Piratenpartei fordert Freigabe aller Drogen für Erwachsene

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 05.12.2011

Mehrere Medien berichten übereinstimmend, die Piratenpartei habe auf ihrem Parteitag in Offenbach beschlossen, alle Drogen für Erwachsene zu legalisieren (siehe z.B. hier).

 

In der Presseerklärung der Piratenpartei heißt es insoweit eher nichtssagend (Quelle: www.piratenpartei.de):

 

"Im Umgang mit Drogen positionierte sich die Partei liberal, aber verantwortungsbewusst und zukunftsweisend. Repressionspolitik betrachtet sie als gescheitert. Sie geht stattdessen vom mündigen, freien Bürger aus. Statt Konsumenten zu kriminalisieren sollen Erwerbsstrukturen kontrolliert werden. Prävention und Aufklärung sollte sachlich und auf Basis wissenschaftlicher Fakten erfolgen. Die Piratenpartei respektiert die Entscheidung von Menschen für den Konsum. Sie spricht sich aber auch für sinnvolle und notwendige Gesetze zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie einen flächendeckenden Ausbau von Hilfseinrichtungen aus.

»Nachdem Portugal 2001 den Drogenkonsum entkriminalisiert und stattdessen vermehrt Hilfsprogramme angeboten hat, ging gemäß einer Studie der WHO von 2006 der Erstkonsum unter Jugendlichen zurück und die Beschaffungskriminalität sank«, erklärt Andreas Rohde von der Arbeitsgemeinschaft Drogen der Piratenpartei Deutschland. »Auch der Konsum insgesamt ist gesunken. Portugal hat uns für Deutschland einen klaren Weg im Umgang mit Drogenkonsum aufgezeigt. Deshalb ist die Aufnahme in das Programm der Piratenpartei Deutschland ein Meilenstein in der deutschen Drogenpolitik.«" 

 

Die Diskussion über die Legalisierung von Cannabis ist eine Sache (s. nur den Blogbeitrag "Legalisierung von Cannabis - die Meinung der Bundeskanzlerin auf YouTube" und die dortigen Kommentare). Aber gleich die Legalisierung aller Betäubungsmittel, einschließlich Heroin und Kokain?

 

Mich würde interessieren, was die Blogleser darüber denken?

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66 Kommentare

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Joern.Patzak schrieb:
@ Alkoholiker Hier mein letzter Kommentar zu dem Thema. Ich bin gerne Blogautor. Mein Ziel ist es, die Blogleser über aktuelle Themen zu informieren. Ich sehe es aber nicht als meine Lebensaufgabe an, andere von meinen Ansichten zu überzeugen. Das scheint bei dem ein oder anderen Kommentator doch anders zu sein. Es ufert jetzt doch etwas aus und bringt uns in der Sache nicht weiter, dass wir uns hier über Studien zu MDMA unterhalten. Hier fehlen mir tatsächlich auch wesentliche praktische Erfahrungen, da ich nur recht wenige Beschuldigte in meiner Karriere erlebt habe, die ausschließlich Ecstasy konsumiert haben. Ich habe aber unzählige Cannabis-, Amphetamin-, Kokain- und/oder Heroinkonsumenten gesehen. Ich muss kein Mediziner sein, um zu erkennen, dass sich viele dieser Leute das Leben zerstört haben, weil sie sich körperlich und psychisch zu Grunde gerichtet haben. Wenn Naturwissenschaftler nun das Gegenteil behaupten, befremdet mich das sehr. Eine Legalisierungsdiskussion sollte nicht an einer vermeintlichen Harmlosigkeit der Betäubungsmittel fest gemacht werden. Es ist vielmehr die Frage, ob man sich dafür entscheidet, dass sich die Leute selbst schädigen dürfen. Sollte das irgendwann der Fall sein, würde ich es nicht für gut heißen, aber akzeptieren. Ich halte nämlich viel von Demokratie...

 

Für einen Juristen der in dieser Thematik tätig ist sind Sie erschreckend schlecht informiert. Was die Wissenschaft dazu sagt ist einfach die Wahrheit ohne die übliche Verteufelung.

Was die Menschen so fertig macht ist, dass die psychoaktiven Stoffe, die sie konsumieren, illegal sind und sie deshalb in einen kriminellen Sumpf abrutschen und der Körper von Verunreinigungen und Streckstoffen geschädigt wird.

