingt jeden treffen, und Mollath ist auch nicht der einzige, der zu Unrecht zwangspsychiatrisiert wurde.

 

5

 

 

 

http://www.blaek.de/pdf_rechtliches/haupt/bo2002.pdf

 

§ 25 Ärztliche Gutachten und Zeugnisse Bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse hat der Arzt mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen seine ärztliche Überzeugung auszusprechen. Gutachten und Zeugnisse, zu deren Aus- stellung der Arzt verpflichtet ist oder die auszustellen er übernommen hat, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. Zeugnisse über Mitarbeiter und Ärzte in Weiterbildung müssen grundsätzlich innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung, bei Ausscheiden unverzüglich, ausgestellt werden.     Jetzt ist die Frage: Haben Leipziger und Bahlig-Schmidt diese Vorgaben bei der Stellungnahme beachtet?   Wenn in der Stellungnahme deutlich drin steht, ausgehend von den Feststellungen im rechtskräftigen Urteil erstellen wir in Anbetracht unserer Unfähigkeit mit dem Patienten in Kontakt zu treten folgende Prognose ... dann ist ja alles in Butter. Oder?
5

 

 

@ Skeptikerin

Vielleicht hat Frau Lorenz-Löblein die Anträge auf Fristverlängerung in Abstimmung mit Herrn Mollath aus für Sie unbekannten Gründen gestellt?

Herr Mollath scheint immerhin  Vertrauen zu haben, sonst hätte er ja Herrn Strate gleich eine Vollmacht ausgestellt, ohne vorher mit ihr Rücksprache halten zu wollen. Das hatte er doch gegenüber der SZ gesagt.

 

5

Sofie schrieb:

 

 

@ Skeptikerin

Vielleicht hat Frau Lorenz-Löblein die Anträge auf Fristverlängerung in Abstimmung mit Herrn Mollath aus für Sie unbekannten Gründen gestellt?

Herr Mollath scheint immerhin  Vertrauen zu haben, sonst hätte er ja Herrn Strate gleich eine Vollmacht ausgestellt, ohne vorher mit ihr Rücksprache halten zu wollen. Das hatte er doch gegenüber der SZ gesagt.

 

 

Ich weiß es nicht, ich versuche nur, das Ganze ein bisschen aus der "anderen" Seite zu beleuchten. Gelungen ist mir das leider nicht.

 

Was ich absolut skandalös finde, aber da habe ich leider auch in der Politik kein Gehör gefunden: Es gibt in Bayern kein Maßregelvollzugsgesetz. D.h. die Rechtsverhältnisse der Maßregelvollzugspatienten, und der Maßregelvollzug kann tatsächlich bis an das Lebensende dauern, sind gesetzlich nicht geregelt. Mir ist das unbegreiflich.

 

Frohe Ostern!

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Gast schrieb:

Sofie schrieb:

 

 

@ Skeptikerin

Vielleicht hat Frau Lorenz-Löblein die Anträge auf Fristverlängerung in Abstimmung mit Herrn Mollath aus für Sie unbekannten Gründen gestellt?

Herr Mollath scheint immerhin  Vertrauen zu haben, sonst hätte er ja Herrn Strate gleich eine Vollmacht ausgestellt, ohne vorher mit ihr Rücksprache halten zu wollen. Das hatte er doch gegenüber der SZ gesagt.

 

 

Ich weiß es nicht, ich versuche nur, das Ganze ein bisschen aus der "anderen" Seite zu beleuchten. Gelungen ist mir das leider nicht.

 

Was ich absolut skandalös finde, aber da habe ich leider auch in der Politik kein Gehör gefunden: Es gibt in Bayern kein Maßregelvollzugsgesetz. D.h. die Rechtsverhältnisse der Maßregelvollzugspatienten, und der Maßregelvollzug kann tatsächlich bis an das Lebensende dauern, sind gesetzlich nicht geregelt. Mir ist das unbegreiflich.

 

Frohe Ostern!

 

Der Beitrag stammt von mir.

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Strafvollstreckungskammer und Dr. Leipziger haben sich selbst selbst in die Zwickmühle (double-bind) gebracht und dafür Verantwortung zu tragen;

 

Herr Gustl Mollath wurde als Opfer in den Machtbereichdes Täters gebracht!!! Dr. Leipziger ist der inkompetente Falschgutachter und g l e i c h z e i t i g  Chefarzt der Forensik! Würde die Öffentlichkeit nicht entsetzt sein, wenn ein Bankräuber sein Opfer dreieinhalb Jahre in

Geiselhaft nimmt und die Polizei zuschaut? Diese unglaubliche Unterbringungssituation wird öffentlich n i c h t wahrgenommen! Entsetzlich, deswegen wird weggesehen!

Von Anfang an musste Herr Mollath ein lebenserhaltendes Misstrauen berechtigterweise haben. Daraus entwickelte sich nicht nur eine völlig negativ besetzte Interaktion,sondern eine verhängnisvolle schwer destruktive Gruppendynamik zwischen Dr. Leipziger und Herrn Mollath, die m.E. sadomasochistischen Charakter hat. Es hat sich eine Opfer-Täter- Beziehung entwickelt, die Dr. Leipziger bewusst und wider besseren Wissens aufrechterhält, wie aktuell sein völlig irrationales Festhalten an seiner Stellungnahme an das Gericht beweist.

 

Die Strafvollstreckungskammer und auch Dr. Leipziger hat die Verantwortung zu tragen, dass es zu dieser unhaltbaren Doppelfunktion gekommen ist und nicht Einsicht und Bereitschaft zeigen, diese „double-bind-Situation“für die Justiz, das unschuldige Opfer Herrn Mollath und auch in gesellschaftlicher, politischer Verantwortung aufzulösen.                                                             Es wäre unmenschlich, wenn das Landgericht Regensburg im Rahmen des Wideraufnahme-

verfahrens die unhaltbare, unmenschliche Stellungnahme des nicht neutralen Dr. Leipziger zum Anlaß nimmt, Herrn Mollath wider besseren Wissens nicht sofort freizulassen.

Herr Dr. Leipziger hat nachweislich das Interesse, dass sein Falschgutachten aufrechterhalten bleibt(hat angebliche Symptome selbst zu verantworten „Kernseifen-Geschichte“) und ist auch aufgrund dieser Interessenskollision eindeutig befangen.Verantwortlicher  Arbeitgeber des Chefarztes ist der Bezirk Oberfranken, Bayreuth, die fachliche Aufsicht über die Unterbringung in der Forensik hat der Bezirkstagspräsident von Oberfranken, Herr Dr. Denzler und hauptverantwortlich ist die Staatsministerin Frau Haderthauer. Es ist nachdrücklich zu fordern, dass Herr Dr. Leipziger jeglicher Einflussnahme bezüglich Herrn Mollath entbunden wird.

Solange dies nicht realisiert wird, ist davon auszugehen, dass die Verantwortlichen Herrn Dr. Leipziger decken und sich ebenfalls schuldig machen.

Dass die  menschenverachtende, zerstörerische Störung des Schlafes, des Tiefschlafes durch die offene Tür und durch nicht notwendige mehrmalige Zimmerkontrollen trotz vielfacher Eingaben nicht beendet wurde legt dies nahe.

Freiheit für Herrn Gustl Mollath !

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Ein medizinisches Gutachten enthält folgende typische Kernelemente:

An ..

Im Auftrag von .. erstelle ich das folgende

fach? ärztliche? wissenschaftliche? Gutachten

über ..

Das GA stützt sich auf eine augenärztliche/psychiatrische/.. Untersuchung und eine Exploration wann ..wo .. , eine Fremdanamnese mit .. in.. am.., eigene Befunde .. sowie die Akten des .. Az Seiten von bis .. In dem GA sind die Fragen des .. wie  niedergelegt im Schreiben vom .. zu beantworten.

Aktenlage:

Hier folgen z.B. Befunde einer Röntgenuntersuchung, einer Gewebeuntersuchung etc. oder im Fall eines forensischen GA auch Verhaltensbeschreibungen von Drittpersonen.

..

