Ungewöhnliche Wege zur "Verbesserung des Kundenkontakts"

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 07.02.2012

Der Kläger, 50 Jahre alt, verheiratet, ist Leiter des "Standardgeschäfts Basiskunden" bei der beklagten Bank. An einem Sonntag im Januar 2011 traf er an einer Tankstelle eine Frau, die er attraktiv fand und die er mit den Worten "Kennen wir uns nicht? Sie kommen mir bekannt vor!" ansprach. Die Frau ließ ihn zwar abblitzen, aber mit Hilfe des Tankwarts erfuhr der Kläger ihren Namen. Tatsächlich handelte es sich um eine Kundin seiner Bank. Gleich am nächsten Tag besorgte er sich am Arbeitsplatz die Kontaktdaten der Frau und schickte ihr eine SMS:

Dieser Blickkontakt hat mich beeindruckt. Sie besitzen eine große Ausstrahlung. Vielleicht ging es Ihnen ja wie mir gestern Morgen. Handy-Nr..“ 

Sie reagierte nicht. Eine Woche später hatte sie jedoch einen Beratungstermin in der Bankfiliale - wenn auch nicht bei ihm. Er folgte ihr von der Schalterhalle in ein Beratungszimmer und sprach sie dort erneut an. Sie hatte noch immer kein Interesse an ihm, sondern beschwerte sich über die "ungehörige Anmache" beim Vorstand der Bank.

Die schickte daraufhin dem Kläger eine Änderungskündigung, verbunden mit dem Angebot, künftig als einfacher Berater im Standardgeschäft (eine Tarifgruppe niedriger, 300 Euro monatlich weniger) weiter zu arbeiten. Er nahm das Angebot unter Vorbehalt an und erhob beim ArbG Kaiserslautern Änderungsschutzklage (§ 4 Satz 2, § 2 KSchG).

Das Arbeitsgericht gab seiner Klage statt, die Berufung der Beklagten blieb beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ohne Erfolg (Urt. vom 10.11.2011 - 10 Sa 329/11). Zwar konnte sich das Gericht von der Einlassung des Klägers,

er habe nur den Kundenkontakt verbessern wollen, ohne den „geschäftspolitischen Hintergrund gleich in den Vordergrund“ zu stellen,

nicht überzeugen. Angesichts der Einmaligkeit des Fehlverhaltens sei die Änderungskündigung jedoch unverhältnismäßig gewesen. Eine Abmahnung hätte ausgereicht.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

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3 Kommentare

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Mal gespannt, wie er das seiner Frau erklärt. Auch wenn er einen Anwalt hatte, kommen Ladungen o.ä. auch direkt an die Partei...

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PH schrieb:

Mal gespannt, wie er das seiner Frau erklärt. Auch wenn er einen Anwalt hatte, kommen Ladungen o.ä. auch direkt an die Partei...

 

"Liebling, ich kann das erklären. Weißt du, das müssen wir machen. Das ist moderne Kundenakquise und - pflege. Auf diese Weise verbessern wir den Kundenkontakt, ohne den geschäftspolitischen Hintergrund gleich in den Vordergrund zu stellen."

"Und warum wurdest du dann gefeuert?"

"Weil die Kundin das nicht verstanden hat. Völlig borniert. Aber in so Fällen geht bei uns dann der Kunde vor. Der Kunde ist König, verstehst du. Gerade bei uns Bankern ist das eine eiserne Regel. Hast du schon einmal gehört, dass eine Bank jemals wegen schlechter Kundenbeziehungen, Raffgier, Missmanagement, Millionenboni für Manager in Krisenzeiten oder auch nur wegen einer einzigen Falschberatung jemals in die Schlagzeilen gekommen wäre?"

"Nein, mein Bärle, wirklich nicht."

"Siehst du, und deswegen sagt mein Brötchengeber: Wehret den Anfängen. Da trennt man sich lieber von einem Mitarbeiter als dass man eine Kundin vergrault, die die modernen Werbemethoden nicht versteht. Warum genau die das in den falschen Hals bekam, weiß ich aber ehrlich gesagt nicht. Dabei habe ich ihr doch so eine nette SMS geschrieben. Ich hab sie noch hier auf'm Handy. Schau mal Schatz ..."

"Bärle, du hast recht. Also, ich versteh Deinen Chef wirklich nicht."

"Wirst sehen, die behalten mich doch. Schau hier in diesem Schriftsatz, da schreibt mein Anwalt, dass doch eine Abmahnung ausgereicht hätte."

Usw.

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Solche gravierenden persönlichkeits- und insbesondere datenschutzrechtlichen Pflichtverstöße können als Gegenstand einer sog. Soft-Compliance Klausel verbindlich für alle Mitarbeiter in einem Ethik-Regelwerk festgesetzt und mit einer Kündigungsandrohung versehen werden.

Bei hinreichender Bestimmtheit der Klausel ist dann dem Arbeitnehmer bekannt, dass entsprechendes Verhalten zur Kündigung führen könnte. Eine Abmahnung ist dann idR entbehrlich.

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