Kräftiger Anraunzer vom OLG

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 22.12.2011

 

Das Amtsgericht – Familiengericht – in Saarbrücken wird angewiesen, das Verfahren 54 F 98/11 UG mit äußerster Beschleunigung weiterzuführen.“

So lautet die ungewöhnliche Formel des Beschlusses des OLG Saarbrücken vom 10.10.2011 (6 WF 104/11).

Was war geschehen?

Ein Vater hatte am 21.03.2011 einen Antrag in einem Umgangsrechtsverfahren gestellt.

Das Amtsgericht forderte einen Kostenvorschuss vom antragstellenden Vater an - und tat im Übrigen nichts.

Schließlich erhob der Vater Untätigkeitsbeschwerde und bekam vom OLG Recht.

Zwar sei eine solche Beschwerde, mit dem die Untätigkeit des Erstgerichts gerügt wird, gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Anerkanntermaßen sei es aber gleichwohl als statthaftes Rechtsmittel für den Fall der Verweigerung oder unzumutbaren Verzögerung einer Rechtsgewährung anzusehen. Es entspreche einem Gebot der Rechtsstaatlichkeit, in derartigen Fällen die Beschwerde zu eröffnen

Die Handhabung der Angelegenheit durch das AG verletzte den Vater bei den gegebenen Umständen in seinem Justizgewährungsanspruch.

Nach § 12 FamGKG darf die Tätigkeit des Familiengerichts von der Sicherstellung oder Zahlung der Kosten nicht in weiterem Umfang abhängig gemacht werden, als dies im FamFG, in der ZPO und im FamGKG vorgesehen ist. Das Familiengericht ist aktenersichtlich der Auffassung, der Vater sei im vorliegenden Verfahren Antragskostenschuldner nach §§ 14 Abs. 3, 21 FamGKG und habe auf dieser Grundlage Vorschuss zu leisten. Es hat aber verkannt, dass § 21 S. 1 FamGKG nicht einschlägig ist. Denn das vorliegende Umgangsverfahren ist kein Verfahren, das im Sinne dieser Vorschrift „nur durch Antrag eingeleitet werden“ kann. Die mögliche Art der Verfahrenseinleitung ist nach materiellem Recht zu bestimmen und ein Umgangsverfahren nach § 1684 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BGB kann auch von Amts wegen eingeleitet werden (hierzu Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, 4. Aufl. 2011, § 2, Rz. 163 m.w.N.; BT-Drucks. 16/6308, S. 237), so dass eine Vorschussanforderung, nachdem auch eine andere Rechtsgrundlage hierfür nicht ersichtlich ist, nicht in Betracht kommt

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6 Kommentare

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Man darf gespannt sein, wie sich die Gerichtspraxis zu der seit 3.12. möglichen Verzögerungsrüge entwickelt, 17. Titel Gerichtsverfassungsgesetz. Damit gibt es erstmalig eine Regelung hinsichtlich Beschwerden bei Untätigkeit des Gerichts.

 

Nach sieben Jahren Diskussionen, Planungen und Entwürfen sollte das Gesetz ja solide und wirksam sein.

 

@ #2

na ja, immerhin  gibt es jetzt auch eine Rechtsgrundlage für den "Anraunzer" und die Aussicht darauf dürfte auf einige Richterpsychen doch motivierende Wirkung haben. 

0

"ein Umgangsverfahren nach § 1684 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BGB kann auch von Amts wegen eingeleitet werden"

 

Das ist sicherlich eine gesetzliche Vorgabe, die dem Richter beim Amtsgericht bekannt hätte sein sollen.

 

Immerhin sollte die "staatliche Ordnung" - zu der auch der gute Richter gehört - wissen, dass es zu ihrem Auftrag gehört, die Familie - zu der auch die Beziehung des Kindes zum Vater gehört - zu schützen.

 

Was bleibt dann eigentlich von der "staatlichen Ordnung" noch übrig, wenn ihr solche elementare Kenntnisse fehlen?

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Im Ausgangsposting wird der folgende Kommentar zitiert:

"Denn das vorliegende Umgangsverfahren ist kein Verfahren, das im Sinne dieser Vorschrift „nur durch Antrag eingeleitet werden“ kann. Die mögliche Art der Verfahrenseinleitung ist nach materiellem Recht zu bestimmen und ein Umgangsverfahren nach § 1684 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BGB kann auch von Amts wegen eingeleitet werden (hierzu Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, 4. Aufl. 2011, § 2, Rz. 163 m.w.N.; BT-Drucks. 16/6308, S. 237)"

 

Diese Kommentar ist aus meiner Sicht sachlich/rechtlich falsch, und zwar an der Stelle des Wortes 'kann':

"... ein Umgangsverfahren nach § 1684 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BGB kann auch von Amts wegen eingeleitet werden ..."

 

Sachlich/rechtlich richtig ist:

"In diesem Zusammenhang ist an den Grundsatz der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu erinnern, dass alle Verfahren Amtsverfahren sind, es sei denn, das materielle (z.B. § 1671 BGB) oder das Verfahrensrecht (z.B. § 13 GBO) schreiben ein Antragserfordernis im Sinne von § 23 FamFG vor (Keidel- Sternal, § 24 FamFG, Rz. 3). Der immer wieder von der Kindesmutter vorgebrachte "Antrag" stellt sich damit als eine unverbindliche Anregung an das Familiengericht dar, ein von ihm festzulegendes Verfahren aus bestimmtem Anlass einzuleiten." Quelle: aus OLG Frankfurt vom 18.02.2011 (4 WF 5/11)

URL: http://www.hefam.de/urteile/4WF511.html

 

Somit ist festzuhalten, dass ein Umgangsverfahren nach § 1684 BGB immer(!) von Amts wegen eingeleitet wird.

Es ist dabei völlig unerheblich ob irgendjemand ein Dokument an das Gericht schickt, dass als Antrag formuliert oder bezeichnet ist, denn es gibt kraft Gesetz hier keinen Antrag.

 

 

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