Kasachische Blitzscheidung?

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 26.02.2013
Rechtsgebiete: Familienrecht|6385 Aufrufe

Er (Kasache) und Sie (Deutsche, vormals Kasachin) hatten in Kasachstan geheiratet und sich im August 2012 getrennt. Noch im gleichen Monat beantragten beide  in Deutschland Verfahrenskostenhilfe für wechselseitige Scheidungsanträge.

Das Gericht wies daraufhin, dass gemäß Art. 8 der seit 21.06.2012 in Deutschland geltenden „Rom III-VO“ auf die Scheidung deutsches Recht anwendbar ist und dass das danach erforderliche Trennungsjahr noch nicht abgelaufen ist.

Daraufhin legten die Beteiligten eine privatschriftliche Vereinbarung vor, wonach auf ihre Scheidung kasachisches Recht Anwendung finden soll.

Das angerufenen OLG suchte vergebens nach einer amtlichen Übersetzung des aktuellen kasachischen Familienrechts.

Einer der beteiligten Anwälte konnte aushelfen und legte eine von ihm selbst übersetzte Fassung vor. Danach lautet Art. 21 FamGB Kasachstan: 

Wenn beide Ehegatten, die gemeinsame minderjährige Kinder haben, der Ehescheidung zustimmen, kann das Gericht die Ehe ohne Klärung der Motive scheiden, wenn die Ehegatten keine gegenseitigen vermögensrechtlichen oder sonstigen Forderungen geltend machen.

Das genügte dem OLG Nürnberg zur Bewilligung von VKH:

  • Die notwendige notarielle Form der Rechtswahl (Art. 46 d EGBGB, in Kraft seit 29.01.2013) könne bis zur letzten mündlichen Verhandlung durch die Form des gerichtlichen Vergleichs ersetzt werden.

  • Für das VKH-Verfahren genüge die anwaltliche Übersetzng. Erst bis zur letzten mündlichen Verhandlung müsse auch eine von einem vereidigten Dolmetscher übersetzte Ausgabe des Gesetzes vorliegen

OLG Nürnberg v. 31.01.2013 - 7 WF 1710/12

PS: Wer nun meint, für eine schnelle Scheidung ebenfalls kasachisches Recht vereinbaren zu können, muss ich enttäuschen. Art.5 der Rom III-VO lautet

(1) Die Ehegatten können das auf die Ehescheidung oder die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendende Recht durch Vereinbarung bestimmen, sofern es sich dabei um das Recht eines der folgenden Staaten handelt:

a) das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder

b) das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen zum Zeitpunkt der Rechtswahl dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder

c) das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt, oder

d) das Recht des Staates des angerufenen Gerichts.

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