Liefert die Regierung nun?

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 06.03.2012
Rechtsgebiete: elterliche Sorgenichteheliches KindFamilienrecht14|6145 Aufrufe

Am Sonntag tagte der Koalitionsausschuss von CDU/CSU und FDP. Dabei stand auch das Sorgerecht für nichteheliche Kinder auf der Tagesordenung.

Beck aktuell meldet dazu:

Gemeinsames Sorgerecht unverheirateter Eltern soll reformiert werden

Beim Sorgerecht will die Koalition die Rechte lediger Eltern stärken und damit europarechtlichen Vorgaben gerecht werden. Unverheirateten Eltern soll das gemeinsame Sorgerecht schneller und einfacher erteilt werden können. Wenn die Mutter künftig «Nein» sagt, hat der Vater die Wahl, entweder direkt das Gericht anzurufen oder zunächst mit der Hilfe des Jugendamtes eine Einigung mit der Mutter herbeizuführen. Das Gericht entscheidet, wenn die Mutter nicht zustimmt. Für alle unproblematischen Fälle soll ein neues beschleunigtes Gerichtsverfahren greifen, in dem das Gericht ohne Anhörung im schriftlichen Verfahren entscheidet, wenn sich die Mutter entweder gar nicht zum Wunsch des Vaters äußert oder wenn Ablehnungsgründe erkennbar nichts mit dem Kindeswohl zu tun haben.

Wie das Gericht in einem schriftlichen Verfahren herausfinden will, ob die Ablehnungsgründe erkennbar nichts mit dem Kindeswohl zu tun haben, ist mir unklar

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Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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14 Kommentare

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Die FDP behauptet in ihrer Pressemitteilung, dass das GSR nur verweigert werden dürfe, wenn dieses für das Kindeswohl erforderlich sei.

 

Wenn man die bisherige Praxis der Gerichte seit Zaunegger anschaut, sind allerdings vermutlich weiterhin 99% aller Väter als Kindeswohlschädlich einzuschätzen.

Und 100% aller Väter, denen die Mutter das Umgangsrecht verweigert.

Daran wird sich auch so schnell nichts ändern.

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Ich bedauere die Richter, die solche Fomulare demnächst auf den Tisch bekommen und im schriftlichen Verfahren entscheiden sollen. Offenbar sehen die Politiker die Richter als Wahrsager, Familienpsychologen und wohlfeile Reparaturmaschinen für alles, was die Politiker selber nicht hinbekommen.

Eric69 schrieb:

Soll dieses Gesetz nur für die Neugeborenen gelten oder auch für Altfälle?

 

Darüber ist (mir) noch nichts bekannt

Eric69 schrieb:

Soll dieses Gesetz nur für die Neugeborenen gelten oder auch für Altfälle?

 

Vätern ohne Trauschein und Sorgerecht sei empfohlen, auf jeden Fall jetzt schon das gemeinsame Sorgerecht zu beurkunden. Das geht im Jugendamt kostenlos und bei jedem Notar für rund 20 EUR Schreibgebühr. Diese Beurkundung wird im Sorgerechtsregister vermerkt und bleibt natürlich so lange ohne Wirkung, so lange die Mutter nicht zustimmt. Die Beurkundung zunächst durch den sorgerechtswilligen Vater könnte könnte später der vorgeschriebene Weg werden. Bleibt die Zustimmung der Mutter aus, könnte es automatisch ans Gericht gehen.

 

Einfach mal zu beurkunden ist schnell, einfach, schadet niemand und könnte auch den Altfällen je nach tatsächlicher Gesetzeslage eine gute Startposition bieten. Ausserdem dokumentiert es einen unwiderlegbaren Nachweis, dass der Vater sich frühzeitig um das gemeinsame Sorgerecht bemüht hat.

Realität!

Frau gibt an zu verhüten und schläft mit ungeschütztem Mann. Frau wird schwanger. Gemeinsam bekannte Arzthelferin gibt später an, sie hätte nicht verhütet, sondern Hormonpräparate eingenommen, um die Fruchtbarkeit zu steigern. Mann trennt sich noch vor Entbindung von Frau, erkennt Vaterschaft an, zahlt für beide Unterhalt und wünscht Sorgerecht und Umgang. Frau unterstellt im Anschluss Mann allgemeines sexuelles Interesse an Kindern (kein Strafverfahren, nur FamG). Folge: Kein Sorgerecht, kein Umgang mit dem Kind, auch nicht begleitet.

