Love-Parade-Ermittlungen: Kommt es 2012 zur Anklageerhebung?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 31.12.2011

Die Love-Parade Katstrophe vom 24. Juli 2010 hat über ein Jahr lang die Öffentlichkeit in Deutschland stark bewegt (allein hier im Blog ca. 80.000 Abrufe und über 3.000 Kommentare). Nach dem Jahrestag mit starker medialer Aufmerksamkeit ist es allerdings recht still geworden - über die Duisburger Stadtgrenzen hinaus wird kaum noch darüber berichtet und auch hier im Blog ist die Diskussion, die monatelang intensiv alle Aspekte dieses Unglücks beleuchtet und die staatsanwaltliche Aufklärung kritisch begleitet hat, im Herbst 2011 weitgehend zum Erliegen gekommen. Nun, das ist der übliche Aufmerksamkeitszyklus, der auch in einem Blog nicht völlig ignoriert werden kann.

Dennoch möchte ich die Love Parade am letzten Tag des Jahres 2011 noch mal zum Thema machen und meine Einschätzung mitteilen, dass es nach vielen Monaten der intensiven Ermittlungen wohl bald zu einem Abschluss des Ermittlungsverfahrens kommen wird. Ich erwarte dies für 2012. Und ich hoffe für die Angehörigen der Getöteten, für die vielen Verletzten und für die Allgemeinheit, dass die Ermittlunegn einen hinreichenden Tatverdacht ergeben, dass also Anklage erhoben wird gegen Verantwortliche, die insbesondere bei der Planung dieser Veranstaltung wesentliche Sicherheitsinteressen der Besuicher missachtet haben. Dieses Ergebnis ist wegen der Schwierigkeit des Nachweises individueller Verantwortlichkeit allerdings nicht sicher. 

Unabhängig davon wünsche ich allen an der Diskussion hier im Blog Beteiligten und allen, die sich nach wie vor für die Aufklärung des Love Parade Unglücks auf verschiedenen Ebenen engagieren, alles Gute für  2012.

Hier die Links zu den früheren Diskussionen hier im Beck-Blog in umgekehrter Chronologie:

AKTUELL Juli 2012

Juli 2011 (249 Kommentare, ca. 12000 Abrufe)

Mai 2011 (1100 Kommentare, ca. 7500 Abrufe)

Dezember 2010 (537 Kommentare, ca. 8000 Abrufe)

September 2010 (788 Kommentare, ca. 16000 Abrufe)

Juli 2010 (465 Kommentare, ca. 23000 Abrufe)

Ergänzend:

Link zur großen Dokumentationsseite im Netz:

Loveparade 2010 Doku

Link zur Seite von Lothar Evers:

DocuNews Loveparade Duisburg 2010

Link zur

Großen Anfrage der FDP-Fraktion im Landtag NRW

Link zum

Gutachten von Keith Still (engl. Original)

Gutachten von Keith Still (deutsch übersetzt)

Link zur

Analyse von Dirk Helbing und Pratik Mukerji (engl. Original)

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172 Kommentare

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Leute, m.E. vergesst ihr die Funktion der Schleusensteuerung. Selbst wenn der Engpass zwischen den Dreieckszäunen nur 1 Meter betragen hätte, kann man daraus nicht einfach eine Katastrophe berechnen. Man kann allenfalls berechnen, wieviele Leute am 24.07. niemals auf's Gelände gekommen wären. ;-)

Die URSACHE dieses Unglücks ist nicht die Rampenbreite oder der Engpass, sondern dass man trotz total verstopftem richtigen Eingang (Rampenkopf) immer weiter Leute in die Tunnel gelassen und dort eingesperrt/zwischengelagert hat - anstatt erstmal dafür zu sorgen, dass der Eingang (Rampenkopf) wieder frei wird.

Natürlich beweisen diese einfachen mathematischen Berechnungen, dass weder die Rampenbreite, noch die Schleusen- und Tunnelkapazität zur Besucherprognose gepasst haben. Das hätte wirklich jedem Grundschüler auffallen müssen und deshalb meine ich, dass es auch aufgefallen ist - man sich aber darüber im Klaren war, dass die Abgangszahlen bis 18 Uhr (>150000) bewusst gelogen waren, um die 2 Pers pro qm auf dem Gelände mathematisch einzuhalten.

Letzten Endes war die Polizei um 15:45 gefordert, bei verstopftem Eingang (Rampenkopf) dafür zu sorgen, dass niemand mehr die Schleusen passieren konnte. D.h. die 15. BPH hätte an den Schleusen bleiben müssen, anstatt diese zu Gunsten der Polizeiketten zu verlassen und die Polizeiführung hätte noch zusätzliche Verstärkung dort hinschicken müssen. Das Ganze unter dem Aspekt, dass der Veranstalter zu diesem Zeitpunkt handlungsunfähig war...

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...und mir ist natürlich bewusst, dass es dann an den Schleusen sehr gefährlich geworden wäre.

Aber auch hierfür ist die Polizei ausgebildet, da möglichst deeskalierend zu informieren.  An den Schleusen hatte sie einfach auch mehr Möglichkeiten (Lautsprecherwagen, Sanis vor Ort etc.) auf die Masse einzuwirken. Im Tunnel waren siedoch selbst gefangen...

 

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Aus meiner Sicht untermauert das Gutachten von Prof. Still lediglich, was wir schon wussten. Es ist zwar hilfreich, dies nochmal von einem neutralen Experten bescheinigt zu bekommen, aber es bringt uns bei der Frage nach der strafrechtlichen Verantwortung nicht viel weiter, oder? Denn es ist erkennbar, dass alle Beteiligten zumindest eine Teilschuld tragen - wem der tödliche Ausgang aber individuell zugerechnet werden muss, da werden wir uns weiter den Kopf zerbrechen.

Übrigens geht Still, wenn ich es nicht übersehen habe, gar nicht darauf ein, dass die Fußgängerströme ja gegenläufig waren. Er versucht tatsächlich seine Analyse so simpel wie möglich zu halten und das reicht völlig aus um zu belegen: Kein Verantwortlicher durfte davon ausgehen, dass diese Konzeption funktioniert.

Am Rande erwähnt freut es mich, dass der von Polizei und Staatsanwaltschaft m.E. vernachlässigte Bauzaun (über dem Gully) hier wieder Erwähnung findet. Obwohl Still der Meinung ist, dass das Gesamtkonzept zum Scheitern verurteilt war, kommt er nicht zu dem Schluss: Stolperfallen sind dann bei dieser Fehlplanung auch schon egal...

Die strafrechtliche Bewertung wird so aber nicht unbedingt leichter, fürchte ich. Mein Gerechtigkeitsgefühl, das leider nicht durch juristischen Sachverstand gestützt ist, sagt: Eigentlich muss sowohl von Stadt, Lopavent als auch Polizei zwingend jemand verurteilt werden, ansonsten bleibt hier zwangsläufig schwerstes Versagen ungesühnt...

Viele Grüße vom Klenk.

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Klenk schrieb:

Übrigens geht Still, [....]  gar nicht darauf ein, dass die Fußgängerströme ja gegenläufig waren.

 

Doch, Keith Still does mention the fact that the Fußgängerströme gegenläufig waren, see "ingress and "egress", for example point 2.8 in the Still-Report.

 

Viele Grüße aus .NL,

Jolie

@Klenk, Lopachron, Daphne

Ihre Kommentare halte ich insofern  für zutreffend: Das Still-Gutachten ist weit weniger detailliert als ich es (nach den Vorberichten) erwartet hatte. Es gibt einen Stand wieder, den wir schon vor 14 Monaten erreicht hatten.

Die Erwartung, dass Still die Schuldfrage löst, war aber ohnehin unrealistisch. Der Vorteil des Gutachtens wird aber sein, dass Staatsanwaltschaft/Gericht erstmal ein Beweismittel haben, um überhaupt an die Planungsdefizite heranzukommen. Damit ist nicht die konkrete Ursachenfrage schon geklärt, aber zumindest festzuhalten, dass das Konzept so nicht funktionieren konnte. Alles hing nunmehr davon ab, dass man innerhalb oder außerhalb die Massen kontrolliert. Und darauf waren alle (Polizei, Ordner, Crowd Manager) nur unzureichend vorbereitet.

Das Gutachten ist also nur ein Puzzlesteinchen, noch dazu eines, bei dem schon bekannt war, wie es aussieht.

Henning Ernst Müller schrieb:

Das Still-Gutachten ist weit weniger detailliert als ich es (nach den Vorberichten) erwartet hatte. Es gibt einen Stand wieder, den wir schon vor 14 Monaten erreicht hatten.

Die Erwartung, dass Still die Schuldfrage löst, war aber ohnehin unrealistisch.

 

 

Dear Prof. Dr. Henning Ernst Müller,

 

My first thought was the same as yours: "it is very short, and where are the details?"

 

  But when I read it again, I noticed it was an Excerpt of detailed reviews-of-the Duisburg-situation, (see sections 2, 3, 14, 15, 16, 17) and I realised the simplicity of this Report has very strong points.

 

  Why do we not get to read Stills detailed investigation? I cannot answer that.

 

  In the Netherlands (and in English) there is a saying "Not to be able to see the Forest because of the Trees."

 

  What Still did, is bringing it back to the basics. Ofcourse you can mention every single "tree," but doing so, you'll stop seeing "the forest."

 

  The Bottom Line of the LopaDisaster is the faulty planning. The amount of persons entering and leaving the terrain, was beyond the safe capacity of the terrain, and would simply cause problems, one way or the other.

 

We can talk till the end of our days "IF this-and-this detail would not have been there, would the disaster have been prevented?"

 

  Yes and no: if some details would not have been there, there would have been a disaster at another location or at another time during the 24th of july '10 in Duisburg.

 

Still points out that the crowd-security-design was *so* faulty, that *any* utilization would have led to a disaster.

 

  Like Still stated in his PhDThesis: "Events of the magnitude of Hillsborough don't usually happen just for one single reason, nor is it usually possible to pin the blame on one single scapegoat... ...Disasters happen because a whole series of mistakes, misjudgements and mischance happen to come together in a deadly combinations."

 

  As a foreigner, I see differences between the German and the British Culture. The German Cuture, —I noticed in German Literature, but also here and on LopaDoku2010-blog,— is more focused on Details.

 

Details can overshadow the Picture-of-the-Total.

 

  The Lopa-crowd-security-design, as i recall it, was very detailed. Everytime the reader came across a detail that struck as being hazardous, there where other details that *seemed* to outweigh the hazards. These details created a mist, a cloud, that concealed the faults of the total design.

 

To me (and i do not mean to offend anybody ;-}) that seems very "German." In both The UK and the Netherlands we say: http://en.wiktionary.org/wiki/see_the_forest_through_the_trees

 

  Do not get me wrong, I like details. I loved German Literature. I was the only student in my schools history who read "too much" German Literature and had to leave books of my list because my final exam would have taken much more time than allowed ;-) ;-)

 

But in cases like these, Details can be blinding.