Selbst exzessive Konsumenten wären nicht schlimmer (und oft besser, da die meisten anderen Drogen weniger Schaden im Körper anrichten) dran als jeder normale Alkoholiker.

 

Schade dass diese Diskussion schon so alt ist.

 

Ja, Ecstasy (MDMA) steht im Verdacht, neurotoxisch zu wirken. Bei Alkohol ist dies längst nachgewiesen ...

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Antwort auf #45

Ich finde es schade, dass Sie aussteigen wollen, auch wenn ich vertehe warum: Sie Argumentieren völlig aus dem Zusammenhang.

Erst sagen sie:

>>Es ufert jetzt doch etwas aus und bringt uns in der Sache nicht weiter, dass wir uns hier über Studien zu MDMA unterhalten. Hier fehlen mir tatsächlich auch wesentliche praktische Erfahrungen, da ich nur recht wenige Beschuldigte in meiner Karriere erlebt habe, die ausschließlich Ecstasy konsumiert haben.

Dabei waren Sie derjenige, der die Studien hervorgezaubert hat. Nur steht da leider nicht das drin, was Sie glauben, was drin zu stehen hat.

Dann argumentieren sie weiter:

>>Ich habe aber unzählige Cannabis-, Amphetamin-, Kokain- und/oder Heroinkonsumenten gesehen. Ich muss kein Mediziner sein, um zu erkennen, dass sich viele dieser Leute das Leben zerstört haben, weil sie sich körperlich und psychisch zu Grunde gerichtet haben. Wenn Naturwissenschaftler nun das Gegenteil behaupten, befremdet mich das sehr.

Das Dumme ist nur, die von Ihnen zitierte Studie bezieht sich gar nicht auf die Konsumenten von THC-Produkten oder Opiaten.
Ich habe an keiner Stelle behauptet, dass gerade Opiate ungefährlich seien - nur aus wiss. Sicht der Konsum von Alkohol eben genauso gefährlich (wegen der bereits oben erwähnten Bildung von Morphinen bei der Verstoffwechselung).

Mit Verlaub, Ihre Argumentation ist damit schlicht unredlich. Wobei ich mich frage warum?!

Haben wir es hier mit dem Galileo-Effekt zu tun, dass man lieber die Einsicht in das Offensichtliche meidet? Weil man der Ideologie mehr verbunden ist als der Erkenntnis? Das ist ist allerdings hochgradig unwissenschaftlich - und vermutlich eine der Ursachen, warum auch im juristischen Bereich so viel im Argen liegt in unserem Land.

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Immer wieder kommen Sie mit Ihren Erfahrungen... die offentsichtlich nur einen kleinen Teil der statistischen Gesamtmasse ausmachen. Und jetzt, wo Ihnen die Argumente ausgehen, wollen Sie aus der Diskussion aussteigen - anstatt mal Ihre eigene Meinung zu überprüfen. Bemühen Sie sich doch mal, sich neues, neutrales(!) Wissen anzueignen.

Ich zitiere mal http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Pr... - basierend auf Statistiken Ihres Arbeitgebers. Ist zwar auch schon älter, aber auch neue Statistken reflektieren ein ähnliches Bild:

 

"Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis vorläufiger Ergebnisse mitteilt, wurden 2006 insgesamt 19 500 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 10 und 20 Jahren aufgrund akuten Alkoholmissbrauchs ("akute Alkoholintoxikation") stationär im Krankenhaus behandelt. Dies sind 0,4% mehr als im Vorjahr. Die Zahl bleibt somit auf einem hohen Niveau und liegt mehr als doppelt so hoch wie im Jahr 2000 (+ 105%).
 
Die größte Gruppe bildeten mit 10 500 Patienten (54%) männliche Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 20 Jahren.

Die Anzahl der Patientinnen und Patienten im Alter zwischen 10 und 15 Jahren ging um 4% auf 3 300 zurück. Allerdings wurden im Vergleich zum Jahr 2000 damit immer noch 51% mehr Patientinnen und Patienten dieser Altersgruppe im Krankenhaus behandelt."

 

Und ich will nicht Alkohol verteufeln - aber die Doppelmoral des Staates unterstreichen (in Bezug auf Ihre Aussage "18 Berichte" aller Altersgruppen in Bezug auf MDMA). 18 Berichte sind viel schlimmer als 3.300 Kinder(!!!)???