Zusammmenfassung und Bewertung:

Natürlich ist es Aufgabe eines Gutachters, alle diese Befunde eigenständig zu bewerten und einzuordnen. Und wenn der Gutachter Zweifel an der Diagnose eines schrifltlichen Befunds hat, muss er das zumindest diskutieren und kann ggf. die Diagnose von weiteren Befunden abhängig machen, z.B. das Gericht auffordern, weitere z.B. Zusatzgutachten zu veranlassen.

 

 

 

 

5

@ RA Stadler

 

Nur kurz zu Ihrem neuesten Blog.

 

Offenbar will Herr M. sich grundsätzlich nicht mehr begutachten lassen.

 

Wie will dann die StVK BT zu einer einigermaßen fundierten Prognoseeinschätzung kommen.

 

Sie kann, aber muss nicht glauben: "Ich war nie krank und habe keine Straftaten begangen"

 

Herr M. muss von Rechts wegen mit niemanden reden oder gar kooperieren. Nur dürfen er und seine juristischn Berater sich nicht wundern, wenn sein Verhalten ihn nicht weiter bringt.

 

Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit der Freiheitsentziehung sind davon aber völlig unabhängig.

2

Oberfranke schrieb:
Offenbar will Herr M. sich grundsätzlich nicht mehr begutachten lassen.

 

Wie will dann die StVK BT zu einer einigermaßen fundierten Prognoseeinschätzung kommen.

Muss sie das? Sie schreiben schließlich selbst hin, worauf es ankommt:
Oberfranke schrieb:
Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit der Freiheitsentziehung sind davon aber völlig unabhängig.
Und auf die Verhältnismäßigkeit (§ 62 StGB) kommt es an, nicht darauf, ob ein möglicher neuer Prozess eine Allgemeingefährlichkeit Mollaths belegen könnte oder nicht. Auch die StVK BT ist an Gesetz und Recht gebunden - an die Einhaltung von Art. 20 (3) GG musste das Justizpersonal durch das BVerfG erst neulich zum Thema "Deals im Strafprozess" erinnert werden. Scheint aber nicht auf diese Problematik beschränkt zu sein.

Oberfranke schrieb:
Sie kann, aber muss nicht glauben: "Ich war nie krank und habe keine Straftaten begangen"

 

Herr M. muss von Rechts wegen mit niemanden reden oder gar kooperieren. Nur dürfen er und seine juristischn Berater sich nicht wundern, wenn sein Verhalten ihn nicht weiter bringt.

Die Ermessensentscheidung nach § 67d (2) und (6) liegt alleine bei der StVK. Es ist Aufgabe der StVK, eventuelle Gutachten zu beauftragen und den Inhalt und die Qualität der Gutachten zu bewerten und zu würden und ebenso alle zusätzlichen, möglicherweise neuen oder veränderten Sachverhalte, die zur Unterbringung geführt haben.

Wenn sich die StVK nun auf die noch nicht entschiedenen Wiederaufnahmeanträge beruft um Untätigkeit zu rechtfertigen, dann mag das ja menschlich verständlich sein (Feigheit und Untätigkeit ist in Organisationen immer weniger riskant als eigene Positionen und Initiative), aber dennoch eindeutig dem Gesetz zuwiderlaufend und damit verfassungswidrig nach Art. 20 (3) GG.

Ein "Gutachten" der "Qualität" "ich richte mein psychiatrisches Fähnchen nach dem juristischen Wind" ist aus denselben Motiven wie o.g. menschlich verständlich, aber derart entlarvend, dass der Verfasser eines derartigen Machwerks sofort wegen Inkompetenz abgesetzt gehört.

Einige von uns haben amerikanische Krimis gesehen oder gelesen. Folgende Sätze dürften deshalb bekannt sein:

You have the right to remain silent. Anything you say or do may be used against
you in a court of law. You have the right to consult an attorney before speaking ...

In Deutschland sollte es wohl eher lauten:

Sie haben das Recht einen Psychiater aufzusuchen. Alles was Sie sagen oder auch nicht sagen kann im Gericht gegen Sie benutzt werden.

Sie haben das Recht einen Anwalt aufzusuchen. Er oder sie wird maximal ein Gegengutachten anfordern, was immernoch voraussetzt, dass Sie sprechen, wenn nicht, können Sie 7 Jahre oder vielleicht lebenslang psychiatrisiert werden.

RA Stadler schreibt: "Vermutlich haben wir es hier nicht mit einem bedauerlichen Einzelfall, sondern mit einem systemischen Problem zu tun."

Wenn man auf Grund Privatinitiative und nicht auf Grund Taten einen Menschen zu psychiatrisieren kann, ist es dann nicht eher eine Missachtung des Gesetzes?

Das ist nicht nur ein Systemfehler, sondern für einen sog. Rechtsstaat eine Katastrophe.

Im Falle Mollath haben Frau Krach und Frau Mollath den Ball ins Rollen gebracht. Möglicherweise ohne zu wissen, wohin er führt. Aber auf Grund was? Ehestreit - Aussage gegen Aussage. Eine Menge Menschen wollten an Frau Mollath glauben, vielleicht um private Interessen zu verteidigen. Und sie wollten daran glauben, dass Herr Mollath es nicht anders verdient hätte.

Aber wenn der Glauben und nicht die Taten für eine Rechtsprechung im Mittelpunkt steht, dann ist es doch nichts anderes als Hexenprozesse.

Gruss

Tine Peuler

5

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

gestatten Sie mir bitte im Zusammenhang mit den jüngsten Entwicklungen (Artikel auf Heise/Telepolis) um Dr. Leipziger ein paar Fragen an Sie zu richten.

Dr. Leipziger kann doch nicht im rechtsfreien Raum agieren.
Er muss ein Gutachten, aber auch seine Stellungnahme zu seinem Patienten, nach bestimmten Vorgaben erstellen, die auch ärztlich-ethische Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben. Hier dürften die Ärztekammern etc. klare Richtlinien usw. ausgearbeitet haben.

Nun zu meinen Fragen.

Wie kann es sein, dass Dr. Leipziger sich auf „rechtliche Hinweise“ aus der Verhandlung beruft?

Hierzu der Artikel aus Heise/Telepolis: "Doch", so die Anwältin, "Leipziger hat sich auf rechtliche Hinweise zurückgezogen", die während der Verhandlung gegeben worden seien

Welche „rechtliche Hinweise“ können das gewesen sein?

Ohne Sie zu sehr zum Spekulativen zu verleiten, möchte ich Sie doch fragen, ob Sie sich „rechtliche Hinweise“ vorstellen können, die Leipziger in seiner Tätigkeit als Gutachter haben einschränken können? Und wenn es solche „rechtlichen Hinweisen“ gegeben hat, muss die Frage gestellt werden, ob diese „rechtlichen Hinweise“ nicht grundsätzliche gesetzliche Vorgaben, die die Tätigkeit eines Gutachters regeln, entgegenstehen.

Gibt es eine Möglichkeit, wie man diese angeblichen „rechtlichen Hinweise“, in Erfahrung bringen kann?

Außerdem interessiert mich noch ein anderer Aspekt.

In dem Heise/Telepolis Artikel heißt es

„Die Anwältin sagte, Leipziger habe ihr gegenüber geäußert, er könne seine Stellungnahme nur ändern, wenn es neue "juristische Feststellungen" gäbe, die zum Beispiel darlegten, dass Mollath die ihm zur Last gelegten Taten nicht begangen habe.

Ich verstehe hier die Rechtsgrundlage für seine Argumentation nicht.
Ein psychiatrischer Gutachter kann sich doch nicht nur auf juristische Festellungen berufen, die Straftaten einer Person festgestellt haben wollen.
Paraphrasiert heißt das, was Leipziger hier sagt: Ich werde grundsätzlich meine Gutachten in Sachen Mollath nach den juristischen Feststellungen treffen. Wenn ein Gericht festgestellt hat, dass Mollath  Straftaten begangen hat (wohlgemerkt selbst wenn es sich dabei um ein Fehlurteil handeln sollte), werde ich ein Gutachten erstellen, das die Feststellungen der Justiz untermauert.
Noch weiter heruntergebrochen: Wenn ein Gericht Urteilt, dass Mollath ein Straftäter ist, bescheinige ich durch ein Gutachten, dass er gefährlich ist.
Wenn ein Gericht feststellt, dass Mollath die ihm zur Last gelegten Taten nicht begangen hat (o.ä.), dann erstelle ich ein Gutachten (oder komme zu einer Feststellung), das Mollath nicht (mehr) gefährlich ist.

