Wenn die ReNO umfällt, muss der Anwalt die Übersicht behalten

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 24.02.2012

 

Der Beschluss war am 21.12.2010 zugestellt worden.

Am 21.01.2011 legten die Antragsteller Beschwerde am Kammergericht ein.

Nachdem der Vorsitzende des Senats die Antragsteller daraufhingewiesen hatte, dass nach dem neuen Verfahrensrecht die Beschwerde am Amtsgericht einzulegen ist, nahmen sie die Beschwerde zurück.

Am 17.02.2011 legte die Antragsteller am Amtsgericht Beschwerde ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

Zur Begründung haben die Antragsteller ausgeführt, dass die Rechtsfachwirtin H.im Büro ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 21. Januar 2011, dem Tag des Fristablaufs der im Computer notierten Berufungsfrist, den Auftrag gehabt habe, die Beschwerde einzulegen. Bei dem von Frau H. im Computer aufgerufenen Formular für die Beschwerdeschrift habe es sich noch um ein Formular nach dem alten Recht gehandelt, welches sie aber habe überschreiben wollen. Kurz danach habe Frau H.sich unwohl gefühlt, Kreislaufprobleme bekommen und sei dann ohnmächtig geworden. Sie sei von einer weiteren Angestellten und der Verfahrensbevollmächtigten wiederbelebt und von Letzterer zum Arzt gefahren worden, wo sie notversorgt worden sei. Die Verfahrensbevollmächtigte sei anschließend wieder ins Büro gefahren und habe wegen weiterer Termine der Angestellten P.die Weisung erteilt, die Beschwerde zu fertigen und fristwahrend zu faxen. Die Verfahrensbevollmächtigte habe die Beschwerde unterschrieben und sich dann zu weiteren Terminen begeben. An einem normalen Tag hätte sie den Schriftsatz nochmals überprüft, der 21. Januar 2011 sei aber aufgrund der dramatischen Situation nicht normal gewesen. Die Angestellte P.habe die Beschwerde in der Vermutung, diese sei ordnungsgemäß vorbereitet worden, nach der Unterschrift der Verfahrensbevollmächtigten an das Kammergericht gefaxt. Durch den Zusammenbruch von Frau H., einer seit 20 Jahren in der Kanzlei tätigen zuverlässigen und sehr exakten Mitarbeiterin, sei der Kanzleibetrieb völlig durcheinandergeraten.

 

Die Wiedereinsetzung wurde abgelehnt. Die Rechtsbeschwerde zum BGH blieb erfolglos.

 

Eine krankheitsbedingte Einschränkung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller lag hier unstreitig nicht vor. Dass das Beschwerdegericht eine Wiedereinsetzung auch im Hinblick auf eine stressbedingte Arbeitsüberlastung der Verfahrensbevollmächtigten verneint hat, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.

Es ist nicht dargetan, dass die Verfahrensbevollmächtigte aufgrund der - sehr ungewöhnlichen - Situation nicht mehr in der Lage gewesen wäre, ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Im Gegenteil hinderte der eingetretene Notfall die Verfahrensbevollmächtigte nicht daran, anschließend noch zwei umfangreiche Termine wahrzunehmen.

Danach ist nicht ersichtlich, dass sich die mit dem eingetretenen Notfall einhergehende Stresssituation so erheblich auf den Zustand der Verfahrensbevollmächtigten ausgewirkt hätte, dass diese nicht mehr in der Lage gewesen wäre, die Beschwerdeschrift inhaltlich zu überprüfen. Zu Recht weist das Kammergericht darauf hin, dass es nur einen geringen zeitlichen Mehraufwand bedeutet hätte, die - weder einen Antrag noch eine Begründung enthaltene - Beschwerdeschrift durchzulesen und hinsichtlich der Angabe des Empfangsgerichts auf die Richtigkeit zu überprüfen.

BGH v. 01.02.2012 - XII ZB 298/11

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4 Kommentare

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Meine Fristversäumnisse zum Nachteil von Mandanten kann ich zwar an einer Schreinerhand abzählen. Ein Wiedereinsetzungsantrag war mir doch in allen Fällen zu peinlich. Was dort immer vorgetragen wird, macht die Sache nur schlimmer und stellt letztlich das Eingeständnis eines haftungsträchtigen Fehlers dar. Wenn der Mandant fragen sollte, weshalb das Rechtsmittel nicht eingelegt wurde, bieten sich folgende überzeugende Ausflüchte an:

 

1. Die erinstanzliche Entscheidung war leider im Ergebnis richtig.

2. Unkalkulierbares Kostenrisiko!

3. Das Rechtsmittelgericht hat eh keine Ahnung.

4. Ihre Zeugen konnte man alle in der Pfeife rauchen.

5. Ich bin ein Trottel, hier ist die Nummer meiner Haftpflichtversicherung.

6. Welcher Rechtsmittelauftrag?

7. Ihren Schadensersatzanspruch gegen mich habe ich mit der noch immer nicht bezahlten Gebührenrechnung verrechnet.

 

 

 

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@ A.Wieser

 

Also Nr. 7 klingt doch eher nach Betrug seitens des Mandanten, oder? Im übrigen berufe ich mich auf § 118 BGB analog.

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