 

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Sehr geehrter Herr Patzak

Ich finde es sehr komisch das sie nur auf Beiträge antworten, auf die sie ein vermeidliches Gegenargument haben.Wie sieht es denn mit dem Beitrag von Luca aus, dass die Märkte nur nicht getrennt sind, da Cannabis in den Niederlanden nur geduldet und nicht legalisiert ist?

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Sehr geehrter Herr Patzak,

Joern.Patzak schrieb:

Die Bundesregierung schreibt hierzu in BT-Drs. 17/7706, S. 4:

"Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Betäubungsmittelgesetz unter anderem den
Zweck, die menschliche Gesundheit sowohl des Einzelnen wie der Bevölkerung
im Ganzen vor den von Betäubungsmitteln ausgehenden Gefahren zu
schützen.
Zur Erreichung dieses Zwecks kommt dem Betäubungsmittelgesetz
und seinen Strafvorschriften auch eine generalpräventive Wirkung zu. Aus
Sicht der Bundesregierung wäre es verfehlt, neue psychoaktive Substanzen
hiervon auszunehmen.

Hier trifft der offene Brief an die Bundeskanzlerin Frau Merkel von Dr. med. Franjo Grotenhermen den Nagel auf den Kopf.

Quote:

Der rechtliche Status einer Droge beruht auf einer politischen Entscheidung. Ob der Cannabisbesitz für den Eigenkonsum wie in Spanien toleriert oder wie in Deutschland strafrechtlich verfolgt wird, entscheidet der Gesetzgeber.

Ihr Wunsch, den rechtlichen Status von Cannabis in Deutschland mit medizinischen Argumenten oder gar Erfordernissen legitimieren zu wollen, ist verständlich, da Gesetzgebung rationalen Gesichtspunkten folgen sollte, muss aber beim Cannabisverbot fehlgehen. Dies allein schon deshalb, weil alle vergleichenden Untersuchungen, die in den vergangenen 15 Jahren von wissenschaftlichen Institutionen veröffentlicht wurden, zu dem Ergebnis gelangt sind, dass die individuellen und gesellschaftlichen Gefahren des von ihnen als akzeptabel bezeichneten Alkoholkonsums größer sind als die des Cannabiskonsums (Hall et al. 1999, Nutt et al. 2007).

Wie Sie wissen, dürfen einige Patienten in Deutschland
Cannabisprodukte und den Cannabiswirkstoff Dronabinol zu
medizinischen Zwecken verwenden. Dies ist auch unbedingt notwendig, und diese Möglichkeiten müssen zügig weiter verbessert werden. Aus den Erfahrungen mit diesen Patienten aus Deutschland und anderen Ländern sowie aus Untersuchungen mit anderen Cannabiskonsumenten wissen wir, dass bei einem mäßig starken Konsum Abhängigkeit nur bei einem kleinen Teil der Betroffenen auftritt (Anthony et al. 1994, Perkonnig et al. 1999). Ihre Behauptung eines hohen Abhängigkeitspotenzials ist daher unzutreffend. Zudem ist eine einmal eingetretene Alkoholabhängigkeit hinsichtlich ihrer körperlichen, psychischen und sozialen Auswirkungen erheblich schwerwiegender als eine Cannabisabhängigkeit. Dass die Cannabisprohibition vielfältige individuelle und gesellschaftliche Schäden verursacht, von gesundheitlichen Schäden durch Streckmittel bis zur Unterstützung mafiöser Strukturen, ist allgemein bekannt. Ein möglicher Nutzen des Cannabisverbots, der auf der Hoffnung beziehungsweise Behauptung beruht, damit das Ausmaß des Konsums, insbesondere bei Jugendlichen, zu reduzieren, ist jedoch nicht bewiesen. Im Gegenteil, die in den vergangenen Jahren zu diesem Thema durchgeführten wissenschaftlichen Studien sind sämtlich zu dem Ergebnis gelangt, dass die Prohibition, also das Cannabisverbot, wenn überhaupt nur einen geringen Einfluss auf die Zahl der Konsumenten und die Intensität des Konsums hat (Reinarman et al. 2004, Simons-Morton et al. 2010).

(über google news gefunden - http://hanfjournal.de/hajo-website/artikel/2011/139_dezember/s30_1211_br...)

