1 Kind, 2 Väter, 5 Verfahren und (k)ein gutes Ende?
von , veröffentlicht am 15.02.2012Heirat Februar 1974, Geburt des Kindes Juli 1974.
Am 08.09.2003 erfährt der Ehemann, dass er nicht der Vater des Kindes ist.
Anstatt nun eine Vaterschaftsanfechtungsklage (nach damaligem Recht gegen das Kind zu richten) zu erheben, kommen er bzw. sein Anwalt auf die merkwürdige Idee, den biologischen Vater mit dem Antrag zu verklagen, festzustellen, dass dieser der Vater des Kindes sei. Das Gericht hält diese Klage (erstaunlicherweise) für zulässig und nach Einholung eins SV-Gutschachtens auch für begründet. Der beklagte biologische Vater nimmt die Berufung gegen dieses Urteil zurück!
In einer nachfolgenden Personenstandssache entschied das OLG München am 2. Mai 2006 dann prompt (und richtig), dass die Eintragung eines entsprechenden Randvermerks im Geburtenbuch des Standesamts unterbleibt, weil der Streitgegenstand des rechtskräftigen Feststellungsurteils kein Statusverfahren betreffe und die Entscheidung in diesem Umfang nur zwischen den Parteien wirke.
Dann Klage gegen die Mutter auf Schadensersatz - abgewiesen.
Nun erst (Januar 2007) Vaterschaftsanfechtungsklage gegen das Kind - abgewiesen, weil die zweijährige Anfechtungsfrist, die September 2003 begann, abgelaufen ist.
Jetzt Unterhaltsregressklage des Ehemannes gegen den biologischen Vater (§ 1607 III 2 BGB). Die frühren Rechtsanwälte des Ehemannes (die wohl zu Recht Schadensersatzansprüche gegen sich befürchten) treten dem Rechtsstreit auf Seiten des Ehemannes bei und treiben das Verfahren bis zum BGH. Ziel ist es, die Vaterschaft im Rahmen des Unterhaltsregressprozesses inzident zu klären.
Ohne Erfog:
1. Die Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB, wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft grundsätzlich erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, kann im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes in besonders gelagerten Einzelfällen zwar auf die Weise durchbrochen werden, dass die Vaterschaft inzident festgestellt wird (im Anschluss an das Senatsurteilvom 9. November 2011 - XII ZR 136/09- zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
2. Die Durchbrechung der Rechtsausübungssperre im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes setzt jedoch voraus, dass der Scheinvater zuvor seine Vaterschaft wirksam angefochten hat. Nach Ablauf der dafür gemäß § 1600 b BGBgeltenden Frist kommt auch die inzidente Feststellung eines anderen Mannes als Vater nicht mehr in Betracht.
BGH v. 11.01.2012 - XII ZR 194/09
Nun dürfte der Weg frei sein für Schadensersatzansprüche des Ehemannes gegen seine früheren Rechtsanwälte
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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9 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenSteinfeldt kommentiert am Permanenter Link
Hauptsache das juristische Karussell dreht sich munter weiter?!
Es könnte vieles einfacher sein, wenn spätestens nach der Geburt eines jeden Kindes ein Vaterschaftstest durchgeführt würde.
Hier ist wunderhübsch ablesbar wohin mütterliches Fehlverhalten führt: Für sie selbst ändert sich nichts, für die anderen Beteiligten (Kind, Vater, Scheinvater) alles, aber lange weiß keiner von denen in welcher Form, Kapital schlagen hieraus diverse Juristen, in mehreren Instanzen. Es wundert mich daher nicht, dass unsere ehemalige Frau BMJ Zypries zu Amtszeiten das deutsche Familienrecht als Exportschlager bezeichnete, nahezu zeitgleich Vaterschaftstests im Gendiagnostikgesetz vergrub.
MfG
Hans-Otto Burschel kommentiert am Permanenter Link
Absurd
Wie soll man sich das vorstellen?
PH kommentiert am Permanenter Link
Bei Weigerung des potentiellen Vaters soll dieser Test zwangsweise durchgesetzt werden? Wer spricht denn für das Kind? Bei Weigerung der Mutter ebenfalls zwangsweise? Ich sehe keine Rechtfertigung eines solchen erheblichen Grundrechtseingriffs. Es bleibt - wie im Beispiel aufgeführt - eine Möglichkeit, seine Rechte auch noch später geltend zu machen.
Steinfeldt kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Burschel,
es lag mir fern eine Abhandlung zu schreiben, aber ich stimme Ihnen zu, dass der Satz auch missverstanden werden kann, wie übrigens so ziemlich jeder Satz.
Es geht mir nicht darum jedes männliche Wesen unter "Generalverdacht" zu stellen, sondern darum abzugleichen, ob der anerkennende, oder ehelich mit der Gebärenden verbundene Mann, dem so die Vaterschaft unterstellt wird, auch tatsächlich der biologische Vater ist. Zudem haben angeblich auch Kinder ein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung, womit wohl die biologische Abstammung gemeint ist, wenn ich dies jetzt nicht missverstehe?!
MfG
Michael Anlage kommentiert am Permanenter Link
"An den Flughäfen und anderen Grenzübergangstellen nimmt die Bundesabstammungsbehörde eine Genprobe von jeder/m Einreisenden?"
Ausgenommen von den in Anlage M bezifferten Personen und Diplomaten!
Michael Anlage kommentiert am Permanenter Link
De Jure ist also der Gehörnte nun Vater eines Kindes. Und der Kuckuck nicht rechtlicher Vater des Kindes. Aber alle wissen, dass es anders ist und dass der Gehörnte nicht Vater sein will. Ist das noch zum Wohle des Kindes ? ?
Kann das Kind nicht noch auf Vaterschaftsprüfung klagen?
Hans-Otto Burschel kommentiert am Permanenter Link
ja
388 kommentiert am Permanenter Link
Das Kind ist seit 1992 volljährig und müßte bis vor weniger als zwei Jahren in Unkenntnis über seine nichteheliche Abstammung gelebt haben, um jetzt noch "klagen" zu dürfen (§ 1600b III BGB).
Hans-Otto Burschel kommentiert am Permanenter Link
Öhm, stimmt