 

  And last night, when I thought about it, I concluded "this brilliantly short written Report of Prof. Dr. Keith Still, is JUST what Duisburg/Germany needs." ;-)

 

Viele Grüße aus NL, Jolie

<

 

P.S. If you want to get an idea of what the detailed reviews will have looked like, see Prof. Still's PhD-Thesis http://www.safercrowds.com/PhDThesis.html (I am sorry Still's personal website www.gkstill.com re-routes to xenofractals.com :-/ and does not contain complete case-studies anymore, I read them in the past, they were very thorough. "Duisburg" was on it too, but as a basic description that was going to be continued.)

 

P.P.S. it is sometimes very hard to send a Kommentar, it often leads to manual HTML-editting ;-(

Wenn ich mir vorstelle, ich hätte mich nicht weiter mit der Loveparade beschäftigt und das Gutachten Dingens heute gelesen, was hätte ich erfahren? Dass die Planer sich etwas verrechnet haben. Es waren zuviele Menschen auf der Rampe, die nicht weiter kamen, weil irgendein Idiot Zäune hingestellt hat, die da nicht hingehörten. Dann gabs da noch einen Gully mit Zaun drauf, über den man hätte stolpern können. Alles in einem war das dann sehr ungünstig.

Ich glaube, es hackt! Was hat dieser Mensch dafür kassiert..?

 

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Daphne schrieb:

Wenn ich mir vorstelle, ich hätte mich nicht weiter mit der Loveparade beschäftigt und das Gutachten Dingens heute gelesen, was hätte ich erfahren? Dass die Planer sich etwas verrechnet haben. Es waren zuviele Menschen auf der Rampe, die nicht weiter kamen, weil irgendein Idiot Zäune hingestellt hat, die da nicht hingehörten. Dann gabs da noch einen Gully mit Zaun drauf, über den man hätte stolpern können. Alles in einem war das dann sehr ungünstig.

Ich glaube, es hackt! Was hat dieser Mensch dafür kassiert..?


Was Professoren mit internationalem Ruf so bekommen.
Der Mann ist Gutachter, die steigen nicht wie wir ein.
Der erklärt wissenschaftlich fundiert, dass es nicht klappen konnte.
Nun steht stellt sich je nach Vorerfahrung die Frage, wer am Planungs- und Genehmigungsprozess beteiligt war und diese Basics übersehen hat. Ob das vorsätzlich erfolgte, oder fahrlässig, etc. Mehr leistet das Gutachten nicht. Da dürfte auch die Grenze eines Wissenschaftlers liegen, der nur via Übersetzung Dokumente rezipieren kann.

Ich finde diesen Mann angesichts all dieser Nebelkerzen werfenden anderen Experten und Propagandisten, erfrischend klar wenn auch schlicht. Es handelt sich aber eben auch um ein einfaches und kein kompliziertes Versagen.

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@Prof. Müller

 

So laß sich das im Mai 2011: (Spiegel)
Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat den an der Buckinghamshire New University lehrenden Professor für Massendynamik und Massenmanagement Keith Still beauftragt, ein Gutachten zur "Ursache der Menschenverdichtung" bei der Raverparty zu erstellen.

So liest sich das im Februar 2012: (Prof. Still)
Fazit: Aufgrund der vorliegenden Daten war das Tunnel- und Rampensystem eindeutig nicht in der Lage, die Anzahl der an- und abreisenden Teilnehmer zu bewältigen.
Die Kapazität der engsten Stelle im System liegt bei 82 Personen pro Meter pro Minute * 10,59 m * 60 Minuten = 52.103 Personen pro Stunde

Wie ich hier schon vorgerechnet habe http://loveparade2010doku.wordpress.com/2011/08/06/bewegungsmodell/ lag der maximale stündliche An- und Abreisestrom bis 16 Uhr bei 47.600 Besuchern. Das passt somit sehr gut zu Pro. Still's 52.103.
Ergo: Keine Probleme bis 16 Uhr. Aber warum dann die Polizeikettenaktion vor 16 Uhr und die Hilfsgesuche des CM kurz nach 15 Uhr ? Und woher kommt so plötzlich diese Meldung: Um 16.39 Uhr meldete die Feuerwehr an den Führungsstab „panikartige Bewegungen am Aufgang zum Gelände“ mit „teilweise überrannten Menschen“. Huch - hier sieht Still auch plötzlich 8-10 Personen pro qm im unteren Rampenbereich (Gutachten Punkt 3.16), obwohl dass nach seinen Berechnungsgrundlagen und den realen Besucherzahlen doch da noch ganz gemütlich zugegangen sein müsste... Hmm... Komisch das... ;-)

Die "Ursache der Menschenverdichtung" im unteren Rampenbereich war ganz klar die Polizeikettenaktion infolge des nicht funktionierenden Rampenkopf-Konzeptes. Und das Tunnel- und Rampensystem war bis 16 Uhr (unter Berücksichtigung der Realzahlen) eindeutig sehr wohl in der Lage, die Anzahl der an- und abreisenden Teilnehmer zu bewältigen. Sollte das Spiegel-Zitat dem tatsächlichen Auftrag an Prof. Still entsprechen, so hat das Gutachten diesen Auftrag verfehlt. Da kann der Still noch so einen Weltruf haben... ;-)

 

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Sehr geehrte Frau van der Klis, sehr geehrter lopachron

vielen Dank für Ihre Kommentare. Das Sprichwort "Du siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht" existiert auch in D. Und es besteht hier (und noch mehr auf loveparade2010doku)  vielleicht wirklich die Gefahr, dass wir vor zu vielen Details das "große Ganze" nicht mehr sehen.

Jedoch: Detailfragen sind für die strafrechtliche Aufklärung enorm wichtig, da wir für eine Bestrafung einzelner Menschen deren individuelle Schuld/Verantwortung feststellen müssen. Wir müssen also fragen, wer von den Beschuldigten hat  welches Detail persönlich zu verantworten und hat dieses Detail zum Unglück beigetragen? Konnte er das vorhersehen? Konnte er das vermeiden?

Still legt nun mit seinem glasklaren Gutachten den Fokus auf die Gesamtplanung und Genehmigung. Lopachron hat hierzu Einwände, die durchaus auch die Verteidigung vorbringen könnte. Die Verteidigung von Schaller/Genehmigungsbehörde wird nämlich argumentieren, dass die Enge der Rampe zum Unglück für sich nicht beigetragen hat. Genau deshalb wäre es wichtig gewesen, dass der Gutachter auch auf den Rampenkopf schaut: Wie wir wissen, hat der dortige Rückstau (der m.E. ebenfalls Folge der zu knappen Planung ist) erst zu den hektischen und unkoordinierten Gegenmaßnahmen der Polizei geführt, die dann unmittelbar das Unglück unten vor der Treppe verursacht haben. Im Gutachten fehlt aber der Zusammenhang zwischen zu engem Eingang und dem Rückstau am Rampenkopf, weil sich Still den Rampenkopf nicht angeschaut hat.

Also: Es war richtig, dass Still nicht alle Details betrachtet und es ist schön, dass das Gutachten so kurz und klar ausgefallen ist. Aber: Dieses wichtige Detail - die Situation am Rampenkopf - dieses hätte Still nicht auslassen dürfen.

Über allgemeine Kulturfragen weiß ich zu wenig. Möglicherweise reagiert die Justiz in GB (und NL?) etwas pauschaler auf Fahrlässigkeiten als die deutsche Justiz, so dass es auf solche Details nicht so sehr ankommt.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

 

Sehr geehrte Prof. Dr. Henning Ernst Müller,

For me it is very hard to understand ....how the Verteidigung von Schaller/Genehmigungsbehörde based upon Prof. Dr. G.Keith Still's Report, could claim that the "Enge der Rampe zum Unglück nicht beigetragen hat."

 

That is opposite from my interpretation of Still's Report.

Maybe I am wrong, but what I read is:

  • "17.15. On the day of the event the smallest part of the system was 10.59m
  • and:
  • 17.16. The operating capacity of the narrowest point in the system is 82 people per metre per minute *10.59m * 60 minutes = 52,103 people per hour. 
  • and: 17.17. The conclusion is that the minimum width section of the system (CAD plan - grRampe Maße 02.dwg) would fail a basic mathematical analysis for safe passage of crowds during the peak period."
  Comparing this to the Numerical Data, (fig 16.1) the sum of "Gesamt Zu" and "Gesamt Ab" exceeds these numbers after 14hours.
  •  

And "smallest part" and "narrowest point" clearly refers to the Enge der Rampe. This cannot be misused by the Verteidigung, i would say. Ofcourse I do not know the German Law, but it does not seem logical to me.

 

It seems to me (but then again I can be wrong) that within Still's analysis, it did not even matter anymore whether there was a Rückstau at the Rampenkopf or not: the day would have ended in Tragedy anyhow. 

 

 

There might be a reason why he does not focus on the Rückstau near the Floats, on Page 3 we (to my intrepretation :-)) can read what Keith Still was asked to investigate by the Public Prosecutors:

 

  •  
  • 2.1. The brief was to review the information provided (translated documents and video footage) with specific focus on the crowd flows and behaviour of the crowds into and around the area of the accident.
  •  
  • 2.2. The brief included a review the crowd density (pressure and risk) around the area of the incident.
  •  
  • 2.3. The brief also included a request to define the crowd behaviour, the reasons why the crowds head towards the only visible means of egress (the stairs).
  He does mention the fact that the Circulation (moving around the site) is an important aspect of crowd dynamics too.

 

Ofcourse it would have been interesting if there would have been more details in the final Report. But to me it does not seem as if this could be misused in Court.

And yes, you are right :-) it *might* be the case that NL Courts might handle this differently. After the http://nl.wikipedia.org/wiki/Strandrellen_in_Hoek_van_Holland on 22nd August 2009, within six month the first responsibles were send to jail, and many security-procedures have been changed. (But our Courts are not always that fast either.)

 Met vriendelijke groet,

Jolie

 

 

 

 

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Das Gutachten von Prof. Still ist für deutsche Leser vermutlich erstaunlich knapp, wenig hochtrabend und im Ton sehr lakonisch. Das entspricht für mich der englischen Sprachtradition, die ich aus Gefährdungsanalysen und Unfallberichten kenne. Eine kommentierte Übersetzung des Gutachtens könnte sinnvoll sein.

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Meister für Veranstaltungstechnik schrieb:

 Das entspricht für mich der englischen Sprachtradition, die ich aus Gefährdungsanalysen und Unfallberichten kenne. Eine kommentierte Übersetzung des Gutachtens könnte sinnvoll sein.

 

Damit bin ich ganz einverstanden, dear MfV! 

 

Ich habe die Tekst mit OCR übersetzt, Bild===>Txt, und ich hoffe das es möglich ist die hier irgendwo zu zitieren, ohne Verstöße gegen das Urheberecht ;-/

 

Damit könnte man es übersetzen ins Deutsch. Es ist m.E. wirklich nicht so schlicht als man meint.