Legal Hights sind unkalkulierbare chemische Zeitbomben. Dabei verspechen Spice oder sWeed offenkundig wenigstens zwei Unwahrheiten: Cannabis-Wirkung ohne Konflikt mit dem Gesetz, also genau die Bedürfnisse der Konsumenten. Darum wird Spice & Co gekauft.

Joern.Patzak schrieb:

...Es ist vielmehr die Frage, ob man sich dafür entscheidet, dass sich die Leute selbst schädigen dürfen. ...

Diese Frage ist längst beanwortet! Die Frage lautet nicht mehr Ob man, sondern Wie man darf! Alle Arten von Bodymodifications und Selbstverstümmelungen, Zucker, Fett, Coffein, Nikotin, Alkohol ... und vielleicht irgendwann auch Cannabis

Aufklärung ist ja willkommen und erwünscht, macht aber nur Sinn, wenn Ehrlichkeit und Konstruktivität vorausgesetzt werden können. Und vielleicht muß man sich dabei auch von alten Dogmen verabschieden.

"Wi**** macht blind" ist ja auch nicht mehr zeitgemäß.

Ich will ja nur mal ergänzen: Ganz sicher darf man sich selbst schädigen - deshalb ist der Konsum von Drogen ja auch nicht verboten. Und etwas anderes ist mit einem freiheitlichen Staat auch nicht zu vereinbaren.

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Quote:
Liebe Leserinnen und Leser,

seit der letzten Ausgabe sind fünf Monate vergangen, wofür wir um Nachsicht bitten. Aber keine Bange: Der Umfang ist nur um ein Geringes größer als gewohnt, da überholte Meldungen und Texte gestrichen wurden. Die pubmed Materialsammlungen entfallen, da sie zu viel Aufwand erfordern.

 

http://www.dgsuchtmedizin.de/newsletter/fruehere-ausgaben/dgs-info-ausgabe-23-september-2008-januar-2009/

Die Erklärung für schwindendes Fachwissen der deutschen Drogen"experten"?

Möglicherweise war meine Formulierung (wohlgemerkt ohne Vulgärvokabulariat!) zu scharf geraten - oder warum wurde der Kommentar gelöscht ?
Ich versuchs nochmal mit leichter Korrektur:

Meine Fragen gehen dabei an Herrn Patzak in seiner Funktion als Vertreter einer repressiven Drogenpolitik, Chefankläger und Spezialist im Bereich BTMG.

1. Können Sie an dieser Stelle unabhängig argumentieren, da eine Legalisierung aller Drogen Sie vermutlich den Job kosten würde?
Anmerkung dazu:
Zum einen ist klar, dass Sie als Beamter nicht in die Arbeitslosigkeit abgleiten würden
- hier gemeint ist der Hinweis auf die Verkettung in Bezug auf 'Wes Brot ich ess, des Lied ich sing' und ganz allgemein, dass aus dem Kontext
Drogenkriminalität unter anderem auch der 'Wirtschaftszweig Bekämpferfront' hervorgegangen ist.
Ich spreche hier von 'Wirtschaftszweig' weil man Angesichts der Strafmaßnahmen in diesem Bereich bei einem Wegfall deutliche finanzielle Einbußen und Personalabbau verzeichnen müsste etc

2. Zur herrschenden Doppelmoral nach lesen des folgenden Artikels:
http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/rheinlandpfalz/rheinlandpfa...
Zitat:
'Früher hat man gesagt, die Wirkung von Cannabis sei mit der eines Glases Bier zu vergleichen. Heute bewegen wir uns bei dem Hochleistungscannabis bei einem Vergleich mit einer Flasche Schnaps'
Führt der Umkehrschluss nicht unbedingt zu der Frage:
Warum kann ich denn das Bier und die Flasche Schnaps frei erwerben ?

