Funktionsgerechte Wiederherstellung des Wohnzimmers durch Aufräumen

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 09.01.2013
Rechtsgebiete: Familienrecht9|4160 Aufrufe

 

Er wollte die Scheidung, denn sie habe einen Geliebten und er eine neue Freundin. Seit Ende 2010 lebe man innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt.

Die Ehefrau wasche und bügele zwar nach wie vor im Wesentlichen allein, aber eben auch die Wäsche ihres Lovers. Sie sei für die Einkäufe und die Bestückung des gemeinsam genutzten Kühlschranks zuständig. 

Seine Nächte verbringe er im Wesentlichen im gemeinsamen Ehebett, in dem auch die Antragsgegnerin schlafe (aber eben schlafen im buchstäblichen Sinne). Er könne nicht im Wohnzimmer nächtigen, da er der Familie, insbesondere den Kindern, nicht das Wohnzimmer nehmen wolle.

Das reichte dem Familiengericht nicht und es wies den Scheidungsantrag ab.

Mit Hinweisbeschluss vom 07.12.12 (OLG Köln 4 UF 182/12) machte  das OLG dem Antragsteller klar, dass seine Beschwerde wohl keinen Erfolg haben wird.

Die Annahme des Getrenntlebens innerhalb der ehelichen Wohnung setze voraus, dass kein gemeinsamer Haushalt geführt werde und zwischen den Ehegatten keine wesentlichen persönlichen Beziehungen mehr bestehen.

Hiervon könne entsprechend der Auffassung des Amtsgerichts nicht ausgegangen werden, wenn die Haushaltsführung entsprechend der Arbeitsaufteilung zwischen den Ehegatten in wesentlichen Teilen aufrechterhalten wird.

Etwas verschwurbelt, aber zutreffend führt der Senat aus:

 

Die Erklärung des Antragstellers, er habe nicht im Wohnzimmer schlafen können, weil dann dieser Raum der Familie, insbesondere den Kindern, in dessen Funktion genommen worden wäre, verfängt in Anbetracht der Möglichkeit der Wiederherstellung eines funktionsgerechten Zustandes nach dem morgendlichen Aufstehen durch Aufräumen nicht. 

Dank an RA Kassing für das Aufstöbern der Entscheidung

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9 Kommentare

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Hier der Volltext: http://openjur.de/u/589213.html

Der Antragsteller hat Bauchspeicheldrüsenkrebs. "Die Antragsgegnerin rechne mit dem Tod des Antragstellers auf Grund dessen Erkrankung und zeige lediglich für diesen insoweit Interesse, als sie diesen mit beerben wolle."

weiter im Volltext:

Soweit sich der Antragsteller auf seine schwere, inzwischen aber auch gemeisterte Erkrankung beruft, ist ein unmittelbarer Bezug zur Unzumutbarkeit der Wahrung einer einjährigen Trennungsfrist nicht gegeben

Für die "gemeisterte Krankheit" spricht, dass er wieder berufstätig ist, wenn auch nach dem Hamburger-Modell und vermutlich nicht in Vollzeit. Ein Attest über eine sehr begrenzte Lebenserwartung hat er auch nicht vorgelegt.

Die Ehe mag hinsichtlich Liebe und Sex nicht bestehen, aber ihre sonstigen Dienstleistungen hat er in Anspruch genommen, Unterhalt für die Kinder wurde vermutlich auch nicht gezahlt.

Wenn er nicht will, dass sie erbt sollte er ein Testament machen. Sie wird dann zwar noch den Pflichtteil bekommen, ob das aber besser oder schlechter als der Zugewinnausgleich ist wissen vermutlich beide nicht.

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Im Schnitt sind es 8 bis 22 Monate bis zum Erbfall.

Zeit genug, einen begründeten Scheidungsantrag zu stellen, denn

§ 1933 BGB

Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten sowie das Recht auf den Voraus ist ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte

Für §1933 BGB genügt nicht der Antrag, wenn er anschliessend abgelehnt wurde. Er wird und muss jetzt so oder so erst einmal ausziehen, anders bekommt er den Antrag nicht durch.