Verstehe ich hier etwas falsch?
Denn diese Argumentation ist doch absurd!

Was mich des Weiteren noch interessiert: Welche (rechtlichen) Schritte sind gegen Dr. Leipziger im Zusammenhang mit dieser Argumentation möglich?
Hat hier nicht auch der Träger der Klinik eine Verantwortung?

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir diese Fragen beantworten könnten.

Mit freundlichen Grüßen.

Wilhelm  H.

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WH schrieb:

Paraphrasiert heißt das, was Leipziger hier sagt: Ich werde grundsätzlich meine Gutachten in Sachen Mollath nach den juristischen Feststellungen treffen. Wenn ein Gericht festgestellt hat, dass Mollath  Straftaten begangen hat (wohlgemerkt selbst wenn es sich dabei um ein Fehlurteil handeln sollte), werde ich ein Gutachten erstellen, das die Feststellungen der Justiz untermauert.
Noch weiter heruntergebrochen: Wenn ein Gericht Urteilt, dass Mollath ein Straftäter ist, bescheinige ich durch ein Gutachten, dass er gefährlich ist.
Wenn ein Gericht feststellt, dass Mollath die ihm zur Last gelegten Taten nicht begangen hat (o.ä.), dann erstelle ich ein Gutachten (oder komme zu einer Feststellung), das Mollath nicht (mehr) gefährlich ist.

Verstehe ich hier etwas falsch?
Denn diese Argumentation ist doch absurd!

Genau das dürfte Leipziger gemeint haben. Daß diese Auffassung rechtlich falsch ist, hat RA Strate bereits in seinem Wiederaufnahmeantrag, Seite 136, nachgewiesen.

Man kann dieses Zusammenspiel zwischen tatbezogenen und psychiatrischen Feststellungen bereits aus dem Urteil von 2006 herauslesen. In leicht verkürzter Form: Leipziger bejahte die psychische Störung, weil Mollath die Straftaten begangen hat und Brixner bejahte die Täterschaft Mollaths, weil dieser psychisch gestört war. Ein solches Perpetuum mobile muß nur einmal angestoßen werden. Hier war der erste Anstoß wohl das ferndiagnostische Attest, daß die ehemalige Frau Mollath bei Gericht vorlegte.

Es ist das "Gute" am Fall Mollath, daß eine breite Öffentlichkeit einmal sieht, zu welchem unseligem Zusammenspiel es zwischen Gericht und Psychiatern kommen kann.

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O. García schrieb:

Man kann dieses Zusammenspiel zwischen tatbezogenen und psychiatrischen Feststellungen bereits aus dem Urteil von 2006 herauslesen. In leicht verkürzter Form: Leipziger bejahte die psychische Störung, weil Mollath die Straftaten begangen hat und Brixner bejahte die Täterschaft Mollaths, weil dieser psychisch gestört war..

 

Im Fall Mollath ging man ja sogar noch einen Schritt weiter:

Weil die einfache Körperverletzung und diese seltsame "Freiheitsberaubung" nicht ausreichte, bat Leipziger noch um weitere, zeitnahe Straftaten Mollaths, und bekam Reifenstechereien geliefert.

Es gab zwar nicht den geringsten Beweis für Mollaths Täterschaft, aber für einige der zerstochenen Reifen hätte Mollath ein Motiv gehabt.

Leipziger liefert halt, was bestellt wird.

 

 

5

 

 

 

http://www.blaek.de/pdf_rechtliches/haupt/bo2002.pdf

 

§ 25

Ärztliche Gutachten und Zeugnisse Bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse hat der Arzt mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen seine ärztliche Überzeugung auszusprechen. Gutachten und Zeugnisse, zu deren Aus- stellung der Arzt verpflichtet ist oder die auszustellen er übernommen hat, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. Zeugnisse über Mitarbeiter und Ärzte in Weiterbildung müssen grundsätzlich innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung, bei Ausscheiden unverzüglich, ausgestellt werden.

 

 

Nach der Berufsordnung müsste ein Arzt, wenn er seine Feststellungen auf ein haltloses Urteil stützt, im Gutachten deutlich angeben, dass seine Schlussfolgerungen keineswegs auf selbst erhobenen Befunden sondern auf vorgegebenen juristischen Feststellungen beruhen.

Andernfalls liegt doch eine Verletzung der Sorgfaltspflicht vor. Wenn beim Gericht der Eindruck entsteht, die Feststellungen beruhen auf Befunden, oder?

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Grübler schrieb:

 

..Nach der Berufsordnung müsste ein Arzt, wenn er seine Feststellungen auf ein haltloses Urteil stützt, im Gutachten deutlich angeben, dass seine Schlussfolgerungen keineswegs auf selbst erhobenen Befunden sondern auf vorgegebenen juristischen Feststellungen beruhen.

Andernfalls liegt doch eine Verletzung der Sorgfaltspflicht vor. Wenn beim Gericht der Eindruck entsteht, die Feststellungen beruhen auf Befunden, oder?

 

Im Fall Mollath gabs zum Zeitpunkt der Zwangsbegutachtung noch gar kein Urteil.

Und als Grund für die Einweisung waren die einfache Körperverletzung (mit der flachen Hand), Freiheitsberaunbung über max. 90 Minuten und Briefdiebstahl angegeben. Ehetreitigkeiten also.

Mir fällt es schwer nachzuvollziehen, wie Leipziger da auf eine Gefahr für die Allgemeinheit kommen kann, selbst wenn er sich da auf ein (Vor)urteil beruft.

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Es ist zu unterscheiden zwischen dem Erstgutachten - ohne Urteil, aufgrund von rechtlichen Hinweisen - und der jetzigen Stellungnahme, beruhend auf dem unrichtigen, aber rechtskräftigen Urteil.

 

Wenn Leipziger beim Erstgutachten davon ausgeht, dass der Mann die Taten begangen hat (entgegen eigener Erkenntnisse aus den Akten), und die Feststellungen im Urteil als Tatsachen voraussetzt, dann kann er zum (Fehl-)Schluss kommen, dass der Mensch gefährlich sei.

Der Fehler ist dann, dass Leipziger dem Gericht seine Zweifel aufgrund eigener Aktenkenntnis hätte mitteilen müssen und zum Beispiel dem Gericht sagen, hier sind Belege über Nummernkonten, ist das wirklich Wahn? Sich diese Bestätigung beim Gericht zu holen, ist eine Pflichtverletzung von Leipziger bei der Erstellung des Erstgutachtens.

 

Bei der jetzigen Stellungnahme müsste ganz klar gesagt werden, dass die Prognose auf dem derzeit in Zweifel gezogenene rechtskräftigen Urteil beruht. Wenn es sorgfältig nach bestem Wissen und Gewissen erstellt werden muss, wie kann dann ein Mensch darauf kommen, ohne Hinweis auf die zweifelhaften Grundlagen eine weitere Unterbringung für notwendig zu erachten?

Ein Grund, warum Leipziger weiterhin auf der Unterbringung besteht, könnte sein, dass er eben die Verteidigungsschiene fahren will, dass er eben davon überzeugt gewesen sei und sich auf die JuristInnen verlassen habe. Deshalb sei Vorsatz ausgeschlossen. Sein Schreiben an die Staatsanwaltschaft mit der Aufforderung nach weiteren Ermittlungsverfahren nach dem Telefonat mit Eberl (Chronologie Webseite) beweist, dass das Gutachten zielgerichtet erstellt wurde, das Ziel war die Unterbringung. Sich da noch herauszuwinden wird hoffentlich ganz schwierig für ihn werden. Vermutlich wäre es wesentlich besser, irgendwann einzuknicken, Ross und Reiter zu nennen, zuzugeben, mal Mist gebaut zu haben und fertig.