3. Zu Ihrer Rolle als Experte:
Warum wird hier ein Coffeeshop Betreiber in den Niederlanden zitiert und kontextfrei über das Regionalblatt im Volk verbreitet?
- sicherlich wird jeder Coffeeshopler in dieser Form lax die 'Qualität' seiner Drogen anpreisen im Sinne von
'Gelobt sei was maximal reinknallt'
und dazu dann der Vergleich mit der Flasche Schnaps als Superlative - die Maxime unter Drogenusern lässt tief blicken!
Diese Maxime wurde übrigens in 50 Jahren konservativer Drogenpolitik in keinster Weise erschüttert
- hier also wohl höchste Zeit für einen radikalen Gesinnungswechsel, wie zb von den Piraten gefordert.
Zur qualitativen Beurteilung dieser Aussage führt dann sicherlich nur der Selbstversuch:
Nehmen Sie (natürlich unter ärztlicher Kontrolle) in gesetzten Abständen die verschiedenen Drogen in praxisrelevanten Mengen ein.
Danach verfügen Sie über die Befähigung zur subjektiven Beurteilung.
Als weitere Komponente dann die Meinung zu dem jeweiligen Zustand aus Sicht der Ärzte.
Für die Rolle des Spezialisten in diesem Bereich ein wohl unabdingbarer Schritt...

5

Q&A schrieb:

'Früher hat man gesagt, die Wirkung von Cannabis sei mit der eines Glases Bier zu vergleichen. Heute bewegen wir uns bei dem Hochleistungscannabis bei einem Vergleich mit einer Flasche Schnaps'
Führt der Umkehrschluss nicht unbedingt zu der Frage:
Warum kann ich denn das Bier und die Flasche Schnaps frei erwerben ?

Ich stelle mir vielmehr die Frage: Warum sollte ich eine Flasche Schnaps austrinken, wenn ich Durst auf ein Glas Bier habe? Nur weil sie auf den Tisch gestellt wurde?

Ein Konsument von Alkohol wird auch sofort wissen, was er da vor sich hat. Er kennt den Unterschied zwischen Bier und Schnaps.  Und bei einem Cannabis-Konsumenten ist das nicht großartig anders.

Cannabis kann recht gut dosiert werden, anders als z.B. Tabletten bei denen man nicht weiß was und wieviel drin ist, und die man nur schlucken kann oder auch nicht.

"Nach so einem Joint kannst du sechs Stunden nicht mehr gehen" ist natürlich reißerisches Imponiergehabe eines Verkäufers, gepaart mit Besitzerstolz. Der Wahrheitsgehalt solcher Aussagen darf stets angezweifelt werden.

Herr Patzak adelt allerdings solche Sätze indem er ihnen den Anstrich eines wissenschaftlichen Faktums verpasst, und das ist reiner Populismus.

Ich denke, eine neue Drogenpolitik wäre längst überfällig.
Sie sollten als Staatsanwalt bedenken, dass es ausser dem Strafrecht auch
andere Gesetze gibt, mit denen Drogen reguliert werden können und
reguliert werden.

Viele Drogen sind übrigens ehemalige Arzneimittel. Selbst Heroin wurde
(übrigens zusammen mit Aspirin) vor ca. 100 Jahren als Medikament zum
Patent angemeldet. Ich denke, mittels einer kontrollierten Abgabe einiger
Drogen könnten diverse Probleme der Beschaffungskriminalität gelöst werden.

Besonders absurd sind die jüngsten Bestrebungen deutscher Polizeibehörden um das Lösungsmittel GBL, welches als umweltfreundliches Lösungsmittel sehr verbreitet ist. Bloss weil mittlerweile Aktionismus betreibende deutsche Politiker erfahren haben, dass man sich damit einen Rausch antrinken könnte und wegen der fragwürdigen Date-Rape-Behauptungen aus den USA werden Verwender dieses Lösungsmittels unter völlig unerträglichen Generalverdacht gestellt, obwohl man analoge Unterstellungen zum Beispiel gegen Käufer diverser Schlafmittel ebenso richten könnte und nichtmal erwiesen ist, dass die
angeblichen Opfer tatsächlich diesen Stoff verabreicht bekamen.
Ich denke, die Anwendung des Strafrechts sollte frei von einer Einflussnahme durch politischen Aktionismus sein.