 

Viele Grüße aus NL,

Jolie

Die Frage, warum Still die noch viel engere Situation am Rampenkopf (Floatstrecke) nicht erwähnt, stellt sich schon. Hoffen wir, dass die Polizei die Floatstrecke im Plan kartiert hat.
Wir erinnern uns:
in den Plänen zur Baugenehmigung ist sie nicht eingezeichnet.
Als beweissmittel, sollte man schon wissen wie breit der Durchgang zwischen Floats und Böschungszäunen war.

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Der SPIEGEL in einer Vorabmeldung zum neuen Heft mit einem neuen Polizeidetail:
"Rund eineinhalb Jahre nach der Duisburger Love-Parade-Katastrophe gibt es neue Hinweise auf gravierende Fehler der Polizeiführung. So hatte die Besatzung eines Hubschraubers den Führungsstab explizit vor einem gefährlichen Engpass auf der Zugangsrampe zum Partygelände gewarnt. Der Weg war in der Mitte durch Metallgitter verengt. Dort stauten sich am Nachmittag der Techno-Veranstaltung Tausende Besucher. Wie aus Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft hervorgeht, forderten die Beamten im Helikopter ihre Kollegen am Boden per Funkspruch auf: "Räumt die Gitter weg, dann läuft auch wieder alles." Aus bislang unbekannten Gründen wurde die Forderung jedoch nicht umgesetzt. "

http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,815850,00.html

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Dear Jolie van der Klis,

you write:

For me it is very hard to understand ....how the Verteidigung von Schaller/Genehmigungsbehörde based upon Prof. Dr. G.Keith Still's Report, could claim that the "Enge der Rampe zum Unglück nicht beigetragen hat."Maybe I am wrong, but what I read is:

  • "17.15. On the day of the event the smallest part of the system was 10.59m
  • and:
  • 17.16. The operating capacity of the narrowest point in the system is 82 people per metre per minute *10.59m * 60 minutes = 52,103 people per hour. 
  • and: 17.17. The conclusion is that the minimum width section of the system (CAD plan - grRampe Maße 02.dwg) would fail a basic mathematical analysis for safe passage of crowds during the peak period."

  Comparing this to the Numerical Data, (fig 16.1) the sum of "Gesamt Zu" and "Gesamt Ab" exceeds these numbers after 14hours.

  •  

And "smallest part" and "narrowest point" clearly refers to the Enge der Rampe. This cannot be misused by the Verteidigung, i would say. Ofcourse I do not know the German Law, but it does not seem logical to me.

I do not think that this information will be "misused" but I think it is not sufficient to charge them with the fatal results.

Die Zahlen, die Still anführt, sind die geplanten Zahlen, nicht die tatsächlichen, die ja keiner genau  gezählt hat. Und wie lopachron richtig sagt, hat es ja zunächst an der engen Stelle auf der Rampe (also zwischen den Zäunen) auch keinen Stau gegeben, sondern oben am Rampenkopf. Erst später kam es zum Stillstand in der Mitte der Rampe, ausgelöst durch die Polizeisperre.

@Lothar Evers,

nun müsste man noch wissen, zu welchem Zeitpunkt genau diese Hubschrauberdurchsage kam. Kam sie vor, während oder nach Auflösung der Polizeisperre auf der Rampe? Und konnten zu dem Zeitpunkt die Polizeikräfte am Boden das umsetzen? Und drittens: "dann läuft auch alles wieder" - das scheint mir keine zutreffende Einschätzung, denn die Ereignisse spitzten sich erst zu, als die Sperre schon wieder aufgehoben war - offenbar konnten die Leute nur wenige Meter entfernt gar nicht sehen, dass sie in der Mitte der Rampe hätten weitergehen können. Sie saßen ja nicht im Hubschrauber. Und niemand machte Lautsprecherdurchsagen - weil es ja keine Lautsprecher gab.

Und schon sind wir wieder bei den Details, die eben doch wichtig sind.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

Bezüglich der Gitter und der Hubschrauberdurchsage:

Vor der PK3-Aktion hätte eine solche Hubschrauber-Durchsage wenig Sinn gemacht, da sich zu diesem Zeitpunkt niemand wirklich zwischen den Dreieckszäunen befunden hat. (Vgl. K13 15:57)

Es muss also nach 16 Uhr gewesen sein und hier darf man nicht vergessen, dass die Polizei bis 16:25 gar kein Interesse daran hatte die Gitter wegzuräumen, da sie aktiver Bestandteil der laufenden polizeilichen Maßnahmen waren.

 

Ein Wegräumen (oder gar Auseinandermontieren) ab 16:25 war im Prinzip aufgrund der Verdichtung kaum noch möglich (und wenn: wohin schieben?)

Es hätte m.E. aber auch nicht mehr viel gebracht, da die angestauten 5-7 Tsd. abreisewilligen Besucher eh wie eine Wand dort standen. Desweiteren wurde das östliche Gitter an dem fast 8 Meter breiten Polizeifahrzeugstreifen von den abreiswilligen Besuchern schon kurz vor 16:19 ohnehin durchbrochen und somit wurde dieser bis dahin freie 8-Meter-Streifen ebenso für die ankommenden Besucher blockiert. Da hat die Polizei m.E. auch gepennt. Hier hätte man noch einen fast 8 Meter breiten Korridor offenhalten können/müssen. Auf der westlichen Rampenseite war die direkt vor dem Dreieckszaun liegende Treppeneinzäung (teils angedübelt) schon Hinderniss genug.

Ab 16:30 ist m.E. eh niemand mehr auf die Idee gekommen, dass man auch die Rampe rauf drängeln konnte - vermutlich war aber auch der Gegendruck viel zu stark und/oder die Gesamtsituation aus Besucherperspektive einfach viel zu unübersichtlich und verwirrend.

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Danke, lopachron, genau das meinte ich: Die Hubschrauberperspektive kann sicherlich nicht richtig wiedergeben, wie es für die Betroffenen am Boden aussieht und was dort an polizeilichen Aktionen noch möglich war.

Nochmal zur allgemeinen Debatte um das Still-Gutachten:

Wir sind uns einig, dass aufgrund der Breite des Ein-Ausgangs und der erwarteten Besucherzahlen die Veranstaltung nicht genehmigunsgfähig war - es hätte nie und nimmer gepasst und irgendwo hätte es Staus/Gedrängel gegeben, früher oder später. Natürlich hat die genehmigung unter diesen Bedingungen das Risiko für alle Teilnehmer erhöht, aber eine bloße Risikoerhöhung genügt nach Mehrheitsmeinung im Strafrecht nicht für eine Zurechnung. Man muss eine Verwirklichung des Risikos im konkreten Erfolg feststellen/nachweisen.

Aber: Der konkrete Stau, die Turbulenzen auf der unteren Rampe zu dieser Zeit, lässt sich mit der risikoerhöhenden Genehmigung noch nicht hinreichend erklären, da die vorhergesehene Anzahl von Besuchern zu diesem Zeitpunkt nicht dort war, sondern eine weit geringere Anzahl (die meisten hingen noch in der Stadt fest und viel weniger als geplant waren schon auf dem Rückweg).

Die "reale Zahl" von Besuchern, die sich dort befand bzw. dort entlang wollte zwischen 15.30 und 16.45 hätte aller Wahrscheinlichkeit nach durch die enge Stelle gepasst. Und auf die reale Turbulenz kommt es für das Strafrecht an. Insofern m.E. zutreffend  lopachron "drüben":

Dass die LOPA aufgrund des Bewegungsmodells von lopavent nicht hätte genehmigt werden dürfen, ist klar. Da aber wesentlich weniger Besucher real auf der Rampe waren, kann man daraus leider nicht zwangsläufig auf eine fiktive Katastrophe schließen und schon gar nicht auf die Ursache der realen Katastrophe.

Aber die Schlussfolgerung von lopachron, es sei letztlich nur die Polizei verantwortlich, ist m.E. unzutreffend. Denn die polizeilichen Maßnahmen sind ja wiederum (vorhersehbare) Folge einer damit zusammenhängenden anderen Fehlplanung. Für eine strafrechtliche Würdigung ist es deshalb wichtig, die absehbare und auch eingetretene Stauung am Rampenkopf zu betrachten. Hier ergibt sich evtl. der Zusammenhang mit den Aktionen der Polizei, die dann zur Katastrophe führten. Für den Stau am Rampenkopf lassen sich aber sehr wohl unzureichende Planung etc. verantwortlich machen. Die dortige Enge war auch in den Evakuierungssimulationen von Traffgo erkennbar (dort allerdings in der anderen Richtung).

Dear Alle,

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Wir sind uns einig, dass aufgrund der Breite des Ein-Ausgangs und der erwarteten Besucherzahlen die Veranstaltung nicht genehmigunsgfähig war - es hätte nie und nimmer gepasst und irgendwo hätte es Staus/Gedrängel gegeben, früher oder später. Natürlich hat die genehmigung unter diesen Bedingungen das Risiko für alle Teilnehmer erhöht, 

 

Es freut mich sehr das zu lesen :-) And I do understand the line of thinking, the logic in your (and Lopachrons and many Others) Words, ....Aber.......

Henning Ernst Müller schrieb:
 aber eine bloße Risikoerhöhung genügt nach Mehrheitsmeinung im Strafrecht nicht für eine Zurechnung. Man muss eine Verwirklichung des Risikos im konkreten Erfolg feststellen/nachweisen.

 

...ich hoffe daß Sie und Anderen verstehen daß wir (ich habe heutemorgen darüber gesprochen mit Anderen in die Niederlande) das Unfassbar und Unethisch finden.

 

Accidents like these are VERY complex, multiple factors play an important role. If you start to single-out every single factor, it will render every single factor "harmless." Ungefährlich.

 

What would a German court do with a group of robbers, like the Birmingham robbers that unintentionally killed Truckdriver Mr. Bartczak?

(The case: In The UK these robbers got sentenced to 6.5 - 8 years in prison. The Truckdriver happened to have a heartcondition, and died short after the robbery. The robbers claimed it was not their intention to kill the Truckdriver. 

The judge ruled: "No defendant is before me for being criminally liable for that death. But...." They got sentenced heavily anyway.)

 

Would a German court say: This man had a heartcondition, there is no way we can prove he would not have died that day without a robbery? He might have died anyway?

 

(Ja, ich habe diese http://de.wikipedia.org/wiki/Raub  gelesen, but it does not answer my question, and there seems to be an unfortunate difference between the Law in Books and the Daily Practice :-/)

 

Lopachron schrieb:

Auch ich halte sowohl Stadt und Veranstalter als auch die Polizei für verantwortlich für die Duisburger LOPA-Katastrophe. (von nicht greifbaren Politikern etc. mal abgesehen) 

 

Wie so "von nicht greifbaren Politikern etc. mal abgesehen"?

 

Everything I read about the way "Germany" handles the Loveparade Victims and the ones Responsible for their deaths, seems very, very cynical to me.

 

One can be wütend with the shortness of Keith Stills Report.

 

But should it not be better to be wütend with a Court System that wants to (or seems to want to) bring complex causes back to in itself ungefährliche situations, and wütend with a Political System that makes Politikern "Ungreifbar"?