Wir brauchen uns jetzt und auch in Zukunft nichts vormachen: Väterentsorgung ist und bleibt ein ‚Kinderspiel‘! Es geht aber auch niederschwelliger, Väter scheibchenweise und trotz gemeinsamem Sorgerecht auszugrenzen. Kind mit Trennung eintüten und am neuen Wohnsitz anmelden. Kind allein im Kiga anmelden. Kind allein in der Schule anmelden. Kind allein in eigener Krankenkasse anmelden. Medizinische Behandlungsmethoden allein festlegen. Allein für Kind Kinderausweis beantragen – und erhalten. Umgang allein zuteilen, beschränken, erschweren und aussetzen. Die Liste lässt sich beliebig erweitern. Und ja, zu jeder einzelnen Angelegenheit kann Papa das FamG anrufen, immer wieder und wieder, mit mäßigen Erfolgsaussichten und horrendem Kosten- und Zeitaufwand verbunden.

Es ist beinahe egal was die Regierung liefert. Es ist auch in Zukunft noch zu wenig, für gelebte Vaterschaft.

MfG

@ Dipl. Math. Eric Untermann:

Da bin ich leider schon einen Schritt weiter. Mein SR-Verfahren für meinen 9-jährigen Sohn wurde letzten Mai vom AG Köln ruhend gestellt - Trotz positiver Stellungnahme des JA und eines Therapeuten. Die Mutter lehnt das gemeinsame Sorgerecht ab und möchte auch an keiner Mediation teilnehmen. Immerhin wurde der Umgang auf 5 von 14 Tagen + halbe Ferien festgelegt. Sohn wollte/will bis heute einen hälftigen Aufenthalt.

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Wenn die Mutter "nein" sagt zum gemeinsamen Sorgerecht, dann sagt sie bestimmt auch nein zu Unterhaltszahlungen, nicht wahr?

Es kann doch nicht sein, dass der Vater zwar Plichten aber keine Rechte hat!!!  - nachdem die Frau, eventuell auch noch gegen seinen Wunsch, entschieden hat, von ihm ein Kind zu bekommen. 

Warum soll ein Vater vor Gericht gehen müssen, damit der Sorgerecht bekommt? 

Er ist doch der Vater, oder?  

Und die Frau hat entschieden, von ihm ein Kind zu haben. Also: Sie entscheidet von ihm ein Kind zu haben und entscheidet gleichzeitig, ob der anschließend auch Vater sein darf?  "Totale Verarschung" ist das trefffende Wort!

 

Zeugungsboykott ist die adequate Reaktion!  ( Also, nie ohne Präservativ; -  die Zusicherung "ich nehm die Pille" - bietet null Sicherheit; es sind nur ein paar Worte, mit denen sich ne Menge absahnen lässt.

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Also ich denke, dass das Ganze typisch deutsch, typisch ideologisch ist. Es würde vermutlich praktisch nichts passieren, wenn der Vater automatisch mit der Vaterschaftsanerkennung das Sorgerecht bekäme.

Ob er sich mit der Kindmutter einigen kann ist dann immer noch nicht klar, aber Streit gibt es in den besten Familien.

 

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"Also ich denke, dass das Ganze typisch deutsch, typisch ideologisch ist. Es würde vermutlich praktisch nichts passieren, wenn der Vater automatisch mit der Vaterschaftsanerkennung das Sorgerecht bekäme."

 

Es hat eben mit Gleichberechtigung zu tun. Ich anerkenne, dass ich der Vater bin, erhalte aber kein Sorgerecht, wenn es die Mutter nicht will, aber zahlen muß der ich als Vater trotzdem. Ist doch absurd. 