Kindliche Trotzhaltung hilft bei bereits allgemein bekannten Tatsachen in der Regel wenig.

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@Gruebler 

Ihre Distinktionen sind m.M nach zutreffend.

Man kann aber auch noch folgende Randüberlegungen anfügen:

Es mag vielleicht gute juristische Übung und richterliche Gepflogenheit sein, Unterbringungsentscheidungen einer Strafvollstreckungskammer einfach fortzuschreiben, es widerspricht aber dem ärztlichen Ethos, sowie der wissenschaftlich-methodischen Mindestanforderung einer ärztlichen Stellungnahme: 

Anamnese-Befunde können nicht über Jahre fortgeschrieben werden! Diese gelten immer nur Stichtagsbezogen!

Die Anfrage des Gerichts ist auf die Gefährlichkeit Mollaths bezogen und gerade nicht auf die Tätigkeit oder Nichttätigkeit der "behandelnden" Ärzte.

 

Es ist unzulässig, eine Eingangs festgestellte krankheitsbedingte Gefährlichkeit mit der Begründung fortzuschreiben, es habe keine Therapie stattgefunden. Dies würde die Möglichkeit von Spontanheilungen oder sich abklingelnden Krankheitsverläufen negieren.

 

In diesem speziellen Fall kann sich Leipziger m.E. eben NICHT darauf berufen, dass er mangels Exploration keine Möglichkeit hat, den mutmasslichen Wahn nachzuweisen,

DENN das Eingangsgutachten ist ja gerade nicht auf Exploration gegründet gewesen, sondern nach "rechtlichen Hinweisen" (i.e. keine nachgewiesene Schwarzgeldverschiebungen).

Es wurde mithin nur auf Basis von Vorwürfen (Verhandlungsgutachten) und deren Aktenlage erstellt. 

Eingeflossen sind ebenso Erkenntnise aus der verfassungsrechtlichen fragwürdigen Totalbeobachtung.

 

An dieser Ausgangslage hat sich NICHTS geändert. Mollath ist seit 7-8(!) Jahren unter Totalbeobachtung. 

Der Revisionsbericht ist seit längerem zugänglich. Eine simple Internet Recherchie gebietet in diesem Fall die ärztliche Sorgfaltspflicht.

 

Fazit:

Mit dieser neuen Stellungnahme des Herrn Leipziger ist objektiv eine grobe Sorgfaltspflichtverletzung festzustellen und mithin eine vorsätzliche Freiheitsberaubung seit Abgabe dieser Stellungnahme nachgewiesen.

 

 

 

astroloop schrieb:

@Gruebler 

Es mag vielleicht gute juristische Übung und richterliche Gepflogenheit sein, Unterbringungsentscheidungen einer Strafvollstreckungskammer einfach fortzuschreiben, es widerspricht aber dem ärztlichen Ethos, sowie der wissenschaftlich-methodischen Mindestanforderung einer ärztlichen Stellungnahme: 

Anamnese-Befunde können nicht über Jahre fortgeschrieben werden! Diese gelten immer nur Stichtagsbezogen!

Die Anfrage des Gerichts ist auf die Gefährlichkeit Mollaths bezogen und gerade nicht auf die Tätigkeit oder Nichttätigkeit der "behandelnden" Ärzte.

Es ist unzulässig, eine Eingangs festgestellte krankheitsbedingte Gefährlichkeit mit der Begründung fortzuschreiben, es habe keine Therapie stattgefunden. Dies würde die Möglichkeit von Spontanheilungen oder sich abklingelnden Krankheitsverläufen negieren.

 

Ich kann Ihre Argumentation sehr gut nachvollziehen. Sie entspricht aber leider nicht der Realität in Deutschland.

Aus Sicht der Psychiatrie bedeutet die fehlende Krankheitseinsicht Mollaths, dass dieser weiterhin krank ist. Lesen Sie doch nur diese Kurzdefiniton, dann wissen Sie, wie hochgefährlich eine psychiatrische Einrichtung für Menschen sein kann, die sich unschuldig und gesund fühlen (wie eben Herr Mollath über viele Jahre hinweg):

Mangel an Krankheitseinsicht: Der Patient kann seine vom Arzt als krankhaft beurteilten wesentlichen Erlebnis- und Verhaltensweisen nicht als krankhaft anerkennen. Eine fehlende Krankheitseinsicht gehört zu den häufigsten Symptomen einer Schizophrenie. Im Anfangstadium der Erkrankung fehlt die Krankheitseinsicht bei fast allen an Schizophrenie Erkrankten. Wahnsymptome und Halluzinationen werden als Realität erlebt. Der Kranke empfindet sich als tatsächlich verfolgt, andere können seine Gedanken lesen oder verändern etc. Er kann die Krankheit selbst nicht als Krankheit wahrnehmen, leidet subjektiv nicht an Verfolgungswahn, sondern fühlt sich verfolgt, hat die Gewissheit dass dies so ist und kennt die Verfolger, geht davon aus, dass er dies aus seinen Beobachtungen heraus auch beweisen kann. Angehörige und Ärzte, die zu überzeugen suchen werden als Besserwisser gesehen, die meinen etwas beurteilen zu müssen, von dem sie keine Ahnung haben. Es handelt sich dabei um ein "Nicht-Wahrhaben-Können, nicht um ein "Nicht-Wahrhaben-Wollen".

Erst wenn Herr Mollath Krankheitseinsicht gezeigt hätte, hätte man von einem Beginn der Heilungsphase oder auch "Spontanheilung" sprechen können. Herr Mollath wäre bis an sein Lebensende in der Psychiatrie geblieben (so, wie es vielen anderen Menschen auch geht).

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Psychofan schrieb:

Ich kann Ihre Argumentation sehr gut nachvollziehen. Sie entspricht aber leider nicht der Realität in Deutschland.

Aus Sicht der Psychiatrie bedeutet die fehlende Krankheitseinsicht Mollaths, dass dieser weiterhin krank ist. 

Ich habe ziemlich unsauber formuliert, aber fehlende Krankheitseinsicht ist sowieso nur ein Teilsymptom und von Leipziger hier auch nicht postuliert.

Der Mollath unterstellte Wahn muss sich in der klinischen Diagnostik in irgendeiner Form manifestieren.

In seiner Krankheitsgeschichte ist dies nur für die Schwarzgeld-Erklärungsmuster nachweisbar.

 

Sehen Sie, Leipziger behauptet laut diesem Zeitungsartikel, dass er rechtmässige Urteile nicht aufheben könne, laut denen Mollath erhebliche Straftaten unter Aufhebung seiner Schuldfähigkeit wegen einer krankhaften, psychischen Störung begangen hat.

 

Im Urteil ist entsprechend die Unterbringung angeordnet bis die Rückfallgefahr entfällt.

 

Für die Position der Strafkammer ist es durchaus richtig anzunehmen, dass sie die jährliche Unterbringung weiterführt, solange keine Belge für den Wegfall der Rückfallgefahr vorliegen (Bsp. Therapieerfolg)

 

Die blosse Fortschreibung des Gerichts wird zwar vom BVerfG moniert, ist aber dennoch formal-juristisch korrekt zustande gekommen.

 

Selbstverständlich besteht das Urteil fort. Mollath ist Täter der im zur Last gelegten Taten. Das ist unbestritten. 

 

Alle Elemente des Urteils bestehen fort. Leipzigers Beitrag heute -und nur deshalb bekommt die Klinik eine Anfrage- ist sich zum Vorliegen der Störung zu äussern.

 

Im Unterschied zur Strafvollzugskammer kann ER aber NICHT weiterschreiben, d.h. ohne Therapie von einer weiterbestehenden Störung ausgehen. Denn ohne Exploration kann er sich nur auf die Akten stützen. 

Und die Aktenlage hat sich verändert! (HVB-Bericht und Befangenheit Worthmüllers)

 

Zu behaupten, es liege kein rechtskräftiges Urteil vor, dass seiner Diagnose eine andere Feststellung vorschreibt, ist nicht nur aberwitzig und eine grobe Verletzung aller seiner Sorgfaltspflichten, nein, damit macht er sich nun auch strafbar!

