EuGH und Wettbewerbsliga - neue Ideen zur Internethaftung

von Prof. Dr. Thomas Hoeren, veröffentlicht am 24.09.2011

Die Internationale Liga fuer Wettbewerbsrecht hat sich heute in Oxford umfassend zu einer Reform des Haftungsrechts bei Onlineintermediaeren geaeussert. Die Liga ist seit vielen Jahrzehnten mit Landesgruppen in fast alle EU-Laendern, der USA und der Schweiz taetig. Jedes Jahr beschaeftigt sich die Liga bei Jahreskongressen mit Themen aus dem Bereich des Wettbewerbs- und Immaterialguterrechts. Dieses Jahr stand bei der Jahrestagung das Thema Internet-Haftung zur Diskussion.
Zu den umfangreichen national reports (Section B) siehe
http://www.ligue.org/congres.php?lg=en&txtt=17

Die mehr als 100 Delegierten kritisierten in ihrer einstimmigen
Abschlussresolution, dass
- die Gleichsetzung der Haftung von Hosting und Access Providers unzulaessig sei, da Access Prociding "as a matter of public policy" anders zu betrachten sei
- Host Provider schon bei bloessen Hinweis der Rechteinhaber taetig werden muessten; es beduerfe vielmehr einer "specific and sufficient notice". Ferner gebe eine Haftung nur in Faellen eines "apparent" case", also offensichtlicher Rechtswidrigkeit
- Host Provider ab Kenntnis auch aehnlich gelagerte Faelle sperren muessten;ves bestehe nur eine Pflicht zur Verhinderung "further identical infringements"

Damit setzt sich die Liga auch deutlich von der juengsten Entscheidung des EuGH in Sachen Ebay ./. Loreal ab.
Die Resolution erscheint auf der Seite der Liga www.ligue.org in den naechsten Tagen und wird dann auch an WIPO, EU-Kommission, nationale Regierungen weitergeleitet.

 

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3 Kommentare

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ThomasHoeren schrieb:

...
- die Gleichsetzung der Haftung von Hosting und Access Providers unzulaessig sei, da Access Prociding "as a matter of public policy" anders zu betrachten sei
- Host Provider schon bei bloessen Hinweis der Rechteinhaber taetig werden muessten; es beduerfe vielmehr einer "specific and sufficient notice". Ferner gebe eine Haftung nur in Faellen eines "apparent" case", also offensichtlicher Rechtswidrigkeit
- Host Provider ab Kenntnis auch aehnlich gelagerte Faelle sperren muessten;ves bestehe nur eine Pflicht zur Verhinderung "further identical infringements"

Damit setzt sich die Liga auch deutlich von der juengsten Entscheidung des EuGH in Sachen Ebay ./. Loreal ab.
...

 

Sehr geehrter Prof. Hoeren,

ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir kurz erläutern könnten, inwiefern sich die Kritik vom EuGH absetzt.

Viele Grüße

Frank Leibnitz

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Der EuGh hat in Entscheidung L´Oreal den Begriff des Hostings eng ausgelegt und die Hinweise des Generalanwalts im Hinblick auf die Prüfungspflichten nicht aufgegriffen. Auch unbeachtet blieben Zweifel an der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit einer Identifizierungspflicht der User.. Die Liga hat das ausführlich diskutiert und ist dann zum Leitbild der EC-Richtlinie zurückgekommenn: Hosting ist Hosting (auch bei weiteren Marketingfunktionalitäten) und unterfällt den Privilegien der EC-Richtlinie. Neu und vom EuGh nicht diskutiert sind die Begrenzung der Haftung auf Fälle offensichtlicher Rechtswidrigkeit und die Beschränkung der entstehenden Prüfungspflichten auf identische Fälle (so auch gefordert vom Generalanwalt vom EuGH; anderer Ansicht der BGH). Reicht das als Hinweise aus? Auf jeden Fall wird dieser Liga-Beschluiß für einige Diskussion gerade auch in Markenrechts- und JUrheberrechtskreisen sorgen. Schönen Sonntag TH

Vielen Dank für die Erläuterung! E.M. hat der EuGH in der Entscheidung zu eBay nichts Neues zum Begriff des Hosting entwickelt, sondern das aus der Entscheidung zu Google übernommen, wonach tätigkeitbezogen der Suchmaschinenindex oder eine Internet-Versteigerung als Hosting privilegiert sein können aber nicht damit verbundene AdWords. Hinzu kommt, dass bei einem besonderen Engagement bei den Adwords es zu einem privilegierungsschädlichen Zueigenmachen kommen kann, wie es auch der BGH annimmt (Erwgrd. 42 der RL 2000/31/EG). Beim Drittauskunftsanspruch bestehen datenschutzrechtliche Probleme; allerdings bestehen ohnehin die Drittauskunftsanspruche der Enforcement-RL (z.B. § 101 Abs. 2 UrhG). Richtig ist, dass der EuGH bei der Frage nach der Offensichtlichkeit diese nicht ausdrücklich neben der Tatsachenseite auch auf die Rechtswidirgkeit bezogen hat; hierzu war aber auch kein Anlass, da dies nie in Frage stand; auch der BGH macht dies bei der Störerhaftung seit ambiente.de, Schöner Wetten und Kinderhochstühle im Internet deutlich. Schließlich ist richtig, dass der Generalanwalt sich umfangreich mit der Reichweite von Prüfungspflichten beschäftigt und dabei den BGH ausdrücklich kritisiert. Dabei nimmt er bereits beim BESEITIGUNGSANSPRUCH (vgl. § 10 Satz 1 TMG) eine Verhinderungspflicht für (zeitlich) wiederholte künftige identische Verletzungen an. Weiterhin diskutiert er ungewöhnlich umfangreich auch später beim UNTERLASSUNGSANSPRUCH aus der Enforcement-RL (vgl. § 8 Abs. 2 TMG) den Unterschied zwischen widerholter identischer Verletzungen und weiterer kerngleicher Verletzungen i.S.d. BGH-Rechtsprechung (andere Verletzer; andere "jugendgefährdende Medien"); dabei kann man sich im Einzelfall über den Umfang sicher streiten - aber die Differenzierung zwischen identischen Verletzungen und weiteren kerngleichen Verletzungen ist unter Wertungsgesichtspunkten jedenfalls nicht sinnvoll.

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