46-Millionen-Euro-Klage abgewiesen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 27.09.2012

 

Das BAG hat einer auf Schadensersatz in Höhe von 46 Millionen-Euro gerichteten Klage auch in letzter Instanz keinen Erfolg beschieden. Zuvor hatten auch die Vorinstanzen die Klage abgewiesen. Streitwerte in dieser Höhe findet man in der Arbeitsgerichtsbarkeit ausgesprochen selten. Im Kern geht es um ein Verhalten, das grundsätzlich eine Schadensersatzpflicht nach sich ziehen kann, nämlich die unerlaubte Abwerbung von Mitarbeitern (hierzu zuletzt Vogt/Oltmanns, Möglichkeiten und Grenzen der Abwerbung von Arbeitskollegen, ArbRAktuell 2011, 604). Zwar ist die Abwerbung von Mitarbeitern grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig. Sie kann es jedoch werden, wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung eines eigenen Wettbewerbs gerichtet ist oder die Behinderung derart ist, dass der beeinträchtigende Mitbewerber seine Leistungen am Markt durch eigene Anstrengungen nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann oder unlautere Mittel oder Methoden verwendet werden. Der Schadensersatzanspruch folgt in diesen Fällen aus § 9 UWG, §§ 823 ff. BGB. Die Klägerin des Verfahrens befasst sich mit dem Bau von Verkehrswegen. Im April 2005 wurde über das Vermögen ihrer früheren Muttergesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Geschäftsanteile der Klägerin wurden an einen anderen Baukonzern veräußert. Auch die Beklagte war am Erwerb der Klägerin interessiert gewesen. Sie gründete nach Scheitern der Verhandlungen eine eigene Gesellschaft für Verkehrswegebau und schloss mit Führungspersonal der Klägerin Arbeitsverträge. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang wurden Daten der Klägerin genutzt und gelöscht. Die Klägerin hat der Beklagten daraufhin vorgeworfen, wettbewerbswidrig Mitarbeiter abgeworben zu haben und Schadensersatz für eingetretene Verluste in den Jahren 2005 und 2006 in Höhe von etwa 46 Mio. Euro verlangt. Aus der Pressemitteilung geht nicht hervor, weshalb überhaupt der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bejaht wurde. Denn Streitigkeiten zwischen dem Arbeitgeber und einem abwerbenden Unternehmen werden grundsätzlich von den ordentlichen Gerichten entschieden. Offenbar richtete sich jedoch die Klage vorliegend (anfangs auch) gegen ehemalige Mitarbeiter der Klägerin. Das Hauptproblem bestand in der Bezifferung des Schadens. Hierzu heißt es in der Pressemitteilung: „Nach § 287 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch dieser ist. Die Entscheidung obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten und kann revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüft werden. Für die Schätzung eines Schadens benötigt der Richter greifbare Anhaltspunkte; eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens lässt § 287 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht zu. Eine Schätzung darf nicht vollkommen `in der Luft hängen´." Diesen Anforderungen vermochte die Klägerin nicht zu entsprechen. Es sei – so das BAG - nicht zu beanstanden, dass das LAG mangels greifbarer Anhaltspunkte keine Schätzung eines Schadens vorgenommen und die Auffassung vertreten habe, ein hinreichender Zusammenhang zwischen den Abwerbungen und den eingetretenen Verlusten sei nicht erkennbar geworden.

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