Erst das Kind, dann das Studium
von , veröffentlicht am 12.08.2011Die Klägerin (Jahrgang 1981) machte 2001 ihr Abitur und anschließend bis 2002 ein feiwilliges soziales Jahr.
Im Januar 2003 kam ihr (nichteheliches) Kind auf die Welt. Bis 2006 widmete sie sich ausschließlich dessen Betreuung.
Im Herbst 2006 begann sie ein Studium der Sozialpädagogik, das sie im August 2009 erfolgreich abschloss.
Streitig ist noch Unterhalt für die Zeit von Juni 2008 bis August 2009.
Das OLG Frankfurt verurteilte den Vater der Klägerin zur Zahlung von Kindesunterhalt für Juni 2008 in Höhe von 129 € und 206 € für die Zeit bis August 2009.
Die Revision zum BGH blieb erfolglos.
Es fehle an einer Obliegenheitsverletzung, wenn der Unterhaltsberechtigte infolge einer Schwangerschaft und der anschließenden Kindesbetreuung - wie hier - seine Ausbildung verzögert beginne. Dies gelte jedenfalls insoweit, als der Unterhaltsberechtigte seine Ausbildung nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes - gegebenenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung einer angemessenen Übergangszeit - aufnehme.
Die vom Gesetzgeber im Rahmen seiner Einschätzungskompetenz (s. BVerfG FamRZ 2007, 965, 972) liegende Grundentscheidung (keine Erwerbsobliegenheit innerhalb der ersten 3. Lebensjahre des Kindes) gelte nicht nur im Verhältnis des unterhaltsberechtigten zum unterhaltsverpflichteten Elternteil (§ 1615 l BGB bzw. § 1570 BGB), sondern strahle auch auf das Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen dem Unterhaltsberechtigten und seinen unterhaltspflichtigen Eltern aus.
BGH v. 29.06.2011 - XII 127/09
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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11 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenUntermann kommentiert am Permanenter Link
Der Staat macht seinerseits beim Kindergeld das Gegenteil. Die früher geltende 27-Jahre-Grenze wurde kurzerhand gemäß §52 Abs. 40 Satz 7 EStG in Stufen auf 25 Jahre gesenkt. Früher gingen maximale Unterhaltsdauer und maximaler Kindergeldbezug noch gleich, jetzt ist das Eine kräftig verkürzt und die Schwelle zur Verlängerung des Anderen vom BGH gesenkt.
Aufgrund des Alters weggefallenes Kindergeld erhöht den Unterhalt der Eltern entsprechend. Die Zahlungen werden also nicht nur länger, sondern auch deutlich teuer. Der Gedanke einer "Umschichtung" drängt sich auf.
Guy Fawkes kommentiert am Permanenter Link
Ja, das messen mit zweierlei Maß wird mehr und mehr zur Regel.
Und laut BVerfG ist das ja auch in Ordnung, solange es dem Willen des Gesetzgebers dient.
Thomas Müller kommentiert am Permanenter Link
@Untermann: Ohje. Sie dürfen als Laie ja gerne Gesetzgebung und Rechtsprechung aus moralischer Sicht kommentieren usw. Aber verzichten Sie doch bitte auf juristische Ausführungen, wenn Sie sich im Thema nicht auskennen. Eine Altersgrenze beim Kindesunterhalt gab es noch nie.
Untermann kommentiert am Permanenter Link
Es wundert mich, dass im Kommentarbereich argumentum ad hominem zugelassen ist, so etwas senkt das Niveau. Auf was ich verzichte und auf was nicht, dürfen sie getrost mir überlassen, geschätzter Herr Müller.
In der Rechtssprechung gab es durchaus eine Beschränkung auf Kindesunterhalt bis 27 Jahre. Das entspricht nämlich Abitur mit einmal durchfallen plus ein längeres Studium mit Fehlversuc, alles in zeitlichem Zusammenhang. Ausnahmen existieren von der Regel - der BGH hat soeben eine abgesenkt.
Hans-Otto Burschel kommentiert am Permanenter Link
Sent pics
Gastmann kommentiert am Permanenter Link
Richtig ist, dass es für den Ausbildungsunterhalt nie eine starre Altersgrenze gab, sondern es immer auf die Umstände des Einzelfalls ankam und bis heute ankommt.
Richtig ist aber auch, dass es jenseits des 27. Geburtstags sehr schwierig war und ist, noch Umstände des Einzelfalls zu finden, die nach der Rechtsprechung eine Ausbildungsverzögerung rechtfertigen (s. z.B. BGH, Urt.v. 4.3.1998 - XII ZR 173/96, http://www.ejura-examensexpress.de/online-kurs/entsch_show_neu.php?Alp=1...).
Insofern ist Herr Untermann doch gar nicht so weit weg von einem für den Hausgebrauch tauglichen Ergebnis.
justus jonas kommentiert am Permanenter Link
gelte nicht nur im Verhältnis des unterhaltsberechtigten zum unterhaltsverpflichteten Elternteil (§ 1615 l BGB bzw. § 1570 BGB), sondern strahle auch auf das Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen dem Unterhaltsberechtigten und seinen unterhaltspflichtigen Eltern aus.
Versteh ich nicht. Wer sind die unterhaltspflichtigen Eltern?
Markus Bruckert kommentiert am Permanenter Link
Ist es nicht auch so, dass nach Abschluss der Ausbildung die Eltern im Zweifelsfall ein Leben lang zahlen müssen, wenn das Kind trotz entsprechender intensiver Bemühungen keinen Arbeitsplatz findet?
Hans-Otto Burschel kommentiert am Permanenter Link
Ausgangspunkt ist § 1601 BGB:
Also: Unterhaltspflicht in beide Richtungen und im Prinzip ein Leben lang.
Korrektiv ist dann § 1602 BGB
Im Normalfall sollte ein Kind mit 27 Lenzen in der Lage sein, sich selbst zu unterhalten. Die Entscheidung des BGH betrifft einen Fall der Verzögerung der Erstausbildung, wobei der Senat es nicht als unterhaltsrechtliche Obliegenheitsverletzung ansieht, wenn sich das Kind drei Jahre um die Betreuung seines eigenen Kindes kümmert.
Bei einem behinderten Kind, das nie in der Lage sein wird, sich selbst zu unterhalten, besteht die Unterhaltspflicht der Eltern - Leistungsfähigkeit voraussgesetzt - lebenslang.
Zu Gunsten der Eltern greift aber der Staat mit der Grundsicherung (§§ 41 ff SGB XII) ein. Voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen bestreiten können, ist Grundsicherung zu gewähren. Das Einkommen von unterhaltspflichtigen Verwandten (inbsbesondere also Eltern) bleibt dabei bis zu einem Jaherseinkommen von 100.000 € ohne Berücksichtigung.
Guy Fawkes kommentiert am Permanenter Link
Ab welchem Alter greift denn das?
Ab 0 Jahren, ab 18, ab 27?
Hans-Otto Burschel kommentiert am Permanenter Link
ab 18