BGH legt DENIC erstmals Löschungspflichten für .de-Domains auf

von Fabian Reinholz, veröffentlicht am 31.10.2011

Nun ist es soweit. Die DENIC hat ihre Unantastbarkeit verloren. Der BGH sieht die DENIC in einem eindeutigen Fall einer rechtsverletzenden Domainregistrierung zur Löschung der Domains verpflichtet. Es geht um Domains mit staatlichen Bezeichnungen.

Es sind die Zeiten vorbei, in denen die DENIC von der Rechtsprechung in Watte gepackt wurde. Die DENIC ist die zentrale Vergabestelle für alle Domains mit der Endung .de. Es wurde immer wieder erfolglos versucht, die DENIC für Domains in die Verantwortung zu ziehen, die Namens- oder Kennzeichenrechte Dritter verletzten. In einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 2001 (Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 251/99 - ambiente.de) hatte der BGH klar gestellt, dass die DENIC für solche Domains nicht hafte, da sie die registrierten Domains nicht auf Rechtsverletzungen prüfen müsse. Für die DENIC sprach, dass sie eine Non-Profit-Organisation ist, d.h. die Vergabe der Domains wie eine Verwaltungsaufgabe – also ganz selbstlos - übernommen hat und juristische Prüfungen der Registrierungen einen unzumutbaren zeitlichen und personellen Aufwand bedeuten würden. Prüfungspflichten sah der BGH also erst dann gegeben, wenn die DENIC auf eine ganz eindeutige – quasi für jedermann erkennbare - Rechtsverletzung hingewiesen wird.

Ein solcher Fall lag aus Sicht des BGH bei der Domain regierung-oberfranken.de und fünf weiteren ähnlich gebildeten Domains (bestehend aus „regierung“+ bayerischer Regierungsbezirk) vor. Kläger war der Freistaat Bayern, Domaininhaber ein Unternehmen mit Sitz in Panama.

Für den I. Zivilsenat des BGH ist klar: Angesichts dieser offiziellen Bezeichnungen könne ein Sachbearbeiter der DENIC auch ohne spezifische Kenntnisse im Namens- und Kennzeichenrecht erkennen, dass diese Domains einer staatlichen Stelle aber keinesfalls einem privaten Unternehmen in Mittelamerika zustünden.

Wichtig ist auch: Der klagende Freistaat musste nicht einmal einen gerichtlichen Titel gegen den Domaininhaber erwirken und diesen der DENIC zur Untermauerung der Rechtsverletzung vorlegen. Es genügte bereits, dass die Rechtsverletzung aus der Domainbezeichnung und den Stellungen der Parteien offenkundig war.

Der Sachverhalt ist ein Einzelfall. Nicht jeder ähnlich gelagerte Fall muss zur einer vergleichbaren Bewertung führen. Dennoch hat dieses Urteil nicht nur wegweisenden Charakter für die bislang unantastbare DENIC, sondern für alle Domainprovider, die ebenso wie die DENIC für über sie registrierte Domains in Anspruch genommen werden können.

Die Pressemitteilung des BGH ist hier zu finden.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

2 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

BGH-ambiente.de II.1.c.aa.: "Eine Markenrechtsverletzung kann - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - für die Beklagte allenfalls dann offensichtlich sein, wenn der Domain-Name mit einer berühmten Marke identisch ist, die über eine überragende Verkehrsgeltung auch in allgemeinen Verkehrskreisen verfügt (vgl. Wagner aaO S. 721; weitergehend Völker aaO Rdn. 4; Ubber, WRP 1997, 497, 511). Ferner müssen sich - um von einer Offenkundigkeit sprechen zu können - diese Umstände auch den Mitarbeitern der Beklagten ohne weiteres erschließen."

0

Kommentar hinzufügen