Facebookzwang an deutschen Schulen?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 20.06.2012

Mir wurde eben ein Artikel aus der lokalen Presse zugetragen, wonach eine Schule  in Braunlage sechs Schüler von einer Schulstunde mit einem Geschichtenerzähler ausgeschlossen hat, weil deren Eltern nicht wollten, dass Fotos von ihren Kindern bei Facebook veröffentlicht werden sollten. Stattdessen mussten die Schüler in anderen Klassen Unterricht mitmachen.

Es scheint sich nicht um einen Ausnahmefall zu handeln :

http://derstandard.at/1339638472000/Deutschland-Gegen-Facebook-Fotos-Kin...

http://www.golem.de/news/facebook-warum-kinderbilder-nicht-in-soziale-ne...

Gehen wir mal davon aus, dass die Faktenlage in der Meldung so stimmt (was ich nicht überprüfen kann): Was meinen Sie:  Ist es zulässig, anstatt die Bilder der "Widerspruchselternkinder" eventuell etwas zeitaufwendig auszusortieren oder die Gesichter unkenntlich zu machen, die Kinder von ihrem vorgesehenen Unterricht mit ihrer Klasse auszuschließen?  

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9 Kommentare

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Wenn das stimmt, kann man nur hoffen, dass sich die Eltern an die zuständige Behörde wenden. Es kann ja nicht sein, dass es Auswirkungen auf den staatlichen Unterricht hat, wenn ein Schüler von seinem Recht am eigenen Bild Gebrauch macht.

Ich meide Facebook persönlich wie der Teufel das Weihwasser. Insoweit finde ich es umso problematischer, dass immer mehr öffentliche Stellen (Länder, Kommunen oder entsprechende Einrichtungen) sich immer stärker auf Facebook präsentieren und so ein fehlendes Bewusstsein für die datenschutzrechtliche Problematik deutlich wird. Besonders wenn an anderer Stelle die Verbraucherschutzministerin oder entsprächende Verbände regelmäßig vor Facebook warnen und es kritisieren. Wenn aber von stattlicher Stelle dann geradezu angeordnet wird, dass man entweder unkompliziert auf seine Rechte verzichtet oder man bei Aufmüpfigkeit "sanktioniert" wird, dann ist es definitiv erforderlich, dass die verantwortlichen Lehrer bzw. die Schulleitung in ihre Schranken gewiesen wird. Da bieten sich dann auch mal entsprechende Thementage für Lehrer und Schüler über den Datenschutz im Internet an.

 

Im Übrigen gilt natürlich die Beurteilung hinsichtlich des Rechts am eigenen Bild facebookunabhängig. Wenn sich Eltern dagegen streuben, dass irgendwelche Klassenfotos mit ihrem identifizierbaren Kind in irgendwelchen Zeitungen veröffentlicht werden, kann da nichts anderes gelten.

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Hinweis/Korrektur: die Artikel vom Golem und dem Standard beziehen sich auf die Ereignisse in Braunlage.

Man könnte die Frage auch noch einschränkender stellen:

Darf die Schule überhaupt Bilder der Schüler auf FB veröffentlichen?

Auch hier wird die Antwort sehr wahrscheinlich nein lauten müssen, dann die Schule als Datenverarbeiter kann nicht sicherstellen, dass die an FB weitergegebenen Daten gemäß dem deutschen/europäischen Datenschutzrecht verarbeitet werden. Insbesondere, da die Datenschutz bzw. Nutzungsbedingungen von FB selbst schon gegen die deutschen/europäischen Regelungen verstößt.

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Allgemeines Persönlichkeitsrecht und Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG der Kinder vertreten durch ihre Eltern stehen einer Veröffentlichung entgegen. Dieser Wille ist auch vor den weiteren besonderen Persönlichtsrechte einschränkenden technisschen Entwicklungen etwa durch automatische Gesichtserkennungen bei F-Book besonders beachtlich. Die Lehrer hätten somit nur Einzelfotos oder Klassenausschnitten zustimmender Kinder/ Eltern zulassen dürfen. Den nichtveröffentlichungswilligen Kindern hätten jedoch zugleich keine Nachteile entstehen dürfen, sie nicht an der Teilnahme des regulären staatlichen Unterrichts durch die Lehrer gehindert werden dürfen, etwa durch den Klassenwegverweis. Diese handelten somit rechtswidrig hinsichtlich des Verweises.

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Bleibt die Frage: sind solche formularmäßigen Verträge wie sie die sponsornde Versicherung vorgelegt hat, in deren Klauseln die Freigabe von Fotos für Facebook enthalten ist, angesichts der für Deutschland bzw. die EU ungültigen Datenschutzbestimmungen von Facebook überhaupt gültig bzw, zulässig?

Kann also die Versicherung wegen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz verklagt werden, wenn sie die Fotos auf Facebook postet, auch wenn die Eltern der Veröffentlichung zugestimmt haben?

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