Was tut sich hinter den Kulissen in Deutschland zum kollektiven Rechtsschutz im Kartellrecht?

von Dr. Rolf Hempel, veröffentlicht am 28.03.2012

Ich hatte schon verschiedentlich über aktuelle Entwicklungen im Bereich des kollektiven Rechtsschutzes im Kartellrecht berichtet (zur 8. GWB-Novelle hier und hier, zu den Plänen der Kommission hier und hier und hier und zur Initiative des Europäischen Parlaments hier und hier und hier).

Was ist aktuell zu berichten? Am 2. März 2012 hat die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Bundestag eine kleine Anfrage an die Bundesregierung zum Thema Durchsetzung kollektiver Verbraucherinteressen gerichtet (Bundestags-Drucksache 17/8850 vom 02.03.2012). Die Anfrager nehmen darin Bezug auf die Konsultation der Kommission zum kollektiven Rechtsschutz und auf die Initiative des Europäischen Parlaments. Sodann richten sie 21 Fragen an die Bundesregierung , die überwiegend sehr offen formuliert sind und darauf zielen, die Position der Bundesregierung zur genauen Ausgestaltung eines Instruments des kollektiven Rechtsschutzes in Erfahrung zu bringen. Die Fragen betreffen den kollektiven Rechtsschutz allgemein, aber auch im Kartellrecht. So erkundigen sich die Anfrager mit Frage 15 nach den von der Bundesregierung beabsichtigten Veränderungen, um bestehende Lücken im Schadensersatzrecht nach Kartellrechtsverstößen zu schließen. In Frage 16 wird nach der Summe der vom Bundeskartellamt vereinnahmten Bußgelder und Geldstrafen der letzten zehn Jahre gefragt. Frage 17 und 18 richten sich auf Erkenntnisse zum Gewinn des sog. Kaffeerösterkartells.

Die Bundesregierung hat die kleine Anfrage am 19.03.2012 beantwortet (Bundestags-Drucksache 17/9022 vom 20.03.2012). Die Bundesregierung verweist zur ein oder anderen Frage auf ihre Stellungnahme im Konsultationsverfahren der Kommission zum kollektiven Rechtsschutz (hier; wir hatten damals auch Stellung genommen). Aus den Antworten geht hervor, dass die Bundesregierung die bestehenden innerstaatlichen kollektiven Klagemöglichkeiten derzeit grundsätzlich für ausreichend hält. Sie verweist ausdrücklich auf die schon bestehende Möglichkeit der Verbraucher, ihre Forderungen durch einen Verbraucherverband oder eine Verbraucherzentrale einziehen zu lassen (§ 79 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Eine Class Action lehnt sie ab. Ein spezielles gerichtliches Zulassungsverfahren für eine solche als Hürde zur Verhinderung von Missbrauch würde ihrer Auffassung nach keinen wirksamen Schutz gegen missbräuchliche Klagen darstellen. Einer Drittfinanzierung von kartellrechtlichen Schadensersatzklagen steht sie nicht so ablehnend gegenüber wie das Europäische Parlament. Eine direkte öffentliche Finanzierung lehnt sie allerdings – zu Recht – ab. Ihrer Auffassung nach nimmt Deutschland bei der privaten Kartellrechtsdurchsetzung seit den Änderungen durch die 7. GWB-Novelle eine Vorreiterrolle in Europa ein. Darüber hinausgehender Handlungsbedarf im Bereich von kartellrechtlichen Schadensersatzklagen wird nicht gesehen.

Nach den Auskünften der Bundesregierung hat das Bundeskartellamt in den vergangenen zehn Jahren insgesamt Bußgelder in Höhe von knapp EUR 1 Mrd. (!!) vereinnahmt. Die Bundesregierung spricht sich dagegen aus, einen Teil der vom Bundeskartellamt erhobenen Bußgelder in einen Fonds zugunsten der Verbraucherarbeit zu überführen. Zum Abschluss ihrer Antwort weist die Bundesregierung auf die aktuellen Pläne zur Verstärkung des kollektiven Rechtsschutzes im Rahmen der 8. GWB-Novelle hin (vgl. hierzu auch hier).

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