Hannelore Kraft: Nach ihrer Festnahme in der Schweiz Verschiebung der NRW-Wahl?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 01.04.2012

Nachdem Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am heutigen Tage bei einer Zwischenlandung auf dem Zürcher Flughafen überraschend von der Schweizer Grenzpolizei festgenommen wurde, klärt sich nun langsam der Nebel:

Kraft wird von der Züricher Staatsanwaltschaft offenbar vorgeworfen, Straftaten gefördert zu haben, als sie sich in einer Stellungnahme vor zwei Tagen schützend vor nordrheinwestfälische Finanzbeamte stellte, die von der Schweiz wegen Anstiftung zur Datenspionage mit Haftbefehl gesucht werden (siehe Beck-Blog-Beitrag). NRW hatte bislang jede Zusammenarbeit mit den Schweizer Strafverfolgern  verweigert. Nun wird Kraft nach Art. 259, 260 Schweizer StGB beschuldigt. Aus diplomatischen Kreisen wurde aber bekannt, dass die Bundesrepublik Deutschland bereit ist, für Kraft eine Kaution in unbekannter Höhe zu hinterlegen, wenn sie ausreisen darf.

In NRW schlugen heute die Wellen hoch. Die SPD beantragte, die für den 13. Mai terminierte Wahl um die Dauer der haftbedingten Abwesenheit der Ministerpräsidentin zu verschieben. Die FDP hat bereits ihre Zustimmung zu einer Verschiebung des Wahltermins auf Ende Juni signalisiert. Man hofft bis dahin auf bessere Umfragewerte. 

Juristisch ist interessant, ob überhaupt die Voraussetzungen des Art. 6 Schweizer StGB gegeben sind, oder ob die Schweiz mit der Verhaftung im Transitbereich des Flughafens gegen internationale diplomatische Bestimmungen verstoßen haben.

 

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10 Kommentare

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Finanzminister Schäuble und CDU-NRW -Spitzenkandidat Röttgen sollen sich dem Vernehmen nach strikt gegen die Stellung einer Kaution ausgesprochen haben. Schäuble ließ durch seinen Pressesprecher mitteilen, dass nach der Griechenlanhilfe kein Euro für solche Lappalien mehr zur Verfügung stünde.

Ein schöner Aprilscherz. Und der Hintergrund ist ein ernster: Das Geschrei, das bei den Politikern nun ausgebrochen ist (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/schweizer-haftbefehle-schaeuble-fa...), ist nicht alleine Ausdruck einer Fürsorgepflicht für Beamte. Die Politiker wissen, daß es auch um sie selbst geht, daß sie die nächsten sein können, die mit einem Haftbefehl gesucht werden.

Als Beispiel nur ein Zitat aus einer Meldung des NDR vom 19.06.2010 (mittlerweile natürlich "depubliziert"; Hervorhebung hier):

'Der Bund hatte gemeinsam mit Niedersachsen Anfang Juni die CD mit Daten deutscher Steuerbetrüger in der Schweiz gekauft. Ein anonymer Anbieter hatte dem Land die Daten für 185.000 Euro angeboten. Nach dem Kauf des Datenträgers hatte Möllring den umstrittenen Ankauf, den er praktisch im Alleingang getätigt hatte, verteidigt. "Steuerfahndung findet im Verborgenen statt, da kann ich nicht vorher auf den Marktplatz gehen", hatte er gesagt. Über den Kaufpreis sei zwei Monate lang verhandelt worden.'

In dem Maße, wie die ministerielle Ebene in die Vorgänge eingebunden war (hier der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring), in dem Maße wird auch dort zu ermitteln sein ("Regierungskriminalität").

Die Empörungsrufe sind nicht nur an die Schweiz gerichtet, sondern können auch als Signal an die deutsche Justiz, insbesondere die Staatsanwaltschaften, verstanden werden: Sie solle bloß nicht auf die Idee kommen, die Stimmen im Schrifttum ernstzunehmen, die schon länger sagen, daß der Ankauf der Steuerdaten strafrechtlich relevant war.

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Wo ist denn mein vorheriger Kommentar hin, war doch nur ein Lob für den Aprilscherz, was gabs denn daran auszusetzen oder zensieren vom IT-Mensch im Serverraum? Wie war das mit dem Humor? Schräg...

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Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ist bereits wieder auf freiem Fuß. Aus Polizeikreisen liess man verlauten, es habe sich um einen Justizirrtum gehandelt. Statt dessen habe man einen entsprechenden Haftbefehl für Jürgen Rüttgers. Polizeibeamter Emil Sternberger, der an der Verhaftung von Ministerpräsidentin Kraft maßgeblich beteiligt war: "Ich hatte schon in der Fahrschule Probleme mit links und rechts."

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Na ja, dann sollten unsere Staatsanwaltschaften doch einmal mit Volldampf Ermittlungen gegen die Schweizer Banken bzw. deren Vorstände pp. wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung einleiten.

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"Die Schweizer Haftbefehle gegen deutsche Steuerfahnder sorgen für eine hitzige Debatte in Berlin. Die SPD sieht Finanzminister Schäuble in der Pflicht, er habe die Dimension des Konflikts nicht erfasst. Fraktionsgeschäftsführer Oppermann fordert das Bundesverdienstkreuz für die Beamten."

 

 

 Dies ist überigens KEIN APRILSCHERZ, sondern eine Meldung vom 2. April auf SPON

angesichts des "return on investment", den der Ankauf der CD erbracht hat, wäre kaum ein Verdienstorden so gerechtfertigt wie dieser: 900 Millionen zusätzliche Steuereinnahmen bei 2,5 Mio. Kaufpreis bedeutet eine Rendite von 36.000 %.
Meinetwegen dürften die Fahnder auch 5% davon als Erfolgsprämie bekommen ...
Dass die Verfolgung der asozialen Steuerverbrecher durch das geplante Abkommen mit der Schweiz aufgegeben wird, ist der eigentliche Skandal - und nicht, dass die Schweiz ihr Recht anwendet.

hallo

Wie kommt man eigentlich dazu, den Schweizer Rechtsstaat manipulieren zu wollen ?

Die BRD Finanzagentur GmbH sollte sich erst einmal mit Ihrem eigenen "Rechtsstaat" auseinandersetzen.

Wir haben ja noch nicht einmal eine Verfassung.

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