 

Ist es übrigens exact bekannt wieviele Menschen es am Gelände gab? Warum reicht es nicht daß es deutlich ist daß es an mehrere Stellen mehr als 7-8 Personen pro quadratmeter waren?

 

It seems like many of you flee into Theories, for every Single Fact, there seems to be ten Theories, that can never be proved, but all it does is cloud the Vision upon the Total, and prevent that the Responsibles will ever be punished.

 

That is not a situation one should be content or reconciled with. (I mean, it seems unethical to say: This is our System, so we have to reconcile with this injustice.)

 

Mit freundliche Grüße,

Jolie

 

 

 

 

 

### Aber die Schlussfolgerung von lopachron, es sei letztlich nur die Polizei verantwortlich, ist m.E. unzutreffend. ###

 

Also falls das falsch rüber gekommen sein sollte: Auch ich halte sowohl Stadt und Veranstalter als auch die Polizei für verantwortlich für die Duisburger LOPA-Katastrophe. (von nicht greifbaren Politikern etc. mal abgesehen)

 

Natürlich waren "polizeilichen Maßnahmen" grundsätzlich eine vorhersehbare Folge anderer Fehlplanungen. Keine Frage! Ich bezweifele aber, ob man "diese" polizeilichen Maßnahmen in all ihrer Sinnlosigkeit (PK3) wirklich so vorhersehen konnte. Letztlich muss die Polizei m.E. beweisen, dass auch die Platzverhältnisse an den Schleusen dermaßen fehlgeplant waren (u.a. dann von der Polizei selbst), dass sie zur Abwehr von Lebensgefahr an den Schleusen dazu gezwungen war, ihre Ketten/ihr Schleusenpersonal Richtung Tunnel vorzuverlegen um den Schleusendruck zu mindern. (bleibt immer noch die PK3 zu erklären und wie man gedachte nach Auflösung der Ketten mit den 3 angestauten Menschenmassen umzugehen.)

 

Eine weitere grundsätzliche Frage hierbei ist m.E., warum die Polizei eine solche vermeintlich "lebensgefährliche" Schleusensituation nicht früher erkannt und mittels Verstärkung und Umleitung/Ansprache der Besucher o.ä. frühzeitig taugliche Gegenmaßnahmen ergriffen hat. Schließlich muss sich die Polizei doch in der Lage befinden bzw. sich eine Lage verschaffen, um auch einen (Teil-)Abbruch der Veranstaltung (z.B. wegen Bombendrohung im Tunnel, etc.) oder eine längere Vollsperre jederzeit an den Schleusen durchsetzen zu können.

 

Ein anderes Argument, außer Lebensgefahr, dürfte es für die nahezu völlige polizeiliche Aufgabe der Schleusen m.E. "eigentlich" nicht gelten.

Stellt sich in dem Fall direkt die Frage, warum man sich nicht "meterweise" sondern gleich eher "hundertmeterweise" von den Schleusen entfernt hat und warum zufällig an beiden Schleusen gleichzeitig Lebensgefahr bestanden hat. Seltsamerweise ist der EA/F lt. Polizeibericht auch davon ausgegangen, dass die Schleusen trotz der Polizeiketten geschlossen bleiben... Aber wofür dann die Ketten ? Hmm...

Ich denke die Polizeitaktik sah folgendermaßen aus:

Aus Sicht von einigen Beamten wurde der Druck an den Vorsperren und an den Schleusen zu groß. Aufgrund dieser Meldungen wurde (entgegen der ursprünglich geplanten Schleusensperren) kurzfristig (um)entschieden, einen Schub oder mehrere dosierte Schübe Leute durchzulassen, hinterher zu rennen und aufzuhalten, während die Schleusen nach diesem Schub wieder geschlossen werden sollten. Diese Vorgehensweise ist dann aber offensichtlich nicht klar kommuniziert worden und an den Schleusen entschied man sich im Osten für mehrere Schübe (clever) und im Westen für einen Dauerschub. (naja, vermutlich der Befehl eine Hitzkopfes)

Diese Taktik ist ja gar nicht schlecht und erklärt auch die eher "hundertmeterweise" Entfernung von den Schleusen. Inzwischen sollte der Veranstalter dafür sorgen, dass er den Rampenkopf frei bekommt, aber er fand keinen Zauberer. (anders ausgedrückt: Der CM hat die Polizeimaßnahmen abgenickt - für seinen Part aber den Ernst der Lage nicht im geringsten erkannt)

Der CM (er wusste ja, dass er ganze 4-8 Ordner da oben hat) und eine informierte Einsatzleitung hätten auch per ÜK erkennen müssen, dass zwar die Schleusenentlastung mit vorgezogenen Ketten eine super Idee ist, aber das am Rampenkopf absolut kein Personal für eine schnelle Räumung/Verteilung vorhanden ist.

Hier hätte es also massiven Widerstand geben müssen. Nur - was war die Alternative ? Verletzte/Tote an der Schleuse ? An den Vorsperren ? Womöglich im Polizeigebiet ? Ehrlich gesagt eine Zwickmühle! Also von mir aus erstmal "pro" PK1 und PK2.

 

Nun kommt der große Fehler und m.E. eine hitzige Überreaktion:

Wegen ein paar Abgängern (zwischen 16 Uhr und 16:25 Uhr haben sich vielleicht 5-7 Tsd. angesammelt) entscheidet man sich für die PK3 und aufgrund von Personalmangel stellt man sich an die schmalste Stelle zwischen die Dreieckszäune. Der Sinn: Der PK1 und PK2 den Rücken frei halten.

Die Feuerwehr war strikt dagegen. Ich auch! Denn ab diesem Zeitpunkt bauten sich immer mehr Leute hinter den Ketten auf und die Polizei wurde von Minute zu Minute handlungsunfähiger --> denn der Plan war es ja den Rampenkopf frei zu räumen und nun hat man im Eifer des Gefechtes die Lage urplötzlich verschlimmert und den ursprünglich als Blockade angesehenen Rampenkopf hinter die PK3 150 Meter nach unten geholt - in Form einer Mauer aus besagten 5-7 Tsd. abreisewiligen Ravern. Eigentor! - selbst wenn der Rampenkopf nun frei gewundert worden wäre - es hätte ja nix mehr gebracht.  Beim Veranstalter braucht man sich da nicht beschweren...

Hier fehlte den Verantwortlichen die Übersicht: Entweder hätte man noch ein paar Minuten damit leben müssen, dass sich die Abgänger auf Ost und West verteilen und den anderen Ketten halt erstmal in den Rücken laufen, oder man hätte die PK1 und PK2 sofort wieder auflösen müssen. So wären die 2-3 Tsd. Abgänger pro Seite (in 25 Minuten) locker durch die Anreisenden hindurch geschlüpft. Nach nötiger Aufgabe des Polizeikettenplans natürlich sofortiger Rückzug an die Schleusen und dort sperren!

 

Ich gebe gerne zu, dass ich etwas "polizeifixiert" bin, wenn es um die reale "künstlich erzeugte" Menschenverdichtung und das völlig konzeptlose Einsperren der Besucher im unteren Rampenbereich geht (insb. PK3) - was m.E. hier konkret zu dem tödlichen Ergebnis geführt hat - weil sich die Polizei mit ihren Ketten selbst handlungsunfähig gemacht und dabei - auch wegen der zu späten Reaktion bzw. Nichtreaktion der Polizeiführung/Einsatzleitung - komplett die Kontrolle über die Besucher verloren hat.

Bei einem unerwartet hohen Besucherandrang hätte ich dafür vielleicht noch Verständnis - jedoch war bei der LOPA bis zum Unglück das genaue Gegenteil der Fall: Ein "wesentlich" geringerer Besucherandrang (nur etwa 20% der Abgangszahlen und 50-70% der Zugangszahlen) als von lopavent prognostiziert!

Ein Armutszeugnis für die Stadt/Planer/Experten, den Veranstaler (der schon kurz nach 14 Uhr die Kontrolle verloren hat) und die Polizei, die nunmal leider als letzte handlungsfähige und damit verantwortliche Instanz m.E. derart grobe Fehler gemacht hat, das die "produzierte" Situation nach den Polieimaßnahmen wesentlich und entscheidend schlimmer und bedrohlicher war, als sie es komplett ohne Polizeimanahmen gewesen wäre...

Der letzte Satz ist natürlich Ansichtssache. Jedoch: Die Besucher haben mit ihren Randalen am Rampenkopf denselben wesentlich durchflussstärker gemacht - da ab ca. 15:40 die seitlichen Böschungen als (gefährlicherer aber offenbar gedulteter) Zugang genutzt werden konnten. Und mehr als 10 Tsd. Raver pro Tunnelseite hat die Polizei bis 16:15 bzw. 16:20 niemals angestaut.

 

Und ja: Die LOPA war nicht genehmigungsfähig aufgrund der Planzahlen, auf die Realität hatte das aber bis zum Unglückszeitpunkt keinen Einfluss - es hätte später (17-18 Uhr) zu einer Katastrophe führen können - aber sicher ist das eben nicht, da man die Engstellen auf der Rampe evtl. per Schleuse hätte regulieren können... Wer weiß schon, wieviele Leute wirklich zwischen 17 und 18 Uhr gekommen und gegangen wären und ob die Einsatzleitung vielleicht irgendwann aufgewacht wäre und z.B. Notausgänge/-eingänge geschaffen hätte. Zu viele Unbekannte...

 

So - sorry für den kleinen Missbrauch des Strafrecht-Forums - nun bin ich wieder "drüben" ;-)

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"... entscheidet man sich für die PK3 und aufgrund von Personalmangel stellt man sich an die schmalste Stelle zwischen die Dreieckszäune. Der Sinn: Der PK1 und PK2 den Rücken frei halten."

 

Ja klar, denn man fürchtete die Aufstauung der Abgänger in den Tunneln. Somit war die Idee gut, nur der falsche Ort wurde gewählt! Das hat man dann ja auch erkannt und ab 16:32 Uhr begonnen, PK4 am Rampenkopf zu formieren.

Was den Personalmangel angeht: Warum hat man nicht die fünf geparkten Bullis zur Hilfe genommen, um die Rampe oben erstmal für die Abgänger dichtzumachen...? Dafür waren sie doch angeblich vorgesehen.

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@Jolie:

der strafrechtliche Vergleich mit anderen Delikten ist immer schwierig: Bei Raub mit Todesfolge geht es erst einmal um ein vorsätzliches Delikt mit (möglicherweise) fahrlässiger Folge. Schon das Gesetz sieht hier einen Risikozusammenhang, dessen Nachweis nicht mehr so aufwändig ist: Die Konstitution des Opfers spielt dabei keine wesentliche Rolle, da auch herzinfarktgefährdete Opfer geschützt werden.