 

Susi schrieb:

Für die "gemeisterte Krankheit" spricht, dass er wieder berufstätig ist, wenn auch nach dem Hamburger-Modell und vermutlich nicht in Vollzeit. Ein Attest über eine sehr begrenzte Lebenserwartung hat er auch nicht vorgelegt.

 

Dies war vielleicht vor 20 Jahren so. Heute wird man nach Abwesenheit sofort zur Arbeit zurückgeschickt und mittels Vefahren wie dem Hamburger Modell (es gibt noch andere) wieder eingegliedert. Auch wenn klar ist, dass einem nur noch wenig Lebenszeit bleibt. Sonderurlaub vor dem Tod gibts nicht.

 

Atteste, die einen künftigen Todeszeitpunkt verkünden gibt es ebenfalls nicht. Pankreaskarzinompartienten sind nach der OP eine nicht berechenbare Zeit beschwerdefrei, bis (in 95% aller Fälle) schnellwachsende Metastasen in relativ kurzer Zeit zum Tod führen. Mehr als dieses allgemeine prognostische Wissen ist nicht zu bescheinigen. Im Unterhaltsrecht nutzt es übrigens nicht einmal etwas, wenn der Zeitpunkt der Veränderung bestimmbar ist: Klagen Sie mal auf Abänderung des Kindesunterhalts ab dem 18. Geburtstag, solange der noch nicht tatsächlich stattfand.

 

Vermutlich wollte der Antragsteller keinen Pflichtteil an eine Frau vererben, die sich einen Lovers nimmt und diesem eine Wohnung im gemeinsamen Miethaus verschafft (das Erbe könnte also durchaus umfangreich sein), während er im Krankenhaus operiert wird. Der kürzeste Weg dazu war für ihn wohl der Scheidungsantrag, angesichts der externen Liebschaften war für ihn die Sache klar. Leider hat er nicht mit dem Familienrecht gerechnet. Das einzige Rätsel, das der Fall noch beherbergt ist die Frage, wieso sein Anwalt ihn nicht vorgewarnt hat. 

Er ist doch mittlerweile ausgezogen:

Zur Begründung führt er aus, am Tag seines zwischenzeitlichen - unstreitigen - Auszugs aus der ehelichen Wohnung am 15.10.2012 habe die Antragsgegnerin ihn verbunden mit dem Vorwurf,.. (Volltext)

Ab ca. August 2013 kann ein Scheidungsantrag gestellt werden. Ab Oktober wäre er begründet.

Worauf wollen Sie hinaus?

Liegt aus Ihrer Sicht eine einjährige Trennung bei dieser Lebenssituation der Beteiligten vor?

Liegt ein Fall einer "Härtefallscheidung" vor?

Sollte auf das Kriterium des Getrenntlebens als Scheidungsvoraussetzung gänzlich verzichtet werden?

Das einzige Rätsel, das der Fall noch beherbergt ist die Frage, wieso sein Anwalt ihn nicht vorgewarnt hat. 

Wohl wahr. In diesen Fällen weiss man nie, ob der Anwalt die falschen Fragen gestellt hat oder der Mandant die richtigen Fragen falsch beantwortet hat.

Hopper schrieb:

Er ist doch mittlerweile ausgezogen:

Zur Begründung führt er aus, am Tag seines zwischenzeitlichen - unstreitigen - Auszugs aus der ehelichen Wohnung am 15.10.2012 habe die Antragsgegnerin ihn verbunden mit dem Vorwurf,.. (Volltext)

Ab ca. August 2013 kann ein Scheidungsantrag gestellt werden. Ab Oktober wäre er begründet.

[...]

 

Ist das mittlerweile hM? Bei uns in Bayern auf dem Lande verlangen die meisten AGs, dass der Scheidungsantrag erst nach einjähriger Trennung eingereicht wird. Einjährige Trennung zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung genügt nicht (Stand 2009; bin kein Fam´-Rechtler!)

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@ Brian

Die Scheidungsvoraussetzungen müssen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen.

Geht man davon aus, dass das Einholen der Auskünfte zum Versorgungsausgleich mind. 2 -3 Monate in Anspruch nimmt, akzeptieren mittlerweile die meisten Gerichte einen Scheidungsantrag nach 9 - 10 Monaten Trennung. Zwingend ist das allerdings nicht. Der Richter könnte auch umgehend Termin anberaumen und den Antrag abweisen.

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