Versöhnung für einen Tag - bitte wieder hinten anstellen

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 05.06.2012
Rechtsgebiete: ScheidungTrennungVersöhnungFamilienrecht2|5864 Aufrufe

Das Trennungsjahr war abgelaufen. Beide hatten die Scheidung beantragt.

Für den 22.12.2011 stand Termin an. Ob es an dem kurz bevorstehenden Fest lag, man weiß es nicht - jedenfalls erklärten beide in dem Termin, dass sie sich vor einiger Zeit versöhnt hätten und an ihrer Ehe festhalten wollten und nahmen in dem Termin ihre wechselseitigen Scheidungsanträge zurück.

Allein, das Glück währte nicht mal bis Weihnachten. Nach nur einem Tag wurde die eheliche Lebensgemeinschaft wieder beendet.

 

Sie beantragte dann alsbald (erneut) Verfahrenskostenhilfe für einen Scheidungsantrag.

 

Abgelehnt:

Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass es sich im vorliegenden Fall nicht nur um einen Versöhnungsversuch {im Sinne des § 1567 II BGB} gehandelt hat, sondern um eine endgültige Versöhnung. Hierfür spricht zunächst, dass die in der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2011 von den Beteiligten übereinstimmend abgegebene Erklärung insoweit eindeutig ist. Das Vorliegen einer endgültigen Versöhnung ergibt sich jedoch insbesondere aus der von den Beteiligten erklärten Rücknahme der Scheidungsanträge. Das Amtsgericht Leipzig hat in der Begründung eines Beschlusses zu einem vergleichbaren Fall folgendes ausgeführt: Nimmt ein Ehegatte während eines Versöhnungsversuchs den Scheidungsantrag zurück, bekundet er damit, dass die Versöhnung Erfolg hat und er keinen Scheidungswillen mehr hegt. Wird in dieser Phase eine Antragsrücknahme erklärt, wird der Wille der unbedingten Versöhnung unwiderleglich geäußert (vgl. AG Leipzig, Beschluss vom 20.08.2003, Geschäftsnummer 24 F 2309/03).

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat bezogen auf den vorliegenden Fall an. Hätten die Beteiligten lediglich den Versuch einer Versöhnung unternehmen wollen, hätte auch im Scheidungstermin noch die Möglichkeit zur Verfügung gestanden, die Aussetzung des Scheidungsverfahrens nach § 136 FamFG zu beantragen. Einem solchen von den Beteiligten übereinstimmend gestellten Antrag hätte das Familiengericht nach § 136 Abs. 2 BGB zwingend entsprechen müssen, bevor es die Scheidung ausspricht. Indem die Beteiligten einen solchen Antrag nicht gestellt, sondern vielmehr ihre Scheidungsanträge zurückgenommen und damit bewusst in Kauf genommen haben, dass bei einem erneuten Scheidungsbegehren die Kosten für ein neu einzuleitendes, weiteres Scheidungsverfahren entstehen werden, haben sie unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht lediglich als einen der Versöhnung dienenden Versuch, sondern als auf Dauer angelegte Fortsetzung ihrer Ehe ansehen. 

Ob dem Entschluss ein Drängen der Eltern der Beteiligten vorausgegangen war oder der Versöhnung das Interesse der gemeinsamen Kinder als Motiv zugrunde gelegen hatte ist ebenso unerheblich wie der Umstand, dass die anschließende Wiederherstellung der häuslichen Gemeinschaft nur für einen Tag angedauert hat. Maßgeblich ist allein, dass die Beteiligten im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2011 ihre Versöhnung als erreicht angesehen haben.

 

OLG Bremen vom 02.05.2012 - 4 WF 40/12

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2 Kommentare

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"Einem solchen von den Beteiligten übereinstimmend gestellten Antrag hätte das Familiengericht nach § 136 Abs. 2 BGB zwingend entsprechen müssen,"

Das muss wohl FamFG heissen, nicht BGB.

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