Denn er blendet vorsätzlich aus! Er schiebt nicht-medizinische Scheinbegründungen vor!! und gibt somit absichtlich unrichtige Auskunft um die Unterbringung aus sachfremden Motiven andauern zu lassen.

 

Ich denke wir alle gehen davon aus, Leipziger hat dieses Statement erst nach eingehender Rücksprache mit seinem Anwalt abgegeben. Nun ist er aber schlecht beraten worden. Denn die Argumentation, die Leipziger bei der letzten Haftprüfung freigesprochen hätte, ist nicht mehr anwendbar. Jetzt hat er sich reingeritten...

 

Dumm gelaufen. 

 

Interessant sind doch heute fast nur noch die zivilrechtlichen Ansprüche, denn Mollath kommt in jedem Falle raus. Ob erwiesenermassen schuldig oder als Justizopfer. 

Richtig interessant wird es erst nach der WA.

 

Sehr geehrte Kommentatoren, 

Herr Sobottka schrieb:

Im aktuellen Mollath-Artikel der  SZ steht:

"Dass die Kammer mindestens einem Antrag stattgibt, gilt in Kreisen der bayerischen Justiz als "hochwahrscheinlich". Immerhin hat die Staatsanwaltschaft selbst einen Antrag gestellt und diesen auf etwa 150 Seiten begründet. In dem Fall müsste Mollath sofort freigelassen werden, bestätigt der Sprecher des Regensburger Landgerichts, Gerhard Lindner. Denn mit der Wiederaufnahme des Verfahrens erlischt die Rechtskraft des Urteils von 2006."

Ist das tatsächlich korrekt? Ich kann mir das nicht vorstellen, dass die Entscheidung für ein Wiederaufnahmeverfahren zwingend mit Mollaths sofortiger Freilassung verknüpft wäre. Schließlich werden  Einweisungen nach § 63 StGB ja auch VOR Rechtskraft des Urteils vollzogen, hat die Revision ja keine insofern aufschiebende Wirkung, und schließlich gibt es ja neuere Beschlüsse, die Mollath als krank und gefährlich einordnen.

Die Antwort ist nicht ganz leicht, denn weder im SZ-Artikel noch in der Frage Herrn Sobottkas stimmt die Terminologie (im SZ-Artikel heißt es "einem Antrag stattgibt", in der Frage Herrn Sobottkas heißt es "Entscheidung für ein WA-Verfahren", beides ist terminologisch ungenau bzw. falsch).

1. Das WA-Verafhren gliedert sich in zwei Teile, das Aditionsverfahren, in dem die Zulässigkeit der Anträge geprüft wird (§ 368 StPO). Nur wenn die Zulässigkeit bejaht wird, wird im Probationsverfahren auch die Begründetheit geprüft (§ 369 StPO). Auch während dieser Prüfung bleibt die Rechtskraft des früheren Urteils noch wirksam, d. h. auch die Vollstreckung (kann) noch weitergehen, kann aber auch nach § 360 Abs. 2 StPO unterbrochen werden.

2. Erst wenn das Gericht infolge dieser Prüfung gem. § 370 Abs. 2 StPO beschließt, dass es eine neue Hauptverhandlung geben muss oder nach § 370 Abs.1 das Urteil ohne neue Hauptverhandlung aufhebt, dann entfällt mit Rechtskraft dieses Beschlusses die Rechtskraft des Urteils und damit die Grundlage für die Vollstreckung: Herr Mollath ist DANN umgehend freizulassen. Diese Entscheidung ist wohl im SZ-Artikel gemeint mit "stattgibt". Aber das ist nicht - wie die Frage Herrn Sobottkas nahelegt - der Beginn des Wiederaufnahmeverfahrens, sondern dessen positiver Abschluss.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Lieber „Gastmann“,

ich habe gerade ihren Beitrag gelesen und denke mir, dass sie sehr überzeugt sind und „eine Meinung“ haben, aber wirklich reflektiert scheint ihre Meinung und ihre Überzeugung in der angesprochenen Sache nicht zu sein (das meine ich nicht polemisch, sondern als nüchterne Feststellung).

Sie schreiben: >>Wer nur Sachschaden an einem Auto verursachen will, nimmt den Schlüssel und zerkratzt einmal rundherum den Lack, damit richtet er einen viel größeren Schaden an.<<

Ihre Schlussfolgerung ist zu undifferenziert, da sie von einer Voraussetzung ausgehen, die Sie sich zusammen gebaut haben. Woher wissen Sie, was das Ziel der Sachbeschädigung war? Sie gehen davon aus, dass, wenn jemand Reifen auf die Art und Weise zerstört, wie angeblich in dem Fall Mollath geschehen, jemand bewusst schwerste Schäden des Fahrzeugführers in Kauf nimmt. Dass kein anderer Grund bei der angeblichen Sachbeschädigung eine Rolle gespielt haben kann, versuchen Sie durch ein schwaches Argument zu untermauern. Sie schreiben, dass eine Rundumbeschädigung des Lacks einen größeren Schaden angerichtet hätte, als die Beschädigung der Reifen. Also: Es ging dem Täter nicht um Sachbeschädigung, sondern um die Gefährdung des Lebens des Fahrzeugführers.

 

Alleine in dieser Argumentation, steckt eine gewaltige Portion an Komplexitätsreduktion.

 

  1. Ein zerkratzter Lack mag wirtschaftlich mitunter einen größeren Schaden darstellen, als zerstochene Reifen. Aber  hier gibt es viele Variablen. Um welche Automarken handelt es sich bzw. wie alt, wie neu waren die jeweiligen Autos? Gibt es Vorbeschädigungen an dem Fahrzeug? Welche Reifen wurden zerstochen? Reifen einer kleinen Größe für Fahrzeuge mit geringer Geschwindigkeit? Dann wäre der Schaden in der Tat nicht so groß. Wenn Sie ein Auto haben, dass aber über einen starken Moto verfügt, folglich entsprechende Reifen fahren, sind hier schnell, je nach Felgentyp, also Breite (etc.) der Bereifung, Beträge im vierstelligen Bereich fällig.
  2. Sie stellen einfach so in den Raum, dass der ökonomische Schaden bei der Tat eigentlich die entscheidende Rolle gespielt haben musste (also wenn, wie Sie annehmen, dass es war  von vorneherein die Absicht war, nicht einen ökonomischen Schaden herbeizuführen, sondern das Leben des Fahrers zu schädigen). Haben Sie mal daran gedacht, dass bei den angeblichen Taten andere Variablen zu berücksichtigen sind, z.B., die Gefahr, nicht erwischt zu werden. Um ein Auto rundum am Lack zu beschädigen, müssen sie sich in 4 verschiedene Positionen begeben (Fahrerseite, Beifahrerseite, vorne, hinten – auch bei der Beschädigung der Reifen müssten Sie sich auf vier Positionen begeben, aber nur, wenn Sie auch alle vier Reifen an einem Fahrzeug beschädigen wollen. Wissen Sie, ob der Täter das an allen Fahrzeugen getan hat?). Außerdem erzeugt das Zerkratzen des Fahrzeuges ein Geräusch. Hinzu kommt, dass ein oberflächliches zerkratzen eine einfacherer Schadensbehebung zulässt, als wirklich tiefe Kratzer, die ins Blech gehen. Um diese Kratzer zu erzeugen, müssen Sie mit Kraft und aus einem entsprechenden Winkel heraus, ansetzen.  Die „Geräuschpegel“ wird dementsprechend erhöht.
  3. Denkbar ist auch, dass  dem Täter es gar nicht in erster Linie um eine ökonomische Schädigung der Geschädigten gegangen ist, sondern dass er schlicht einen maximalen Schaden auf der „psychologischen Ebene“ anrichten wollte. Über ein zerkratztes Fahrzeug werden Sie sich ärgern, sie müssen, je nach Typ, BJ. etc. tiefer oder weniger tief in die Tasche greifen, aber egal wie zerkratzt das Fahrzeug ist, weiterfahren können sie immer noch.

