VG Osnabrück hält an Streikverbot für beamtete Lehrer fest

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 31.08.2011
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtEGMRStreikVG OsnabrückBeamte2|6401 Aufrufe

 

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zum Beamtenstreik (21.4.2009, NZA 2010, 1423 )hat das von der h.M. aus Art. 33 Abs. 5 GG abgeleitete Verbot des Streiks von Beamten in Frage gestellt. Von daher ist es interessant, welche Standpunkt die Instanzgerichtsbarkeit nunmehr vertritt. Seit kurzem liegt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Osnabrück (19.8.2011, Az.: 9 A 1/11 und 9 A 2 /11) vor, die an dem tradierten Verständnis festhält (im Gegensatz zum VG Düsseldorf, siehe hierzu den Blog-Beitrag vom 20.12.2010). Das VG hat die Klagen zweier Lehrer, die sich jeweils gegen eine ihnen von der Landesschulbehörde auferlegte Geldbuße in Höhe von 100,- € gewendet hatten, abgewiesen. Hintergrund war die Teilnahme der beiden Beamten an einer Streikmaßnahme der Gewerkschaft GEW im Februar 2009. Infolgedessen konnten die Lehrer ihrer Unterrichtsverpflichtung nicht nachgehen. Die Landesschulbehörde hatte den Verlust der Dienstbezüge für diesen Tag festgestellt und den Beamten darüber hinaus die o.g. Disziplinarmaßnahme auferlegt. Das VG Osnabrück begründete seine Entscheidung mit den in Art. 33 Abs. 5 GG normierten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Darin enthalten ist nach der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts auch das allgemeine Streikverbot für Beamte. Hingegen hatte der EGMR hinsichtlich des türkischen Streikverbots für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes eine funktionsbezogene Unterscheidung gefordert, d.h. ein allgemeines Streikverbot für unzulässig erklärt. Eine solche funktionsbezogene Differenzierung lasse sich - so das Verwaltungsgericht - trotz völkerrechtsfreundlicher Auslegung der deutschen Verfassung mit dem Kernbestand des Grundgesetzes nicht vereinbaren. Zu einer Änderung der Auslegung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums wäre allein das Bundesverfassungsgericht befugt. Das Gericht hat die Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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2 Kommentare

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Das VG Kassel hält dagegen und bestätigt ein Streikrecht für beamtete Lehrer, da sie nicht hoheitlich tätig seien. Sie könnten sich auf Art. 11 EMRK berufen. (28 K 574/10.KS.D, 28 K 1208/10.KS.D)

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Die können doch in der unterrichtsfreien Zeit streiken. Wie Lehrer nicht müde werden zu betonen, ist das ja trotzdem Arbeitszeit. Bekanntlich verbringen die meisten Lehrer die Nachmittage und Ferien ununterbrochen mit Fortbildung, Unterrichtsvorbereitung, usw.

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