Professoren-Entwurf zu Streiks in der Daseinsvorsorge

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 25.03.2012

 

Streiks im Bereich der Daseinsvorsorge beeinträchtigen erfahrungsgemäß in besonderem Maße die Interessen Dritter, die am Arbeitskampf gänzlich unbeteiligt sind. Dies führen die aktuellen Warnstreiks im öffentlichen Dienst nochmals deutlich vor Augen. Das Verständnis der Bürger für Streiks schwindet erfahrungsgemäß, wenn es um Krankenhäuser, Kitas, die Müllabfuhr, den öffentlichen Nahverkehr und den Flugverkehr geht, um nur einige Beispiele herauszugreifen. Es sprechen gute Gründe dafür, dass der auf diesem Gebiet traditionell untätig bleibende Gesetzgeber zumindest für diesen Teilbereich einige einschränkende Regeln formuliert. Im Auftrag der Carl Friedrich v. Weizsäcker-Stiftung hat eine Professorengruppe einen solchen Entwurf erarbeitet. Er ist jüngst der Öffentlichkeit vorgestellt worden und wird sicherlich die Diskussion nachhaltig beeinflussen. Die Initiative wird getragen von den Professoren Thüsing, Bonn, Franzen, München, und Waldhoff, Bonn.

 

Nach den Vorstellungen dieser Professoren sollen Streiks in Unternehmen der Daseinsvorsorge nur dann zulässig sein, wenn sie zuvor mit einer Frist von vier Tagen angekündigt wurden. Außerdem soll die Grundversorgung der Bevölkerung sichergestellt sein. Können sich die Tarifvertragsparteien hierüber nicht einigen, sieht der Gesetzesvorschlag ein Schlichtungsverfahren vor. Darüber hinaus sollen Arbeitskämpfe in der Daseinsvorsorge nur zulässig sein, wenn mehr als die Hälfte der Gewerkschaftsmitglieder an einer Urabstimmung teilnehmen und sich für einen Streik aussprechen. Ferner ergibt sich aus dem vorgeschlagenen Gesetz, dass Arbeitskampfmaßnahmen erst dann eingeleitet werden dürfen, wenn ein Schlichtungsversuch erfolglos geblieben ist. Auch mit den in den vergangenen Jahren immer stärker gewordenen Berufsgruppengewerkschaften setzt sich das Professorengremium auseinander. Danach sollen Spartengewerkschaften nur dann streiken dürfen, wenn die erhobenen Tarifforderungen auf mindestens 15 Prozent der Arbeitsverhältnisse in dem betroffenen Unternehmen oder der Branche angewandt werden sollen

 

Viele dieser Punkte sind sicherlich erwägenswert, werden aber nicht den Beifall aller Seiten erhalten. Besonders brisant ist die Einschränkung des Streikrechts der Spartengewerkschaften. Unter Verweis auf den jüngsten Streik der Vorfeldlotsen am Flughafen Frankfurt sagte der Martin Franzen, der Gesetzentwurf solle verhindern, dass „kleine und besonders streikmächtige Arbeitnehmergruppen Sondervorteile für sich erstreiken, die anderen Arbeitnehmergruppen nicht zugute kommen sollen.“ Obwohl der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zumindest dieser Regelungsvorschlag nicht unwillkommen sein dürfte, kommentierte man den Entwurf mit den Worten „völlig abwegig“. Ein ganz anderes Monitum kommt von Volker Rieble, Professor für Arbeitsrecht in München (Legal Tribune Online vom 23.3.2012): Er kritisiert, dass die Carl Friedrich v. Weizsäcker Stiftung, deren Eigenkapital zur Finanzierung dieses Projektes nicht annähernd ausreiche, bislang nicht aufgedeckt habe, wer finanziell dahinter stehe. Das gehöre aber zu der allseits geforderten Transparenz in der Wissenschaft. 

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4 Kommentare

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Und soll die Einschränkung des Streikrechts dann wenigstens finanziell kompensiert werden? Bei den Beamten heißt es immer "Die werden besser alimentiert, dürfen dafür aber auch nicht streiken"

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Ach was - jeder Streiktag spart die staatlichen Stellen doch Geld, weil sie für diesen Tag geringere Personalkosten haben. Das bedeutet: Wenn nicht mehr gestreikt wird, ist noch weniger Geld da.

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Wir wollen aber mal nicht vergessen, dass die EU für die BeraterRepublik D ein Streikrecht fordert, wie es in Demokratien (vor der sog. "Krise) üblich war. Bedeutet: Ausbauen, nicht abbauen. 

Denn das  Verständnis  für Streiks schwindet  NICHT bei denen, die wissen in welch dubiose PPP + anderen Unfug eben die Daseinsvorsorge entlassen wurde; Krankenhäuser, Kitas, alles börsenkompatibel gemacht. 

 

Wie weit die Verfasser der Studie da mitwirkten, soll raussuchen, wer will.

Und Flugvorfeldmitarbeit war wohl einst hoheitliche Aufgabe, nicht die von Leiharbeitern.

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