Bei einem beschädigten Reifen sieht es anders aus. Hier können Termine etc. nicht wahrgenommen werden, hier müssen möglichst rasch Werkstatttermine vereinbart werden, (M)man (n) (Frau) muss die Ärmel hochkrempeln, den Reifen wechseln oder den Pannendienst rufen usw. usf. Viel Arbeit, eine große Umstellung, auf einen Streich.

Außerdem sind Sie in eine Falle getappt. Sie schreiben: >>Dies gilt insbesondere für die Frage, wer damals an so vielen Autos die Reifen angestochen hat<<

Woher WISSEN Sie, dass  wirklich Reifen zerstochen wurden und dann auch noch an „so vielen Autos“. Bitte fragen Sie sich einmal selbst: WISSEN Sie, oder GLAUBEN Sie zu wissen. Darin liegt ein Unterschied!
Sie vertrauen wohl auf die Richtigkeit des Urteils (oh je!) bzw. der Ermittlungen (nochmal: oh je!).

Was wissen wir wirklich über angeblich beschädigte Reifen?

Welche Beweiserhebung gab es? Gibt es eindeutige Gutachten, die festgestellt haben, dass Reifen durch Einwirkung eines Täters zerstört wurden?
Wurden die Gutachten der Gutacher begutachtet? (man muss sich bei dem Fall Mollath ja immer doppelt absichern). Über all das wurde ja bereits geschrieben.

Ich habe an dieser Stelle jetzt nur mal auf die Schnelle versucht, ihren Beitrag ein wenig zu perspektivieren. Man könnte sicherlich ihren Beitrag noch weiter auseinanderdröseln, aber auch so dürfte sichtbar werden, was ich angesprochen haben: Ihr Beitrag ist eine mit reichlich Überzeugung geschriebene Meinung (im neg. Sinne, da nicht gut durchdacht).
Und das ist, wie schon geschrieben, nur sachlich gemeint.

Nichts für ungut. Mit besten Grüßen

WH

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aus der Chronologie:

2005-05-04 Ein Staatsanwalt macht folgenden Aktenvermerk: "Von Dr. Leipziger wurde nach Rücksprache mit Richter Eberl zur Begutachtung um neue, weitere Vorgänge gegen Herrn Mollath gebeten"

 

Im WA-Antrag ist noch ein Schreiben von Leipziger angeführt, vom 26.04.2005, in dem er nach Rücksprache mit Richter Eberl um weitere Vorgänge bittet.

 

Mit Blick auf die aus dem Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft (um mal nur die Ermittlungsergebnisse einer Behörde zu nehmen) beweist dies doch, dass Leipziger (im Auftrag von ???) hier ein bestimmtes Ergebnis durch sein Gutachten erreichen wollte.

 

Dies hat die Strafvollstreckungskammer bei ihrer anstehenden Entscheidung zu berücksichtigen. Das Erstgutachten, auf welches sich Leipziger beruft - und noch dazu sein eigenes - und das Urteil stehen auf mehr als wackligen Beinen.

 

Ich habe mal im Studium gelernt, Verhältnismäßigkeitsprinzip ist die Frage nach geeignet, erforderlich, zweckmäßig ... wo könnte die Kammer eine Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung sehen, es sei denn, sie sagt, der Mann ist unfähig Unrecht zu ertragen und wir würden eine tickende Zeitbombe entlassen ...

 

Es gibt keine einzige Veröffentlichung über eine Gefährlichkeit von Mollath, es behaupten nur mehrere Sachverständige, er sei es aufgrund der vorgeworfenen Taten. Diese fallen jetzt weg. Er mag ein Sonderling sein, vielleicht die eine oder andere abstruse Idee haben, aber wo ist die Beschreibung einer gefährlichen Situation? Irgendwo stand er habe wirr gewirkt in der Hauptverhandlung. Ja und, er hatte eine Zahnbürste einstecken (wieviele haben das - ohne dass dies ein Grund fürs Wegsperren ist), also auch nur ja und ... Mir kommt da der Begriff Kleinbürger in den Sinn ... und das Lied vom Sonntag in der kleinen Stadt ... und Justice von Alan Price.

Leider fehlte damals Herrn Mollath das Geld sich das Engagement eines Anwalts zu kaufen ...

 

 

 

 

5

Ich habe mir erlaubt, bei Frau Merk nochmals nachzuhaken:

 

http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-512-19193--f375626.html#q375626

 

Herrn Mollath stellte sie vor kurzem noch als gemeingefährlichen Gewalttäter dar, der zurecht zum Schutz der Allgemeinheit dauerhaft untergebracht ist (sekundiert von Amtsträgern wie Generalstaatsanwalt Nerlich bis hin zum SPD-Rechtsausschuss-Vorsitzenden Schindler...).

 

In meinem Fall ist man einen Schritt weiter: die Aufklärung, wie es zu der ungerechtfertigten Pathologisierung und dem Unterbringungsversuch nach Par. 63 StGB - ohne Straftat - überhaupt kommen konnte wird versucht, einfachst formaljuristisch unter den Teppich zu kehren, Hinweis Par. 145/147 GVG - die Strafbarkeit von Amtshandlungen prüft man quasi "selbst"....SO nicht mehr!

 

Fehlgutachten sind eine Tatsache! Das und die skandalösen und existentiellen Folgen für Einzelne sind endlich vorbehaltlos wahrzunehmen und umfassend aufzuklären und zu beenden! 

 

 

 

5

 

 

Warum soll Herr Mollath eigentlich seine rigide Haltung aufgeben? Ihm ist Unrecht widerfahren, eine Bearbeitung des erlebten Unrechts kann erst beginnen, wenn die hierdurch ausgelöste Situation (=Freiheitsentzug) vorüber ist.

 

Also, wenn der jetzt plötzlich krankheitseinsichtig werden würde, dann wäre er in meinen Augen wirklich krank.

 

 

 

 

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Man soll immer bedenken, selbst "Kranke" haben ein Recht auf Menschenwürde und auf ein faires Verfahren. Selbst wenn die Gutachter bei Mollath Recht hätten, bleibt die desolate Prozessführung frag- und eines Rechtsstaates unwürdig.  

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@Gastmann

Noch eine Ergänzung: Trotz meiner teilweise scharfen Kritik an Ihnen finde ich es gut und richtig, daß Sie sich an dieser Diskussion beteiligen. Ich finde, daß viel zu wenige derer, die tendenziell in Ihrer Richtung denken, öffentlich diskutieren. Ich glaube, viele denken wie Sie, aber "leiden still" unter diesem "Mollath-Rummel" und dem - so nehmen sie es teilweise wahr (fälschlich, wie ich meine) - "dumpfen Eindreschen auf die Justiz". Um so wichtiger ist die offene Diskussion. Sie dürfen mir glauben, daß ich im Fall Mollath meine Meinung in Teilpunkten schon mehrfach aufgrund von Argumenten aus Ihrer Richtung neu justiert habe.

Viel wichtiger als der 100. Diskussionsteilnehmer, der - ohne neue Gesichtspunkte anzuführen - sich darüber aufregt, wie mit Mollath umgangen wurde, sind mir Stimmen wie Ihre, von klabauter oder der Zweiflerin. Denn sie helfen dabei zu verstehen, wie man es _auch_ sehen und warum große Teile der Bevölkerung und vor allem der Großteil der Juristen so desinteressiert an dem Fall sind.

Das wollte ich klarstellen, weil Sie den Eindruck hatten, ich würde die "beschimpfen, die bloß anderer Meinung sind". Daß dem nicht so ist, habe ich hoffentlich mit meiner vorherigen Antwort ausgedrückt. Aber es ist mehr: Die "andere Meinung" ist mir in dieser Diskussion viel wichtiger als die mit mir übereinstimmende Meinung.

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O. Garcia schrieb:
@Gastmann

Noch eine Ergänzung: Trotz meiner teilweise scharfen Kritik an Ihnen finde ich es gut und richtig, daß Sie sich an dieser Diskussion beteiligen.