Die inzwischen immer absurdere Blüten treibenden Versuche von Polizeibehörden, durch eine Kontrolle aller möglicher angeblicher Ausgangs-
oder Hilfsstoffe den Drogenmarkt austrocknen zu wollen, schädigt in
immer extremerer Weise Unternehmen, die legitime Verwender dieser Stoffe
sind! Der volkswirtschaftliche Schaden durch diese Übertreibungen,
hinter jedem Lösungsmittel oder jedem Reduktionsmittel oder Oxidationsmittel selbst in kleinsten Mengen sofort kriminellen Missbrauch zu vermuten und Unternehmen beim Chemikalienbezug zu behindern, dürfte mindestens im zweistelligen Milliardenbereich liegen. Man darf hier nicht nur die direkten
Auswirkungen für die Händler berücksichtigen, deren Konsequenzen die EU
bei den neusten Überwachungsplänen auf einem parallelen Gebiet auf
alleine über 750 Mio. Euro schätzt. Vielmehr muss man die gesamten
volkswirtschaftlichen Konsequenzen betrachten.
So kann z.B. bereits eine simple Verzögerung eines Liefervorgangs zu Schäden führen, wenn es etwa um Forschung und die Anmeldung von
Patenten für neue Erfindungen geht.
Wer zuerst kommt, dem stehen nach dem internationalen Patentrecht die
weltweiten Patentrechte zu! Dabei kommt es auf jeden Tag an.
In einem mir vorliegenden Fall war ein Zeitunterschied von nur 2 Tagen
zwischen einer Veröffentlichung chinesischer Forscher in einer Fachzeitschrift
und dem Zeitpunkt einer Anmeldung patentrechtlich entscheidend.

Der Rest der Welt wartet nämlich nicht auf deutsche Unternehmen und deren
Probleme, zum Beispiel ein Fläschchen GBL als Lösungsmittel oder ehemalige Haushalts- und Chemiekasten-Chemikalien wie Kaliumpermanganat als Oxidationsmittel zu erwerben. Durch die Versuche, durch eine Ausweitung
der Restriktionen auf immer mehr und immer neue Stoffe und Stoffgruppen
jeglichen (oft rein hypothetischen) Missbrauch verhindern zu wollen, werden immer grössere Schwierigkeiten verursacht und es sind immer mehr
Forschungsgebiete betroffen!

All diese Schwierigkeiten wären vermeidbar, wenn man Drogen legalisierte,
um Kriminellen den Anreiz zu nehmen, damit noch Handel zu treiben.

Wissenschaftlich gesehen verursacht wohl Rauchen mehr Gesundheitsschäden oder Todesopfer durch Lungenkrebs als der Konsum irgendwelcher Drogen.
Laut Literatur soll übrigens Tabak eine ähnliche Wirkung wie Cannabis
entfalten, wenn er schneller abbrennt. Es ist deshalb wissenschaftlich gesehen kaum zu rechtfertigen, Drogen nur deshalb zu verteufeln, weil die Inhaltsstoffe
nicht die historisch in grossem Umfang in Europa konsumierten Drogeninhaltsstoffe Ethanol oder Nikotin sind.
Im Falle des obigen GBL ist das besonders absurd, denn der hieraus herstellbare Wirkstoff und eng verwandte Stoffe sind übrigens sogar ganz natürlich im menschlichen Körper vorhanden. Mit ähnlichen Argumenten
könnte man auch Schokolade verbieten.

5

Um mal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Angesichts der Presseerklärung der Piratenpartei

Repressionspolitik betrachtet sie als gescheitert. - wie die unabhängige Fachwelt auch, für den Blick auf den Gesamtzusammenhang genügt der gesunde Menschenverstand und ein Blick nach Kolumbien, Nordmexiko und Afghanistan.

Sie geht stattdessen vom mündigen, freien Bürger aus. - wie jede andere Partei wohl auch und das Grundgesetz ebenso.

Statt Konsumenten zu kriminalisieren sollen Erwerbsstrukturen kontrolliert werden. - das ist auch heute schon ansatzweise in der Drogenpolitik zu erkennen, kann also nicht ganz falsch sein

Prävention und Aufklärung sollte sachlich und auf Basis wissenschaftlicher Fakten erfolgen. - eine Minimalforderung auch aus der Wissenschaftsgemeinde, gegen die nur ideologisch Verblendete etwas haben können.

Die Piratenpartei respektiert die Entscheidung von Menschen für den Konsum. - so wie es der Gesetzgeber bereits bei nicht verbotenen, aber gefährlichen Drogen wie Alkohol und Tabak tut und bei anderen Formen der Selbstgefährdung auch (sogar bei solchen, die eine starke Fremdgefährdung aufweisen wie den Straßenverkehr).

