Kaum verabschiedet und schon diskutiert: Die 8. GWB-Novelle – Bericht vom 6. Studientag des Studienkreises Wettbewerb und Innovation

von Dr. Rolf Hempel, veröffentlicht am 22.10.2012

Ich kann es mir nicht verkneifen, vom 6. Studientag des Studienkreises Wettbewerb und Innovation zu berichten (vgl. zuvor Ankündigung; vgl. zum Studienkreis auch hier). Thema war die 8. GWB-Novelle, ein höchst aktuelles Thema. Am Vortag hatte der Bundestag das Gesetz beschlossen (vgl. zur beschlossenen Fassung). Für manchen Referenten bedeutete das Nachtarbeit, um am nächsten Morgen einen aktuellen Vortrag halten zu können.

Was also war geboten? Die Vorträge waren in drei – neudeutsch – Panels gruppiert, eines zur Fusionskontrolle, eines zur Missbrauchsaufsicht und eines zu den Rechtsfolgen. Zwischen Panel I und Panel II war noch ein Vortrag zu Krankenkassen im Kartellrecht eingetaktet.

Die Vorträge von Panel I wurde eingeleitet durch Andreas Bardong vom Bundeskartellamt, der über die "materielle Fusionskontrolle" sprach. Thema war insbesondere die Einführung des SIEC-Tests in der deutschen Fusionskontrolle und die sich daraus ergebenden Folgefragen wie z. B. danach, ob der Bundesgerichtshof bei Anwendung und Auslegung des SIEC-Tests gegebenenfalls zur Vorlage beim Europäischen Gerichtshof verpflichtet ist. Fazit: Jedenfalls das Bundeskartellamt ist bestens vorbereitet auf die Anwendung des SIEC-Tests.

Sodann durfte ich in die Bütt und sprach über "Formelle Fusionskontrolle und Fusionskontrollverfahrensrecht". Es ging um die Änderungen in § 38 Abs. 5, § 40, § 41 Abs. 1 und Abs. 1 a GWB sowie in weiteren Vorschriften. Die Änderungen sind weitgehend überflüssig.

Es folgte der Vortrag des Stuttgarter Kollegen Ulrich Klumpp zur Pressefusionskontrolle. Der Referent stellte die Absenkung der Schwellenwerte für Pressezusammenschlüsse vor und berichtete von den Änderungen, die der ursprüngliche Gesetzesentwurf vor dem Beschluss des Bundestags am Vorabend noch erfahren hatte. Der Referent begrüßte diese weiteren Änderungen zur Erleichterung von Pressezusammenschlüssen und stellte die kritische Frage, ob der Gesetzgeber das Sonderfusionskontrollrecht für die Presse nicht vollständig hätte beseitigen sollen.

Heike Schweitzer schloss die Vorträge des Vormittags mit ihrem Referat zu "Krankenkassen im Kartellrecht" ab. Sie stellte die vom Bundestag beschlossene „entsprechende“ Anwendung des Kartellverbots, der Missbrauchsvorschriften und der Fusionskontrolle auf die Krankenkassen und die sich dabei stellenden Fragen vor.

Am Nachmittag fanden die Vorträge zu Panel II: Missbrauchsaufsicht statt. Florian Wagner-von Papp leitete die Vortragsreihe mit seinem Referat zur "Allgemeinen Missbrauchsaufsicht" ein. Er begrüßte die "Umsortierung" der vorhandenen Vorschriften und kritisierte die Verlängerung der 2007 mit der Preismissbrauchsnovelle eingeführten Sondervorschriften. Deutschland blamiere sich auf internationaler Ebene mit den auf den Mittelstandsschutz zielenden Verbotsvorschriften für nicht marktbeherrschende Unternehmen. Vorschriften wie § 20 Abs. 2 GWB könne man noch einen anzuerkennenden Regelungszweck entnehmen. Dieser liege aber eher in einer Darlegungs- und Beweislasterleichterung bei der privaten Kartellrechtsdurchsetzung und sei daher besser als solche zu regeln.

Es folgte der Vortrag von Peter Gussone zur "Spezifischen Missbrauchsaufsicht über die Energie- und Wasserwirtschaft". Der Referent stellte kein Bedürfnis für besondere kartellrechtliche Vorschriften für die Wasserwirtschaft mehr fest. § 29 GWB sei schon bei seiner Einführung mit der Preismissbrauchsnovelle 2007 zu Recht kritisiert worden. Wer über Wasserkartellrecht spricht, erwähnt auch die zweite enwag-Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Die Kommentatoren, so der Referent, erwarteten, dass der Bundesgerichtshof die Anwendbarkeit des Kartellrechts auf Wassergebühren bejahen werde.

Wolfgang Nothhelfer berichtete im Anschluss über die "Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas sowie für den Kraftstoffbereich". Während es Sinn mache, Daten über den Strom- und Gasgroßhandel zu erheben – wobei dies effizient erfolgen müsse, ohne Doppelerhebung –, sei das extensive Sammeln von Daten über Kraftstoffpreise nicht zielführend.

Nach einer Gesprächs-, Kaffee- und Kekspause folgte Panel III zu den Rechtsfolgen. Konrad Ost vom Bundeskartellamt berichtete zum "Kartellordnungswidrigkeitenrecht" und hatte sich die am Vortrag beschlossenen Regelungen zur Rechtsnachfolge im Bußgeldrecht vorgenommen. Die Regelung geht nach seiner Auffassung noch nicht weit genug und lässt weiter Lücken.

Sodann war der Initiator und Organisator des Studienkreises "dran": Florian Bien sprach zum "Privaten Rechtsschutz". Er stellte und untersuchte die Frage, ob sich der durch Verbände geltend gemachte Beseitigungsanspruch, der ja auch auf Geldzahlung gerichtet sein kann, zu einer class action US-amerikanischer Prägung auswachse. Diese Gefahr besteht nach Auffassung des Referenten aber nicht.

Rüdiger Wilhelmi schloss den Vortragsteil der Veranstaltung des Studienkreises mit seinem Vortrag zu "Strukturellen Abhilfemaßnahmen" ab. § 32 Abs. 2 GWB erlaubt solche strukturellen Maßnahmen. Es seien Anwendungsfälle denkbar, in denen die Kartellbehörden dieses scharfe Schwert schwingen könnten.

Es folgte der Ausklang mit Abendessen, also der zweite, wegen der intensiven und interessanten Gespräche ebenso wichtige Teil des Studientags. Ich lernte, was die sogenannten "Chatham house rule" ist, und berichte daher jedenfalls nicht vom Inhalt der beim hervorragenden Dessert geführten Gespräche.

Wem das Vorstehende zu kurz oder verkürzt wiedergegeben (dann mein Fehler) war, der sei auf den Tagungsband zu der Veranstaltung verwiesen, der in Vorbereitung ist. Dort werden die Beiträge der Referenten nachzulesen sein.

 

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