Dass Sie hier  -  anders als in Ihrem eigenen Blog  -  abweichende Meinungen ausdrücklich tolerieren, ist Ihnen hoch anzurechnen und wird die Verantwortlichen des Beck-Verlags sicher erfreuen. Um Ihnen umgekehrt auch etwas Nettes zu sagen: Ich finde es meinerseits gut und richtig, dass in Ihrer und Herrn Müllers Person hier Leute mitdiskutieren, die nicht von dem Bestreben beeinflusst sind, sich anhand der causa Mollath ihren eigenen Zusammenstoß mit der deutschen Staatsmacht als Konfrontation mit einem Unrechtsregime zurechtzulegen, und ich gebe unumwunden zu, dass mir das schon mehrfach bei der Feinjustierung meines eigenen Standpunkts geholfen hat.

 

O. Garcia schrieb:
Es sollte doch wohl selbstverständlich sein, daß ein psychiatrischer Gutachter immer dann, wenn die Täterschaft umstritten ist, die Frage der geistigen Gesundheit unter zwei verschiedenen, sauber getrennten Hypothesen beurteilt: a) der Proband hat die Tat(en) begangen; b) der Proband hat sie nicht begangen.

Das halte ich in dieser Allgemeinheit nicht für richtig. Wenn der Proband keine Straftat begangen hat, bedarf es im Strafverfahren keiner Feststellung seiner geistigen Gesundheit. Die ganze Exploration findet deshalb richtigerweise unter der Prämisse statt, dass der Proband die "Anlasstat" tatsächlich begangen hat. Der BGH aaO. sagt auch nichts anderes, sondern weist nur darauf hin, dass sich die Feststellungen des Sachverständigen nicht darauf beschränken dürfen, Folgerungen aus der Begehung der Anlasstat zu ziehen.

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Gastmann schrieb:

Ich finde es meinerseits gut und richtig, dass in Ihrer und Herrn Müllers Person hier Leute mitdiskutieren, die nicht von dem Bestreben beeinflusst sind, sich anhand der causa Mollath ihren eigenen Zusammenstoß mit der deutschen Staatsmacht als Konfrontation mit einem Unrechtsregime zurechtzulegen, und ich gebe unumwunden zu, dass mir das schon mehrfach bei der Feinjustierung meines eigenen Standpunkts geholfen hat.

Auch in diesem Punkt sind wir uns einig. Ich habe oben ja schon gesagt - auch auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen -, daß die Richtung der Kritik im Fall Mollath, die teilweise (!) anfangs eingeschlagen wurde (Stichwort "eidesstattliche Versicherung"), nicht nur falsch, sondern geradezu für Herrn Mollath schädlich war. Sie dürfte die Aufklärung des Falles um ein Jahr zurückgeworfen haben. Ich sehe das so, obwohl ich weiß, daß man sogar taktische Gründe für diese Fehldarstellung anführen könnte (Aufrütteln der Bevölkerung dadurch, daß man Komplexität herausnimmt und an Urängste appelliert).

 

Gastmann schrieb:

O. Garcia schrieb:
Es sollte doch wohl selbstverständlich sein, daß ein psychiatrischer Gutachter immer dann, wenn die Täterschaft umstritten ist, die Frage der geistigen Gesundheit unter zwei verschiedenen, sauber getrennten Hypothesen beurteilt: a) der Proband hat die Tat(en) begangen; b) der Proband hat sie nicht begangen.

 

Das halte ich in dieser Allgemeinheit nicht für richtig. Wenn der Proband keine Straftat begangen hat, bedarf es im Strafverfahren keiner Feststellung seiner geistigen Gesundheit. Die ganze Exploration findet deshalb richtigerweise unter der Prämisse statt, dass der Proband die "Anlasstat" tatsächlich begangen hat. Der BGH aaO. sagt auch nichts anderes, sondern weist nur darauf hin, dass sich die Feststellungen des Sachverständigen nicht darauf beschränken dürfen, Folgerungen aus der Begehung der Anlasstat zu ziehen.

 

 

Darüber kann man sicherlich streiten. Ich bin in den letzten Wochen über ein Interview mit einem Psychiater gestolpert, in dem auch diese Frage vorkam. Der Interviewte äußerte sich dahingehend, daß das Trennen der beiden Hypothesen fachwissenschaftlicher Standard sei. Ich habe das Interview jetzt nicht mehr gefunden und es deshalb bei der Perspektive des BGH belassen. Aber vielleicht kennt ein anderer (Psychofan?) einen Nachweis.

 

Ich halte diese Trennung für sinnvoll. Sie nimmt ja nichts weg gegenüber dem Vorgehen, das Sie und die Skeptikerin offenbar für richtig halten, sondern ergänzt es. Durch diese Trennung wird unmittelbar klar, auf welchen tatsächlichen Pfeilern das Gutachtenergebnis ruht. Dies erleichtert es dem Gericht, das Gutachten richtig zu würdigen.

 

Sie sagen "Wenn der Proband keine Straftat begangen hat, bedarf es im Strafverfahren keiner Feststellung seiner geistigen Gesundheit." und das ist richtig. Vom Ende her gesehen. Für die Prüfung ist aber die Abschichtung dieser beiden Voraussetzungen der jeweiligen Sanktion (Strafe mit Strafmilderung und/oder Unterbringung) erforderlich, damit nicht durch einen gedanklichen Kurzschluß die eine Voraussetzung die andere gleich mit abdeckt. Es ist doch klar: Der Angeklagte kann zwar geistig krank gewesen sein im Zeitpunkt der angeblichen Tatbegehung, aber die Tat nicht begangen haben. Auch bei diesem Sachverhalt muß es möglich sein, daß der Psychiater die Krankheit feststellt (zum Beispiel aufgrund von Tagebuchaufzeichnungen, Aussagen von Zeugen über das Verhalten des Angeklagten in diesem Zeitraum).

 

Wenn man nicht abschichtet, besteht die Gefahr (die sich im Fall Mollath m.E. verwirklicht hat), daß selbständig zu würdigende Teile des Sachverhalts (einerseits tatbezogene und andererseits psychiatrische) ineinander zerfließen. Um eine frühere Aussage in dieser Diskussion zu wiederholen:

 

In leicht verkürzter Form kann man folgendes aus dem Urteil von 2006 herauslesen: Leipziger bejahte die psychische Störung, weil Mollath die wirren Straftaten begangen hatte und Brixner war sichtlich von der Täterschaft Mollaths auch deshalb überzeugt, weil dieser psychisch gestört war. Ein solches Perpetuum mobile muß nur einmal angestoßen werden. Hier war der erste Anstoß das ferndiagnostische Attest über Mollath, das Petra M. bei Gericht vorlegte.

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O. García schrieb:

Die Richtung der Kritik im Fall Mollath, die teilweise (!) anfangs eingeschlagen wurde (Stichwort "eidesstattliche Versicherung"), nicht nur falsch, sondern geradezu für Herrn Mollath schädlich war. Sie dürfte die Aufklärung des Falles um ein Jahr zurückgeworfen haben. Ich sehe das so, obwohl ich weiß, daß man sogar taktische Gründe für diese Fehldarstellung anführen könnte (Aufrütteln der Bevölkerung dadurch, daß man Komplexität herausnimmt und an Urängste appelliert).

Bei aller Liebe, aber Ihre krude Theorie wird durch Wiederholung nicht gehaltvoller.

Ist Ihnen bewusst, was Sie damit formulieren und welches die daraus folgenden Konsequenzen sind?

 

Irgendein dahergelaufener Zaungast veröffentlicht im Internet ein weitestgehend unbelegtes (vlt. politisches) Pamphlet und die bayrische Justiz legt (vlt. beleidigt) ihre Arbeit nieder.

 

Wenn dies so wäre, hätten die Zustände in der Justiz Dimensionen erreicht, die mit dem Wort "Abgrund" und "elitärer Korpsgeist" gar nicht mehr erfasst werden können.

Zusätzlich stellt sich die Frage, was denn dann 2. Tatsacheninstanz, Wortprotokolle etc. für Verbesserungen bringen sollen?

 

Lassen Sie doch bitte den Unsinn, Herr Garcia.  

