Zum miträtseln

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 29.09.2011

Nach der Scheidung verbleibt der Sohn (11) beim Vater, die Tochter (9) zieht zur Mutter.

Jetzt verklagt der Sohn (vertreten durch den Vater) die Mutter auf Zahlung des Mindestunterhalts.

Die Mutter behauptet (unter Beweisantritt), sie und der Vater hätten eine Vereinbarung über die wechselseitige Freistellung von der Zahlung des Barunterhalts getroffen.

Der Sohn bestreitet heftig den Abschluss einer solchen Vereinbarung.

Frage an die Leserschaft: Wird Beweis über die Behauptung der Mutter zu erheben sein?

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8 Kommentare

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Aus dem Bauch heraus: nein, denn damit haben die Eltern im Namen des jeweiligen Kindes auf den Unterhalt verzichtet. Der Verzicht im Voraus auf den Unterhalt - gerade bei minderjährigen Kindern - ist aber unzulässig. Die Abrede der Eltern kann also bestenfalls dahingehend verstanden werden, dass diese gegenüber der anderen Partei eine Freistellungszusage getätigt haben, welche aber eben nicht gegenüber dem Kind wirkt. Der daraus folgende Anspruch kann auch nicht gegen den Willen des Kindes bzw. des Sorgeberechtigten erfüllungshalber für den Barunterhalt abgetreten werden.

Als Nichtjurist, dem das ja so gerne hier von anderen Kommentatoren vorgehalten wird: Ja, wenn eine Erfüllungsübernahme zwischen den Eltern geltend gemacht wird. Dann geht es gemäss OLG Jena vom 3.7.2008,1 UF 141/08:

  "Die zwischen den Eltern verabredete Freistellung von Unterhaltsansprüchen stellt eine Erfüllungsübernahme dar, die für den Vater als Schuldner einen Befreiungsanspruch begründet und die einer Klage der Mutter entgegengehalten werden kann."       Also hätte das Gericht zu prüfen, ob so eine Erfüllungsübernahme vorliegt. Der Unterhaltsanspruch des Kindes wird in diesem Fall durch Zahlungen des nach dem Gesetz nicht barunterhaltspflichtigen Elternteils erfüllt (§§ 267, 362 BGB). Der Vater könnte die Vereinbarung aber kündigen.      

Wer will was von wem woraus ?

Sohn will Unterhalt von Mutter aus Gesetz

Mutter will Begleichung von Schulden durch Vater aus Vertrag

Einrede der Mutter ist Sohn gegenüber unbeachtlich

Mutter muss den Einwand in einem neuem Verfahren gegen den Vater vorbringen

 

Keine Beweisaufnahme nötig

 

(So würde ich das dem Mandanten erklären: §§ stören da nur)

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@4: geht in einem solchen Verfahren auch eine Streitverkündung (ich bin reiner Zivilrechtler, ohne jeden Bezug zu solchen Konstellationen), damit das im erstverfahren Festgestellte im Folgeprozess nicht mehr im Streit steht?

   
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Ich würde #2 zustimmen, da es sich doch um unterschiedliche Rechtsverhältnisse handelt.

 

1) Der Sohn hat einen Unterhaltsanspruch gegenüber seiner Mutter, der kann und wird anscheinend auch nicht bestritten.

 

2) Es besteht eine eine Freistellungsvereinbarung zwischen dem Vater und der Mutter, in der beide Ansprüche (die Tochter hat schließlich ebenfalls einen Anspruch auf den Mindestunterhalt!

 

Meine laienhafte Meinung ist die, dass dies eines dieser Nullsummenspiele ist, in der ein persönlicher Konflikt über finanzielle Zahlungen ausgetragen wird und als Wirkungsinstrument die Gerichte verwendet werden. Schließlich kann die Mutter nun im Namen der Tochtern ebenfalls den Anspruch auf Mindestunterhalt stellen, der ihr ja "schließlich zusteht"! Im Ergebnis zahlt jeder Elternteil den Mindestunterhalt und überweist dem anderen Elternteil eine ähnliche Summe ... gewonnen haben nur Anwälte in der Gebührenverordnung.

Ach ja, das Klima ist noch zusätzlich vergiftet worden.

 

Selbst wenn der Vater mit seinem Einkommen unterhalb des Mindestsatzes angesiedelt wird, könnte die Anrechnung von fiktivem Einkommen geltend gemacht werden, da der Mindestunterhalt - wie das Wort sagt - der mindeste Satz ist ....

Nach meiner Meinung ein ganz schlechter Stil.

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Nach meiner Auffasung ist eine Beweisaufnahme über die Frage nicht erforderlich.

Eine Freistellungsvereinbarung hindert das Kind nicht, den Unterhalt gegen den freigestellten Elternteil geltend zu machen, da nach meiner Ansicht die Freistellungsvereinbarung nur eine Erfüllungsübernahmeverpflichtung zwischen Vater und Mutter ist.

Ach wenn die Vereinbarung nicht als Freistelllung, sondern als Vetrag zu Gunsten Dritter gewertet würde, hindert dies nicht das Kind, die Mutter in Anspruch zu nehmen.

 

Ob eine Streitverkündung überhaupt möglich ist, hängt nach meiner Auffassung davon ab, ob 1. gemeinsame Sorge besteht, 2. Getrennleben vorliegt, und 3. eine Ehesache zwischen den Eltern anhängig ist. In diesem Fall muss der Elternteil den Unterhaltsanspruch im eigenen Namen geltend machen. Eine Streitverkündung wäre mangels eines Dritten unzulässig. In allen anderen Fällen, drängt sich die Streitverkündung auf.

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"Richtig und "falsch" gibt es ja bei den Juristen nicht, nur "gut" oder "schwer" vertretbar

Die Lösung von Alexander K. gibt das, was in Rspr. und Lit. vertreten wird, am besten wieder (vgl BGH NJW 1986, 1168).

Auch das ThürOLG sagt in seiner von Herrn Untermann wiedergegeben Entscheidung nichts anderes.

Die Mutter ist ohne Beweisaufnahme zur Zahlung an den Sohn zu verpflichten. Anschließend kann sie versuchen, sich das Geld vom Vater wieder zu holen.

Es hört auf ein Nullsummenspiel zu sein, wenn der Vater nicht leistungsfähig ist oder das volljährig gewordene Kind Unterhaltsrückstände aus der Zeit seiner Minderjährigkeit vollstreckt.

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