Wechselmodell schließt UVG-Leistungen aus

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 20.03.2013
Rechtsgebiete: Familienrecht4|13719 Aufrufe

Die Beteiligten praktizierten von August bis Oktober für ihre 2 Kinder ein Wechelmodell.

Der Vater bezog in dieser Zeit Leistungen nach dem UVG, da er in dem Antrag angegeben hatte, die Kinder würden von ihrer Mutter, bei der sie nicht lebten, „besuchsweise“ betreut.

Als die UVG-Behörde von dem praktizierten Wechselmodell erfuhr, forderte sie die geleisteten UVG-Zahlungen in Höhe von 1.008 e vom Vater zurück.

Zu Recht, sagt letztinstanzlich das BVerwG

Durch das UVG wollte der Gesetzgeber „den Schwierigkeiten begegnen, die alleinstehende Elternteile und ihre Kinder haben, wenn sich ein Elternteil den Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem unterhaltsberechtigten Kind entzieht, hierzu ganz oder teilweise nicht in der Lage ist oder ein Elternteil verstorben ist“ (BT-Drs. 8/1952, S 1). Die finanziellen Belastungen, denen alleinerziehende Elternteile dadurch ausgesetzt sind, dass sie die Unterhaltsansprüche ihrer minderjährigen Kinder gegen den jeweils anderen Elternteil verfolgen müssen und zugleich gem. § 1607 BGB verpflichtet sind, im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit auch für den von dem jeweils anderen Elternteil geschuldeten Unterhalt.

Ein Kind lebt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bei einem seiner Elternteile, wenn es mit ihm eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft unterhält, in der es auch betreut wird. Dem Sinn und Zweck des UVG entsprechend ist das Merkmal nur dann erfüllt, wenn der alleinstehende leibliche Elternteil wegen des Ausfalls des anderen Elternteils die doppelte Belastung mit Erziehung und Unterhalts-gewährung in seiner Person zu tragen hat. Abgrenzungsprobleme entstehen, wenn das Kind – wie hier die Kinder des Klägers – regelmäßig einen Teil des Monats auch bei dem anderen Elternteil verbringt. Für die Beantwortung der Frage, ob das Kind in derartigen Fällen nur bei einem seiner Elternteile lebt, ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, entscheidend auf die persönliche Betreuung und Versorgung, die das Kind bei dem anderen Elternteil erfährt, und die damit einhergehende Entlastung des alleinerziehenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes abzuheben. Trägt der den Unterhaltsvorschuss beantragende Elternteil trotz der Betreuungsleistungen des anderen Elternteils tatsächlich die alleinige Verantwortung für die Sorge und Erziehung des Kindes, weil der Schwerpunkt der Betreuung und Fürsorge des Kindes ganz überwiegend bei ihm liegt, so erfordert es die Zielrichtung des UVG, das Merkmal „bei einem seiner Elternteile lebt“ als erfüllt anzusehen und Leistungen nach dem UVG zu gewähren. Wird das Kind hingegen weiterhin auch durch den anderen Elternteil in einer Weise betreut, die eine wesentliche Entlastung des den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes zur Folge hat, ist das Merkmal zu verneinen.

BVerwG v. Urt. v. 11.10.2012 – BVerwG 5 C 20.11

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4 Kommentare

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Ich frage mich da ehrlich, wieso bei Wechselmodell das Kind dann noch Anspruch auf Bar-Kindesunterhalt hat.

 

Es wird von beiden gleichmäßig betreut und für das was es zum Leben braucht, wird gesorgt.

 

Robert Stegmann

 

 

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Robert Stegmann schrieb:

Ich frage mich da ehrlich, wieso bei Wechselmodell das Kind dann noch Anspruch auf Bar-Kindesunterhalt hat.

Es wird von beiden gleichmäßig betreut und für das was es zum Leben braucht, wird gesorgt.

Es kommt ja darauf an, wie Sie aus der Begründung lesen, wie die Auslegung solch grundlegender Begriffe, wie "überwiegend", ausfällt.

Wer die Rechtsprechung zum Wechselmodell liest, stellt schnell fest, dass die zitierte Entscheidung des BVerwG garantiert nicht das letzte juristische Wörtchen sein wird.

Solange der Gesetzgeber nicht für solch klare Verhältnisse sorgen wird, wie bei der Kostenbeitragsverordnung, §94, SGB VIII, werden wir weiterhin ein Reigen an Entscheidungen erleben, das ein sehr breites Spektrum der vielfältig herrschenden Meinungen abdecken wird.

Zum vielzitierten, aber nie gesichteten "Wohl des Kindes"? Wohl kaum!

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Wieso das "Doppelresidenzmodell" als gesetzlicher Regelfall nach Trennung der Eltern in Deutschland NOCH nicht gilt ,ist mit "Kindeswohl"nicht zu begründen.Es ist längst internationaler Wissensstand( und Praxis in vielen Staaten),daß Kinder BEIDE Eltern gleichwertig für ihre optimale Entwicklung brauchen.Erst wenn die NUTZNIESSER des bisherigen Modells benannt und die Trennungsschäden bei ALLEN Beteiligten (Kind,Vater,Mutter) erfaßt und in ihrer riesigen Dimension klar  werden ,wird es vermutlich Reaktionen der politisch Verantwortlichen geben!!

Die Medien haben dabei eine wichtige Funktion.Ein PARADIGMAWECHSEL ist  überfällig!-

"Verantwortung"=Erhalt der sozialen Bindungen=Minderung der Folgekosten für die Allgemeinheit!!  STATT Geldtransfer und Ausgrenzung=Belastung der Sozialkassen!!

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Wenn ein Vater mal genauso dreist ist wie zig Mütter und per Unterhaltsvorschussbewilligung versucht den Lebensmittelpunkt der Kinder zu ertrotzen, dann muss natürlich genauer hingesehen werden.

Bei Müttern wird dieses faustrechtsartige Verhalten dann meistens von Jugendämtern gedeckt und von den Familiengerichten legalisiert.

Dass diese sogenannten Alleinerziehenden dabei den Teil der "Unterhaltsgewährung" meistens nicht selbst leisten, sondern die Allgemeinheit per Sozialleistungsträger belasten, wird bei der UVG-Bewilligung nicht berücksichtigt.

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