Geheimsache Oma

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 10.07.2012
Rechtsgebiete: Familienrecht|5989 Aufrufe

Das nichteheliche Kind möchte von seinem Vater wissen, wer seine Oma ist und wo diese wohnt.

Der Vater möchte die Daten seiner Mutter nicht bekanntgeben und behauptet, seine Mutter habe dem widersprochen. Sie wünsche angesichts ihres Alters und ihrer Gesundheit keinen Kontakt zu weiteren Enkeln. An diesen Wunsch seiner Mutter fühlt er sich gebunden.

Das Amtsgericht hat den Vater verpflichtet, Namen und Anschrift seiner Mutter dem Kind mitzuteilen. Als Anspruchsgrundlage sieht es § 1618 a BGB. Aus der allgemeinen Beistands- und Rücksichtnahmepflicht folge auch eine entsprechende Auskunftspflicht.

Ein schutzwürdiges persönliches Interesse der Antragstellerin an der Kenntnis der Personalien ihrer Großmutter ist nicht von vornherein dadurch ausgeschlossen, dass der Antragsgegner behauptet, seine Mutter wolle keinen Kontakt. Zwar kann ein persönlicher Kontakt, geschweige denn ein Umgang, weder gegen den Willen des Großelternteils erzwungen werden noch wäre ein solcher Umgang kindeswohldienslich i. S. v. § 1685 BGB. Jedoch muss der Antragstellerin möglich sein, dies selbst zu überprüfen, was jedenfalls die Kenntnis der Personalien der Großmutter voraussetzt. Außerdem ist die Reaktion der Großmutter bei einer tatsächlichen Kontaktaufnahme nicht vorherzusagen. Bereits die Chance zu einer Kontaktaufnahme ist schützenswert

Selbst wenn es nicht zu persönlichen Kontakten kommen sollte, ist die Kenntnis der Person ihrer Großmutter für die Entwicklung der Antragstellerin von Bedeutung. Die mit der Kenntnis der eigenen Herkunft einhergehende Identifikation mit sich selbst ist für die Persönlichkeitsentwicklung förderlich und damit ebenfalls ein schützenswertes Interesse. Zur für die Identitätsentwicklung förderlichen Kenntnis der eigenen Wurzeln gehört nicht nur die Kenntnis der Eltern, sondern auch diejenige der weiteren Familie. In diesem Rahmen haben insbesondere Großeltern in der Vorstellungswelt von Kindern eine wichtige, die Rolle der Eltern ergänzende, Funktion.

Außerdem besteht auch ein allgemeines Interesse an der Kenntnis der Person der Großeltern mit Blick auf Unterhalts- und Erbansprüche. Zwar bestehen derartige Ansprüche, solange sowohl die Großmutter als auch der Antragsgegner leben, nicht. Im denkbaren Falle eines plötzlichen Todes des Antragsgegners müsste dagegen die Antragstellerin die Personalien der Großmutter anderweitig aufwendig ermitteln, wohingegen dem Antragsgegner die Auskunft unproblematisch möglich ist. Auch die Prüfung von Erb- und Unterhaltsansprüchen ist ein legitimes, bei der Abwägung zu berücksichtigendes, Interesse

AG Lüdinghausen v. 06.07.2012 - 14 F 76/12

 

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