Neue Horror-Droge in der Szene: Fentanyl

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 16.06.2012

Wieder mal gibt es Berichte über eine neue Droge in der Szene, es handelt sich diesmal nach Krokodil, Oxi und „Calvin Klein“ um Fentanyl. Die Münchener Abendzeitung schreibt in einem Artikel vom 15.06.2012, dass es im Raum München bereits 8 Tote nach dem Konsum von Fentanyl gegeben habe.

Fentanyl ist eine synthetisch hergestellte Droge auf Morphinbasis. Sie unterfällt als verschreibungsfähiges Betäubungsmittel der Anl. III zu § 1 Abs. 1 BtMG. Die pharmakologischen und toxikologischen Wirkungen ähneln denen von Heroin. Wegen ihrer hohen Wirkungspotenz eignen sich Fentanyle besonders als betäubend wirkende Schmerzmittel und als Narkosemittel. Es gibt ca. 1.000 Variationen, die zum Teil 100- oder 1000-fach so stark sind wie Morphin (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Auflage, Stoffe/Teil 1, Rn. 294, 297). Fentanyl-Pflaster werden häufig in der Schmerzmedizin verwendet. Sie werden einige Tage getragen und dann weggeworfen.

Nach dem Bericht der Münchener Abendzeitung nehmen Drogenabhängige die weggeworfenen Pflaster aus dem Müll der Krankenhäuser oder lassen sich als vermeintliche Fentanyl-Patienten solche Pflaster verschreiben. Die Pflaster würden dann auf die Haut geklebt, in den Mund gelegt oder ganz gegessen. Zum Teil werde das Fentanyl auch aus den Pflastern herausgekocht und zur intravenösen Injektion aufbereitet.

Fentanyl ist höchst gefährlich. Es führt zu einer gefährlichen Verlangsamung der Atmung und des gesamten Stoffwechsels bis hin zum Atemstillstand.

Eine Variante aus der Fentanyl-Gruppe, das Carfentanyl, erlangte im Jahr 2002 traurige Berühmtheit. Es wurde von den Einsatzkräften in einem Musicaltheater in Moskau eingesetzt, um Geiselnehmer aus Tschetschenien zu überwältigen. Das durch Luftschächte eingeleitete Carfentanyl (mit dem Narkosemittel Halothan vermischt) tötete zahlreiche Geiselnehmer und Geiseln (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Auflage, Stoffe/Teil 1, Rn. 303).

 

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3 Kommentare

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So lange die Zugangsschwelle zu Methadon oder kontrolliert abgegebenem Heroin aus ideologischen Gründen künstlich hochgehalten wird, z.B. durch unsinnig hohe oder wirtschaftlich prohibitive Anforderungen an Ärzte, so lange wird es solche armen Teufel geben.

Wer den "Leidensdruck" als Voraussetzung für einen Therapiebeginn fordert, der geht - wie dieser Artikel zeigt - über Leichen.

Ähm....sämtliche Fentanyl-TTS-Pflaster können nur mit Btm-Rezept verschrieben werden....sorry daher habe ich meine Zweifel ob eine ärztliche Urlaubsvertretung so mir nichts dir nichts Btm-Rezepte für jemand austellt.....besonders da diese Teile ja bei chronischen Schmerzen angewendet werden d.h. es da eine Krankengeschichte gibt und solche Patienten dann wissen das der Doktore in Urlaub ist und dementsprechend vorsorgen.....

 

Zudem kommt man den Müll aus Krankenhäusern normalerweise nicht so einfach ran, da dort dann meist noch andere Abfälle auch entsorgt werden (z.B. Organreste aus dem OP) so war es jedenfalls in dem Krankenhaus wo ich ein Praktikum in der Krankenhausapotheke machen dürfte.

 

Außerdem regen sich da gerade "die Richtigen" auf, ansonsten würde es schon längst Diacteylmorphin auf Rezept geben ähnlich dem Heroinprojekt http://www.heroinstudie.de/ und vorallem (das gilt besonders für die Methadon-Substitutions-Programme) nicht verbunden mit dem Zwang abstinent zu werden, was viele Betroffene abschreckt. 

 

Zudem wer sich so ein Teil auf die Haut klebt wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Überdosierung einfangen, besonders wenn er eh Opiate konsumiert und daher eine Toleranz hat (Gerade meinen Cheffe gefragt der Mediziner ist, er meinte selbst bei einem Teil was 150 µg pro Stunde abgibt (ist, laut Netz, von einer Firma die höchste Dosierung die als TTS erhältlich ist), wird es selbst bei einer Person ohne Toleranz nicht zu einer Atemdepresion kommen; Übelkeit und Schläfrigkeit Ja, aber eben nicht tödlich. Das gilt natürlich nicht, wenn man das Teil zerkaut oder extrahiert und sich die Brühe in die Vene spritzt und damit das TTS aufhebt.....

 

Also eine Horror-Droge sieht für mich anders aus.......mans ehe sich nur vom 22.09.2012 bis 07.10.2012 auf der Theresienwiese und Umgebung um...da sieht man eine Horror-Droge in Aktion*.....

 

bombjack

 

* = wenn nur ein vermeintlicher und/oder eingebildeter Blick reicht, um von einem Konsumenten auf dieser Horror-Droge, eine auf das Maul zu bekommen....

5

@bombjack:

 

Ich habe zunächst nur aus dem Zeitungsartikel zitiert...

 

Ihre Anmerkung habe ich aber zum Anlass genommen, mal tiefer einzusteigen. Aus der Veröffentlichung von Oechsler/Zimmer/Pedal/Skopp, ArchKrim 2009, 27 mit dem Titel "Hatte sich das Pflaster in Rauch aufgelöst? - Eine tödliche Fentanylintoxikation" ergibt sich, dass tatsächlich Todesfälle nach dem Aufkleben mehrerer Pflaster auf die Haut bekannt wurden. Bei Kindern sei es sogar nach dem  Aufkleben oder Verschlucken bereits gebrauchter Pflaster zu schweren Vergiftungen, zum Teil mit tödlichem Ausgang gekommen.

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