EU-weite Vollstreckung von Bußgeldern: Die erste OLG Entscheidung!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.03.2012

Vor einigen Tagen hatte ich eine Entscheidung des AG Bochum vorgestellt, in der es um die Vollstreckung von Geldsanktionen aus anderen EU-Staaten ging. Schon kann ich die nächste Entscheidung vermelden - OLG Koblenz, Beschluss vom 20. Januar 2012 - 1 SsRs 4/12, zu finden hier im Justizblatt Rheinland Pfalz. Bemerkenswerterweise handelte es sich um einen erfolglosen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde des Bundesamtes für Justiz. Das OLG Koblenz hat aber trotzdem noch etwas zur Umwandlung der Geldbußen geschrieben. Lesenswert. Insbesondere ist es falsch, die Geldbuße herabzusetzen mit dem Argument, in Deutschland würden für denselben Verstoß geringere Folgen festgesetzt:

 

Eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts (§ 87k
Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. IRG) kommt nicht in Betracht, weil keine klärungsbedürftige Rechtsfrage im Raum steht. Vielmehr ist der Gesetzeswortlaut eindeutig. 

aa) Nach § 87i Abs. 3 Satz 2 IRG war die in den Niederlanden verhängte Geldsanktion als solche in
die ihr im deutschen Recht am meisten entsprechende Sanktion, hier also in eine Geldbuße, umzuwandeln, was auch geschehen ist.

bb) Für eine eventuell notwendige Anpassung der Höhe der Geldsanktion verweist § 87i Abs. 3 Satz 3 IRG auf § 87f Abs. 2 IRG, wobei hier nur dessen Satz 1 anwendbar ist, der wiederum auf § 54 Abs. 2 und 4 IRG verweist. Dort ist zum einen die Umrechnung einer in ausländischer Währung berechneten Geldsanktion geregelt, was bei Vollstreckungsersuchen aus Mitgliedsstaaten des „Euro-Raumes“ keine Rolle spielt. Zum anderen geht es um die Anrechnung bereits erfolgter Teilvollstreckungen im Ausland.

cc) Für die vom Amtsgericht vorgenommene Anpassung der ausländischen Geldsanktion an inländische Regelsätze gibt es keine Rechtsgrundlage; die angefochtene Entscheidung ist insoweit
offensichtlich falsch.

c) Die angefochtene Entscheidung stellt auch nicht die Einheitlichkeit der Rechtsprechung in Frage (§ 87k
Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. IRG). Es handelt sich um einen
„Ausrutscher“ im Einzelfall, den das Amtsgericht spätestens nach Kenntnis der Gründe der jetzt ergangenen Entscheidung mit Sicherheit nicht wiederholen wird. Da die fehlerhafte Entscheidung keine Begründung enthält, die zumindest theoretisch geeignet wäre, andere Gerichte auf eine falsche Fährte zu lenken, sieht der Senat auch nicht das Risiko eines Nach ahmungseffekts. Er geht vielmehr davon aus, dass an dere Gerichte durch bloßes Lesen des Gesetzestextes zu dem richtigen Ergebnis gelangen werden.

 

Hinweis:

Aus den Niederlanden sind 2011 über 2800 Ersuchen beim Bundesamt für Justiz eingegangen.

 

 

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