Bei der LoPa-Unglück geht es aber um ein fahrlässiges Erfolgsdelikt und das bedeutet (im deutschen Strafrecht), dass die Verursachung und Zurechnung des konkreten Erfolgs zur Fahrlässigkeit des Täters nachgewiesen werden muss. Es genügt also nicht die Fahrlässigkeit der Planung und Genehmigung der Veranstaltung, die so nicht genehmigt hätte werden dürfen. Für eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung muss darüber hinaus nachgewiesen werden, dass diejenige Gefährdung, aufgrund der die Genehmigung fehlerhaft war, auch tatsächlich den Tod der Menschen herbeigeführt hat (Pflichtwidrigkeitszusammenhang). Die Leitentscheidung des BGH dazu ist Radfahrerfall (hier) Ganz knapp: Ein LKW hatte einen Fahrradfahrer mit zu geringem Seitenabstand überholt, der Radfahrer war unter den LKW geraten und getötet worden. Nachdem Sachverständige ermittelten, auch bei regulärem Seitenabstand sei es wahrscheinlich, dass der (betrunkene) Radfahrer unter den LKW gekommen wäre, wurde der LKW-Fahrer frei gesprochen. Ich selbst halte dieses Ergebnis für falsch, aber es wird  in Deutschland bei Fahrlässigkeitsdelikten regelmäßig berücksichtigt.

@lopachron:

Sie beschreiben exakt, was ich auch befürchte, nämlich dass sich tatsächlich die Verantwortlichen effektiv auf die Verantwortung der jeweils "anderen" berufen können, solange nicht die Zusammenhänge der Entscheidungen und Handlungen aufgeklärt werden - dazu leistet das Still-Gutachten leider nichts. Man kann dann hoffen, dass die Rechtsprechung (jenseits der Radfahrer-Entscheidung) einmal etwas Grundsätzliches sagt zu komplexen Fällen und Ursachenketten mit verteilter Verantwortung. Geschieht dies nicht, ist - wie in anderen Fällen der fahrlässigen Herbeiführung von katastrophenfällen (Kaprun, Bad Reichenhall) - damit zu rechnen, dass die Mehrheit der Vearntwortlichen oder gar alle sich vom Strafrechtsvorwurf befreien können.

zum "Drüben" und "hier": Ich sehe das nicht als Konkurrenz und denke, dass die interessierten Leser ohnehin beide Diskussionsforen verfolgen. Unterschied: Drüben steht eher die Aufklärung der Tatsachen, hier eher die (straf-)rechtliche Würdigung im Vordergrund, aber es gibt natürlich erhebliche Überschneidungen.

Gruß

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:

[...] dass die Verursachung und Zurechnung des konkreten Erfolgs zur Fahrlässigkeit des Täters nachgewiesen werden muss. Es genügt also nicht die Fahrlässigkeit der Planung und Genehmigung der Veranstaltung, die so nicht genehmigt hätte werden dürfen. Für eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung muss darüber hinaus nachgewiesen werden, dass diejenige Gefährdung, aufgrund der die Genehmigung fehlerhaft war, auch tatsächlich den Tod der Menschen herbeigeführt hat (Pflichtwidrigkeitszusammenhang).

 

OK, I fully understand that. But the nature of Accidents like these is, that they are caused by complex reasons. 

 

Like Prof. Dr. Still stated in his PhDThesis: "Events of the magnitude of Hillsborough don't usually happen just for one single reason, nor is it usually possible to pin the blame on one single scapegoat... ...Disasters happen because a whole series of mistakes, misjudgements and mischance happen to come together in a deadly combinations."

 

 

If you start to isolate every single factor that caused the accident, it will render these single factors "harmless." Like you say too: 

Henning Ernst Müller schrieb:
 was ich auch befürchte, nämlich dass sich tatsächlich die Verantwortlichen effektiv auf die Verantwortung der jeweils "anderen" berufen können, solange nicht die Zusammenhänge der Entscheidungen und Handlungen aufgeklärt werden
  Wieso sind die Zusammenhänge der Entscheidungen und Handlungen bis heute nicht aufgeklärt.       If the Report of Keith Still is not clear enough, what could ever be clear enough. The Circulation of the Crowd is in it too, I do not see why that is not enough. Keith Still does not mention Names, but does the German court need him to mention the Names?       Meanwhile it is clear: die Veranstaltung war nicht genehmigungsfähig. Die genehmigung hat das Risiko für alle Teilnehmer erhöht.  

So, who should be in Court for this? (its just a rhetorical question ;-))

 

To me it would not seem just if — For Example— a guy(Police/Organizer) who chose to no longer hold a Polizei-Kette, would be sentenced to years in jail for the death of these People. 

 

(But that is what I fear is going to happen.) While the Persons who really took the enormous Risk to Organize and Approve this, who send the Police on a Mission Impossible, remain "free from all blame." 

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Die Leitentscheidung des BGH dazu ist Radfahrerfall (hier) Ganz knapp: Ein LKW hatte einen Fahrradfahrer mit zu geringem Seitenabstand überholt, der Radfahrer war unter den LKW geraten und getötet worden. Nachdem Sachverständige ermittelten, auch bei regulärem Seitenabstand sei es wahrscheinlich, dass der (betrunkene) Radfahrer unter den LKW gekommen wäre, wurde der LKW-Fahrer frei gesprochen. Ich selbst halte dieses Ergebnis für falsch, aber es wird  in Deutschland bei Fahrlässigkeitsdelikten regelmäßig berücksichtigt.

 

I am sorry to hear that :( I can send you 3 cases in the Netherlands where the (Truck)driver was sentenced and lost his drivers license.

 

OK, my six-year-old is asking my Attention, I have to go ;-)

 

Freundliche Grüße,

Jolie

Hallo,

sind in dem Gutachten auch die fehlenden Ordner erwähnt.?

Meine mich zu erinnern, dass es weniger waren, als im Konzept angegeben.

lopachron erwähnte ja in einem Beitrag, die 3 oder 4 Ordner am Rampenkopf. 

Wurden damals nicht  Ordner von dort abgezogen?

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Gutachten von Professor Keith Still auf Deutsch... DocuNews veröffentlicht das Gutachten von Professor Keith Still zur Loveparade Katastrophe in einer ersten deutschen Übersetzung. Professor Still hatte das Gutachten im Dezember 2011 der Duisburger Staatsanwaltschaft übergeben, die es kürzlich den Verteidigern der im Verfahren Beschuldigten zustellte. Der WAZ Recherche Blog hatte das Gutachten online verfügbar gemacht. Die deutsche Übersetzung auf DocuNews, gefertigt durch Kai Abrell, Meister für Veranstaltungstechnik, ermöglicht nun eine breitere Diskussion zu den Ursachen der Loveparade Katastrophe. http://docunews.org/loveparade/dokumente-zur-loveparade-duisburg-2010/da... von Professor Keith Still auf Deutsch... DocuNews veröffentlicht das Gutachten von Professor Keith Still zur Loveparade Katastrophe in einer ersten deutschen Übersetzung. Professor Still hatte das Gutachten im Dezember 2011 der Duisburger Staatsanwaltschaft übergeben, die es kürzlich den Verteidigern der im Verfahren Beschuldigten zustellte. Der WAZ Recherche Blog hatte das Gutachten online verfügbar gemacht. Die deutsche Übersetzung auf DocuNews, gefertigt durch Kai Abrell, Meister für Veranstaltungstechnik, ermöglicht nun eine breitere Diskussion zu den Ursachen der Loveparade Katastrophe.

http://docunews.org/loveparade/dokumente-zur-loveparade-duisburg-2010/das-versagen-des-systems-war-vorhersehbar/

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Großen Dank an den "Meister".

Ich habe die Übersetzung oben im Beitrag verlinkt und auch den obigen Kommentar von Lothar Evers (mit dessen mutmaßlichem Einverständnis) so verändert, dass man den Link anklicken kann.

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Müller,

gern geschehen. Schon aus beruflichen Gründen hat es für mich Sinn gemacht, mich tiefer in das Gutachten einzuarbeiten.

Für sehr interessant halte ich den Auftrag der Staatsanwaltschaft an Prof.Still.

2.3. Der Auftrag enthielt ebenfalls die Anfrage, das Verhalten der Menschenmenge zu bestimmen und die Gründe, warum die Menschenmenge zum einzig sichtbaren Auslass drängte (die Treppe)

Dies halte ich für dringend, da ja mehrfach versucht wurde, den Opfern die Schuld zuzuschieben. Prof.Still weist nach, dass die unzulässige Gestaltung der Versammlungsstätte zu nicht zulässigen und gefährlichen Menschendichten führen musste; siehe 13.1/ 15.1/ 17.1-17.18

Prof.Still gibt an, dass Menschenmengen mit 6 Personen/m² und mehr immer versuchen werden, zu entkommen: 3.12

3.13 Allerdings ist auf Augenhöhe vom Boden aus für die Menschenmenge nur die Treppe als möglicher Fluchtweg sichtbar.

3.14 Menschen, die zu der Treppe streben, werden den Druck am Fuß der Treppe auf dem Weg zur Treppe erhöhen.

3.15 Die Menschenmenge kann das Problem wenige Meter vor der eigenen Position nicht sehen. Die Menschen sind in Unkenntnis über den äußerst hohen Druck (auf die Menschen) vor ihnen.

Damit ist jetzt vom Gutachter der Staatsanwaltschaft bestätigt, dass den Besuchern der Loveparade kein Vorwurf gemacht werden kann. Im Gegenteil: die Menschen hätten sich anders nur verhalten können, wenn sie über eine Lautsprecheranlage gesteuert worden wären.

3.17 Auf Bodenniveau können die Menschen nicht mehr als wenige Meter über ihren Standort nach vorne sehen.

3.18 Die Treppe und die Lichttürme (Alugitterrohrtürme) befinden sich auf einer höheren Sichtlinie und scheinen die Fluchtmöglichkeit zu sein.

3.19 Der Lärm, das Durcheinander und die Verstopfung sind alles Gründe, die die Menschenmenge veranlassen, einen Fluchtweg aus der unmittelbaren Umgebung zu suchen.

3.20 Dies ist eine zu erwartende Gefahr verursacht durch einen Mangel an angemessener Lenkung und Kontrolle der Menschenmenge. Man ließ zu, dass dieser Zustand einen gefährlichen Grad an Verstopfung erreichte und dass die Menschenmenge auf die Bedrohung durch übermäßigen Druck auf die Menschen reagiert und versucht zu fliehen.

Dieses Ergebnis halte ich für den Prozess für sehr wichtig. Kein Angeklagter wird hiernach den Opfern eine Mitschuld anlasten können. Auch persönlich ist diese Aussage für die überlebenden Opfer hoffentlich hilfreich.

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13.1 Um zu verstehen wie die Menschenmenge am Ort der Todesfälle bei der Loveparade anschwillt, müssen wir die Planungsunterlagen untersuchen, die vor der Veranstaltung zur Verfügung standen.

 

Ne - das reicht nicht - so verstehen wir nur, wie eine Menschenmenge am Ort der Todesfälle hätte anschwillen können. In der Realität gab es einen ganz anderen Grund...

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@Meister für Veranstaltungstechnik

 

Vielen Dank für die Übersetzung. Eine etwaige Besucherschuld ist damit wirklich vom Tisch. Ein wichtiger Punkt...

