Wenn der DAX nach Zustellung des Scheidungsantrages fällt

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 31.08.2012
Rechtsgebiete: ZugewinnausgleichZugewinnFamilienrecht9|7141 Aufrufe

 

Am 01.03.2006 war ihm der Scheidungsantrag zugestellt worden. An diesem Tag hatter er ein Vermögen von ca. 48.000 €, darunter Wertpapiere mit einem Kurswert von ca. 21.000 €. Abzüglich des Anfangsvermögens verblieb ein Zugewinn von knapp 40.000 €.

 

Die Ehefrau hatte keinen Zugewinn erzielt.

 

Bis zur Rechtskraft der Scheidung verringerte sich sein Vermögen erheblich, die Wertpapiere waren nur rund 6.200 € wert, einen weiterer Teil des Geldes ging für die Gerichtsverfahren und für Umgangskontakte mit seinen Söhnen drauf.

 

Gleichwohl verurteilte das AG den Ehemann zur Zahlung eines Zugewinnausgeleichs auf der Basis der Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages am 01.03.2006.

 

Völlig in Ordnung, sagt der BGH: Durch die Änderung des § 1384 BGB zum 01.09.2009 ist die Kappungsgrenze (Beschränkung auf den Wert des vorhandenen Vermögens) auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrages vorverlagert worden. Vermögensänderungen (positive wie negative) nach diesem Stichtag haben keinen Einfluss (mehr) auf den Zugewinn.

 

In Betracht kommt allenfalls gemäß § 1381 BGB eine Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Einrede, die der Schuldner während des Verfahren erheben muss. Dies sei hier nicht geschehen.

 

BGH v. 04.07.2012 - XII ZR 80/10 = NJW 2012, 2567

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9 Kommentare

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Der Entscheidung des BGH ist zuzustimmen, da der Wortlaut der Neufassung des § 1384 BGB eindeutig ist und auch aus der Gesetzesbegründung ein entsprechender Wille des Gesetzgebers klar erkennbar ist. Dort heisst es nämlich: " Vermögensänderungen nach Zustellung des Scheidungsantrags können daher die Höhe des Anspruchs nicht mehr beeinflussen." Nach den aktuellen   methodischen Grundsatzaussagen des Bundesverfassungsgerichts (NJW 2011,836; NJW 2012,669; WM 2012,1378) sind die Gerichte verfassungsrechtlich an die gesetzgeberische Grundentscheidung gebunden. Es würde sich um eine unzulässige richterliche Eigenmacht handeln, wenn durch eine Rechtsfortbildung der erkennbare Wille des Gesetzgebers beiseite geschoben würde. (BVerfG, WM 2012,1378) 

RA Dr. Thomas Wedel, Oberasbach

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Eine logische Lösung wäre es, der Ausgleichberechtigten die Wertpapiere zum Stichtag zu übertragen. Es sind ab dann Ihre. Das Kursrisiko ihrer Papiere ist danach ihre Sache, Gewinn wie Verlust. Ansonsten müsste der Ausgleichspflichtige am Stichtag die Papiere sofort verkaufen, denn wenn sie fallen läuft er unweigerlich in den Bankrott. Das wird er jetzt ebenfalls. Das lange und sicherlich nicht billige BGH-Urteil ist wissentlich für den Papierkorb geschrieben, denn Geld wird die Ausgleichsberechtigte trotz Urteil nicht mehr sehen. Die einzige Effekt wird eine höhere Ziffer in einem Formular des Insolvenzverwalters sein. Ein furchtbar richtiges und ausgiebig begründetetes Recht ohne Wirkung.

 

Umgekehrt wurde in der relativ jungen Reform des §1375 Abs. 2 BGB ja einiges getan und Beweislasten fleissig umgekehrt, mit der offiziellen Begründung dass die Ausgleichspflichtigen sich arm rechnen. Bei so viel ehrenwerten und zielstrebigen Bemühungen der Gesetzgeberin, den Zugewinnausgleich hoch und teuer zu machen kann natürlich schon mal unter den Tisch fallen, dass viele Geldanlagen auch Risiken nach unten beinhalten und der tollste BGH - geadelte Zugewinnausgleich ab Endvermögen Null in der Praxis gegen eine Wand aus Beton läuft.

Eine logische Lösung wäre es, der Ausgleichberechtigten die Wertpapiere zum Stichtag zu übertragen.

Schöner Gedanke, der ansatzweise und mit umgekehrten Vorzeichen in § 1383 BGB enthalten ist

Da eifert der BGH dem alten Witz nach:

"Die Börse hat sich schon halbiert und ich bin immer noch verheiratet".

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Benno Weiser schrieb:

Da eifert der BGH dem alten Witz nach:

"Die Börse hat sich schon halbiert und ich bin immer noch verheiratet".

 

Der BGH nimmt sich in dieser Frage offenbar Groß Britannien zum Vorbild.

 

Dort wurden Bösenspekulanten nach dem Kollaps von 2008, nachdem ihr, ehemals hohes  Einkommen, weggebrochen ist, trotzdem zu Ehegattenunterhalt in Höhe von mehreren Milllionen Pfund auf Basis des "gewohnten" Lebensstandards verurteilt.

 

Frei nach dem alten Honnecker gilt für Unterhalt:

Aufwärts immer, abwärts nimmer.

 

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Nicht der BGH "eifert nach" bzw. "nimmt zum Vorbild" !

Der BGH hält sich nur an die gesetzgeberischen Vorgaben.

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.......hätte der BGH nicht den Sachvortrag des Ehemannes als Einrede gem. 1381 BGB werten können oder dürfen?

Muss ich den Begriff der "Einrede" wörtlich in den Ring werfen?

Muss ich §§ benennen?

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Der BGH hat ausgeführt, dass es eines gerichtlichen Hinweises  auf die Möglichkeit einer Einrede gemäß § 1381 nicht bedurfte. Im übrigen ergäben sich auf der Grundlage des Vorbringens auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine grobe Unbilligkeit im Sinne des § 1381.

Eine gänzliche Versagung des Zugewinnausgleichsanspruchs  wegen § 1381 wird im übrigen sowieso nicht so leicht angenommen. So wird z.B. bei Tötung der Ehefrau in einem minder schweren Fall (§ 213 StGB) oder auch bei versuchtem Totschlag von der herrschenden Meinung nur eine Kürzung des Zugewinnausgleichsanspruchs  des Ehemanns für richtig erachtet.(vgl. z.B. Wedel,ZErb 2012, 175/176 mwN) Nach einer Mindermeinung soll sogar jedes  persönliche Fehlverhalten nicht geeignet sein die Einrede aus § 1381 zu begründen ! 

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Laut OLG Karlsruhe, FamRZ 1987,823 und LG Nürnberg-Fürth, ZErb 2012,175 ist sogar bei rechtskräftiger Verurteilung wegen Totschlags (§ 212 StGB) dem deswegen für erbunwürdig erklärten Ehemann der Zugewinnausgleichsanspruch nur dann vollständig zu versagen, wenn er seine Ehefrau unter besonders verwerflichen Tatumständen getötet hat. Dem kann ich mich nicht anschließen: Eine Verurteilung wegen Totschlags (§ 212) muss schon für sich allein, also auch ohne Vorliegen besonders verwerflicher Tatumstände, für einen vollständigen Ausschluß des Zugewinnausgleichsanspruchs ausreichen. (vgl. Wedel, ZErb 2012,176 in einer Anmerkung zum Urteil des LG Nürnberg-Fürth)  

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