 

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"Beim Sorgerecht will die Koalition die Rechte lediger Eltern stärken und damit europarechtlichen Vorgaben gerecht werden. Unverheirateten Eltern soll das gemeinsame Sorgerecht schneller und einfacher erteilt werden können. Wenn die Mutter künftig «Nein» sagt, hat der Vater die Wahl, entweder direkt das Gericht anzurufen oder zunächst mit der Hilfe des Jugendamtes eine Einigung mit der Mutter herbeizuführen. Das Gericht entscheidet, wenn die Mutter nicht zustimmt."

 

Ich würde den Text gerne kommentieren;

 

denn er ist etwas verschwommen. Der Ausdruck "Rechte lediger Elterrn stärken" ist missführend.Die Mutter hat ja eh alle Rechte, ob verheiratet, ledig oder one-night-stand, und der Vater die Pflicht zu zahlen, aber eben nicht das Recht auch Varter zu sein. Widerspricht übrigens dem Grundgesetz, in dem es heißt, dass die Erziehung der Kinder Plicht und Recht der Eltern ist. 
Der Ausdruck "unverheitete Eltern" in der zweiten Zeilen ist mit "unverheiratete Väter" zu ersetzen. 

Der Vater hat die "Wahl", direkt das Gericht "anzurufen". ???

Eine Wahl ist das wohl nicht. Ihm bleibt keine anderer Ausweg, als vors Gericht zu ziehen; und mit einem Anruf ist´s wohl auch nicht getan. 

 

Einige Tausend Euro, für vollkommen absurde "Verfahren"das ist seine Qual, nicht Wahl; und das weil Väter immer noch und weiterhin diskriminiert werden. 

 

 

 

 

 

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Beate U schrieb:

 

Einige Tausend Euro, für vollkommen absurde "Verfahren"das ist seine Qual, nicht Wahl; und das weil Väter immer noch und weiterhin diskriminiert werden. 

 

 

Und das ist auch ein Grund, warum Väter dann irgendwann sagen, ich will nichts mehr mit der Sache zutun haben und wenden sich dem Kind ab. Den die Kosten sind sehr hoch für den ganzen "Schwachsinn".

Und das soll dem "Kindeswohl" entsprechen?

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Sehr geehrter Herr Richter Burschel,

welche Rechtslage gilt bis zur Verabschiedung des neuen Sorgerechtsgesetzes? (positive oder negative Kindeswohlprüfung?) Soll man warten bis das Gesetz verabschiedet wurde oder besser noch warten? Wie sieht dazu die Gerichtspraxis aus?

 

Um Rückantwort wird höflich gebeten.

 

Mit feundlichen Grüßen

 

Michael Heidrich

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@Michael Heidrich

Beim väterlichen Sorgerecht können Sie wohl vom Gesetzgeber nicht die gleiche Eile und Resolutionsaktionismus erwarten, wie bei anderen kindeswohl-kritischen Zeitfragen.

Bis zur Verabschiedung und Inkrafttreten eines neuen Gesetzes gilt meines Wissen üblicherweise die alte Gesetzeslage. Dies ist wegen der fortdauernden Untätigkeit des Gesetzgebers die im Rang eines Gesetzes stehende Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010. Dieses ordnete eine positive Kindeswohlprüfung als Übergangsregelung an.

Ob sich warten lohnt, wird Ihnen kein normaler Mensch beantworten können. Ob es sich lohnt, sich auf den Gesetzgeber zu verlassen, ist ebenso ungewiß.

Dem Vernehmen nach haben die Justizverwaltungen auch nur recht unvollständig die in immerhin 2 Jahren bisher nach der Übergangsregelung gelaufenen Gerichtsverfahren statistisch erfassen oder auswerten können. Daher war man zwar anscheinend nicht in der Lage Schlußfolgerungen hinsichtlich der Kindeswohldienlichkeit solcher Verfahren zu treffen - konnte jedoch immerhin schon recht genaue Hochrechnungen über die Zahl zusätzlich erforderlicher Richterstellen und Verwaltungskräfte treffen.

Das einzige was die Bundesregierung dem Vernehmen nach wohl als relativ sicher annimmt, ist, dass für die Erlangung des Menschenrechts auf Wahrnehmung der elterlichen Sorge grundsätzlich eine halbe Verfahrensgebühr in Höhe von 44,50 Euro an Gerichtskosten anfallen dürfte - nach alter und nach neuer Rechtslage.

 

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