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Ich möchte hier abschließend noch ein paar kleine Anmerkungen zu meinem Unverständnis über die Unvollständigkeit des Gutachtens von Prof. Still hinterlassen:

 

1) Es kann sein, dass Still einfach auch von der Staatsanwaltschaft nur einen "unvollständigen" Auftrag bekommen hat. Das wäre natürlich für die Staatsanwaltschaft peinlich, aber das wissen wir nicht. Ein Nachbegutachtungsauftrag (Realzahlen, Schleusen, Rampenkopf, Nebenrampe, Polizeiketten) wäre m.E. in dem Fall sinnvoll. Ich habe jedenfalls mittlerweile das Gefühl, dass Prof. Still zum einen nicht genügend Material (Polizeivideos etc.) zur Verfügung gestellt wurde und zum anderen auch nur ein eingeschränkter Auftrag erteilt wurde.

 

2) Angenommen, die von Still ja verwendete lopavent-Besucherprognose wäre hinsichtlich der Abgangszalen bis 18 Uhr etwas realitischer ausgefallen und hätte eine maximale Auslastung des Hauptgeländes um 18 Uhr in Höhe von 350.000 Leuten ergeben.  Auch hier kann man dann per "simple mathematics" sagen, dass die LOPA nicht genehmigungsfähig war und ein Unglück - sowie Polizeimaßnahmen - voraussehbar waren. Zum Unglückszeitpunkt waren aber nur 115.000 Leute auf diesem fiktiv falsch geplanten Hauptgelände. Da kann man den Planern des Hauptgeländes doch keine Katastrophe andichten - denn ihre Fehlplanungen kamen ja noch lange nicht zum tragen. Für ein fiktives Unglück auf dem Hauptgelände müssten also andere Gründe vorliegen und untersucht werden. So ähnlich verhält es sich mit Prof. Still's 10-Meter-Engpass auf der Rampe, welcher bis zum Unglückszeitpunkt keine Rolle gespielt hat...

 

3) Prof. Still hat die Nebenrampe, die schon vor 14 Uhr als offizieller Ausgang geplant und auch geöffnet war/genutzt wurde, in keinster Weise berücksichtigt. D.h. 10 Meter x 82 x 60 = 50.000 zusätzliche Kapazität für Abgänger. (mal unabhängig von evtl. fehlender Beschilderung, die kleine Rampe war ja trotzdem im Voraus als Ausgang eingeplant)

Räumen wir jetzt noch die Dreieckszäune ein wenig zur Seite, so kommen wir tatsächlich fast auf die PEAK-Zahl von 145.000 Beuschern zwischen 17 und 18 Uhr ! Aber auch mit Zäunen verdoppelt sich die Rechnung von Prof. Still schon auf 100.000 Besucher. Die Tunnel hatten ja zusammen 32 Meter x 82 x 60 = knapp 160.000 - also nach Still sowieso ausreichend. (ohne bremsende Vereinzelungsanlagen)

 

Ganz so simpel, wie man es aktuell ärgerlicherweise zuhauf in den Medien liest, ist es also m.E. nicht...

 

Für die Besucher/Betroffenen der LOPA ist das Gutachten aber sehr erfreulich, da Still deren mögliche Schuld komplett ausschließt - wie der Meister für Veranstaltungstechnik ja oben dargelegt hat. Ansonsten... naja... hätte fast auch ein Blick auf die Blogs oder wikipedia gereicht... ;-)

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lopachron schrieb:

Räumen wir jetzt noch die Dreieckszäune ein wenig zur Seite, so kommen wir tatsächlich fast auf die PEAK-Zahl von 145.000 Beuschern zwischen 17 und 18 Uhr ! Aber auch mit Zäunen verdoppelt sich die Rechnung von Prof. Still schon auf 100.000 Besucher. Die Tunnel hatten ja zusammen 32 Meter x 82 x 60 = knapp 160.000 - also nach Still sowieso ausreichend. (ohne bremsende Vereinzelungsanlagen)

 

 

Jo. Wobei natürlich erwähnt werden muss, dass es sich bei Stills Berechnungen jeweils um "Einbahnstraßen-Zahlen" handelt, die 145.000 von Lopavent hätten jedoch Gegenverkehr impliziert. Dass diese Zahl unrealistisch war, steht außer Frage und wurde schon vor langer Zeit von Dirk Oberhagemann so bestätigt.

Nur... das "Unglück" entwickelte sich zwischen 16:00 und 17:00 Uhr. Warum bezieht Still sich dann auf Zahlen von 17:00 - 18:00 Uhr? Real war der Drops da schon gelutscht, Zugang West seit 16:55 Uhr, Zugang Ost seit 17:12 Uhr abgeriegelt und die Notausgänge geöffnet. Ich will Lopavent gar nicht verteidigen, aber ist das nicht ein bisschen unlauter? Lopavent prognostizierte zwischen 16:00 und 17:00 Uhr insgesamt 100.000 Menschen, nach Still- bzw. Fruin-Rechnung wären mit 10m-Engstelle auf der Hauptrampe 52.103, bei der Nebenrampe bin ich etwas vorsichtiger als LC und berechne 8,5 Meter Breite = 41.820, also insgesamt 93.923 Menschen möglich gewesen. One way, ok. Trotzdem sieht das ganze schon etwas anders aus, nicht wahr? Ohne Engstelle kämen wir nach Still/Fruin auf ca. 131.610/h Gesamt-Rampenkapazität > one way.

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...Hauptrampe rauf und Nebenrampe runter ist doch one way - zur PEAK-Zeit wäre es gar nicht anders möglich gewesen...

Jedenfalls muss Still unter Berücksichtigung der Nebenrampe seine Conclusions abändern:

Das Tunnel- und Rampensystem war jederzeit geeigent die Massen aufzunehmen, wenn man bedenkt, dass höchstens 70% der prognostizierten Besucher (also z.B. 17-18 Uhr =70% von 145.000) real an den Rampen waren... (Nur wenn man von den Planzahlen ausgeht, hätte es zwischen 17 und 18 Uhr geringe Wartezeiten vor den Schleusen bis zu 1 Stunde geben können.)

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lopachron schrieb:

...Hauptrampe rauf und Nebenrampe runter ist doch one way - zur PEAK-Zeit wäre es gar nicht anders möglich gewesen...

Jedenfalls muss Still unter Berücksichtigung der Nebenrampe seine Conclusions abändern:

Das Tunnel- und Rampensystem war jederzeit geeigent die Massen aufzunehmen, wenn man bedenkt, dass höchstens 70% der prognostizierten Besucher (also z.B. 17-18 Uhr =70% von 145.000) real an den Rampen waren... (Nur wenn man von den Planzahlen ausgeht, hätte es zwischen 17 und 18 Uhr geringe Wartezeiten vor den Schleusen bis zu 1 Stunde geben können.)


Ich verstehe überhaupt nicht, wie Ihr auf einmal zu einem Einbahnstrassensystem kommt, und gleichzeitig am Gegenstromprinzip der Schleusen festhaltet. Das steht doch in keinem Konzept, und meines Wissens hat Schleusenwärter Walter keine Sekunde erwogen, ein solches System durch Öffnung der kleinen Rampe als Abgang bzw Öffnen der Notausgänge zu realisiseren.

Zu einem Schleusensystem, gehört -jedenfalls im Schiffsverkehr- die möglichkeit, sowohl Berg- als auch Talfahrt zu stoppen. Mir scheint aber der Fokus ausschliesslich auf Einlass gerichtet. Sonst hätte man längst über alternative Abgangssysteme nachdenken müssen.

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Lothar Evers schrieb:

Ich verstehe überhaupt nicht, wie Ihr auf einmal zu einem Einbahnstrassensystem kommt, und gleichzeitig am Gegenstromprinzip der Schleusen festhaltet. Das steht doch in keinem Konzept, und meines Wissens hat Schleusenwärter Walter keine Sekunde erwogen, ein solches System durch Öffnung der kleinen Rampe als Abgang bzw Öffnen der Notausgänge zu realisiseren.
 

 

Jetzt bin ich verwirrt.... ich wies doch lediglich darauf hin, dass es sich bei Stills Zahlen um "Einbahnstraßen-Zahlen" handelt, bei Gegenverkehr waren es weniger Menschen, die die Rampe innerhalb einer Stunde passieren konnten. Und wieso "Gegenstromprinzip an den Schleusen"? Die liefen doch nur in eine Richtung, nämlich rein...!

Die Nebenrampe war von Beginn an als Ausgang passierbar, Lothar... so steht es auch in der Veranstaltungsbeschreibung vom 16.07.10 > zusätzlicher regulärer Ausgang. Ab 16:02 Uhr wurde sie zusätzlich als Eingang freigegeben.

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lopachron schrieb:

...Hauptrampe rauf und Nebenrampe runter ist doch one way - zur PEAK-Zeit wäre es gar nicht anders möglich gewesen...

 

Und wie stellst Du Dir die reale Umsetzung vor? Wer hätte wo wie verhindert, dass die Leute "verkehrt" laufen?

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@Lothar

Rampe "Dixi-Land" / Ordnerbriefing und ÜK15 13:48: Nebenrampe = Ausgang

Gegenverkehr wäre im Tunnel natürlich entstanden, aber der hatte ja 160.000 Kapazität, lt.Still.

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@Daphne

Ist doch Wurscht - rein von der mathematischen Planung und Betrachtung ist das ok. Dann wäre eben die Steuerung das operative Problem gewesen, aber eben nicht die "Kapazität des Tunnel-/Rampensystems" - jedenfalls nicht nach Still's Berechnungsgrundlagen...

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lopachron schrieb:

@Daphne

Ist doch Wurscht - rein von der mathematischen Planung und Betrachtung ist das ok. Dann wäre eben die Steuerung das operative Problem gewesen, aber eben nicht die "Kapazität des Tunnel-/Rampensystems" - jedenfalls nicht nach Still's Berechnungsgrundlagen...

 

Ah so... hast recht... wenn schon "simple mathematics", dann richtig ;o)

 

 

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lopachron schrieb:

@Daphne

Ist doch Wurscht - rein von der mathematischen Planung und Betrachtung ist das ok. Dann wäre eben die Steuerung das operative Problem gewesen, aber eben nicht die "Kapazität des Tunnel-/Rampensystems" - jedenfalls nicht nach Still's Berechnungsgrundlagen...


und wie bitte kann man das Ganze mit so wenigen Ordnern und ohne Lautsprecheranlage steuern?

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@Lothar

Genau das sollte ein Experte ala Still ja m.E. untersuchen, anstatt sich nur auf die Breite der Hauptrampe bzw. den 10_Meter-Engpass zu fokussieren. Wenn er schon theoretische Durchflussberechnungen - ausschließlich beruhend auf lopavent-Planzahlen - anstellt, darf er den offiziell geplanten und auch geöffneten Ausgang NR doch nicht vergessen.

