Studie: Innere Kündigung bedroht Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 12.03.2013

Deutsche Arbeitnehmer sind nur wenig an ihren Arbeitgeber gebunden (Tendenz fallend): Fast ein Viertel (24%) der Beschäftigten in Deutschland hat innerlich bereits gekündigt. 61% machen Dienst nach Vorschrift. Nur 15% der Mitarbeiter haben eine hohe emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber und sind bereit, sich freiwillig für dessen Ziele einzusetzen. Das ist das alarmierende Ergebnis des Gallup Engagement Index 2012. Die Studie gibt Auskunft über Engagement und Motivation bei der Arbeit. „Die Folgen mangelnder Mitarbeiterbindung, für die Leistungsfähigkeit der Unternehmen sind erheblich“, sagt Marco Nink, Strategic Consultant bei Gallup, „wer sich emotional nicht an sein Unternehmen gebunden fühlt, zeigt weniger Eigeninitiative, Leistungsbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein – und ist häufiger krank.“ Im vergangen Jahr verbuchten Beschäftigte ohne emotionale Bindung im Schnitt 76% oder 3,1 Fehltage mehr als emotional hoch gebundene Mitarbeiter. Die Studie beschreibt nennt auch weitere Folgekosten: Der deutschen Wirtschaft entstünden aufgrund von Fehlzeiten durch fehlende oder geringe emotionale Bindung der Beschäftigten jährlich Kosten in Höhe von 18,3 Milliarden Euro. Die innere Kündigung verursache auch darüber hinaus einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden. Außerdem seien emotional ungebundene Mitarbeiter eher zum Arbeitgeberwechsel bereit. Gravierende Auswirkungen habe eine mangelnde Bindung der Mitarbeiter aber auch auf die Innovationskraft von Unternehmen. Nink: „Die Studie belegt, dass emotional gebundene Mitarbeiter im Schnitt 45% mehr Anregungen für Verbesserungen im Unternehmen einbringen, als ihre ungebundenen Kollegen“. Die Ursachen für geringe emotionale Mitarbeiterbindung führen die Verfasser der Studie vor allem auf Defizite in der Personalführung zurück. Die Hauptrolle spiele fast immer der direkte Vorgesetzte. Nink: „Aus motivierten Leuten werden Verweigerer wenn ihre Bedürfnisse und Erwartungen bei der Arbeit über einen längeren Zeitraum ignoriert werden. Man fragt sie nicht nach ihrer Meinung, gibt ihnen weder positives Feedback noch eine konstruktive Rückmeldung zur Arbeitsleistung und interessiert sich nicht für sie als Mensch.“  „Die Unternehmen müssen sich dringend um mehr Mitarbeiterbindung kümmern – bei allen Beschäftigtengruppen“, warnt Gallup-Studienleiter Nink, „sonst droht auf breiter Linie ein Verlust der Wettbewerbsfähigkeit“. Sein Fazit: „Unternehmen dürfen ihr Humankapital nicht vernachlässigen und müssen dem Führungsverhalten größere Bedeutung beimessen. Der Erfolg eines Unternehmens hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dabei wird einer oft übersehen: Die Mitarbeiter!“

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6 Kommentare

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Diese Haltung ist auch im System begründet. Wenn heute ein Unternehmen dank des Engagement seiner Mitarbeiter erfolgreich ist, kommt relativ schnell der Zeitpunkt, dass dieses Unternehmen für "reiche" aber wenig innovative Unternehmen interessant wird. Dann folgt die Übernahme und es werden in der Regel die Mitarbeiter des übernommenen Unternehmens aus die Strasse gesetzt, egal wie erfolgreich deren Handeln in der Vergangenheit war. In diesem Fall spricht man gewöhnlich von feindlicher Übernahme. Dieses Szenario wiederholt sich in letzter Zeit immer häufiger, und stellt die Mitarbeiter vor dem Dilemma, engagiere ich mich stark, dann kann das letztlich zum Arbeitsplatzverlust führen. 

In aller Regel findet nämlich der Erwerber die "alten" am Erfolg beteiligten Mitabeiter für zu teuer. 

 

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In einer Konsum- / Wegwerfgesellschaft, in der innere Bindung eher bekämpft (z.B. durch verfrühte Kindergrippe / steigende Scheidungsraten / Alleinerziehende / Gleichmacherei / Mainstreaming,... ) wird, damit künftig der "neue psychologische Vertrag" des Human Ressource Managements umgesetzt werden kann ("Akzeptanz von Unsicherheit", Zeitarbeit, max. Flexibilität, etc.) und um alle Menschen weg von der traditionellen Familie auf den Arbeitsmarkt zu drängen (Singles konsumieren zum Ausgleich des Bindungsbedürfnis ca. 56% mehr und sind anfälliger für Mainstream-Konsumzwang) wird sich dies so schnell auch nicht ändern lassen.

Scheint so, als ob die Rechnung dennoch aufgeht: Verlust der Unternehmen durch wenig emotionale Bindung ist wahrsch. kleiner als Gewinn durch mehr Konsum und billigere Arbeitskräfte, ansonsten wäre der Aufschrei und das Gegenwirken deutlich größer auf die Gallup Studien.

Zur derzeitigen Entwicklung gibt es auch leider kaum Alternativen in einer globalisierten Welt, in der die BRIC-Staaten immer weiter qualitätstechnisch zu den alten Industrienationen aufschließen. Deutschland konkurriert mit Schwellenländer, welche wenig Sozialregulierung anwenden und auf billigere Lohnkosten zurückgreifen bei immer besserer Produktqualität. Zunächst vesuchte man diesem Umstand durch Outsourcing zu begegnen, doch dies bringt nicht unerhebliche, versteckte Kosten (Transport, Know-how-Verlust,...) mit sich. Nun ist der nächste Anpassungsschritt unsere soziale Sicherheit (Zeitarbeit statt unbefr. Vertrag) und Lohnkosten kurzfristig zu senken (Abitur / Studium für alle, quantität statt Leistungsprinzip und Innovationskraft) um international mithalten zu können und unsere Großkonzerne im eigenen Land zu halten, solange bis die Lohnkosten und Bedingungen sich international etwas mehr annähern.

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