Blick über den Teich - Erstaunliches aus den USA

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 08.05.2012

 

Unternehmen, die in den USA tätig sind, sollten im eigenen Interesse alle möglichen Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen ihrer Mitarbeiter/innen durch Vorgesetzte und Kollegen zu vermeiden. Anderenfalls drohen sehr hohe Schadensersatzforderungen. Dies zeigt exemplarisch ein Urteil aus Kansas City. Wegen Schikane am Arbeitsplatz ist einer Muslimin nach dem Verlust ihres Jobs eine Entschädigung in Höhe von umgerechnet ca. 3,8 Millionen zugesprochen worden. Zusätzlich erhält die Frau aus Missouri dem Richterspruch zufolge 120.000 Dollar ausgefallenes Gehalt von ihrem früheren Arbeitgeber AT&T. Die Entschädigung dürfte nach Berichten der Zeitung “Kansas City Star“ die höchste sein, die in einem solchen Fall bislang in dem US-Staat zugestanden wurde. Die Frau hatte geklagt, die Schikanen hätten kurz nach ihrer Konvertierung zum Islam im Jahr 2005 begonnen. AT&T kündigte Berufung an. Auch deutsche Unternehmen, die sich in den USA betätigen, laufen Gefahr, zu solch horrenden Ersatzzahlungen verurteilt zu werden. So muss sich der deutsche Chemie-Riese Bayer derzeit in den USA einer Sammelklage erwehren. Mehrere im Konzern beschäftigte Frauen fühlen sich gegenüber den Männern systematisch benachteiligt. Sie verlangen rund 100 Millionen Dollar.

Ganz andere Probleme haben Yahoo und ihr Chef Scott Thompson. Yahoo musste kürzlich einräumen, dass Thompson - anders als in seinem Lebenslauf angegeben - keinen Bachelor-Abschluss in Computerwissenschaften habe. Man kennt so etwas eher von Arbeitnehmern, die dann mit einer Kündigung – bzw. in Deutschland mit einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung – zu rechnen haben. Allerdings steht nun auch der Yahoo-Chef unter Druck. Der Hedgefonds-Manager und Yahoo-Großaktionär Daniel Loeb nutzt die Panne jetzt im Machtkampf mit Thompson um die Besetzung mehrerer Sitze im Verwaltungsrat, in den er selbst gerne einziehen möchte. In einem Schreiben hat er die Entlassung Thompsons wegen "unehrenhaften Verhaltens" gefordert. Er verlangt nun einen umfassenden Einblick in die Aufzeichnungen der Firma. Loeb will wissen, wie und warum Thompson Chef wurde.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

7 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Vielen Dank, Herr Prof. Stoffels. Hierzu ist anzumerken, dass diese Entscheidungen mit medienwirksamen horrenden Summen häufig zu Strafzwecken von einer Jury verhängt werden, aber dann durch den Richter oder spätestens im Berufungsverfahren weit zurechtgestutzt werden. Ähnlich läuft das System bei Sammelklagen. In den meisten Fällen ist es egal, mit welcher Summe man klagt, weil der Streitwert vor Gericht selten eine Rolle spielt. Und Papier ist geduldig. Würde mich schwer wundern, wenn diese Summen wirklich je ausgezahlt werden.

Grüsse aus Washington

Ihr Axel Spies

Ja man hört immer viel von solchen Summen. Ganz so leicht machen es sich die Gerichte dnan aber doch nicht. Mal eben knapp 4 Mio Dollar verschenkt man auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten nicht so einfach.

Trotzdem muss man sich in den USA immer vor Klagen in Acht nehmen. Die Amerikaner machen das ja für ihr Leben gern.

0

Sehr geehrter Tourix,

Richtig, eine am Streitwert orientierte Gebührentabelle für Anwälte gibt es hier nicht - die Anwaltskosten werden ausgehandelt - meist nach Zeitaufwand. Das dt. Prinzip, dass der Unterlegene alle Anwaltskosten trägt, ist hier eher die Ausnahme. Klar, man muss sich vor Klagen in Acht nehmen, aber Recht haben und Recht bekommen sind wie in vielen Teilen der Welt zwei paar Schuhe. Ich habe vor ein paar Tagen eine Mitteilung eines großen kalifornischen Gerichts gesehen, wonach aus Kostengründen 56 (!) Kammern geschlossen werden. Zukünftig müssen die Parteien selbst die Gerichtsprotokollanten dort aus eigener Tasche bezahlen.  

Grüsse aus Washington

Axel Spies

Kommentar hinzufügen