Sie spricht sich aber auch für sinnvolle und notwendige Gesetze zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie einen flächendeckenden Ausbau von Hilfseinrichtungen aus. - diese Forderung steht wohl so oder ähnlich in allen Parteiprogrammen (und ist unter "Sonntagsreden" einzuordnen, da der zweite Halbsatz Geld kostet - strengere, unsinnige Gesetze aber immer tolle Hardliner-Schlagzeilen in der Boulevardpresse bringen)

frage ich mich, wie vor diesem Hintergrund die folgende Behauptung aufgestellt werden kann:

Joern.Patzak schrieb:
Piratenpartei fordert Freigabe aller Drogen für Erwachsene
Dies erschließt sich mir auch nach längerem Nachdenken nicht. Legalisierung bedeutet noch lange nicht komplette Freigabe, siehe Alkohol und Tabak.

Vielleicht lässt sich der Autor ja doch noch dazu herab zu erläutern, wie er zu dieser Aussage gekommen ist?

Also irgendwie bin ich mit dem bisherigen Diskussionsverlauf nicht wirklich zufrieden. Meiner Ansicht nach äußern sich in diesem blog viel zu viele sog. Experten, die anscheinend von der Realität keine Ahnung haben. Es gibt sicherlich in ganz Europa keine einzige Disco, in der die Besucher nicht alle erdenklichen oben aufgeführten Drogen kaufen und konsumieren können. Die deutsche repressive Drogenpolitik ist aufgrund der Realitäten in jeder Hinsicht als gescheitert zu bezeichnen und daher ist der Ansatz der Piratenpartei, die Drogenpolitik zu überdenken und den aktuellen Geschehnissen und Bedürfnissen anzupassen nur zu begrüßen. Auch ich plädiere für eine Legalisierung bzw. kontrollierte Abgabe aller in diesem blog genannten Substanzen. Der einzige Unterschied zum jetzigen Zustand wird nämlich der sein, dass das Partyvolk zum ziehen nicht mehr aufs Klo geht, so dern die Lines zukünftig auf der Theke präpariert werden können. Auch wenn der gemeinsame versteckte Gang zum Klo zwecks Substanzaufnahme eine durchaus soziale Komponente hat, ist ei Überdenken dringend erforderlich. Für seinen Rausch und die Euphorie ist schließlich jeder genauso verantwortlich wie für seine Gesundheit. Die Entscheidung für oder gegen Drogen darf jeder Erwachsene selbst treffen!
Abgesehen von den beschriebenen realen Zuständen halte ich es für geradezu absurd, wenn sich Blogger zu diesem Thema äußern, die drogenbedingte Rauschzustände nur aus der Theorie kennen.

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Gast schrieb:
halte ich es für geradezu absurd, wenn sich Blogger zu diesem Thema äußern, die drogenbedingte Rauschzustände nur aus der Theorie kennen.
ersetzen Sie einfach mal "drogenbedingte Rauschzustände" durch "Morde" oder "Vergewaltigungen", dann erkennen Sie vielleicht selbst, wie absurd dieser Satz ist.

Absurd ist eher das Eingreifen durch körperliche Gewalt und Sexuelle Nötigungen eines anderen in das Persönlichkeitsrecht und Unversertheitsrecht einer Person sowie das Auslöschen eines Menschenlebens mit der "Selbstschädigung" durch Psychoaktive Substanzen gleichzustellen!

 

Aber gut das mag jeder sehen wie er möchte.

 

mfg.

 

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Wie bei jeder Drogendiskussion werden hier teils sehr einseitige Argumente aufgegriffen. Ich denke, daß Drogen schädlich sein können ist unbestritten, ebenso, daß es Unterschiede in der Gefährlichkeit gibt. Eine Anpassung der Gesetze an die jeweilige wissenschaftliche Erkenntnis wäre da viel konstruktiver als sinnlose Verteufelung oder radikaler Liberalismus.

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Diese Drogendiskussion gibt es bei jeder linken Partei am Anfang und jede von ihnen wandert in die Mitte, wenn sie "seriöser" wird. Ich würde auf diese Debatte nicht allzu viel achten. Radikaler Liberalismus ist in Deutschland definitiv nicht gesellschaftlichfähig. Deshalb bleibt die Partei auch nur eine Protest- und Internetpartei und die FDP kommt nie langfristig über 10%

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