Sensation: OLG Dresden und Vorausabtretungen im Urheberrecht

von Prof. Dr. Thomas Hoeren, veröffentlicht am 14.03.2013

Mit weitreichenden Auswirkungen ...

OLG Dresden, Urteil vom 12. März 2013 - 11 U 1493/12

1. Klauselmäßige Vorausabtretungen von gesetzlichen Vergütungsansprüchen (hier: des Filmherstellers aus §§ 20b Abs. 2, 27 Abs. 2 UrhG) sowie Umgehungsklauseln verstoßen gegen § 63a S. 2 UrhG, sie sind nach § 134 BGB nichtig und nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

2. Die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm ist als Produzentenverband berechtigt, im Wege der Verbandsklage solche Rechtsverstösse zu verfolgen.

3. Im Rahmen einer (echten) Auftragsproduktion stehen der Sendeanstalt keine Vergütungen aus §§ 27 Abs. 2, 54 Abs. 1 und § 20b Abs. 2 UrhG iV.M. § 94 Abs. 4 UrhG bei der Verteilung durch die Verwertungsgesellschaft Film und Fernsehen (VFF) zu.

Danke für den Hinweis an Herrn RA Christlieb Klages (KV Legal), der das Urteil für die Filmemacher erstritten hat. Er wird das Urteil im Volltext auf der Anwaltsseite zur Verfügung stellen http://www.kvlegal.de/. Die Revision wurde übrigens vom OLG Dresden nicht zugelassen.

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Aus der AGDOk-Stellungnahme:

 

Gericht verbietet umstrittene Klausel in Fernsehverträgen

Dass Fernsehauftragsproduzenten zur Mitgliedschaft in der „Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten“ gezwungen werden, ist unzulässig und muss sofort aufhören. Mit dieser Feststellung bestätigte das Oberlandesgericht Dresden jetzt ein erstinstanzliches Urteil vom Sommer letzten Jahres, gegen das der beklagte Mitteldeutsche Rundfunk Berufung eingelegt hatte.

Geklagt hatte die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm, die ihre Mitglieder durch die so genannte „VFF-Klausel“ in Fernsehverträgen benachteiligt sieht. Die Klausel wird nicht nur vom MDR, sondern von allen öffentlich-rechtlichen Sendern in Deutschland standardmäßig in Auftrags-Produktionsverträgen verwendet und schreibt den Produzenten vor, wo sie ihre Zweitverwertungsrechte geltend machen müssen. Dass es ausgerechnet die in München ansässige „Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten“ (VFF) ist, hat natürlich seinen besonderen Grund: dort nämlich halten die öffentlich-rechtlichen Sender die Hälfte der Gesellschaftsanteile und haben einen internen Verteilungsplan durchgesetzt, mit dessen Hilfe sie sich die Hälfte der Produzenten-Erlöse aneignen. In der Summe geht es dabei um Millionenbeträge, die die Sender seit Jahren den eigentlich Berechtigten, nämlich den Fernsehproduzenten, vorenthalten.

Mit Unterstützung der Berliner Urheberrechtskanzlei KVLEGAL hat die AG DOK diese seit langem umstrittene, aber vorher nie ernsthaft angegriffene Klausel jetzt zu Fall gebracht. In dem gestern veröffentlichten Urteil bestätigt die Berufungsinstanz nicht nur voll umfänglich die Entscheidung des Landgerichts Leipzig, sondern sie geht noch darüber hinaus, indem sie die Formulierung der Klausel selbst als in sich widersprüchlich und nicht transparent bezeichnet. Der Sachverhalt war für die Dresdner Richter offenbar so eindeutig, dass sie keine Revision durch den Bundesgerichtshof zuließen.

Formal fußte die Klage auf einer Gesetzesbestimmung im Urheberrecht, die eine vertragliche Abtretung der Vergütungsansprüche ausschließt. Damit sollen die Rechte der schwächeren Vertragspartner gegenüber ihren Auftraggebern gestärkt werden. Versuchen der Senderseite, die Wirksamkeit dieser Bestimmung auf Produktionsverträge in Zweifel zu ziehen, erteilte das OLG in seinem Urteil eine klare Abfuhr. Und ebenso unmissverständlich räumt es mit der Sender-Behauptung auf, die Erlöse müssten allein schon deshalb geteilt werden, weil die Hersteller-Eigenschaft und damit der Anspruch auf die Leistungsschutzrechte bei Auftragsproduktionen nicht eindeutig zu klären sei.

„Wer Filmhersteller ist, bestimmt sich danach, wer das unternehmerische Risiko für die Filmherstellung trägt“, betont das OLG-Urteil und fügt hinzu, dass das wohl kaum der Sender sein kann, denn: „Bei Auftragsproduktionen sprechen die organisatorische Gesamtleitung der Produktion und eine Übernahme des Risikos der Nichtabnahme, der Fertigstellung oder der Kostenüberschreitung bei Festpreisproduktionen dafür, dass der Auftragnehmer alleiniger Filmhersteller ist.“ Deshalb stehe der Erlös aus der Wahrnehmung dieser Rechte auch allein dem Produzenten und nicht dem Sender zu. In der Zusammenfassung aller Argumente kommt der 11. Zivilsenat der Oberlandesgerichts Dresden zu einer ebenso klaren wie eindeutigen Einschätzung: „Die Bestimmungen verstoßen bereits formal gegen das Transparenzgebot, benachteiligen aber auch materiell den Filmhersteller in unangemessener und treuwidriger Weise.“

Obwohl bereits das Urteil aus erster Instanz sehr klare Positionen gegen die Weiterverwendung der VFF-Klausel enthielt, tauchte die umstrittener Formulierung in den Verträgen öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten in den letzten Monaten weiterhin und in geradezu demonstrativer Weise auf. „Es ist schon erstaunlich, wie beharrlich die Sender trotz aller Partnerschaftsbeteuerungen an der ungerechten und ungerechtfertigten Benachteiligung der Produzenten festhalten“, kommentierte AG DOK-Vorsitzender Thomas Frickel die Entscheidung der Dresdner Richter. Zugleich kündigte er weitere Maßnahmen zur Wahrung der Produzentenrechte an. „Dabei muss natürlich auch der Verteilungsplan der Verwertungsgesellschaft VFF auf den Prüfstand.“

http://www.agdok.de/

 

 

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