 

 

astroloop schrieb:

Bei aller Liebe, aber Ihre krude Theorie wird durch Wiederholung nicht gehaltvoller.

Ist Ihnen bewusst, was Sie damit formulieren und welches die daraus folgenden Konsequenzen sind?

 

Irgendein dahergelaufener Zaungast veröffentlicht im Internet ein weitestgehend unbelegtes (vlt. politisches) Pamphlet und die bayrische Justiz legt (vlt. beleidigt) ihre Arbeit nieder.

Was werfen Sie mir eigentlich vor? Werden Sie konkreter! Daß die Politik, etwa Merk (CSU) und Schindler (SPD), in Abwehr gegen diese e.V. von Richter a.D. Heindl gegangen ist, habe ich doch nicht erfunden, sondern können Sie in den Medien nachlesen. Auch, daß ein Jahr lang die Verteidigungslinie lautete "Ein Generalverdacht ist unerhört!"

Und daß die Justiz nicht aus eigener Kraft den Fall Mollath neu aufgerollt hat, sondern dies aus der Politik heraus angestoßen werden mußte, ist auch durch die Ereignisse belegt. Daß dies überhaupt nötig war, ist auch schlimm, ja. Aber ich spreche hier vom tatsächlichen Ablauf, nicht davon, wie es hätte sein müssen.

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O. García schrieb:

Was werfen Sie mir eigentlich vor? Werden Sie konkreter! Daß die Politik, etwa Merk (CSU) und Schindler (SPD), in Abwehr gegen diese e.V. von Richter a.D. Heindl gegangen ist, habe ich doch nicht erfunden, sondern können Sie in den Medien nachlesen. Auch, daß ein Jahr lang die Verteidigungslinie lautete "Ein Generalverdacht ist unerhört!"

Der Hinweis, dass Sie die Tragweite Ihres Argument nicht übersehen haben, ist durchaus kein Vorwurf. Gottes Gaben sind nicht gleichmässig verteilt. 

Aber dass Sie Ihre Hoffnung auf Herrn Schindler gerichtet haben, um Herrn Mollaths Situation zu verbessern, erklärt natürlich Ihre einfältige Sichtweise.

Denn derart gestalteten Ansinnen hält die JuMi Merk durchaus zurecht entgegen, sie könne in die Unabhängigkeit der Gerichte nicht eingreifen.

Weder Merk noch Schindlers Befindlichkeiten und Animositäten haben einen direkten Einfluss auf Herrn Mollaths Situation.

Dafür sind Strafvollstreckungskammer und StA zuständig.

Wenn Sie natürlich weiter behaupten, Herr Heindl könne diese beiden in Ihrem Sinne  "verschrecken", sind die Probleme der deutschen Justiz grösser als gedacht.

 

O.Garcia schrieb:

Und daß die Justiz nicht aus eigener Kraft den Fall Mollath neu aufgerollt hat, sondern dies aus der Politik heraus angestoßen werden mußte, ist auch durch die Ereignisse belegt. Daß dies überhaupt nötig war, ist auch schlimm, ja. Aber ich spreche hier vom tatsächlichen Ablauf, nicht davon, wie es hätte sein müssen.

Der tatsächliche Ablauf ist uns leider nicht bekannt, da wir (also ich zumindest nicht) keinen Einblick in die Eingaben der Verteidigung haben und auch nicht in die abschlägigen Bescheide zu der Zeit.

 

Tatsache ist nur: ein Jahr zuvor waren die entscheidenden Fakten schon bekannt und die Jusitz reagiert nicht.

Wenn Sie die Justiz natürlich mit Heindls Wisch exkulpieren.... 

Für jeden Arzt gilt folgendes Gelöbnis: "Bei meiner Aufnahme in den ärztlichen Berufsstand gelobe ich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen. Ich werde meinen Beruf mit Gewissenhaftigkeit und Würde ausüben. Die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit meiner Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein. Ich werde alle mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod des Patienten hinaus wahren. Ich werde mit allen meinen Kräften die Ehre und die edle Überlieferung des ärztlichen Berufes aufrechterhalten und bei der Ausübung meiner ärztlichen Pflichten keinen Unter- schied machen weder nach Religion, Nationalität, Rasse noch nach Geschlecht, Parteizugehörigkeit oder sozialer Stellung. Ich werde jedem Menschenleben von der Empfängnis an Ehrfurcht entgegenbringen und selbst unter Bedrohung meine ärztliche Kunst nicht in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anwenden. Ich werde meinen Lehrern und Kollegen die schuldige Achtung erweisen. Dies alles ver-

spreche ich auf meine Ehre.

 

Kann es sein, dass Herr Dr. Leipziger den ersten Teil des vermutlich vor langer Zeit abgelegten Eid vergessen hat?

Die Achtung vor den Kollegen hat er ja noch.

 

 

 

 

 

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@Grübler,
 
es gibt auch eine verkürzte und leicht zu merkende Fassung des Ärztegelöbnisses:
 
"PRIMUM NON NOCERE" (Erstens: Nicht schaden)

 
Stresstest - "Großraum Krefeld"

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Die Worte "Fehler", "Fehlbeurteilung", "Falschbeschuldigung" habe ich noch von keinem Verantwortlichen im "Fall Mollath" gehört. 

 

Nur sehr viel Bagatellisierungen, Relativierungen und fundamentale Kritik an der öffentlichen Aufarbeitung dieses Skandals. 

 

Oder gab es schon eine Presseveranstaltung, bei der sich Frau Merk, Herr Schindler und leitende Staatsanwälte/Richter entschudigten? 

 

Hat der legendäre bayerische Richterverein, der sich Kritik an der Justiz so vehement "verbat", schon in irgendeiner Form für seine Arroganz und Anmaßung entschuldigt? 

 

Frau Merk äußert sich ständig öffentlich zum Fall Mollath, u.a. Auf "abgeordnetenwatch.de".

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Korrelationen für Profiler hilfreich, ansonsten in Einzelfallfragen wenig - Einzelfallprinzip im Recht hochentwickelt

Aus Korrelationen (1) wie überhaupt aus Kennwerten, die für Gruppen/ Stichproben gewonnen wurden, folgt für den Einzelfall gar nichts (2). Das wissen auch alle besseren Prognosegutachter, wie etwa Nedopil oder Dahle (3). Die gerichtsbestellten Mollath-"Gut"achter gehören  natürlich nicht dazu . Falls die etwas wissen sollten, so haben sie ihr Wissen jedenfalls nicht angewendet. Prof. Kröber schreibt z.T. wichtige und richtige Sachen, an die er sich in seiner Gutachtenpraxis im Falle Mollath allerdings überhaupt nicht gehalten hat, sondern ein „Gut“achten abgeliefert hat, das hinten und vorne keinerlei Ansprüchen genügt, und damit natürlich auch nicht den Mindestanforderungen. Damit demonstriert Prof. Kröber  natürlich auch, was er von – auch seinen eigenen - Leitlinien und Mindestanforderungen in seiner Mollath-Praxis hält, nämlich gar nichts. Wir dürfen daraus den Schluß ziehen, dass für die crème de la crème (O-Ton Dr. Merk,4) „Gut“achter eigene Gesetze gelten, ein sattsam bekanntes und uraltes netilE-Syndrom (5), strukturell womöglich besonders verbreitet in der Medizin (Klinikchefs, Lehrstuhlinhaber).

Vielleicht schauen Sie sich mal die Anforderungen an forensische  Gutachten an, sie sind ja mehrfach veröffentlicht. Eine Zusammenstellung finden Sie unter (6). Die Einzelfallproblematik scheint mir am besten beim Prognosethema entwickelt:

 

1) http://www.sgipt.org/wisms/statm/kor/kurkor.htm

2) http://www.sgipt.org/lit/pabst/Hake.htm

3) http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/UntF.htm#Die%20forensich-psychiatrische%20Untersuchung%20bei

4) http://www.sgipt.org/forpsy/Mollath/ipgipt/Merk.htm

5) http://www.sgipt.org/soziol/LL_elite.htm

6) http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/PFFPGMRJ.htm#Mindestanforderungen%20f%C3%BCr%20Prognosegutachten

 

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