Denn: Wie sollte man den mit so wenigen Ordnern den Rampenkopf steuern ? Ab 15 Uhr gab es gar keinen Ausgang Hauptrampe mehr (die NR war weiterhin als Ausgang frei) - und als es ihn nach den Böschungsstürmungen wieder gab, hat die Polizei ihn gleich wieder bis 16:25 dicht gemacht!

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Verstehe ich das richtig:
die nebenrampe war den ganzen nachmittag Ausgang, bis sie dann zunächst unten am Tunnel gesperrt wurde und dann später Eingang wurde?
Von wieviel Personen zu welchem Zeitpunkt sollen wir denn ausgehen, die auf diesem Weg zu welchem Zeitpunkt die Loveparade verlassen?
Nach welchem Kriterium wühlen sich den nach Haus wollende Gäste die Hauptrampe gegen die neu kommenden Zuschauer hinunter, und wann entscheiden sie sich für die ja anscheinend dauernd freie Nebenrampe.

Ab wann fällt die Nebenrampe als Ausgang aus?

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"Verstehe ich das richtig:
die nebenrampe war den ganzen nachmittag Ausgang, bis sie dann zunächst unten am Tunnel gesperrt wurde und dann später Eingang wurde?
"

Richtig, kuckst Du hier.

 

"Von wieviel Personen zu welchem Zeitpunkt sollen wir denn ausgehen, die auf diesem Weg zu welchem Zeitpunkt die Loveparade verlassen?"

Es geht ja erstmal nur um die theoretisch, rein rechnerisch mögliche Kapazität pro Stunde > gem. Still/Fruin: schmalste Stelle in Metern x 82 x 60. One way. Simple mathematics, you know... ;o)

Still hat die Kapazität dieser Rampe in der von ihm berücksichtigten Zeit, nämlich 17-18:00 Uhr, komplett außer Acht gelassen.

 

Ab wann fällt die Nebenrampe als Ausgang aus?

Am Veranstaltungstag? Zwischen ca. 15:50 Uhr - 16:02 Uhr. Und dann später halt, als keiner mehr durch den Tunnel raus durfte.

 

 

 

 

 

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### Verstehe ich das richtig:
die nebenrampe war den ganzen nachmittag Ausgang? ###

 

Yepp, genau.  Um 16:02 wurde die NR aufgrund des künstlich erzeugten Polizeistaus und auf Verlangen der Feuerwehr dann zusätzlich als Eingang geöffnet. Als Ausgang war sie m.E. grundsätzlich immer offen - freilich ab 16:02 unbenutzbar.

 

M.E. ist die Nebenrampe sogar etwas breiter als 10 Meter. Nach Still/Fruin sind das 50.000/h Personen, die dort hätten raus gehen können.  Also nahezu sämtliche von lopavent in der Prognose geplanten Abgänger. Dort ist zwar den ganzen Nachmittag nur ein 1-Meter-Durchgang offen, den 1 Ordner gesteuert hat - aber man sieht in der ÜK15 (z.B. kurz vor 15:30 Wegfahren von 2 Polizeifahrzeugen), dass man hier geplant hatte oder zumindest in der Lage war - je nach Ansturm - schnell auf 10-Meter zu erweitern. Diesen Zaun konnte man vom über 150 Meter entfernten und seitlich versetzten Zugang auf dem Hauptgelände m.E. aber nicht wahrnehmen - dürfte also kein optisches Hindernis gewesen sein, die NR nicht zu benutzen.

 

Aber:

Die Nebenrampe unbequem am westlichen Außenrand des Hauptgeländes. Und auch die Nebenrampe mündete auf der Floatstrecke und hatte damit ebenso ein Kapazitätsproblem am Rampenkopf. Um den Ausgang zu treffen hätte man - übertrieben gesagt - sowohl auf der Hauptrampe als auch auf der Nebenrampe schon fast von einem Float abspringen müssen... :-)

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Genau... es war nicht einfach, diesen Ausgang zu finden, zumal es lt. Walter entgegen der Absprache keine/kaum Beschilderung gab. Zur Verdeutlichung hier ein Foto... aufgenommen um 15:43 Uhr von Truck Nr. 7.

 

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Ach ja - "in real":

Zwischen 15:20 und 15:50 haben real ca. 300 Leutchen die NR als Ausgang genutzt. Auf der HR gab es in diesem Zeitraum ca. 3.000 Abgänger, die überhaupt nur aufgrund der Böschungsstürmungen ab 15:30 die HR erreichen konnten. Das waren dann vermutlich die letzten 3.300 Besucher, die es vor den Polizeiketten noch "ganz raus" geschafft haben.

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Das Foto von Daphne zeigt sehr schön, dass die Nebenrampe noch weniger als die Hauptrampe als Ein- und Ausgang geeignet war, weil sie ja direkt in die Floatstrecke mündete und dann auch noch seitlich ...

Als Ausgang konnte sie kaum gefunden und wenn doch, dann kaum erreicht werden.

Als Eingang wäre hier noch schneller als auf der Hauptrampe alles zugestaut, weil überhaupt kein Platz zwischen Rampenmündung und Floatstrecke war.

So war es ja dann auch nach 16:02 ...

Zunächst wurde die Rampe als Eingang kaum wahrgenommen, aber als sie ab ca. 16:30 Uhr verstärkt genutzt wurde war sie in kürzester Zeit vollgelaufen, wie man z.B. auf <a href="http://www.fotocommunity.de/pc/pc/cat/852/display/22103696">diesem Bild</a> von 17:07 Uhr sieht.

Weitere Bider und Videos von der Nebenrampe <a href="http://loveparade2010doku.wordpress.com/2010/08/04/fullung-und-leerung-d... im lopa2010doku-Blog.

 

 

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Ich lese hier immer wieder, dass die Veranstaltung nicht genehmigungsfähig war. Das mag in Anbetracht der geplanten Besucherzahlen richtig sein.

Wäre sie aber bei weniger Besuchern genehmigungsfähig gewesen? Und wenn ja, bei wie vielen?

Fakt ist, das haben z.B. Lopachron und ich lange vor Prof. Still vorgerechnet, dass die geplanten 485.000 niemals in der beabsichtigten Zeit auf das Gelände gelangt wären.

Aber wie kam man eigentlich auf die Zahl 485.000? Ist das nicht genauso eine Phantasiezahl wie die 1,4 Mio, die man öffentlich verkündet hatt?. Wie kann man denn eine Veranstaltungszulassung oder ein Gutachten auf eine rein geschätzte Zahl aufbauen wollen?

Was wäre denn passiert, wenn statt der 485.000 tatsächlich 700.000 oder 1 Mio angereist wären? Hätte man den Veranstalter dann zur Rechenschaft ziehen können, weil er falsch geschätzt hat?

Kann ich mir kaum vorstellen. Die Genehmigung war so oder so nur für gleichzeitig 250.000 Leute auf dem Gelände ausgestellt. Und der Veranstalter hätte so oder so nur eines machen können, wenn das Gelände voll gewesen wäre: Die Schleusen dicht machen.

Nun hat die Besucherzahl auf dem Gelände zwar nie die zugelassene Höchstgrenze erreicht, trotzdem ist es zu Problemen gekommen, die zwar auch vorhersehbar waren (Stau am Rampenkopf), die doch aber - nur etwas früher als erwartet - zur geplanten Gegenmaßnahme hätten führen müssen: Niemanden mehr auf das Gelände lassen, bis das Problem beseitigt ist.

Das ist nicht passiert und warum es nicht passiert ist - diese Frage bewegt mich viel mehr, als die Frage, ob die Zulassung der Veranstaltung für eine frei erfundene Besucherzahl (die ohnehin niemals erreicht wurde) rechtens war.

Wir kennen die Zeugenaussagen von Ordnern, die die Anweisung hatten, die Zufuhr an den Schleusen zu drosseln, aber von der Polizei gezwungen wurden, diese zu öffnen.
Und wir kennen (nicht zuletzt durch die Überwachungskameras) die Versuche der Polizei, den Zu- und Abstrom der Besucher innerhalb des Veranstaltungsgeländes mittels Absperrketten aufzuhalten. Sie brachte es dabei fertig, an der sensibelsten Stelle des gesamten Zu- und Abgangssystems Massen aus drei Richtungen anzustauen und anschließend aufeinander prallen zu lassen.

Für mich noch immer ursächlich für die eigentliche Katastrophe.

Das einzig Sinnvolle wäre gewesen, den Besucherstrom schon an den Eingangsschleusen zu unterbinden. Das sage ich natürlich im Nachhinein mit Kenntnis des tatsächlichen Unglückshergangs.
Wenn es so sein sollte, dass das aufgrund der dort wartenden Massen nicht mehr ging, dann fällt auch dieser Einwand auf die Polizei selbst zurück, denn sie hätte die Besucher vor den Schleusen bzw. auf den Zugangswegen ja auch dann zurückhalten müssen, wenn das Gelände tatsächlich überfüllt gewesen wäre.

Wenn ich eine Veranstaltung für eine bestimmte Personenzahl zulasse, erwarte ich vom Veranstalter, dass er diese Personenzahl nicht überschreitet. Das hat er m.W. eingehalten.
Es gab m.W. auch keine Auflagen (ich lasse mich aber gern belehren), dass er eine bestimmte Personenzahl in einer bestimmten Zeit auf das Gelände lassen muss.

Vermutlich ist bei allen Veranstaltungsgenehmigungen dieser Welt immer nur vorgeschrieben, wie viele Leute reingelassen werden dürfen, aber niemals, wie viele Leute draußen gelassen werden dürfen. (Der Meister für Veranstaltungstechnik möge mich bitte aufklären, wenn ich falsch liege).

Die Vorwürfe der Polizei an den Veranstalter gingen aber immer in diese Richtung: Er hätte nicht genug Schleusen geöffnet, die Kontrollen dauerten zu lange, der Zustrom ging zu langsam usw.

Das Gutachten des Prof. Still macht aber deutlich, dass die geplanten Besucherzahlen ohnehin niemals das Gelände hätten erreichen können.

Kann aus dieser Tatsache nun abgeleitet werden, dass es zwangsläufig zur Katastrophe kommen musste? Ich kann mich dieser Meinung nach wie vor nicht anschließen.

Meine Schlussfolgerung daraus ist viel mehr: Wenn (egal ob aufgrund von Planungsfehlern oder unvorhergesehenen Ereignissen) nicht alle Leute die Veranstaltung erreichen können, dann müssen sie eben draußen bleiben.

Dabei ist es entscheidend, wie man sich auf solche (unerwarteten oder in diesem Fall eigentlich zu erwartenden Ereignisse) eingestellt hat.

Augenscheinlich nur unzureichend. Freilich fällt das letztlich auch auf die Genehmigungsbehörde zurück, aber die Fragen, die jetzt im Zusammenhang mit dem Still-Gutachten wieder allerorts diskutiert werden (geparkte Polizeifahrzeuge auf der Rampe, verengende Zäune etc) sind doch dann nur sekundär.

