Stellenanzeige "sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis" begründet Vermutung für ein solches

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 13.02.2012

Die Beklagte hatte über die Arbeitsagentur eine Stelle eines Schreiners/Monteurs ausgeschrieben. Auf der von der Agentur veröffentlichten Ausschreibung war vermerkt, dass ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis begründet werden solle. Der Kläger nahm mit der Beklagten telefonisch Kontakt auf und wurde von ihr vom 07.02. bis zum 11.02.2011 bei B.F. eingesetzt. Die Beklagte bezahlte diese Arbeiten, teilte dem Kläger danach aber keine weitere Arbeit mehr zu. Mit seiner Klage begehrt er Annahmeverzugslohn (§ 615 BGB), da das Arbeitsverhältnis nicht rechtswirksam beendet worden sei. Die Beklagte bestreitet das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses. Der Kläger habe sich als selbständiger Schreiner vorgestellt, sie habe ihn bei B.F. als Subunternehmer eingesetzt.

Das ArbG Würzburg hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht für eröffnet gehalten und den Rechtsstreit an das Amtsgericht verwiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Klägers hatte beim LAG Nürnberg Erfolg: Bewerbe sich ein Stellensuchender erfolgreich auf ein Stellenangebot, das die Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses zum Inhalt hat, komme spätestens durch die tatsächliche Arbeitsaufnahme eine solche Rechtsbeziehung auch zustande. Konkrete Umstände für die Begründung eines anderen Rechtsverhältnisses - freier Dienstvertrag oder Werkvertrag - habe in diesem Fall die Beklagte darzulegen und zu beweisen (Beschluss vom 21.11.2011 - 4 Ta 180/11).

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2 Kommentare

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Christian.Rolfs schrieb:
 Auf der von der Agentur veröffentlichten Ausschreibung war vermerkt, dass ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis begründet werden solle.

 

Ich entnehme, wenn Sie gestatten, dem von Ihnen vorgestellten Beschluss einen etwas anderen Sachverhalt.

 

Ich interpretiere nämlich den 3. Absatz unter I. der Gründe und unter II. der Gründe auf S. 5 den zweiten und dritten Absatz so, dass es (trotz Vorhandenseins der Stellenazeige in den Gerichtsakten) streitig war, ob deren Formulierung  tatsächlich auf die Begründung eines soz.-vers.-pflichtiges Arbeitsverh. zielte. Daher wird dieser Teil als streitige Ansicht des Klägers referiert, was m. E. nicht nötig wäre, wenn die Sozialversicherungspflicht klipp und klar im Inserat dringestanden hätte. Dann hätte ein wörtliches Zitat des insoweit unstreitigen Inhalts genügt. Die weitere Argumentation in dem Beschluss deute ich dann so, dass die Beklagte erst aufgrund dessen, wie sich der Kläger auf die Annonce bewarb, von der Begründung eines derartigen Arbeitsverhältnisses ausgehen musste (S. 5 Absatz 2 und 3) und nicht schon wegen der Anzeige selbst.  Dann aber kann - so jedenfalls meine Lesart des Beschlusses - die Sozialversicherungspflichtigkeit nicht expressis verbis schon in der Ausschreibung vermerkt gewesen  sein. 

@ Martin Bender:

Das LAG behandelt den Vortrag zwar im Tatbestand noch als streitig, aus den Gründen des Beschlusses (S. 5 Mitte) ist aber ersichtlich, dass der Kläger eine Kopie der Stellenausschreibung mit der Klageschrift eingereicht hatte. Angesichts dessen behandelt das Gericht das Bestreiten der Beklagten als unsubstantiiert bzw. das Vorbringen des Klägers als bewiesen (genau legt sich das LAG hier nicht fest, was zwar dogmatisch angreifbar, im Rahmen eines bloßen Rechtsweg-Beschlusses aber sicher vertretbar ist).

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