Entscheidend für das eigentliche Unglück bleiben m.E. weiterhin die Fragen:

1. Warum wurden immer noch Leute auf das Gelände gelassen, obwohl sich die Massen in den Tunneln (hinter den Polizeiketten) bereits stauten?
2. Gab es einen (fehlgeschlagenen) Plan, wie man die von drei Seiten künstlich aufgestauten Massen entflechten wollte, oder war es wirklich nur (wie ich immer mehr vermute) die blanke Unfähigkeit des verantwortlichen Polizeiführers, die Folgen dieser Maßnahmen richtig einzuschätzen?

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@PB

### Das Gutachten des Prof. Still macht aber deutlich, dass die geplanten Besucherzahlen ohnehin niemals das Gelände hätten erreichen können. ###

Außer in der Zeit von 17-18 Uhr ist das neuerdings mit dem "Simple-mathematics-Trick" ebend doch möglich gewesen. 50 Tsd. HR + 50 Tsd. NR ;-) (40 Tsd. Zugänger wären übrig geblieben = Verzögerung um nur 24 Minuten!)

 

### Die Genehmigung war so oder so nur für gleichzeitig 250.000 Leute auf dem Gelände ausgestellt. Und der Veranstalter hätte so oder so nur eines machen können, wenn das Gelände voll gewesen wäre: Die Schleusen dicht machen. ###

Sehr richtig, PB - und das gilt m.E. auch, wenn zwar das Gelände noch lange nicht voll ist, aber dafür der Eingang 2 (Rampenkopf) desselben.

Bleibt die Frage, was denn ist, wenn auch der andere Eingang 1 (Schleusen) dicht ist ? OK - an beiden Punkten Kapazität/Durchfluss/Platzverhältnisse falsch geplant oder unterschätzt und zwar von Stadt, Veranstalter, Polizei, Experten... - aber was operativ tun ?

Logisch: Die leere Tunnelstraße nutzen um Eingang 1 zu entlasten und gleichzeitig im Tunnel sperren, um Eingang 2 zu entlasten.  Aha - m.E. entspricht das genau der LOPA-Realität und der polizeilichen Ausgangslage !!!

 

Weiter in der Chronologie:

 

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Entscheidend für das eigentliche Unglück bleiben m.E. weiterhin die Fragen:

1. Warum wurden immer noch Leute auf das Gelände gelassen, obwohl sich die Massen in den Tunneln (hinter den Polizeiketten) bereits stauten?
2. Gab es einen (fehlgeschlagenen) Plan, wie man die von drei Seiten künstlich aufgestauten Massen entflechten wollte, oder war es wirklich nur (wie ich immer mehr vermute) die blanke Unfähigkeit des verantwortlichen Polizeiführers, die Folgen dieser Maßnahmen richtig einzuschätzen?

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Meine Meinung:

1. Taktik die Besucher im/am Tunnel zwischenzulagern, um die Schleusen/Vorsperren zu entlasten. Nur: Wieviel Entlastung war wirklich notwendig ? Hier hat PB wie immer recht: Auch für meinen Geschmack war das viel zu viel des Guten - die Schleusen hätten viel früher wieder "gefahrlos" dicht gemacht werden können. Es ja offensichtlich, dass diese Masse Menschen, die an den Schleusen zwischen 15:30 und 16:45 durchgelassen wurde, niemals nur zur Entlastung der Schleusen nötig gewesen sein kann... (auch ein Versäumnis von EA/F / Einsatzleitung, hier viel eher durchzugreifen.)

Demnach fehlte da offensichtlich derjenige, der dies an beiden Schleusen beurteilen und steuern konnte. Diese wichtige Aufgabe wurde offensichtlich einfach so irgend einem "Heini" zugedacht, der die ganze Taktik gar nicht verstanden hat oder man hat überhaupt nicht daran gedacht, diese Schlüsselposition mit klaren Befehlen bzw. informierten Polizeikräften auszustatten. Letzteres halte ich für am wahrscheinlichsten - denn die Polizeikräfte waren ja fast komplett von den Schleusen abgezogen, weil man sie für die Ketten gebraucht hat...

 

2. Nein es gab m.E. keinen Wiederauflösungsplan der 3 Polizeiketten! Man hat einfach die Übersicht über den eigenen mehrfach geänderten anfänglich gut gedachten Plan (siehe 1.) verloren und sich sozusagen in den ganzen kurzfristigen Änderungen und Entscheidungen dermaßen verstrickt, dass man sich am Ende mit der PK3 und den offenen Schleusen selbst ein Bein gestellt hat. Ich wette, daß keiner der 3 Zugführer an den 3 Ketten wusste, wie er sich denn nun mit den jeweils anderen beiden Ketten abstimmen sollte, um den 3-fach-Stau geregelt auszulösen. Da hat halt jeder das gemacht, was er an seiner Position für richtig hielt:

 

Zugführer 1. Zug 15.BPH: (vorher zuständig für die Schleuse Ost) 

PK2-Ost: Kein Versuch, die durchbrochene Kette ab 16:13 wieder zu schließen. Arbeitsbeginn um 15:58, Aufgabe um 16:13. Keine weiteren Aktionen erkennbar.

 

Zugführer 3. Zug: (vorher zuständig für die Schleuse West)

PK1-West: In Abstimmung ab 16:02 die NR geöffnet und dann knapp 20 Min. später offenbar eigenmächtig oder auf höheren Befehl die Kette aufgelöst. Arbeitsbeginn um 15:50, Freiwilliges Arbeitsende/Aufgabe um 16:20. Keine weiteren Aktionen erkennbar.

 

Zugführer 2. Zug: (eine Gruppe von drei Gruppen dieses Zuges fehlt am Anfang - vorher irgendwo nahe der Schleuse Ost zuständig)

PK3-Rampe: Der eigentliche Ideengeber für die PK3. Hält die Kette bis zum Erbrechen (PK von beiden Seiten zugestaut) und der allerletzten Sinnlosigkeit bis 16:25 aufrecht. Verhindert nicht das Volllaufen des 8-Meter-Parkplatzstreifens um 16:19. Verdrückt sich dann sofort mit einigen Leuten an den Rampenkopf und versucht dort eine halbe PK4 mittels Besucheransprache aufzuziehen, die aber massenweise umlaufen wird. Arbeitsbeginn um 16:02, keine Aufgabe - versucht neue Ideen (erneut eher weniger ausgegoren) am Rampenkopf umzusetzen.

Klingt für diesen Zugführer vielleicht etwas unfair - aber:

1. er hat nicht aufgegeben

2. er hatte lediglich die halbgare Idee für die PK3, aber nicht die letzte Verantwortung

3. er hat offenbar keinen Befehl zur nötigen frühzeitigen Auflösung seiner Kette erhalten -->

3a. niemand (Führer/Zentrale per ÜK13) hat offenbar die Gefährlichkeit der sich hinter der PK3 aufbauenden Blockade/Menschenmauer erkannt und die operativen Kräfte gewarnt.

 

Hunderschaftsführer: Verantwortung tragen ?? War er evtl. irgenwo bei einer Kette dabei ??

EA/F: siehe Hunderschaftsführer - Teil-1 - hatte u.a. die Schleusen nicht im Griff??

Einsatz-/Veranstaltungsleitung: Verantwortung tragen (lassen)...hatte (zu notwendigen Zeitpunkten ab 15:30) überhaupt nix im Griff bzw. gar nicht erst reagiert ??

 

Der Hauptfehler PK3 (neben den viel zu lange offenen Schleusen) nochmal Im Detail: (Polizeibericht)

II.Zug/F kam mit -2- E-Gruppen über das Veranstaltungsgelände auf
die östliche Rampe. Hier stellte er zum einen fest, dass oberhalb der
östlichen Rampe entstandene Besucherstau weiterhin bestand. (Anmk.:

EA/F / Hunderschaftsführer: Kein Kontakt zur Einsatzleitung/Zentrale? Die

haben das live im "Fernsehen" gesehen...)

Zum anderen wurde deutlich, dass eine Vielzahl von Personen das Veran-
staltungsbereich in Richtung Karl-Lehr-Str./Tunnel verlassen wollte. (Anmk.:

EA/F / Hundertschaftsführer: Prognose nicht gelesen ? Nicht erhalten ?

Sonst wäre das doch sowieso klar gewesen - in 5-facher Anzahl der realen

Abgänger)

Um zu verhindern, dass dieser Personenstrom auf die Sperrmaßnahmen in
den Tunnelabschnitten auflief, schlug er dem 15.BPH/F vor, eine Poli-
zeikette im unteren Bereich der östlichen Rampe einzuziehen, um die-
se Menschen aufzuhalten. (Anmk.: Was fehlt da ? Genau: Der Wieder-

auflösungsplan und die Überdenkung der Standortfrage)
Der 15.BPH/F stimmte dem Vorschlag zu und informierte den EA/F
Schutz der Veranstaltung über die Maßnahme. Dieser stimmte der
Maßnahme ebenfalls zu. (Anmk.: Was fehlt auch hier ?...)
Der Auftrag wurde von dem II. Zug der 15.BPH, unter späterem Hinzu-
ziehen (Anmk.: Wirklich?) der vorher im Raumschutzbereich „östliche Umfahrung“

verbliebenen E-Gruppe, wahrgenommen.

 

Man sieht: Nichtmal im Nachhinein (Polizeibericht) ist die Polizei dazu in der Lage,

einen plausiblen Wiederauflösungsplan zu erfinden/erwähnen oder die Standortfrage der PK3

vernünftig zu begründen. Ebenso ist es wahrscheinlich zuviel verlangt, den Grund für

die Aufgabe der Schleusen und das Abziehen der 15. BPH von den Schleusen plausibel

zu erklären - sowie darzulegen, warum die Schleusen nicht weiterhin im Sinne der laufenden Polizeimaßnahmen (nur öffnen bei Lebensgefahr) überwacht wurden.

 

Der Polizeibericht versucht uns zwar vorzugaukeln, das die Führung (bis hin zur Einsatzleitung) alles im Griff hatte, aber m.E. wirkt das sehr fadenscheinig und im Nachhinein passend dazu konstruiert.

Bei mir entsteht so langsam der Eindruck, dass ab 16:00 Uhr nur noch die 3 Zugführer bzw. die 3 Ketten im "Geschäft" und auf sich alleine gestellt waren. Völlig führungslos und verständlicherweise auch ohne Übersicht der Gesamtsituation. Genauso würde sich für mich der komplette Kontrollverlust, das Chaos und die Katastrophenentwicklung ab 16:25 erklären. Und demjenigen, der nur noch die selbe Perspektive vor der Nase hat, wie die eingesperrten Besucher, dem kann man wohl kaum einen Vorwurf machen...

 

Fazit: Wenn man bei der LOPA von "operativer" Polizei-Schuld spricht, darf man m.E. allenfalls beim Hundertschaftsführer und dem EA/F anfagen und sich dann Richtung des gesamtverantwortlichen Polizeiführers / der Einsatzleitung vorarbeiten.  (vorbehaltlich mögliche Einzelfälle: z.B. angebliche Anweisungen an der Schleuse West von Mr. X)

 

PS: Früher hatten wir ja mal ein eigenes Blog - aber die Kosten dort werden einfach zu hoch... :-)

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